BT-Drucksache 17/5094

a) zu dem Antrag der Fraktionen der CDU und FDP - Drucksache 17/4880 - b) zu dem Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 17/4881 - c) zu dem Antrag der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 17/4882 - d) zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 17/4883 -

Vom 16. März 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5094
17. Wahlperiode 16. 03. 2011

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union
(21. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
– Drucksache 17/4880 –

Einvernehmensherstellung von Bundestag und Bundesregierung zur
Ergänzung von Artikel 136 des Vertrages über die Arbeitsweise der
Europäischen Union (AEUV) hinsichtlich der Einrichtung eines Europäischen
Stabilitätsmechanismus (ESM)

hier: Stellungnahme des Deutschen Bundestages nach Artikel 23 Absatz 3
des Grundgesetzes i. V. m. § 10 des Gesetzes über die
Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag in
Angelegenheiten der Europäischen Union

b) zu dem Antrag der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/4881 –

zum Entwurf eines Beschlusses des Europäischen Rates zur Änderung des
Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union hinsichtlich eines
Stabilitätsmechanismus für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist
– Ratsdok. 17620/10 (EUCO 30/10), Anlage I –

hier: Stellungnahme des Deutschen Bundestages nach Artikel 23 Absatz 3
des Grundgesetzes (GG) i. V. m. § 10 des Gesetzes über die
Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem Bundestag
in Angelegenheiten der Europäischen Union
Herstellung des Einvernehmens bezüglich der Ergänzung von Artikel 136 AEUV
zur Einrichtung eines Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM)
verantwortlich gestalten

Drucksache 17/5094 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

c) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Diether Dehm, Alexander Ulrich, Andrej
Hunko, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 17/4882 –

zum Entwurf eines Beschlusses des Europäischen Rates
zur Änderung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union
hinsichtlich eines Stabilitätsmechanismus für die Mitgliedstaaten,
deren Währung der Euro ist
– Ratsdok. 17620/10 (EUCO 30/10), Anlage I –

hier: Stellungnahme gegenüber der Bundesregierung gemäß Artikel 23 Absatz 3
des Grundgesetzes

d) zu dem Antrag der Abgeordneten Manuel Sarrazin, Alexander Bonde,
Dr. Gerhard Schick, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/4883 –

Herstellung des Einvernehmens zwischen Bundestag und Bundesregierung
zur Änderung des Artikels 136 des Vertrages über die Arbeitsweise
der Europäischen Union hinsichtlich eines Stabilitätsmechanismus
für die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist

hier: Stellungnahme des Deutschen Bundestages nach Artikel 23 Absatz 3 GG
i. V. m. § 10 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung
und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union

A. Problem

Beim Treffen des Europäischen Rates (ER) am 28./29. Oktober 2010 hatten sich
die Staats- und Regierungschefs darauf geeinigt, einen ständigen Krisenmecha-
nismus zur Wahrung der Finanzstabilität des Euro-Währungsgebiets einzurich-
ten. Der Präsident des ER wurde ersucht, mit den Mitgliedern des ER Konsul-
tationen zu einer hierfür erforderlichen begrenzten Vertragsänderung durchzu-
führen. Eine Änderung von Artikel 125 des Vertrags über die Arbeitsweise der
Europäischen Union (AEUV), der sogenannten No-bail-out-Klausel, sollte aus-
drücklich nicht erfolgen. In enger Absprache mit dem ER-Präsidenten war auch
die Europäische Kommission in die Vorarbeiten einbezogen. Als Vorbereitung
für den ER am 16./17. Dezember 2010 sollten die Merkmale des neuen Mecha-
nismus, insbesondere die Rolle der Privatwirtschaft, des Internationalen Wäh-
rungsfonds (IWF) sowie die Auflagen für die Durchführung der Stützungspro-
gramme, im Mittelpunkt stehen. Allgemeine Merkmale des künftigen Mechanis-
mus waren beim Treffen der Finanzminister der Euro-Gruppe am 28. November
2010 vereinbart worden, insbesondere die Einstimmigkeit der Entscheidungen

über den Einsatz des Mechanismus, die Bedingungen eines strengen wirtschafts-
und finanzpolitischen Anpassungsprogramms, die fallweise Beteiligung priva-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/5094

ter Gläubiger sowie die Rolle des IWF, der EU-Kommission und der Europäi-
schen Zentralbank (EZB). Eine Beteiligung des Privatsektors vor dem Jahr 2013
wurde ausdrücklich ausgeschlossen.

