BT-Drucksache 17/5227

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Marlies Volkmer, Bärbel Bas, Elke Ferner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD - Drucksache 17/907 - Für ein modernes Patientenrechtegesetz

Vom 23. März 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5227
17. Wahlperiode 23. 03. 2011

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss)

Zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Marlies Volkmer, Bärbel Bas, Elke Ferner,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/907 –

Für ein modernes Patientenrechtegesetz

A. Problem

Nach Ansicht der Antragsteller haben die Patientinnen und Patienten im inter-
nationalen Vergleich eine starke Rechtsstellung. Gleichwohl weise das geltende
einschlägige Recht viele Defizite auf. Es sei intransparent, werde oft nur unzu-
reichend umgesetzt und genüge nicht den Ansprüchen eines modernen partizi-
pativen Patientenrechts. Es sei problematisch, dass die Rechte der Patienten in
unterschiedlichen Gesetzen verankert seien und oftmals erst durch die Recht-
sprechung konkretisiert würden. Das erschwere es für die Patienten, ihre An-
sprüche geltend zu machen. Im Interesse von Transparenz und Rechtsklarheit
bestehe deshalb Handlungsbedarf. Die geltenden gesetzlichen Regelungen
müssten kodifiziert und Vollzugsdefizite beseitigt werden. Vor allem müssten
die Rechte der Patienten und speziell der Opfer von Behandlungsfehlern verbes-
sert, Risikomanagement und Fehlermeldesysteme im stationären und ambulan-
ten Bereich eingeführt und optimiert und die Krankenkassen zur Unterstützung
bei Rechtsstreitigkeiten verpflichtet werden. Die Bundesregierung wird aufge-
fordert, ein entsprechendes Patientenrechtegesetz vorzulegen und alternative
Formen eines Haftungs- und Entschädigungssystems zu prüfen.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.
C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Kosten wurden nicht erörtert.

Drucksache 17/5227 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/907 abzulehnen.

Berlin, den 21. März 2011

Der Ausschuss für Gesundheit

Dr. Carola Reimann
Vorsitzende

Christine Aschenberg-Dugnus
Berichterstatterin

lichen Beweissystematik zu prüfen und über die Ergebnisse
zu berichten. 23. Februar 2011 die Beratung fortgesetzt und in der 33. Sit-
III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

zung am 16. März 2011 abgeschlossen. Als Ergebnis emp-
fiehlt er mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/5227

Bericht der Abgeordneten Christine Aschenberg-Dugnus

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 17/
907 in seiner 43. Sitzung am 20. Mai 2010 in erster Lesung
beraten und zur federführenden Beratung an den Ausschuss
für Gesundheit überwiesen. Außerdem hat er ihn zur Mitbe-
ratung an den Rechtsausschuss, den Ausschuss für Ernäh-
rung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie den Aus-
schuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Nach Ansicht der Antragsteller haben die Patientinnen und
Patienten im internationalen Vergleich eine starke Rechts-
stellung. Gleichwohl weise das geltende einschlägige Recht
viele Defizite auf. Es sei intransparent, werde oft nur unzu-
reichend umgesetzt und genüge nicht den Ansprüchen eines
modernen partizipativen Patientenrechts. Es sei problema-
tisch, dass die Rechte der Patienten in unterschiedlichen Ge-
setzen verankert seien und oftmals erst durch die Rechtspre-
chung konkretisiert werden müssten. Dies erschwere es für
die Patienten, ihre Ansprüche geltend zu machen.

Die Antragsteller sehen im Interesse von Transparenz und
Rechtsklarheit deshalb Handlungsbedarf. Die bestehenden
gesetzlichen Regelungen müssten kodifiziert und Vollzugs-
defizite beseitigt werden. Es müsse das Recht des Patienten
auf eine umfängliche und verständliche Aufklärung sowie
auf eine vollständige Dokumentation gesetzlich normiert
werden. Speziell die Rechtsposition der Opfer von Behand-
lungsfehlern müsse durch eine Beweislasterleichterung bei
groben Behandlungsfehlern, die bei verzögerter, unvollstän-
diger oder Nichtherausgabe der Dokumentation zur Beweis-
lastumkehr führen könne, gestärkt und die gerichtliche Ver-
fahrensdauer durch Übertragung der Zuständigkeit auf Spe-
zialkammern sowie eine enge Fristsetzung für die Erstellung
von Gutachten beschleunigt werden. Bei der Durchsetzung
von Ansprüchen sollten die gesetzliche bzw. private Kran-
kenversicherung die Patienten unterstützen. Außerdem
müssten das Risikomanagement im stationären Bereich opti-
miert und Fehlermeldesysteme unter Ausschluss von arbeits-
rechtlichen Sanktionen im ambulanten und stationären
Bereich eingeführt werden. Die Mitberatungs- und Beteili-
gungsrechte der Patienten im Gesundheitswesen sollten
erweitert und ihre Rechte gegenüber den Sozialleistungsträ-
gern und den Leistungserbringern gestärkt werden.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, den umfangreichen
Maßnahmenkatalog in einem Entwurf eines Patientenrechte-
gesetzes zu normieren. Ergänzend wird die Bundesregierung
aufgefordert, die Einführung einer verpflichtenden, umlage-
finanzierten Arzthaftpflichtversicherung oder alternativer
Entschädigungssysteme, eines Rechtsrahmens für individu-
elle Gesundheitsleistungen und eine Änderung der gericht-

