BT-Drucksache 17/5109

Novellierung des Planungsrechts bei Verkehrsinfrastrukturprojekten

Vom 16. März 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5109
17. Wahlperiode 16. 03. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hans-Joachim Hacker, Sören Bartol, Uwe Beckmeyer, Martin
Burkert, Petra Ernstberger, Iris Gleicke, Ulrike Gottschalck, Michael Groß, Gustav
Herzog, Johannes Kahrs, Ute Kumpf, Kirsten Lühmann, Thomas Oppermann,
Florian Pronold, Andrea Wicklein, Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion
der SPD

Novellierung des Planungsrechts bei Verkehrsinfrastrukturprojekten

Die Diskussionen über eine Weiterentwicklung des deutschen Planungsrechts
haben mit den Debatten über das Bauprojekt „Stuttgart 21“ sowie verschiedener
Flughäfen eine neue Dynamik erhalten. Es ist deutlich geworden, dass gerade in
überlang dauernden Planungsverfahren immer wieder um die Akzeptanz in der
Bevölkerung gerungen werden muss. Dazu gehören frühzeitige Informationen
über Projekte von der Idee über die Planungs- bis zur Realisierungsfrage. In je-
dem Schritt muss für die Bürgerinnen und Bürger Transparenz hergestellt wer-
den, aber auch die Möglichkeit benannt werden, welche Einflussmöglichkeiten
auf die Planungen gegeben sind.

Gleichzeitig klagen Vorhabenträger darüber, dass Planungsverfahren in Deutsch-
land viele Jahre oder Jahrzehnte dauern und damit eine Unsicherheit sowohl auf
Seiten von Investorinnen und Investoren, als auch bei Bürgerinnen und Bürgern
vorherrscht. Mit Instrumenten wie dem Verkehrswegeplanungsbeschleuni-
gungsgesetz oder dem Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz wurden
Wege beschritten, Planungen schneller durchzuführen und abzuschließen.
Nichtsdestotrotz sollen weiter Ideen verfolgt werden, wie Planungsverfahren
bürgerfreundlich, transparent und rasch abgeschlossen werden können.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche konkreten Schritte hat die Bundesregierung seit 2009 unternommen,
um in Umsetzung des Koalitionsvertrages zwischen CDU, CSU und FDP
eine Beschleunigung von Planungsverfahren bei Verkehrsinfrastrukturvor-
haben herbeizuführen?

2. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, das Verfahrensrecht zu
straffen?

3. An welchen Stellen im Planungsrecht finden aus Sicht der Bundesregierung
unnötige Doppelprüfungen statt, und welche Schritte will die Bundesregie-
rung unternehmen, um Doppel- und Mehrfachprüfungen in einem Planungs-
verfahren zu vermeiden?

4. Welche Änderungen im europäischen Umweltrecht strebt die Bundesregie-
rung laut Koalitionsvertrag an, um Planungen zu beschleunigen?

5. Wie will die Bundesregierung im Planungsrecht für Verkehrsinfrastruktur-
projekte die Rechte von Umwelt- und Naturschutzverbänden stärken?

Drucksache 17/5109 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

6. Welche Regelungen aus dem Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz
plant die Bundesregierung in reguläre Planungsvorhaben zu übernehmen,
und welche nicht?

7. Welche Planungsziele, wie zum Beispiel Klimaschutz, will die Bundes-
regierung im Planungsrecht stärken, und welche konkreten Vorstellungen
existieren dazu?

8. Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung, um eine grenzüberschrei-
tende Raumplanung mit Nachbarstaaten zu optimieren und zu beschleuni-
gen, und welche entsprechenden Schritte hat die Bundesregierung dazu be-
reits unternommen?

9. Hält die Bundesregierung an ihrem Vorhaben fest, Planungsverfahren
grundsätzlich zu beschleunigen und gleichzeitig die Bürgerbeteiligung an
Planungsverfahren auszubauen?

Wenn ja, welche rechtlichen Regelungen sollen in diesem Zusammenhang
verändert werden?

10. Welche Möglichkeiten der Bereitstellung von Informationen zu Planungs-
verfahren bei Verkehrsinfrastrukturvorhaben im Internet sieht die Bundes-
regierung?

11. In welchen planenden Bundesbehörden oder an Planungsverfahren beteilig-
ten Bundes- und Landesbehörden wird schon jetzt eine verstärkte Nutzung
des Internets zur Vorstellung von Planungsverfahren praktiziert, oder in
welchen Behörden ist dies geplant?

12. Welche Voraussetzungen müssen dafür geschaffen werden, um bei den pla-
nenden Behörden nicht nur Informationen in das Internet zu stellen, sondern
eine Plattform zu entwickeln, auf der auch Meinungen und Einwände zu
einem Projekt eingebracht und diskutiert werden können?

13. Durch welche gesetzlichen Maßnahmen will die Bundesregierung sicher-
stellen, dass Planungsverfahren für die Bürgerinnen und Bürger verständli-
cher und damit bürgerfreundlicher ausgestaltet sind?

14. Stellt aus Sicht der Bundesregierung die Nutzung des Internets in Planungs-
verfahren eine Alternative zu Auslegungen von Planungen in Behörden so-
wie der Durchführung von Erörterungsterminen dar, oder handelt es sich um
eine Ergänzung, die nicht zur Abschaffung der förmlichen Auslegung und
Erörterung führt?