Unter Bezugnahme auf diese Beschlüsse einigten sich die Staats- und Regie-
rungschefs bei der Tagung des ER am 16./17. Dezember 2010 darauf, einen
Europäischen Stabilisierungsmechanismus (ESM) zu schaffen, der die bis 2013
befristete Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) und den ebenso be-
fristeten Europäischen Stabilisierungsmechanismus (EFSM) ablösen sollte. Im
Gesamtpaket mit einer verstärkten wirtschaftspolitischen Steuerung sollte dies
vorbeugend die Wahrscheinlichkeit künftiger Krisen verringern. Die Staats- und
Regierungschefs einigten sich auf den Wortlaut der Änderung des AEUV, die im
Vereinfachten Vertragsänderungsverfahren gemäß Artikel 48 Absatz 6 des Ver-
trags über die Europäische Union (EUV) durchgeführt werden soll. Dem Arti-
kel 136 AEUV soll ein dritter Absatz mit folgendem Wortlaut angefügt werden:
„Die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, können einen Stabilitäts-
mechanismus einrichten, der aktiviert wird, wenn dies unabdingbar ist, um die
Stabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt zu wahren. Die Gewährung aller
erforderlichen Finanzhilfen im Rahmen des Mechanismus wird strengen Auf-
lagen unterliegen.“ Eine Ausdehnung der Kompetenzen auf die Ebene der Euro-
päischen Union soll nicht erfolgen. Die Finanzminister des Euro-Währungs-
gebiets wurden aufgefordert, die Arbeiten zur Schaffung eines ESM und zur
begrenzten Vertragsänderung bis zum März 2011 fortzusetzen und zu beenden.

Die Staats- und Regierungschefs des Euro-Währungsgebiets haben sich wäh-
rend ihres außerordentlichen Treffens am 11. März 2011 darauf verständigt, den
ESM mit einer effektiven Gesamtdarlehenskapazität von 500 Mrd. Euro auszu-
statten. Neben Festlegungen zu den Instrumenten und finanziellen Auflagen des
ESM werden in den Schlussfolgerungen vom 11. März 2011 die Grundsätze der
Einstimmigkeit, Ultima Ratio, Konditionalität und Gläubigerbeteiligung bekräf-
tigt. Detailfragen obliegen in Vorbereitung auf den ER am 24./25. März 2011
den Finanzministern des Euro-Währungsgebiets.

Auf die vorgesehene Vertragsänderung und das Recht zur Stellungnahme gemäß
§ 9 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deut-
schem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union (EUZBBG) hat
die Bundesregierung den Deutschen Bundestag mit Schreiben vom 14. Dezem-
ber 2010 hingewiesen.

Den Schlussfolgerungen des ER vom Dezember 2010 zufolge ist geplant, beim
Treffen des ER am 24./25. März 2011 die Änderung förmlich zu beschließen.
Diese ist nach innerstaatlichem Recht ratifikationsbedürftig. Nach deutschem
Recht ist zudem gemäß § 10 EUZBBG vor der abschließenden Entscheidung im
Rat Einvernehmen der Bundesregierung mit dem Deutschen Bundestag herzu-
stellen.

B. Lösung

Zu Buchstabe a

Annahme des Antrags auf Drucksache 17/4880 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD,
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Zu Buchstabe b

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/4881 mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, FDP und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Frak-

tion der SPD bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN.

Drucksache 17/5094 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Zu Buchstabe c

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/4882 mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen
die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.

Zu Buchstabe d

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/4883 mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, FDP und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der
SPD.

C. Alternativen

Keine.

D. Kosten

Unmittelbare Kosten wurden nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/5094

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

1. den Antrag auf Drucksache 17/4880 anzunehmen,

2. den Antrag auf Drucksache 17/4881 abzulehnen,

3. den Antrag auf Drucksache 17/4882 abzulehnen,

4. den Antrag auf Drucksache 17/4883 abzulehnen.

