BT-Drucksache 17/5139

Internationaler Austausch verdeckter Ermittlerinnen und Ermittler und Vertrauenspersonen

Vom 21. März 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5139
17. Wahlperiode 21. 03. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Christine Buchholz, Inge Höger, Ulla Jelpke,
Harald Koch, Niema Movassat, Jan van Aken und der Fraktion DIE LINKE.

Internationaler Austausch verdeckter Ermittlerinnen und Ermittler
und Vertrauenspersonen

Zahlreiche Ungereimtheiten rund um bekanntgewordene Einsätze britischer
verdeckter Ermittler (VE) in Deutschland bleiben ungeklärt. Im Innenausschuss
des Bundestages erklärte der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA) Jörg
Ziercke laut Berichten mehrerer Zeitschriften und Internetportalen (SPIEGEL-
ONLINE vom 19. Februar 2011, der Freitag vom 24. Februar 2011, Telepolis
vom 23. Februar 2011), allein Mecklenburg-Vorpommern habe für den G8-Gip-
fel 2007 „drei oder vier“ VE aus Großbritannien angefragt. Deutsche Under-
cover-Polizisten sind demnach zudem in Großbritannien aktiv.

Einzelheiten zur Berichtspflicht oder die Erinnerung, dass die VE keine Straf-
taten begehen dürfen, werden in einem standardisierten „Memorandum of Un-
derstanding“ (MoU) niedergelegt.

In Deutschland findet die Verwendung ausländischer VE meist in Verantwor-
tung der Bundesländer und der Vermittlung durch das BKA statt. Hierfür haben
die Innen- und Justizministerien eine gemeinsame Richtlinie vereinbart, in der
sich indes keinerlei Hinweis über den Umgang mit ausländischen VE findet. VE
gelten gemäß einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20. Juni 2007
(1StR 251/07) hierzulande rechtlich als „Vertrauenspersonen“ (VP); das Urteil
bezieht sich indes lediglich auf die Frage nach der Verwertung von ihnen erlang-
ter Beweise.

Mark K. beteiligte sich in Deutschland an Straftaten und hat seine polizeilich
erlangten Informationen womöglich über Sicherheitsfirmen privat weiter ver-
wertet.

Bislang galt, dass Mark K. in Berlin nicht aktiv gewesen sei und von dort laut
BKA „nicht berichtet“ habe. Dem widerspricht Mark K. öffentlich. Der BKA-
Präsident spricht von einer „Aktion“ in Berlin zur „Legendenstützung“. Ge-
meint ist laut Medienberichten das Anzünden eines Müllcontainers im Rahmen
einer Demonstration Ende 2007. Hierfür wurde Mark K. verhaftet und ein Er-
mittlungsverfahren eingeleitet, das später eingestellt wurde. Anscheinend hat
sich Mark K. auch gegenüber der Staatsanwaltschaft nicht zu erkennen gegeben

und im gesamten Verfahren seine falschen Papiere als „Mark Stone“ benutzt.
Berlins Innensenator Dr. Ehrhart Körting widersprach am 28. Februar 2011 der
angeblichen „ganz klaren Zustimmung“ gegenüber dem BKA. Der Vorschlag
besagter Operation zur „Legendenstützung“ wurde laut Dr. Ehrhart Körting vom
Land Berlin gar nicht beantwortet. Dies hat das BKA offenbar als Zustimmung
umgedeutet.

Drucksache 17/5139 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Jörg Ziercke erklärt, das BKA habe keine Berichte von Kennedys Einsatz emp-
fangen und den Einsatz lediglich an Landesbehörden vermittelt. Im Falle des
G8-Gipfels war der britische Polizist demgegenüber über einen eigens für ihn
zuständigen BKA-Führungsbeamten in die damalige Sonderbehörde der Polizei
„Kavala“ integriert.

An Großbritannien verliehene deutsche Polizisten sind von der National Public
Order Intelligence Unit (NPOIU) angefordert worden, die zur Association of
Chief Police Officers (ACPO) gehört und als „Gesellschaft mit beschränkter
Haftung“ eingetragen ist. Der Zusammenschluss geriet unter Beschuss, nach-
dem dubiose Ermittlungsmethoden, darunter der Einsatz von Sexualität, ans
Licht kamen. Der britische Innenminister hat der ACPO jetzt das Mandat der
Führung von VE entzogen.