15. Welche Gespräche gibt es mit den Ländern, die Planungen in Auftragsver-
waltung für den Bund übernehmen, stärker Informationen für die Bürgerin-
nen und Bürger über das Internet zur Verfügung zu stellen?

16. Unterstützt die Bundesregierung die Forderung, zunächst eine Grundsatz-
entscheidung für die Planung eines Infrastrukturvorhabens von der Abstim-
mung darüber auf lokaler Ebene mit Hilfe eines Bürgerentscheides oder auf
Landesebene durch einen Volksentscheid abhängig zu machen?

Wenn nein, warum nicht?

17. Sollten aus Sicht der Bundesregierung Bürger- oder Volksentscheide zu Pla-
nungsvorhaben für ein Infrastrukturvorhaben ggf. Entscheidungen einer
Kommunalvertretung oder eines Landesparlaments ersetzen, wenn diese
bislang keine Entscheidung zu dem Projekt getroffen haben?

18. An welchen Stellen in Planungsverfahren von Infrastrukturvorhaben müsste
das Instrument von Bürger- bzw. Volksentscheiden eingesetzt werden, um
Bürgerinnen und Bürgern die Gelegenheit zur Positionierung grundsätz-
licher Art zu einem Projekt und zu (Alternativ-)Varianten einer Planung zu
geben?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/5109

19. Welche Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung sieht die Bundesregierung
hierbei insbesondere im Vorfeld der Erstellung eines neuen Bundesver-
kehrswegeplanes, und welche konkreten Schritte wird die Bundesregierung
dazu unternehmen?

20. Welche Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung sieht die Bundesregierung bei
der Aufstellung von Raumordnungsplänen des Bundes sowie bei der Erstel-
lung von Raumordnungsplänen der Länder?

21. Welche Notwendigkeit sieht die Bundesregierung, die im Falle von „Stutt-
gart 21“ durchgeführte Mediation förmlich im Planungsrecht festzuschrei-
ben, und auf welche Weise kann dies geregelt werden?

22. Wie positioniert sich die Bundesregierung zu der Forderung, die förmliche
Erörterung durch ein von einem Mediator durchgeführtes öffentliches Ver-
fahren zu ersetzen?

23. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, Ergebnisse eines Media-
tionsverfahrens in das förmliche Planverfahren einfließen zu lassen, und
welche rechtlichen Änderungen müssten hierzu erfolgen?

24. Wie bewertet die Bundesregierung die Forderung, die Verbandsklage nicht
unmittelbar Betroffener abzuschaffen, sofern eine Entscheidung im Wege
eines Bürger- oder Volksentscheids bereits getroffen wurde?

25. Wie steht die Bundesregierung zu der Forderung, das Verbandsklagerecht
nur noch dann zuzulassen, wenn Bürgerinnen und Bürger keine individuel-
len Klagemöglichkeiten haben?

26. Wie kann verhindert werden, dass im Laufe von Planungsverfahren von In-
vestorinnen und Investoren immer weitere neue Unterlagen beigebracht
werden müssen und sich Planungsverfahren auf diese Weise immer wieder
verzögern, und ist die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Län-
dern dazu bereit für Planungsverfahren Leitfäden zu entwickeln, aus denen
Zeitrahmen sowie der notwendige Umfang von Unterlagen für das Pla-
nungsverfahren hervorgehen?

27. Wie steht die Bundesregierung zu der Forderung, bei Bebauungsplänen im
kommunalen Innenbereich die Schwellenwerte zur überschlägigen Prüfung
nach § 13a des Baugesetzbuchs zu erhöhen, und wenn ja, welche konkreten
Vorstellungen existieren dazu?

28. Verfolgt die Bundesregierung Planungen, die Möglichkeit zu eröffnen, Teile
von Planungsverfahren an private Projektmanager zu übertragen, und wenn
ja, wie kann sichergestellt werden, dass hoheitliche Aufgaben nicht von Pri-
vaten durchgeführt werden?

29. Wie viele Veranstaltungen wurden bisher im Rahmen des Bürokratieabbau-
projektes „Planungs- und Baurecht von Infrastrukturvorhaben“ durchge-
führt?

30. Wer ist an diesem Projekt beteiligt?

31. Welche Ergebnisse wurden bisher erzielt und welche Empfehlungen ausge-
sprochen?

32. Welche Ergebnisse erzielte die im Rahmen des Flughafenkonzeptes der
Bundesregierung eingerichtete Expertengruppe, die Eckpunkte für eine Be-
schleunigung bei Planungsverfahren von Flughäfen erarbeiten sollte?

33. Wer waren Teilnehmer dieser Expertengruppe, und wann tagte die Gruppe?

Drucksache 17/5109 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
34. Welche konkreten Maßnahmen wird die Bundesregierung aus den Vorschlä-
gen des Bürokratieabbauprojektes „Planungs- und Baurecht von Infrastruk-
turvorhaben“ sowie der Expertengruppe zur Beschleunigung von Planungs-
verfahren von Flughäfen entwickeln und umsetzen?

35. Wie und bis wann will die Bundesregierung erreichen, dass Anwohner eines
Flughafens ihre mögliche Betroffenheit bei Neu- oder Ausbaumaßnahmen
von Flughäfen bereits im Planfeststellungsverfahren und damit vor der Fest-
legung der An- und Abflugverfahren umfassend erkennen können, wie die
Bundesregierung in ihrer Antwort zu den Fragen 11 und 12 der Kleinen
Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/4781 angekündigt hat?

Berlin, den 16. März 2011

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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