BT-Drucksache 17/5107

Umsetzung des Programms Informations- und Kommunikationstechnologie 2020

Vom 16. März 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5107
17. Wahlperiode 16. 03. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten René Röspel, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Ulla Burchardt,
Dr. Hans-Peter Bartels, Klaus Barthel, Willi Brase, Petra Ernstberger, Michael
Gerdes, Iris Gleicke, Klaus Hagemann, Christel Humme, Oliver Kaczmarek,
Daniela Kolbe (Leipzig), Ute Kumpf, Thomas Oppermann, Florian Pronold,
Marianne Schieder (Schwandorf), Swen Schulz (Spandau), Andrea Wicklein,
Dagmar Ziegler, Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Umsetzung des Programms Informations- und Kommunikationstechnologie 2020

Die Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) ist eines der wich-
tigsten technologischen Zukunftsfelder, da Entwicklungen in diesem Bereich
nicht nur für sich selbst stehen, sondern auch die Basis für viele andere Bereiche,
wie Automobilbranche, Maschinenbau, Medizin, Logistik und Energie bilden
und als wichtige Triebfedern für Wachstumsprozesse wirken. Laut Gutachten zu
Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit 2009 sorgen in
Deutschland gut 800 000 Beschäftigte in der IKT-Branche für einen Umsatz von
etwa 145 Mrd. Euro.

In den letzten Jahrzehnten hat die Informations- und Kommunikationstechnolo-
gie bereits eine enorme Entwicklung durchlaufen, deren Ende noch nicht abseh-
bar ist. Daher wurde im Zuge der von der Koalition der Fraktionen der SPD und
CDU/CSU verabschiedeten Hightech-Strategie auch ein Forschungsförderpro-
gramm für Informations- und Kommunikationstechnologien aufgelegt, das
Projekt „IKT 2020 – Forschung für Innovationen“. Dieses Programm hat einen
Finanzrahmen von 1,5 Mrd. Euro innerhalb von fünf Jahren und wird bis 2011
laufen. Die Fördermittel sollten vor allem auch kleinen und mittleren Unterneh-
men zur Verfügung gestellt werden.

Besonderen Wert bei der Forschungsförderung sollte auch auf die zeitnahe An-
wendung der neu gewonnenen Erkenntnisse gelegt werden, so dass Resultate
möglichst schnell wirtschaftlich genutzt werden können. Hierzu sollte vor allem
auch die Wirtschaft in die Finanzierung mit einbezogen werden.

Des Weiteren ist das Programm als lernendes Programm angelegt worden, da der
sehr aktive IKT-Bereich einer genauen Überwachung der interessanten Themen-
felder bedarf und bei den geförderten Themenschwerpunkten die Möglichkeiten
bestehen sollten, dass nachjustiert werden kann bzw. konnte.

Doch zeigen neueste Studien, unter anderem die Monitoring-Studie 2009 des

IKT 2020, dass die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechno-
logie nicht in dem Maße voranschreitet, wie es geplant war und Deutschland in
vielen Bereichen den Anschluss an die Vorreiterstaaten zu verlieren droht oder
bereits verloren hat. Von der aktuellen Bundesregierung von CDU, CSU und
FDP sind in diesem Bereich bisher keinen neuen Impulse gesetzt worden. Die
Fraktion der SPD hat zwar eine Erhöhung der Projektfördermittel des Bundes-
ministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) für diesen wichtigen For-

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schungsbereich in den Beratungen im Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung beantragt, die jedoch abgelehnt wurden. Alternative
Vorschläge zur Stärkung der Informations- und Kommunikationstechnologien
wurden von CDU, CSU und FDP nicht präsentiert.