Jörg Ziercke spricht von einer angeblichen „Europäisierung der Anarchoszene“
und hält die Infiltrierten für „Euro-Anarchisten, militante Linksextremisten und
-terroristen“. Aktivisten aus Griechenland, Spanien, Großbritannien, Frank-
reich, Dänemark und Deutschland würden „schwerste Straftaten“ begehen.
Weder sind „schwerste Straftaten“ allerdings eingetreten, noch war seitens des
BKA an anderer Stelle etwas dazu zu hören.

Anscheinend wird auch auf Ebene der G8-Staaten grenzüberschreitend gespit-
zelt. Eine offensichtliche FBI-Informantin suchte z. B. Kontakt zu Aktivisten der
G8-Proteste in Gleneagles 2005. Der britische Polizist Mark K. soll über eine
Arbeitserlaubnis in den USA verfügen. Aktivisten hatten ihn zufällig in New
York getroffen, wo er sich nach Selbstauskunft mit Protagonisten der Gipfelpro-
teste gegen den japanischen G8 2008 traf.

Bundes- und Landesregierungen haben auf früheren Kleinen Anfragen bzw.
Schriftlichen Fragen manche Auskünfte aus „einsatztaktischen Erwägungen“
verweigert, obgleich das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 17. Juni
2009 (2 BvE 3/07) Abgeordneten des Deutschen Bundestages einen weitgehen-
den Auskunftsanspruch zuspricht, der durch taktische Überlegungen nicht be-
grenzt werden darf.

Um die Beantwortung von Fragen zu ermöglichen, bei denen eine Abfrage bei
den zuständigen Landesbehörden notwendig ist, erklären sich die Fragesteller
mit einer Fristverlängerung zur Beantwortung der Anfrage einverstanden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie steht die Bundesregierung zur offensichtlichen Grauzone und Rechts-
unsicherheit, wenn ausländische VE als VP angesehen werden?

a) Wie wurde der Status ausländischer VE in der Zeit vor der Auslegung
seitens des BGH 2007 (1StR 251/07) durch Bundesbehörden betrachtet,
und auf welche Rechtsprechung bzw. Kommentare stützte sich die An-
nahme?

b) Welchen Unterschied macht eine Einstufung als VP statt VE hinsichtlich
des Betretens von Privatwohnungen, dem Aufzeichnen privater Gesprä-
che oder dem Einsatz „taktischer Liebesbeziehungen“?

c) Welche expliziten Regelungen trifft die „Gemeinsame Richtlinie über die
Inanspruchnahme von Informanten sowie über den Einsatz von VP und
VE im Rahmen der Strafverfolgung“ der Innen- und Justizminister der
Länder bzw. die „Dienstanweisung zur Inanspruchnahme von Informan-
ten und zum Einsatz von VP im Rahmen der Strafverfolgung“ des BKA
zum Einsatz ausländischer VE und VP in Deutschland?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/5139

d) Welchen konkreten etwaigen weiteren Regelungsbedarf sieht die Bundes-
regierung zum Einsatz ausländischer VE und VP in Deutschland, und
welche Initiativen gehen dazu von ihr aus?

2. In welchen EU-Mitgliedstaaten dürfen deutsche VE nicht tätig werden, und
welche rechtlichen Gründe stehen dem entgegen (bitte nach Mitgliedstaaten
einzeln auflisten)?

3. Hat die vom Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Ole Schröder in der Innen-
ausschusssitzung vom 26. Januar 2011 angekündigte Prüfung der Aspekte
von VE-Einsätzen, insbesondere der Meldewege, mittlerweile stattgefunden,
und wenn ja, mit welchem Ergebnis?

a) In welchen Bereichen hält die Bundesregierung Verbesserungen bei
Durchführung und Kontrolle solcher Einsätze für angebracht, und welche
Schritte will sie dazu einleiten?

b) Inwiefern teilt sie die Sorge des BKA-Präsidenten, es gebe einen Bedarf,
über solche Einsätze und insbesondere deren Kontrolle nachzudenken?