und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE. den Antrag auf Drucksache 17/907
abgelehnt.

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz hat in seiner 33. Sitzung am 16. März 2011
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP ge-
gen die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE
LINKE. den Antrag auf Drucksache 17/907 abgelehnt.

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat in seiner 34. Sitzung am 16. März 2011 mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen
der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. den Antrag auf
Drucksache 17/907 abgelehnt.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Gesundheit hat in seiner 14. Sitzung am
16. Juni 2010 die Beratung über den Antrag aufgenommen
und beschlossen, eine öffentliche Anhörung durchzuführen.

Die öffentliche Anhörung fand in der 30. Sitzung am 26. Ja-
nuar 2011 statt. Als sachverständige Verbände waren einge-
laden:

Aktionsbündnis Patientensicherheit e. V. (APS), Bundesar-
beitsgemeinschaft der PatientInnenstellen und -Initiativen
(BAGP), Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe von Men-
schen mit Behinderung und chronischer Erkrankung und ih-
ren Angehörigen e. V. (BAG SELBSTHILFE), Bundesärzte-
kammer (BÄK), Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK),
Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e. V.
(bpa), Bundeszahnärztekammer (BZÄK), Deutsche Arbeits-
gemeinschaft Selbsthilfegruppen e. V. (DAG SHG), Deut-
sche Gesellschaft der Hörgeschädigten – Selbsthilfe und
Fachverbände e. V., Deutsche Krankenhausgesellschaft e. V.
(DKG), Deutscher Anwaltverein (DAV), Deutscher Behin-
dertenrat (DBR), Deutscher Pflegerat e. V. (DPR), Deutscher
Richterbund (DRB), GKV-Spitzenverband, Kassenärztliche
Bundesvereinigung (KBV), Kassenzahnärztliche Bundesver-
einigung (KZBV), Sozialverband Deutschland e. V. (SoVD),
Sozialverband VdK Deutschland e. V., ver.di – Vereinte
Dienstleistungsgewerkschaft, Verband der privaten Kran-
kenversicherung e. V. (PKV), Verbraucherzentrale Bundes-
verband e. V. (vzbv).

Außerdem waren als Einzelsachverständige Joachim
Classen, Dr. med. habil. Maria Eberlein-Gonska, Prof.
Dr. Dieter Hart, Klaus Kirschner und Michael Wessel ein-
geladen.

Der Ausschuss für Gesundheit hat in der 32. Sitzung am
Der Rechtsausschuss hat in seiner 39. Sitzung am 16. März
2011 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU

90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE
LINKE., den Antrag auf Drucksache 17/907 abzulehnen.

Berlin, den 21. März 2011

Christine Aschenberg-Dugnus
Berichterstatterin

tinnen und Patienten werde in den nächsten Wochen den Ent-
wurf eines Patientenschutzgesetzes vorlegen, der die richtige
Zielstellung vorgeben und die richtigen Antworten geben
werde. Zusammenfassend stellte die Fraktion der CDU/CSU
fest, dass der Antrag der Fraktion der SPD nicht zielgenau
und überzogen sei und er deswegen abgelehnt werde.

Die Fraktion der FDP erklärte, die Große Koalition habe
kein Patientenschutzgesetz verabschiedet, sondern lediglich
eine Broschüre zum Thema Patientenrechte veröffentlicht.
Das sei entschieden zu wenig, weshalb die jetzige Bundes-
regierung ein Patientenschutzgesetz auf den Weg bringen
werde. Der Analyse, dass die Patientenrechte in zu vielen un-
terschiedlichen Gesetzen verankert seien, werde zuge-
stimmt. Hinzu komme, dass die Patientenrechte durch Rich-
terrecht differenziert würden und Vollzugsdefizite bestün-
den, die abgebaut werden müssten. Die derzeitige Situation
sei insgesamt intransparent und für den juristischen Laien
wenig durchschaubar. Der Patientenbeauftragte habe mit al-
len gesellschaftlichen Gruppen Gespräche geführt, deren Er-
gebnisse in den Gesetzentwurf einfließen würden. Eines der
Ziele des Patientenschutzgesetzes sei die Implementierung
eines Risiko- und Fehlervermeidungssystems, das die Ge-
sundheitsversorgung sicherer mache. Der Antrag der SPD-
Fraktion werde abgelehnt, da er überflüssig sei.