Berlin, den 16. März 2011

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Gunther Krichbaum
Vorsitzender

Michael Stübgen
Berichterstatter

Michael Roth (Heringen)
Berichterstatter

Michael Link (Heilbronn)
Berichterstatter

Dr. Diether Dehm
Berichterstatter

Manuel Sarrazin
Berichterstatter

CDU/CSU und FDP insbesondere eine Stärkung des Stabili-
täts- und Wachstumspakts, die Wahrung der Unabhängigkeit

umfassende Auskunft zur genauen Ausgestaltung des ESM
der Europäischen Zentralbank (EZB), den Einsatz von Stüt-
zungsmaßnahmen im Rahmen des ESM zur Krisenbewälti-
gung als Ultima Ratio, eine Beteiligung der Gläubiger, die
Entwicklung von Restrukturierungsregeln unter Einbezie-

erstatte.

Die Fraktion der SPD erklärt ihr Einvernehmen mit der
Ergänzung von Artikel 136 AEUV im Vereinfachten Än-
derungsverfahren nach Artikel 48 Absatz 6 des Vertrags
Drucksache 17/5094 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Michael Stübgen, Michael Roth (Heringen), Michael Link
(Heilbronn), Dr. Diether Dehm und Manuel Sarrazin

I. Überweisung

1. Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
17/4880 in seiner 93. Sitzung am 24. Februar 2011 bera-
ten und an den Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union zur federführenden Beratung und an
den Innenausschuss, Rechtsausschuss, Finanzausschuss,
Haushaltsausschuss, Ausschuss für Wirtschaft und Tech-
nologie zur Mitberatung überwiesen.

2. Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
17/4881 in seiner 93. Sitzung am 24. Februar 2011 bera-
ten und an den Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union zur federführenden Beratung und an
den Innenausschuss, Rechtsausschuss, Finanzausschuss,
Haushaltsausschuss, Ausschuss für Wirtschaft und Tech-
nologie zur Mitberatung überwiesen.

3. Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
17/4882 in seiner 93. Sitzung am 24. Februar 2011 bera-
ten und an den Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union zur federführenden Beratung und an
den Innenausschuss, Rechtsausschuss, Finanzausschuss,
Haushaltsausschuss, Ausschuss für Wirtschaft und Tech-
nologie zur Mitberatung überwiesen.

4. Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
17/4883 in seiner 93. Sitzung am 24. Februar 2011 bera-
ten und an den Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union zur federführenden Beratung und an
den Innenausschuss, Rechtsausschuss, Finanzausschuss,
Haushaltsausschuss, Ausschuss für Wirtschaft und Tech-
nologie zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

a) Antrag auf Drucksache 17/4880

In ihrem Antrag geben die Fraktionen der CDU/CSU und
FDP der Bundesregierung Maßgaben für die Verhandlungen
zur Ausgestaltung des Europäischen Stabilisierungsmecha-
nismus (ESM). Sie fordern eine frühestmögliche, fortlaufen-
de und umfassende Unterrichtung des Deutschen Bundes-
tages und erklären in dieser Erwartung ihr Einvernehmen
gemäß § 10 Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundes-
regierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten der
Europäischen Union (EUZBBG) mit einer Zustimmung der
Bundesregierung zur Ergänzung von Artikel 136 Vertrag
über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)
beim Europäischen Rat (ER) im März 2011. Als Maßgabe
für die Verhandlungen zum ESM fordern die Fraktionen der

