BT-Drucksache 17/5247

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung - Drucksachen 17/4821, 17/5239 - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung wehrrechtlicher Vorschriften 2011 (Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 - WehrRÄndG 2011)

Vom 23. März 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5247
17. Wahlperiode 23. 03. 2011

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Paul Schäfer (Köln), Christine Buchholz, Inge Höger und
der Fraktion DIE LINKE.

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 17/4821, 17/5239 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung wehrrechtlicher Vorschriften 2011
(Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 – WehrRÄndG 2011)

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Aussetzung des gesetzlich erzwungenen Wehrdienstes ist ein wichtiger und
längst überfälliger Schritt in die richtige Richtung. Die Wehrpflicht lässt sich
heute sicherheitspolitisch nicht mehr begründen.

Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf geht jedoch nicht weit
genug, ist in sich unschlüssig und setzt zudem falsche Akzente. Kernbestandteil
des geplanten Wehrrechtsänderungsgesetzes 2011 ist die Einführung eines frei-
willigen Wehrdienstes (FWD), dessen rechtliche Verankerung und praktischen
Bedingungen bereits jetzt, auch unter zahlreichen Sachverständigen, höchst um-
stritten sind.

Zentraler Bestandteil des vorliegenden Gesetzentwurfs ist der neue freiwillige
Kurzdienst, der in das bestehende Wehrpflichtgesetz integriert werden soll. Das
Wehrpflichtgesetz bleibt somit gesetzliche Grundlage. Freiwillige Dienstver-
hältnisse innerhalb der Bundeswehr sind bereits im Rahmen des Soldatengeset-
zes, in Form von zeitlich befristeten Diensten, geregelt. Den freiwillig Wehr-
dienstleistenden kommt auf diese Weise ein Sonderstatus zu, der sie zwar ge-
genüber regulären Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit hinsichtlich Besoldung
(Verletzung des Grundsatzes der gleichen Arbeit für gleiches Geld) diskrimi-
niert, aber auf der anderen Seite gegenüber zivilen Freiwilligen privilegiert.

Die Tatsache, dass auch Frauen zum FWD zugelassen werden, ist ebenfalls pro-
blematisch, da das Grundgesetz Artikel 12a die Verpflichtung von Frauen zum
Waffendienst ausschließt. Wenn Frauen aber einen FWD im Rahmen des Wehr-

pflichtgesetzes ableisten, müssten sie folgerichtig mit dem Eintreten des Span-
nungs- und Verteidigungsfalles entlassen werden, da die Rechtsgrundlage für
ihr Dienstverhältnis entfällt. Auch diese Sinnwidrigkeit bezeugt die Inkonse-
quenz dieses Gesetzentwurfs.

Des Weiteren sind die neuen Regelungen zur Erhebung personenbezogener Da-
ten, die den Kreiswehrersatzämtern ermöglicht, alle kurz vor der Volljährigkeit
stehenden Jungen und Mädchen schriftlich zu kontaktieren und für einen

Drucksache 17/5247 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Dienst bei der Bundeswehr anzuwerben, als bedenklich einzuschätzen. Auch
die Werbemaßnahmen der Bundeswehr an Schulen und Hochschulen verletzen
in der Konsequenz die internationalen Standards zum Schutz Minderjähriger.

Für die Zukunft ließe dieser Gesetzentwurf, würde er in seiner derzeitigen Form
verabschiedet, befürchten, dass sich junge Menschen aus Perspektivlosigkeit
und mangelnden Chancen auf dem zivilen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt für
einen FWD entscheiden, der zudem auch Auslandseinsätze für freiwillige Wehr-
dienstleistende vorsieht. Dies würde langfristig bedeuten, dass diese jungen
Menschen in einer Bundeswehr Verwendung finden, die sich im Zeichen der
Einsatzarmee auf immer risikoreichere Auslandseinsätze einlässt.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die Wehrpflicht nicht nur auszusetzen, sondern abzuschaffen;

2. den Umbau der Bundeswehr zu einer Einsatzarmee zu stoppen und auf
Grund einer Überprüfung der aktuellen sicherheitspolitischen Anforderun-
gen die Aufgaben der Bundeswehr neu zu definieren;

3. einen Gesetzentwurf vorzulegen, der auf eine überarbeitete Bundeswehr-
reform aufbaut und vor allem eine erhebliche Reduzierung der Streitkräfte
vorsieht, welche sich auf ihren verfassungsgemäßen Auftrag der territorialen
Landesverteidigung beschränken;

4. die internationalen Normen zum Schutz Minderjähriger strikt einzuhalten
und im Einklang mit der UN-Kinderrechtskonvention das Mindesteintritts-
alter für den Militärdienst auf 18 Jahre festzulegen;

5. im Sinne der Gleichbehandlung von Wehr- und Zivildienst analog zur Ab-
schaffung des Wehrpflichtgesetzes auch das Zivildienstgesetz aufzuheben.

Berlin, den 22. März 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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