Nunmehr hat die Bundesregierung am 10. November 2010 ihre IKT-Strategie
der Bundesregierung „Deutschland Digital 2015“ vorgestellt. Trotz der Ankün-
digung konkreter Maßnahmen enthält das Papier jedoch – zumeist bereits be-
kannte – Sätze allgemeiner Art zur Bedeutung der Informations- und Kommu-
nikationstechnologien und verweist auf oft bereits laufende Maßnahmen. So
stellt die Strategie beispielsweise fest, dass man das „zukünftige Internet“ nur
gemeinsam mit internationalen Partnern entwickeln könne. Darüber, wie die mit
dieser Strategie verfolgten Ziele – etwa der weitere Ausbau der Breitbandnetze,
die Entwicklung und Einführung von Cloud-Computing-Lösungen oder der Ein-
satz von IKT für Mobilität – erreicht werden können, erfährt man jedoch wenig
Konkretes.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie bewertet die Bundesregierung die Entwicklung der Informations- und
Kommunikationstechnologie in Deutschland seit Beginn des Programms
„IKT 2020 – Forschung für Innovationen“?

2. Welche weiteren Maßnahmen sind nach Ende der finanziellen Förderung im
Jahr 2011 geplant?

3. Ist die Bundesregierung weiterhin der Auffassung, dass Deutschland im Be-
reich der IKT eine „technologische Spitzenstellung“ (Bundestagsdrucksache
17/1906, S. 257) einnimmt, und wenn ja, wie passt diese Aussage zu der Tat-
sache, dass bedauerlicherweise nur wenige deutsche Firmen im Bereich IKT
international führend sind?

4. Wie steht die Bundesregierung zu der Forderung des Branchenverbandes
BITKOM (Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und
neue Medien e. V.), der ab 2009 eine Aufstockung der öffentlichen Fördergel-
der für den IKT-Bereich um 15 Prozent jährlich gefordert hatte, und welche
Pläne verfolgt diesbezüglich die Bundesregierung?

5. Welche konkreten Produkte, Verfahren und/oder Dienstleistungen können als
Resultat der IKT-Forschungsförderung, als deren Ziel in der Förderinforma-
tion die „Umsetzung von FuE-Ergebnissen in Produkte, Verfahren und/oder
Dienstleitungen nach Abschluss der Projekte oder zeitlich parallel als Spin-
offs (außerhalb der Förderung)“ beschrieben worden war, gesehen werden
(bitte um tabellarische Übersicht)?

6. Welche Ursachen sind nach Auffassung der Bundesregierung dafür verant-
wortlich, dass laut dem Monitoring-Bericht zur IKT-Förderung nur wenige
der geflossenen Mittel an kleine und mittlere Unternehmen gegangen sind?

7. Wie plant die Bundesregierung nach Ende des Förderprogramms 2011 si-
cherzustellen, dass bei der weiteren Förderung im Bereich IKT verstärkt auch
kleine und mittlere Unternehmen gefördert werden?

8. Hält es die Bundesregierung für wahrscheinlich, dass das Prinzip „Stärken
stärken“, also die bevorzugte Förderung von Unternehmen, die bereits eine
exzellente Marktposition erreicht haben, als ursächlich für die im Vergleich
geringe direkte Förderung von kleinen und mittleren Unternehmen anzuse-
hen ist?

9. Wie wurde bisher von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, dass die Schwer-
punktsetzung im Förderprogramm im Sinne eines lernenden Systems ange-

legt und eine Nachsteuerung möglich sein sollte, und wurde das System der
Nachsteuerung selbst im Rahmen des Programms verbessert?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/5107

10. Welche Beispiele kann die Bundesregierung anführen, die den Erfolg der
Nachsteuerung im Programm IKT 2020 belegen?

11. Welche europäischen Projekte wurden durch Mittel aus dem Programm IKT
2020 finanziert, und auf welche Höhe beläuft sich diese Förderung?

12. Wie wurde sichergestellt, dass die erfassten Ergebnisse mit Wertschöpfung
in Deutschland durchgeführt wurden, wie es im „IKT-2020“-Vorhaben ge-
plant war?