gebiets. Sie verweisen auf die Beschlüsse des Deutschen
Bundestages vom 26. Oktober 2010. Sie fordern die unein-
geschränkte Beachtung der Beschlüsse der Finanzminister
der Euro-Gruppe vom 28. November 2011, eine intergouver-
nementale Verteilung der Finanzierungslasten des ESM nach
festen Anteilsregelungen, den Ausschluss von Sonderrege-
lungen außerhalb des ESM, den Ausschluss von Schulden-
rückkaufprogrammen durch den ESM sowie die Aufrechter-
haltung der im oben genannten Beschluss der Euro-Gruppe
vorgesehenen obligatorischen Gläubigerbeteiligung. Die
Fraktionen der CDU/CSU und FDP fordern zudem, dass der
ESM Teil eines Gesamtpakets wird, das die Verbesserung
der Haushaltsdisziplin durch Verschärfung des Stabilitäts-
und Wachstumspakts, eine Verbesserung der Wettbewerbs-
fähigkeit und wirtschaftspolitischen Koordinierung, die Ein-
führung von Schuldenbremsen in den Mitgliedstaaten des
Euro-Währungsgebiets, eine Festigung des Bankensektors
durch eine Eigenkapitalstärkung und nationale Restrukturie-
rungsregelungen sowie eine EU-weite Finanzmarktsteuer
zur Entlastung der nationalen Haushalte vorsieht. Der Inter-
nationale Währungsfonds (IWF) solle wie bisher bei der
EFSF und dem EFSM in den Mechanismus einbezogen wer-
den. Die Auflagen, insbesondere in Form von strengen, über
die Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts hi-
nausgehenden wirtschaftspolitischen Anpassungsmaßnah-
men für die Gewährung der Hilfsmaßnahmen aus dem ESM
sollen einer strengen Überwachung unterliegen und ihre
Nichteinhaltung soll sanktioniert werden. Die Aufrecht-
erhaltung des No-bail-out-Gebots soll klargestellt, länder-
spezifische Zinssätze sollen aufrechterhalten werden. Die
gemeinschaftliche Haftung darf nicht ausgeweitet werden.
Die Einstimmigkeit von Entscheidungen über Maßnahmen
des ESM, die Beteiligung („Information und Einwilligung“)
des Deutschen Bundestages vor Entscheidungen zur Auslö-
sung der Maßnahmen nach Artikel 136 AEUV sowie die Er-
richtung und Ausgestaltung des ESM durch Bundesgesetz
sind ebenfalls Maßgaben für das Einvernehmen der Fraktio-
nen der CDU/CSU und FDP mit einer Zustimmung der Bun-
desregierung zur Ergänzung von Artikel 136 AEUV.

b) Antrag auf Drucksache 17/4881

In ihrem Antrag weist die Fraktion der SPD darauf hin, dass
die Schaffung des ESM eine zentrale Frage der deutschen
Politik sei. Die maßgeblichen Entscheidungen für die Erwei-
terung des Artikel 136 AEUV würden nun im Rahmen der
Euro-Gruppe getroffen. Diesbezüglich bestehe nach dem
EUZBBG lediglich ein beschränktes Unterrichtungsrecht
des Deutschen Bundestages. Die Bundesregierung erschwe-
re dem Bundestag eine fundierte Beratung, wenn sie keine
hung der Gläubiger sowie die Vermeidung einer Haftungsge-
meinschaft für Schulden der Mitglieder des Euro-Währungs-

über die Europäische Union (EUV) als Grundlage für die
Schaffung des ESM. Die Schaffung eines langfristigen Kri-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/5094

senreaktionsmechanismus sei zur Stabilisierung des Euro-
Währungsgebiets allerdings nicht ausreichend. Die Beteili-
gungsrechte des Deutschen Bundestages bei der Etablierung
des ESM und hinsichtlich seiner künftigen Arbeit seien zu
erweitern. Die Fraktion der SPD fordert die Bundes-
regierung in ihrem Antrag auf, sich für die demokratische
Legitimation des ESM durch die nationalen Parlamente und
das Europäische Parlament einzusetzen, insbesondere ein
Gesetz gemäß Artikel 59 Absatz 2 des Grundgesetzes dem
ESM zugrunde zu legen, die parlamentarische Zustimmung
zur Änderung von Artikel 136 AEUV unter Beteiligung von
Bundestag und Bundesrat gemäß Artikel 23 des Grundgeset-
zes (GG) durchzuführen sowie das EUZBBG hinsichtlich
der Unterrichtungen zur Euro-Gruppe auf schriftliche Be-
richte zu erweitern. Die Bundesregierung wird aufgefordert,
das Budgetrecht und die Haushaltsgrundsätze des Deutschen
Bundestags, auch bei informellen Beratungen zur Ausgestal-
tung des ESM, zu wahren.