4. Welche Behörden welcher EU-Mitgliedstaaten koordinieren sich in der
„European Cooperation Group on Undercover Activities“ (ECG; siehe Bun-
destagsdrucksache 17/4333), und wo ist diese institutionell angesiedelt?

a) Wer hat die Einrichtung der ECG angeregt, wann wurde sie, wo und von
wem, beschlossen, und wann nahm sie ihre Arbeit auf?

b) Welche Rolle spielte die Polizeiagentur EUROPOL im Gründungspro-
zess der ECG bzw. ihrer Entwicklung seitdem?

c) Wie oft und wo trifft sich die Gruppe?

d) Welche Formen verdeckter Arbeit von Behörden und Organisationen mit
Sicherheitsaufgaben sind Gegenstand der Kooperation?

e) Welche Behörden und welche Organisationen sind in die Arbeit der
Gruppe einbezogen, insbesondere Polizeien und Geheimdienste?

f) Nehmen auch privatrechtliche Organisationen teil, darunter etwa die
ACPO aus Großbritannien?

g) Aus welchen behördlichen Stäben bzw. Organisationseinheiten rekrutie-
ren sich die deutschen Mitglieder der ECG?

h) Was ist das erklärte Ziel der Arbeitsgruppe und ihrer Treffen, und worin
liegt das besondere deutsche Interesse?

i) Zu welchen Kriminalitätsphänomenen arbeitete die ECG in den letzten
fünf Jahren?

j) Werden über die ECG auch grenzüberschreitende Einsätze mit Drittstaa-
ten außerhalb der EU koordiniert oder verabredet, und falls ja, bislang
mit welchen?

k) Welche Tagesordungen/Themen hatten die Zusammenkünfte der ECG-
Treffen seit ihrer Gründung (bitte mit Terminen auflisten)?

l) Wohin werden Berichte von Treffen bzw. Aktivitäten adressiert?

m)Wie wird eine parlamentarische Kontrolle der Arbeit der ECG gewähr-
leistet?

n) Wo wird auf EU-Ebene der grenzüberschreitende Austausch von VP bzw.
Informantinnen und Informanten sowie ihrer Informationen geregelt?

Drucksache 17/5139 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

5. Auf welche Art und Weise arbeiten deutsche Behörden seit wann bezüglich
des Austauschs von VE und VP mit EUROPOL oder der Polizeiorganisation
Interpol zusammen, und welche Treffen finden mit welchem Inhalt hierzu
statt?

6. Wie ist die unter deutscher Initiative während der deutschen Ratspräsident-
schaft 2007 verabschiedete „Entschließung des Rates zur Intensivierung der
Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei der Bekämpfung der grenzüber-
schreitenden Schwerkriminalität durch den vereinfachten grenzüberschrei-
tenden Einsatz von Verdeckten Ermittlern“ bislang in der EU bzw. in
Deutschland umgesetzt worden (bitte nach den einzelnen Forderungen an die
Mitgliedstaaten und die EU-Kommission aufschlüsseln)?

a) Ist die nähere Erläuterung der Handlungsempfehlungen des Antiterroris-
muskoordinators zur „Präzisierung der bei grenzübergreifenden Über-
wachungen oder verdeckten Ermittlungen zu beachtenden Regeln“ (wie
von der Bundesregierung in ihrer Antwort auf Bundestagsdrucksache
17/4333 angekündigt) inzwischen erfolgt?

b) Falls ja, welchen Inhalt hatte diese, und wer wurde vom Inhalt in Kennt-
nis gesetzt?

c) Falls nein, wann soll sie erfolgen?

7. Welche Praxis existiert unter den G8-Staaten (Italien, Frankreich, Deutsch-
land, Großbritannien, USA, Kanada, Japan, Russland) hinsichtlich des Aus-
tausches verdeckter Ermittlerinnen und Ermittler im Rahmen von Gipfeltref-
fen dieser Staatengruppe?

a) Ist ein untereinander abgestimmter oder mitgeteilter Einsatz von VE und
VP Gegenstand der gemeinsamen Gipfelvorbereitung, und wenn ja, seit
wann, und durch wen bzw. welche Behörden der Staaten erfolgte die Ab-
stimmung (bitte jeweils zu den Gipfeltreffen einzeln auflisten)?

b) Welche Absprachen wurden hierzu getroffen bzw. welche Regelungen
verabredet?

c) Anlässlich welcher G8-Gipfel hat die Bundesregierung mit welchen Staa-
ten verdeckte Ermittlungen verabredet, eingefädelt oder anderweitig un-
terstützt?

d) Welche anderen nationalen und supranationalen Institutionen, darunter
das International Permanent Observatory on Security during Major
Events (IPO) oder das Coordinating National Research Programmes and
Policies on Security at Major Events in Europe (EU-SEC II) sind dabei
involviert?

e) Wurden im Rahmen des G8-Gipfeltreffens 2006 von oben genannten
Staaten Vorschläge oder Ersuchen zur Entsendung von VE oder VP an
Russland gerichtet, und wie sind diese beschieden worden?