13. In welchen Forschungsbereichen im Bereich der Informations- und Kom-
munikationstechnologien sieht die Bundesregierung die Möglichkeit eine
Spitzenposition zu erlangen oder zu halten, und bestehen diesbezüglich
Pläne für eine spezielle Förderung?

14. Welche Möglichkeiten gibt es für Dienstleistungsunternehmen (die immer-
hin einen großen Teil des IKT-Marktes in Deutschland ausmachen), eine
Förderung im Rahmen des IKT-Projekts zu erhalten, wo laut „IKT-2020“-
Papier „Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, Hochschulen und außer-
universitäre Forschungseinrichten sowie Bildungseinrichtungen“ antrags-
berechtigt sind?

15. Muss für eine Förderung im Rahmen des Programms IKT 2020 das Unter-
nehmensziel die Herstellung eines Produkts oder Verfahrens sein?

16. Welchen Anteil der Forschungsförderung hat die Wirtschaft bisher im Rah-
men des Programms IKT 2020 geleistet?

17. Welche der geflossenen Mittel aus dem Programm IKT 2020 sind zusätzlich
bereit gestellt worden und nicht Mittel, die auch ohne spezielles Förderpro-
gramm im Rahmen der Forschungsförderung des BMBF geflossen wären?

18. Wirkt sich das Programm „IKT 2020 – Forschung für Innovationen“ auch
auf andere Forschungsbereiche positiv aus, insofern die im Rahmen der For-
schungsförderung geflossenen Gelder etwa Unternehmen ermöglichen,
Forschungsinvestitionen in anderen Bereichen zu tätigen?

19. Welche Überprüfungsmechanismen werden angewandt, um die Produktivi-
tät einer Forschungseinrichtung zu überprüfen, die Fördermittel im Rahmen
des Programms erhalten hat?

20. Welche Auswirkungen hat die Tatsache, dass der Anteil der IKT-Ausgaben
am Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den meisten Bereichen in Deutschland
unterhalb des europäischen Durchschnitts liegt, auf die Position Deutsch-
lands innerhalb der europäischen Forschungslandschaft?

21. Wie verteilt sich die Förderung im Rahmen des Programms IKT 2020 auf
die fünf Schwerpunktbereiche Automobil, Automatisierung, Gesundheit
und Medizin, Logistik und Dienstleistungen sowie Energie, die im Rahmen
der Fokussierung der Projektförderung als Bereiche mit hohem IKT-Anteil
und zugleich hoher Wertschöpfung und hohem Arbeitsplatzpotential identi-
fiziert worden waren?

22. Hat sich aus Sicht der Bundesregierung die Konzentration auf fünf Anwen-
dungsfelder als erfolgreich erwiesen?

23. Wie geht diese Prognose aus dem Monitoring-Bericht 2009, laut dem die
größten Wachstumsfelder der IKT-Branche die Bereiche sind, die noch am
Anfang ihres Innovationszyklus stehen und die zügig auszubauen sind (z. B.
mobile Anwendungen, RFID, Green IT, E-Energy, Embedded Systems,
Internet der Dienste, Cloud Computing, Klimaschutz, Internet der Dinge) in
die weitere Forschungsschwerpunktsetzung ein?
24. Welche der genannten Themenschwerpunkte werden bereits wie stark und
im Rahmen welcher Programme gefördert?

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25. Welche Forschungsbemühungen wurden in den letzten Jahren im Bereich
E-Health/E-Health-Netz gefördert, und welche Pläne gibt es zur weiteren
Förderung von Forschungsprojekten im Bereich E-Health?

26. Welche Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung, um im Bereich der
IT-Sicherheit auf die zunehmende Kriminalität im Internet zu reagieren und
die Sicherheitsforschung im IKT-Bereich zu stärken?

27. Wie viele Arbeitsplätze sind durch die Förderung der IKT-Forschung in
Deutschland entstanden (bitte um Auflistung nach Jahren)?