c) Antrag auf Drucksache 17/4882

Die Fraktion DIE LINKE. kritisiert in ihrem Antrag die Er-
richtung des ESM auf intergouvernementaler Ebene. Für die
Änderung von Artikel 136 AEUV sei zudem das ordentliche
Vertragsänderungsverfahren gemäß Artikel 48 Absatz 2
EUV anzuwenden. Die Voraussetzungen für das geplante
Vereinfachte Vertragsänderungsverfahren gemäß Artikel 48
Absatz 6 EUV seien nicht gegeben, da insbesondere durch
den Eingriff in die Haushaltssouveränität der betroffenen
Mitgliedstaaten Zuständigkeiten auf die EU-Ebene über-
tragen würden. In ihrem Antrag kritisiert die Fraktion DIE
LINKE. die in den vorbereitenden Beschlüssen zum ER vor-
gesehene Gläubigerbeteiligung als unzureichend. Die Bedin-
gungen für die Gewährung von Hilfen, wie sie gegenüber
Griechenland und Irland erfolgt seien, hätten zudem nega-
tive wirtschaftliche und soziale Auswirkungen. Bereits das
Verfahren zur Schaffung der EFSF und die EFSF selbst stün-
den nicht im Einklang mit dem Europa- und dem deutschen
Verfassungsrecht.

In ihrem Antrag fordert die Fraktion DIE LINKE. die Bun-
desregierung dazu auf, der Änderung des AEUV nicht zu-
zustimmen, sich für die Durchführung eines Ordentlichen
Vertragsänderungsverfahrens einzusetzen, in diesem Zusam-
menhang unter anderem die Einführung einer Sozialen Fort-
schrittsklausel zu ermöglichen, Mitgliedstaaten finanzielle
Hilfen zu gewähren, ohne diese wirtschaftlich und finanziell
zu belasten sowie den Deutschen Bundestag bereits zum
Zeitpunkt der Vertragsänderung über die genaue Ausgestal-
tung des ESM zu informieren. Die Mitwirkungsrechte des
Deutschen Bundestages seien in vollem Umfang einzuhal-
ten.

d) Antrag auf Drucksache 17/4883

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kritisiert in ih-
rem Antrag eine unzureichende Einbindung des Deutschen
Bundestages in die Verhandlungen der Bundesregierung zur
Ausgestaltung des ESM. Das Einvernehmen gemäß § 10
EUZBBG hätte bereits vor der grundsätzlichen Entschei-
dung des ER am 16./17. Dezember 2010 hergestellt werden
müssen. Diesbezüglich und hinsichtlich der Informations-

tarische Kontrolle im Sinne des Lissabon-Urteils des Bun-
desverfassungsgerichts sicherzustellen. Auch bei der An-
wendung des ESM sei eine ausreichende parlamentarische
Kontrolle sicherzustellen, die nicht hinter dem Gesetz zur
Übernahme von Gewährleistungen im Rahmen des europäi-
schen Stabilisierungsmechanismus (StabMechG) zurück-
bleiben dürfe. Die Fraktion kritisiert in ihrem Antrag die
„Blockadehaltung“ der Bundesregierung bei der Lösung der
Krise im Euroraum, insbesondere die grundsätzliche Ableh-
nung von europäischen Anleihen. Letztere seien ein wirksa-
mes Mittel zur Hilfe von Mitgliedstaaten mit kurzfristigen
Zahlungsschwierigkeiten, die zudem eine weitgehende poli-
tische Steuerung („gouvernance“) ermöglichten.