8. Wer hat die Ausarbeitung des standardisierten „Memorandum of Understan-
ding for the use of UC officers“ wann in Auftrag gegeben?

a) Wie kam die Arbeitsgruppe aus Belgien, Dänemark, Großbritannien,
Deutschland, Rumänien und Finnland zustande, die das MoU ausgearbei-
tet hatte?

b) Aus welchen Behörden rekrutieren sich die deutschen Beteiligten der Ar-
beitsgruppe?

c) Welches besondere deutsche Interesse wurde seitens der deutschen Betei-
ligten in der Ausarbeitung des MoU eingebracht, und wie ist dieses um-

gesetzt worden?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/5139

9. Wie viele ausländische VE aus welchen Ländern sind (soweit der Bundes-
regierung bekannt) seit 2005 auf deutschem Hoheitsgebiet tätig gewesen,
bzw. wie viele deutsche VE operierten in besagtem Zeitraum im Ausland
(bitte nach Jahreszahl und Behörden aufschlüsseln)?

a) Wie viele MoU wurden unterzeichnet/vermittelt?

b) Wie viele VE und VP sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt eingesetzt?

c) In wie vielen Fällen hat das BKA entsprechende Anfragen von Ländern
bzw. ausländischen Staaten bearbeitet bzw. weitergereicht?

Falls die Bundesregierung über keine Statistik verfügt: Ist sie bereit, die
zur Beantwortung notwendigen Angaben zu rekonstruieren und nachzu-
reichen, und wenn nein, warum nicht?

10. Auf welchen bilateralen, EU-weiten oder anderen internationalen Abkom-
men basiert der Austausch verdeckter Ermittlerinnen und Ermittler mit
Großbritannien anlässlich der G8-Gipfel 2005 und 2007 sowie des NATO-
Gipfels 2009, und welche Regelungen werden dort festgelegt?

a) Wie wurde in „MoU“ oder anderen etwaigen Vereinbarungen des gegen-
seitigen Austauschs deutscher und britischer VE das Mitführen techni-
scher Hilfsmittel (Peilsender, versteckte Kameras und Aufnahmegeräte)
sowie die Beteiligung deutscher Führungsbeamtinnen oder -beamter an-
lässlich der Einsätze bei Gipfelprotesten gegen G8 und NATO geregelt?

b) Wie wurde jeweils die Kommunikation zwischen den britischen und
deutschen Führungspersonen sowie den Polizeien des empfangenden
Staates geregelt?

c) Welche falschen Papiere wurden den britischen Polizisten anlässlich von
G8- und NATO-Gipfel ausgestellt, und welche Behörden bzw. Unterneh-
men waren hieran beteiligt?

11. Wie waren – nach Kenntnis der Bundesregierung – Sicherheitsbehörden an-
derer Regierungen, insbesondere der G8-Staaten hinsichtlich des Einsatzes
von VE in die deutschen G8- und NATO-Gipfel (sowohl Strasbourg wie
auch Baden-Baden) integriert?

a) Wie viele ausländische VE und VP waren auf deutschem Hoheitsgebiet
jeweils eingesetzt, und welche Landesregierungen haben hierzu Verträge
abgeschlossen?

b) Welche Treffen haben hierzu im Vorfeld und zur Auswertung mit auslän-
dischen Behörden stattgefunden (bitte in Bezug auf die einzelnen Gipfel-
treffen auflisten)?

c) Waren VE und VP bzw. Informantinnen und Informanten aus den USA,
Kanada, Japan oder Russland eingesetzt?

d) In welchen Arbeitsgruppen bzw. Institutionen wurden Belange hinsicht-
lich der grenzüberschreitenden Verwendung von VE und VP in der
deutsch-französischen Sicherheitszusammenarbeit beim NATO-Gipfel
2009 koordiniert?

e) Haben deutsche Sicherheitsbehörden anlässlich des G8-Gipfels in Japan
2008 japanischen Behörden Informationen geliefert, die im Rahmen ver-
deckter Ermittlungen beim G8 2005 und 2007 erhoben wurden?

f) Sind deutsche VE oder VP anlässlich des G8-Gipfels 2011 in Frankreich
eingesetzt?