28. Wie begegnet die Bundesregierung dem Fachkräftemangel im Bereich der
Informations- und Kommunikationstechnologien, der von vielen Unterneh-
men als das größte Hemmnis für Innovation und Forschung in Deutschland
beschrieben wird?

29. Gibt es Programme, die die Ausbildung von Fachkräften und Studentinnen
und Studenten der entsprechenden Gebiete verbessern sollen oder gibt es
Bestrebungen, die Zuwanderung für qualifizierte Facharbeiter – insbeson-
dere für den Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien
zu vereinfachen?

30. Welche Bemühungen werden seitens der Bundesregierung unternommen,
um internationale Standards durch die in Deutschland entwickelten Pro-
dukte zu prägen, um so die Marktstellung dieser Produkte und damit die ge-
samte deutsche Forschungslandschaft zu stärken?

31. Plant die Bundesregierung, die im Papier „Deutschland Digital 2015“ be-
sonders hervorgehobenen 3D-Technologien im Rahmen der Forschungsför-
derung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zukünftig ge-
zielter zu fördern, und falls ja, wann wird ein entsprechendes Förderkonzept
vorliegen?

32. Wird das Bundesministerium für Bildung und Forschung an der geplanten
Einrichtung eines 3D-Innovationszentrums beteiligt, und besteht zwischen
der Einrichtung des Zentrums und den geförderten Maßnahmen im Rahmen
des Programms IKT 2020 ein Bezug?

33. Welche Rolle spielte das so genannte Internet der Dienste im Rahmen des
Programms IKT 2020?

34. Inwieweit wurden bzw. werden das Programm IKT 2020 und das Programm
THESEUS aufeinander abgestimmt, und entspricht die Bewertung des Bun-
desministers für Wirtschaft und Technologie (Aussage vom Bundesminister
für Wirtschaft und Technologie, Rainer Brüderle, im THESEUS Imagefilm:
„THESEUS ist Deutschlands größtes und wichtigstes Forschungsprojekt im
Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien.“) der Mei-
nung der gesamten Bundesregierung, dass das Programm IKT 2020 folglich
nicht das wichtigste Forschungsförderprogramm im Bereich der Informa-
tions- und Kommunikationstechnologien darstellt?

35. Aus welchen Gründen wird das Programm IKT 2020 im Papier „Deutsch-
land Digital 2015“ nicht ausdrücklich erwähnt, wenn es sich doch hierbei
offensichtlich um die Fortsetzung der IKT-Strategie handeln soll?

36. Welche Projekte im Bereich der Service-Robotik sowie im Bereich der
Heimvernetzung wurden im Rahmen des Programms IKT 2020 bisher ge-
fördert?

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37. In welchem Verhältnis steht die im Papier „Deutschland Digital 2015“ er-
wähnte Maßnahme „Software-Spitzencluster“ zum Spitzencluster-Wettbe-
werb des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und basieren
beide Projekte auf den gleichen Voraussetzungen (etwa in Bezug auf die Zu-
wendungsvoraussetzungen oder hinsichtlich des Kreises der Zuwendungs-
empfänger)?

38. Welche Auswirkungen hat nach Einschätzung der Bundesregierung das Pro-
gramm IKT 2020 auf die schlechte Position Deutschlands im europaweiten
Vergleich zum Anteil des IKT-Sektors an der Gesamtbeschäftigung, und
wie lassen sich diese Auswirkungen fundiert und nachvollziehbar bewer-
ten?

39. Soll es eine Evaluierung der IKT 2020 hinsichtlich ihrer Zielsetzung und
Wirksamkeit geben, und wann wird diese vorliegen?

40. Mit der IKT-Strategie „Deutschland Digital 2015“ wurde – in Abstimmung
mit allen beteiligten Ressorts – ein Monitoring angekündigt. Wann werden
zu dem mit der IKT-Strategie „Deutschland Digital 2015“ in Abstimmung
mit allen beteiligten Ressorts angekündigten Monitoring erste Ergebnisse
veröffentlicht?

Berlin, den 16. März 2011

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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