Der ESM als permanenter Stabilisierungsmechanismus, der
in streng zu prüfenden Einzelfällen kurzfristiger Refinanzie-
rungsschwierigkeiten anzuwenden sei, sei als glaubhaftes
politisches Signal zu unterstützen. Eine Inanspruchnahme
des ESM sei durch eine verstärkte haushaltspolitische Ko-
ordinierung der Mitgliedstaaten und damit eine verantwor-
tungsvolle und nachhaltige Haushaltspolitik der Mitglied-
staaten zu vermeiden. Die intergouvernementale Ausgestal-
tung des ESM erfordere eine starke parlamentarische
Kontrolle.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erklärt ihr Ein-
vernehmen mit der Bundesregierung über die Änderung von
Artikel 136 AEUV als Grundlage für einen Stabilisierungs-
mechanismus für die Mitgliedstaaten, deren Währung der
Euro ist. Sie fordert die Bundesregierung dazu auf, das
EUZBBG mit dem Ziel einer frühestmöglichen Einbindung
des Deutschen Bundestages auszulegen, eine Regierungser-
klärung zur Änderung von Artikel 136 AEUV noch vor de-
ren förmlicher Annahme abzugeben, alle zwischenstaatli-
chen Verträge zur Umsetzung und Ausgestaltung des ESM
dem Deutschen Bundestag zur Zustimmung vorzulegen, sich
in den Verhandlungen zur konkreten Ausgestaltung des ESM
für eine strikte Konditionalität und Überprüfung im Einzel-
fall einzusetzen und die fortlaufende Beteiligung des Deut-
schen Bundestages an den Entscheidungsprozessen des ESM
zu gewährleisten. Die Bundesregierung solle zudem dafür
Sorge tragen, dass die im Rahmen der Gewährung von Hil-
fen geforderten Anpassungsprogramme nicht prozyklisch
wirkten und sozial wie ökologisch nachhaltig seien. Eine
umfassende schriftliche und mündliche Unterrichtung des
Deutschen Bundestages über das Handeln der Bundesregie-
rung in der Euro-Gruppe sei ebenso wie eine ausreichende
Beteiligung des Europäischen Parlaments sicherzustellen.
Der Weg zu europäischen Anleihen, die von den Euro-Staa-
ten bis zur stabilitätswahrenden Grenze der jeweiligen
Schuldenstandsquoten begeben würden, sei unter Wahrung
der sich aus den Europäischen Verträgen ergebenden Preis-
stabilität freizumachen. Die Bundesregierung solle auf die
Schaffung eines Verfahrens bei Insolvenz eines EU-Mit-
gliedstaats unter Beteiligung von privaten Gläubigern hin-
wirken, um die Schuldenlast jeweils auf ein tragfähiges Ni-
veau senken zu können. Sie wird aufgefordert, sich für eine
stärkere Koordinierung der Haushaltspolitiken in den EU-
Mitgliedstaaten sowie für im Rahmen der wirtschaftspoliti-
schen Steuerung verbindliche Verfahren zur Vermeidung
makroökonomischer Ungleichgewichte einzusetzen und die
pflichten der Bundesregierung zur Eurogruppe sei das
EUZBBG zu überarbeiten, um eine ausreichende parlamen-

Implementierung des „Europäischen Semesters“ zu unter-
stützen.

Drucksache 17/5094 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Zu Buchstabe a

Der Innenausschuss hat die Vorlage 17/4880 in seiner
35. Sitzung am 16. März 2011 beraten und empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen
die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Antrag anzunehmen.

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage 17/4880 in seiner
39. Sitzung am 16. März 2011 beraten und empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen
die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Antrag anzunehmen.

Der Finanzausschuss hat die Vorlage 17/4880 in seiner
45. Sitzung am 16. März 2011 beraten und empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen
die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Antrag anzunehmen.

Der Haushaltsausschuss hat die Vorlage 17/4880 in seiner
49. Sitzung am 16. März 2011 beraten und empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen
die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Antrag anzunehmen.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat die
Vorlage 17/4880 in seiner 39. Sitzung am 16. März 2011 be-
raten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den
Gesetzentwurf anzunehmen.

Zu Buchstabe b

Der Innenausschuss hat die Vorlage 17/4881 in seiner
35. Sitzung am 16. März 2011 beraten und empfiehlt mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, FDP und DIE LINKE.
gegen Stimmen der Fraktion der SPD bei Stimmenthaltung
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Antrag ab-
zulehnen.

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage 17/4881 in seiner
39. Sitzung am 16. März 2011 beraten und empfiehlt mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, FDP und DIE LINKE.
gegen die Stimmen der Fraktion der SPD bei Stimmenthal-
tung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Antrag
abzulehnen.

Der Finanzausschuss hat die Vorlage 17/4881 in seiner
45. Sitzung am 16. März 2011 beraten und empfiehlt mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, FDP und DIE LINKE.
gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN, den Antrag abzulehnen.