12. Ist die Bundesregierung nunmehr bereit, die auf Bundestagsdrucksache

17/4333 gestellte Frage zu beantworten, ob deutsche Sicherheitsbehörden
im Rahmen des G8-Gipfels 2007 oder des NATO-Gipfels 2009 sowie bei

Drucksache 17/5139 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

grenzüberschreitenden Aktionen zu den Themenfeldern Antifaschismus,
Tierrechte, Anti-Atom oder Antimilitarismus weitere Ersuchen bzw. Mittei-
lungen von EU-Mitgliedstaaten oder anderer Regierungen für grenzüber-
schreitende verdeckte Ermittlungen oder Observationen in Deutschland
erhalten haben, und falls ja, welche Ergebnisse zeitigten diese Ersuchen je-
weils?

a) Hat die Bundesregierung hierzu mittlerweile die nötigen Erkundigungen
in den Ländern eingeholt?

b) Wenn nein, warum nicht?

c) Bis wann will die Bundesregierung die nötige Klärung hierzu abschlie-
ßen?

d) Welche Angaben macht die Bundesregierung bzgl. der Praxis bzw. Zu-
ständigkeit von Sicherheitsbehörden nur des Bundes bzw. in denen der
Bund hierzu „zu kleinerem Teil“ (Bundestagsdrucksache 17/4333) zu-
ständig ist?

13. Ist die Bundesregierung nunmehr bereit, auf die auf Bundestagsdrucksache
17/4333 gestellte Frage zu beantworten, ob deutsche Sicherheitsbehörden
im Rahmen von G8- oder NATO-Gipfeln sowie zu den Themenfeldern An-
tifaschismus, Tierrechte, Anti-Atom oder Antimilitarismus in den letzten
fünf Jahren Amtshilfeersuchen bei EU-Mitgliedstaaten oder anderer Regie-
rungen für grenzüberschreitende verdeckte Ermittlungen oder Observatio-
nen gestellt haben, und falls ja, welche Ergebnisse zeitigten diese Ersuchen
jeweils?

a) Hat die Bundesregierung hierzu mittlerweile die nötigen Erkundigungen
in den Ländern eingeholt?

b) Wenn nein, warum nicht?

c) Bis wann will die Bundesregierung die nötige Klärung hierzu abschlie-
ßen?

d) Welche Angaben macht die Bundesregierung bzgl. der Praxis bzw. Zu-
ständigkeit von Sicherheitsbehörden nur des Bundes bzw. in denen der
Bund hierzu „zu kleinerem Teil“ (Bundestagsdrucksache 17/4333) zu-
ständig ist?

14. Ist die Bundesregierung bereit, auf die auf Bundestagsdrucksache 17/4333
zunächst ausweichend beantwortete Frage, wie oft Deutschland VE in den
letzten fünf Jahren von EU-Mitgliedstaaten bzw. anderen Regierungen
„ausgeliehen“ oder eigene zum Einsatz in anderen Ländern zur Verfügung
gestellt hat, die nötigen Erkundigungen in den Ländern einzuholen?

a) Wenn nein, warum nicht?

b) Bis wann will die Bundesregierung die nötige Klärung hierzu abschlie-
ßen?

15. Wieso werden seitens Behörden der Bundesregierung keine Statistiken da-
rüber geführt, wie viele Ersuchen zum Einsatz ausländischer verdeckter
Ermittlerinnen und Ermittler bei der Bundesregierung eingehen, oder wie
viele Eilfälle durchgeführt wurden?

a) Ist die Bundesregierung bereit, eine Aufstellung durch Polizeikräfte be-
gangener Straftaten im Rahmen verdeckter Ermittlungen bzw. Observa-
tionen der letzten fünf Jahre zu liefern bzw. zunächst wenigstens bereits
bekannte Einzelfälle hierzu mitzuteilen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/5139

16. Bei welchen konkreten Ereignissen wurden grenzüberschreitend VE

a) welcher Behörden von Bund und Ländern eingesetzt, wie es BKA-Prä-
sident Jörg Ziercke im Innenausschuss laut Medienberichten für
„Hooligans, im Umfeld von Weltmeisterschaften oder bei anderen großen
Sportereignissen“ berichtete (bitte, sofern abgeschlossen, Einsätze nach
Jahreszahl, beteiligten Behörden und Ereignis auflisten)?

b) Welche Stellen haben für welche dieser Einsätze, wie von Jörg Ziercke
vorgetragen, „stets Lob von Seiten der Politik“ gegeben?