Die Fraktion der SPD führte aus, eine Bertelsmann-Um-
frage belege, dass ca. 60 Prozent der Patienten nicht ausrei-
chend über ihre Rechte informiert seien. Hier könne die Ko-
difizierung des zersplitterten Rechts Abhilfe schaffen. Zur
Gewährleistung einer sicheren Behandlung müssten Fehler-
vermeidungs- und Qualitätsmanagementsysteme obligato-
risch eingeführt werden. Allerdings dürften gemeldete Feh-
ler nicht zu arbeitsrechtlichen Sanktionen für den Melder
führen. Die Unterstützung der Patienten bei der Durchset-
zung ihrer Ansprüche seitens der Krankenkassen und die

Die Fraktion DIE LINKE. begrüßte den Antrag der Frak-
tion der SPD. Viele Forderungen wie die Bündelung der
Rechte und Pflichten aus dem ärztlichen Behandlungsver-
trag, die Verbesserungen im Bereich Risikomanagement, die
Stärkung der Opfer von Behandlungsfehlern oder die Ver-
meidung arbeitsrechtlicher Konsequenzen bei der Fehler-
meldung gingen in die richtige Richtung. Keine Unterstüt-
zung, auch bei den maßgeblichen Patientenorganisationen,
finde die Forderung, die Patientenvertreter und -vertreterin-
nen im Gemeinsamen Bundesausschuss der Ärzte und Kran-
kenhäuser mit vollem Stimmrecht auszustatten, solange die
entsprechenden Rahmenbedingungen fehlten. Die Patienten-
vertreter und -vertreterinnen selbst forderten bis dahin nur
bei Verfahrensfragen ein Stimmrecht. Hinweise, wie Fehler-
und Risikomanagementsystem, Entschädigungsfonds vor
Prüferöffnung oder Beweiserleichterungen ausgestaltet sein
sollten, blieben unkonkret und seien nur als Prüfauftrag ent-
halten. Deswegen könne die Fraktion dem Antrag nicht zu-
stimmen und werde sich der Stimme enthalten.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterstützte
den Antrag, da dieser den konkreten Handlungsbedarf im
Bereich Patientenrechte und -schutz aufzeige. Zwar gebe es
bei Patienteninformation und Patientensouveränität großen
Konsens im Ausschuss. Doch im Bereich der Arzthaftung
und des Arzthaftungsprozesses bestehe Handlungsbedarf.
Die Schlichtungsstellen erreichten jährlich rund 10 000 Be-
schwerden und mindestens 40 000 Patienten versuchten, ihr
Recht vor Gericht einzuklagen. Dabei seien hinsichtlich der
Prozessrisiken oder der Beweisführung hohe Hürden zu
überwinden. Auf Seiten der Koalition sei aber bedauerlicher-
weise und obwohl der Patientenbeauftragte mit den gesell-
schaftlichen Gruppen Gespräche geführt habe, wenig Bewe-
gung zu erkennen.
Drucksache 17/5227 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Die Fraktion der CDU/CSU wies darauf hin, dass der An-
trag der Fraktion der SPD in vielerlei Hinsicht überholt sei.
Die Bemühungen aller Fraktionen zielten in die gleiche
Richtung, denn die Bereiche Information und Transparenz,
Fehlermanagement und Mitwirkung des Patienten müssten
neu geregelt werden. Die SPD-Fraktion stelle in ihrem An-
trag zwar die richtigen Fragen, gebe aber die falschen Ant-
worten. Das sei auch bei der öffentlichen Sachverständigen-
anhörung im Zusammenhang mit Beteiligungsrechten der
Patientenvertreter in der Selbstverwaltung, bei Beweiser-
leichterungen oder der Arzthaftung deutlich geworden. Der
Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Patien-

Einrichtung spezieller Gerichtskammern für Arzthaftungs-
prozesse seien weitere Forderungen. In diesem Zusammen-
hang müsse eine verzögerte oder unvollständige Bereitstel-
lung der Dokumentation die Beweislastumkehr zur Folge
haben. Das Bundesministerium für Gesundheit und der Ver-
braucherzentrale Bundesverband hätten in einer gemeinsa-
men Presseerklärung betont, dass ein Patientenrechtegesetz,
Risiko- und Fehlervermeidungssysteme sowie die Unterstüt-
zung der Patienten durch die Krankenkasse notwendig seien,
was exakt den Forderungen der SPD-Fraktion entspreche.
Deshalb werde davon ausgegangen, dass die Koalitionsfrak-
tionen der CDU/CSU und FDP den Antrag nicht ablehnten.

t mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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