Der Haushaltsausschuss hat die Vorlage 17/4881 in seiner
49. Sitzung am 16. März 2011 beraten und empfiehlt mit den
Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, FDP und DIE LINKE.
gegen die Stimmen der Fraktion der SPD bei Stimmenthal-
tung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Antrag
abzulehnen.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat die
Vorlage 17/4881 in seiner 39. Sitzung am 16. März 2011 be-

Fraktion der SPD bei Stimmenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Antrag abzulehnen.

Zu Buchstabe c

Der Innenausschuss hat die Vorlage 17/4882 in seiner
35. Sitzung am 16. März 2011 beraten und empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE., den Antrag abzulehnen.

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage 17/4882 in seiner
39. Sitzung am 16. März 2011 beraten und empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE., den Antrag abzulehnen.

Der Finanzausschuss hat die Vorlage 17/4882 in seiner
45. Sitzung am 16. März 2011 beraten und empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE., den Antrag abzulehnen.

Der Haushaltsausschuss hat die Vorlage 17/4882 in seiner
49. Sitzung am 16. März 2011 beraten und empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE., den Antrag abzulehnen.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat die
Vorlage 17/4882 in seiner 39. Sitzung am 16. März 2011 be-
raten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/
CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen
die Stimmen der Fraktion DIE LINKE., den Antrag abzuleh-
nen.

Zu Buchstabe d

Der Innenausschuss hat die Vorlage 17/4883 in seiner
35. Sitzung am 16. März 2011 beraten und empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, FDP und DIE
LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD, den
Antrag abzulehnen.

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage 17/4883 in seiner
39. Sitzung am 16. März 2011 beraten und empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, FDP und DIE
LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD, den
Antrag abzulehnen.

Der Finanzausschuss hat die Vorlage 17/4883 in seiner
45. Sitzung am 16. März 2011 beraten und empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, FDP und DIE
LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD, den
Antrag abzulehnen.

Der Haushaltsausschuss hat die Vorlage 17/4883 in seiner
49. Sitzung am 16. März 2011 beraten und empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, FDP und DIE
LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD, den
Antrag abzulehnen.
raten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/
CSU, FDP und DIE LINKE. gegen die Stimmen der

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat die
Vorlage 17/4883 in seiner 39. Sitzung am 16. März 2011 be-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 9 – Drucksache 17/5094

raten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/
CSU, FDP und DIE LINKE. gegen die Stimmen der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der SPD, den Antrag abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf im federführenden Ausschuss

Mit der Situation im Euro-Raum hatte sich der Ausschuss für
die Angelegenheiten der Europäischen Union seit dem Be-
ginn der Krise in Griechenland im Februar 2010 regelmäßig
befasst. Die Bundesregierung unterrichtete den Ausschuss
regelmäßig über die aktuellen Entwicklungen in der Euro-
zone. Zudem führte der Ausschuss Gespräche mit Experten
aus der Wissenschaft, auch in seiner mitberatenden Funktion
bei der Schaffung des Währungsunion-Finanzstabilisie-
rungsgesetzes (WFStG). Im Zentrum der Beratungen des
Ausschusses standen anschließend die Arbeiten zur Schaf-
fung und Ausgestaltung der EFSF sowie des EFSM und die
innerdeutsche Rechtsgrundlage, das StabMechG, zu dem der
Ausschuss ebenfalls in mitberatender Funktion tätig wurde.

Bereits vor Aufsetzung der vorliegenden Anträge war die
Schaffung eines permanenten Krisenmechanismus in Nach-
folge der EFSF und des EFSM und die dafür erforderliche
Änderung des europäischen Primärrechts Gegenstand der
Beratungen im Ausschuss für die Angelegenheiten der Euro-
päischen Union, insbesondere im Zusammenhang mit den
Beratungen der Finanzminister der Euro-Gruppe und des
ER. Im Sinne eines umfassenden Ansatzes befasste sich der
Ausschuss auch mit den Vorschlägen der EU-Kommission
zu den neuen europäischen makroökonomischen und fiskal-
politischen Leitlinien sowie der Umsetzung des „Europäi-
schen Semesters“.