17. Wie war das BKA konkret am Einsatz von Mark K., Jim B., Marco J. und
anderen noch nicht enttarnten britischen VE bzw. deren „Vermittlung“ be-
teiligt?

a) Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung daraus, dass Mark K. dem
BKA-Präsidenten in der Zeitung „Daily Mail“ öffentlich widerspricht,
wonach er in Berlin weder aktiv gewesen sei noch von dort berichtet
habe, und er stattdessen nach eigenen Angaben aus Berlin sogar angeb-
liche Beweismittel zur Erschwerung von Atommülltransporten nach
Großbritannien mitbrachte?

18. War die vom BKA-Präsidenten zugegebene „Aktion“ in Berlin zur „Legen-
denstützung“ Kennedys, wie von zahlreichen Medien berichtet, das In-
brandsetzen eines Müllcontainers?

a) Welche Dienststellen des Landes Berlin waren an der „Aktion“ beteiligt
bzw. haben hierüber zuvor mit dem BKA Absprachen getroffen?

b) Teilt die Bundesregierung die Einschätzung von Jörg Ziercke, die
„Aktion“ habe keinen „Einsatzcharakter“ gehabt und sei daher ohne
„Informationserhebung“ verlaufen, obwohl britische Behörden hieraus
anscheinend später Erkenntnisse weitergaben?

c) Hat es zu besagter „Aktion“ wie 2004 unter EU-Polizeien vereinbart ein
„MoU“ gegeben und was wurde dort dazu festgehalten?

19. Entspricht das Inbrandsetzen eines Müllcontainers den Befugnissen, die
ausländischen VE oder VP in Deutschland innehaben?

a) Wenn nicht, welche Konsequenzen zog die Bundesregierung hieraus,
insbesondere gegenüber der britischen Polizei?

b) Falls sie keine Konsequenzen gezogen hat, warum nicht angesichts die-
ses klaren Regelverstoßes?

c) Wie bewertet die Bundesregierung die (auch strafrechtliche) Verantwor-
tung des BKA, dass Mark K. für das womöglich vom BKA eingefädelte
Inbrandsetzen eines Müllcontainers vorläufig festgenommen wurde, ein
Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet, das später eingestellt wurde,
und der vom BKA vermittelte VE anscheinend gegenüber Polizei und
Staatsanwaltschaft seine falschen Papiere als „Mark Stone“ benutzte und
folglich sogar die Kriminalakte auf den falschen Namen angelegt
wurde?

20. Wie kommt der BKA-Präsident zur am 26. Januar 2011 im Innenausschuss
des Bundestages vorgetragenen Behauptung, das „Land Berlin“ habe seine
„ganz klare Zustimmung“ für die gemeinsame „Aktion“ gegeben, durch die
der Undercover-Polizist in der militanten Szene aufgewertet werden sollte?

a) Wie ist die Aussage des BKA-Präsidenten im Innenausschuss zu verste-
hen, der Einsatz von Mark K. in Berlin hätte „keinen Einsatzcharakter“
gehabt, angesichts der Tatsache, dass Mark K. dort an einer Brandstiftung

beteiligt war?

Drucksache 17/5139 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

b) Worauf genau soll sich die Zustimmung des Berliner Innensenators,
Dr. Ehrhart Körting, bezogen haben (bitte aus dem hierzu existierenden
Vorgang des BKA zitieren)?

c) Hat sich diese „ganz klare Zustimmung“ konkret auch auf das Inbrand-
setzen eines Müllcontainers oder vergleichbarer, möglicherweise als
„szenetypisch“ angesehener Straftaten bezogen?

21. Wie bewertet die Bundesregierung das Dementi des Innensenators
Dr. Ehrhart Körting, ein entsprechender BKA-Vorschlag sei vom Land Ber-
lin gar nicht beantwortet worden, was das BKA kurzerhand als Zustimmung
umdeutete?

a) An welche britische Behörde wurde die angebliche „ganz klare Zustim-
mung“ des Landes Berlin dann kommuniziert?

b) Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus der offensichtlich dia-
metral unterschiedlichen Darstellung durch den BKA-Präsidenten und
den Innensenator?

22. Hat das BKA an der Erstellung von „MoU“ oder anderer Vereinbarungen
bezüglich des Einsatzes von Mark K. bei Landespolizeien mitgewirkt?

a) Hat das BKA zur im „MoU“ geforderten Risikoanalyse beigetragen?

b) Welche Erkenntnisse des BKA sind hierzu eingeflossen?

c) Wie wurde nach Kenntnis der Bundesregierung die dort vorgesehene
Frage beantwortet, ob die Maßnahme gerechtfertigt werden könnte,
sollte sie der Öffentlichkeit publik werden?

d) Wie wurde nach Kenntnis der Bundesregierung die dort vorgesehene
Frage beantwortet, ob ein Einsatz als „Agent Provocateur“ möglich sei?

23. Wie kommt der BKA-Präsident, Jörg Ziercke, zur Behauptung, das BKA
habe keine Berichte über den Einsatz von Mark K. empfangen und den Ein-
satz lediglich an Landesbehörden vermittelt, obwohl dem britischen Polizist
2007 ein Führungsbeamter des BKA zur Seite gestellt wurde, der in die
damalige Sonderpolizeibehörde „BAO Kavala“ integriert war?

a) Welche Regelungen oder Praxen existieren zur Betreuung, Koordination
und Zusammenarbeit mit ausländischen VE und VP bzw. ihrer Füh-
rungspersonen bei sportlichen oder politischen „Major Events“ seitens
deutscher Polizeibehörden?

b) Wie waren die deutschen und ausländischen Verbindungskräfte hinsicht-
lich verdeckter Ermittlungen bei den damaligen G8- und NATO-Gipfeln
integriert?

c) Welche Arbeitsgruppen bzw. Stäbe existierten hierzu in den Sonderpoli-
zeibehörden „BAO Kavala“ und „BAO Atlantik“?

d) Wie viele Beamtinnen und Beamte welcher Bundesbehörden waren je-
weils zur Führung oder Koordination von VE und VP abgeordnet?

e) Wie wurde die Kommunikation der Sonderpolizeibehörden mit den aus-
ländischen VE geregelt?

f) Wie hat der für Mark K. zuständige Verbindungsbeamte des BKA den
Einsatz in seinem Bericht dargestellt (bitte in groben Zügen wiederge-
ben)?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 9 – Drucksache 17/5139

24. Wie definiert die Bundesregierung den Begriff „schwerste Straftaten“, wie
er von BKA-Präsident Jörg Ziercke im Zusammenhang mit verdeckten Er-
mittlungen gegen sogenannte Euro-Anarchisten benutzt wird?

a) Welche Planungen solcher „schwerster Straftaten“ wurden dem BKA
vor dem G8-Gipfel in Heiligendamm bzw. dem NATO-Gipfel 2009 aus
welchen Ländern bekannt gegeben?

b) Waren bereits konkreten Vorbereitungshandlungen erfüllt worden, und
wenn ja, welche?

c) Welche Stellen, speziell aus Großbritannien, haben diese von Jörg
Ziercke erwähnten „Erkenntnisse“ übermittelt?

d) Inwiefern stammten die dabei laut BKA-Präsident aus der „Anarcho-
szene“ eingegangenen Hinweise von VE oder VP?

25. Wie erklärt die Bundesregierung, dass der Einsatz von Mark K. zum G8-
Gipfel durch den BKA-Präsidenten mit einem Hinweis auf aus Großbritan-
nien gemeldete angeblich geplanten „schwerste Straftaten“ gerechtfertigt
wird, während indes die offensichtlich vom BKA initiierte „Aktion“ zur
Legendenbildung in Berlin erst über ein halbes Jahr später stattfand?

26. a) Ist die Bundesregierung mittlerweile bereit, dem Parlament mitzuteilen,
welchem konkreten Ziel der Einsatz von Mark K., Jim B. oder Marco J.
diente?

b) Kann die vermittelnde Bundesregierung für ihre Behörden mit Sicher-
heit ausschließen, dass die Einsätze bei laufenden Ermittlungen helfen
sollten?

27. a) Kann die Bundesregierung mit Sicherheit ausschließen, dass Mark K.,
Jim B. oder Marco J. sich außer der Straßenblockade nahe Heiligen-
damm und dem Inbrandsetzen eines Müllcontainers an weiteren strafba-
ren Handlungen beteiligten oder zu solchen aufriefen?

b) Sieht die Bundesregierung nach Medienberichten über die Beteiligung
des britischen Polizisten Mark K. an mindestens zwei Straftaten oder
womöglich auch in Deutschland praktizierte „taktische Liebesbeziehun-
gen“ Gründe für strafrechtliche Ermittlungen?

28. a) Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Tatsache,
dass der britische Innenminister der ACPO bzw. ihrer Unterabteilung
NPOIU das Mandat zur Führung von VE entzog, nachdem diese wegen
dubioser Ermittlungsmethoden heftig kritisiert wurden?

b) Mit welchen britischen Stellen arbeitete die Bundesregierung bzw. die
entsprechenden Behörden des Bundes und der Länder in Großbritannien
hinsichtlich des Austauschs von VE bisher zusammen, und welche Ver-
änderungen ergeben sich wegen der zukünftigen Nichtzuständigkeit der
NPOIU?

c) Welche Veränderungen wurden der Bundesregierung bzw. entsprechen-
den Behörden des Bundes und der Länder hierzu aus Großbritannien
mitgeteilt?

29. Was ist gemeint, wenn der BKA-Präsident hinsichtlich der Notwendigkeit
konspirativer Polizeimethoden von einer „Europäisierung der Anarcho-
szene“ spricht und hier besonders die Länder Griechenland, Spanien, Groß-
britannien, Frankreich, Dänemark und Deutschland hervorhebt?

Drucksache 17/5139 – 10 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

a) Welche Arbeitsgruppen oder Gremien existieren auf EU-Ebene, in denen
sich Polizeien aus Griechenland, Spanien, Großbritannien, Frankreich,
Dänemark oder Deutschland etwa hinsichtlich einer „Europäisierung der
Anarchoszene“ oder eines anarchistischen „Tourismus“ von „schwersten
Straftaten“ abstimmen?

b) Welches Ziel wird damit verfolgt?

c) Von welchen Vorbereitungen von „Euro-Anarchisten“ und insbesondere
„militanten Linksterroristen“ (Jörg Ziercke) hatte die Bundesregierung
anlässlich der G8- und NATO-Gipfel Kenntnis erlangt, und um welche
Zusammenschlüsse handelt es sich dabei?

30. Teilt die Bundesregierung die von britischen Undercover-Polizisten vorge-
tragene Sorge, dass Sicherheitsfirmen inzwischen mehr Undercover-Agen-
tinnen und Agenten in politischen Bewegungen platziert hätten als die
Polizei und diese schwer zu kontrollieren seien?

a) Welche Schlussfolgerung zieht die Bundesregierung aus der Enthüllung,
dass der britische Polizist Mark K. geschäftliche Beziehungen mit dem
Sicherheitsunternehmen „Global Open“ unterhielt und zwei eigene
Unternehmen gegründet hatte, mit denen er womöglich seine unter
Bezahlung deutscher Länderpolizeien erlangten Informationen privat
weiterveräußerte?

b) Wie steht die Bundesregierung zu Berichten britischer und deutscher
Medien, nach denen die deutsche „E.ON“ die Firma „Vericola“ angeheu-
ert hatte, die Kampagnen gegen den Konzern ausforschen soll und damit
wirbt, eine „diskrete Beobachtung“ politischer Gruppen zu betreiben?

c) Waren nach Kenntnissen der Bundesregierung VE aus der Privatwirt-
schaft bzw. Polizeikräfte, die gleichzeitig für private Unternehmen gear-
beitet hatten in den letzten fünf Jahren bei Gipfelprotesten aktiv?

d) Wie beurteilt die Bundesregierung die Aussage von Mark K. nach der er
seit Frühjahr 2010 kein Polizeiangehöriger mehr sei, vor dem Hinter-
grund, dass er auch danach noch in Deutschland aktiv war und hierfür
auf Kontakte und Erkenntnisse aufbaute, die er im Rahmen seiner Tätig-
keit für deutsche Behörden erlangte?

e) War Mark K. nach Kenntnis der Bundesregierung ab Frühjahr 2010 für
deutsche Behörden oder private Firmen tätig?

Berlin, den 18. März 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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