Gegenstand der Beratungen im Ausschuss war im Zusam-
menhang mit den laufenden Verhandlungen der Bundes-
regierung auf EU-Ebene und in der Euro-Gruppe auch die
Auslegung des EUZBBG sowie die Umsetzung der Unter-
richtungspflichten der Bundesregierung. Das EUZBBG sieht
in § 5 Absatz 4 mündliche Unterrichtungen über die Sitzun-
gen der Euro-Gruppe vor. Zudem wurde der Umfang der
Pflicht zur Zuleitung von Dokumenten und Informationen
gemäß § 5 Absatz 2, 3 EUZBBG debattiert. Fraktionsüber-
greifend war insbesondere die Unterrichtung der Bundes-
regierung zu ihrer beim ER am 4. Februar 2011 eingebrach-
ten Initiative zu einer stärkeren wirtschaftspolitischen
Koordinierung in der EU, dem sogenannten Pakt für Wett-
bewerbsfähigkeit, kritisiert worden.

In der 32. Sitzung des Ausschusses am 23. Februar 2011 un-
terrichtete die Bundesregierung über die geplante Vertrags-
änderung zu Artikel 136 Absatz 3 AEUV. Neben den Unter-
richtungspflichten der Bundesregierung standen Fragen der
parlamentarischen Beteiligung bei der Primärrechtsände-
rung sowie an der künftigen konkreten Ausgestaltung des
ESM im Vordergrund. Fraktionsübergreifend wurde die Er-
wartung an eine frühzeitige und enge Einbindung des Deut-
schen Bundestages in die Entscheidungsprozesse zum ESM
und seiner genauen Ausgestaltung entsprechend der verfas-
sungsrechtlichen Vorgaben geäußert.

Die Fraktion der CDU/CSU betonte, der intergouvernemen-
tale Ansatz sei derzeit der richtige. Langfristig solle der ESM

leisten, auch durch das EP. Die Fraktion der SPD betonte die
angesichts der weitreichenden Beschlüsse unzureichenden
Unterrichtungspflichten der Bundesregierung zu den Sitzun-
gen der Eurogruppe gemäß EUZBBG. Insbesondere zu
Fragen, die die nationalen Haushalte unmittelbar beträfen,
müsse eine ausreichende parlamentarische Kontrolle ge-
währleistet sein. Die Fraktion der FDP unterstrich die Be-
deutung der für den ESM erarbeiteten Grundsätze der Ein-
stimmigkeit, der Konditionalität sowie der Ultima Ratio und
forderte eine Einbeziehung der nationalen Parlamente in die
intergouvernementale wirtschaftspolitische Koordinierung
innerhalb der EU. Die Fraktion der FDP lehne gemeinsam
finanzierte oder garantierte Schuldenrückkaufprogramme
aus verfassungsrechtlichen, europarechtlichen und ökono-
mischen Gründen ab. Die Fraktion DIE LINKE. bewertete
das Vertragsänderungsverfahren als übereilt. Angesichts der
weitreichenden Auswirkungen sei eine ausführliche und um-
fassende Beratung erforderlich. Zudem seien andere Ver-
tragsänderungen wie die Einführung einer Sozialen Fort-
schrittsklausel vordringlicher. Die Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN forderte die Anwendung einer strengen Kon-
ditionalität und Einzelfallprüfung für den ESM. An den Ent-
scheidungen zur Gewährung von Hilfen aus dem ESM sei
der Deutsche Bundestag entsprechend den Regelungen im
StabMechG zu beteiligen. Um eine Kollision mit der in Ar-
tikel 109 GG verankerten „Schuldenbremse“ zu verhindern,
seien die Anpassungsprogramme so auszugestalten, dass die
Hilfen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu-
rückgezahlt werden könnten.

Neben der Einbeziehung der nationalen Parlamente müsse
das EP beteiligt werden, insbesondere bei der Ausarbeitung
der Anpassungsprogramme für die jeweils betroffenen Mit-
gliedstaaten.

In seiner 34. Sitzung am 16. März 2011 hat der Ausschuss
die Anträge auf Drucksachen 17/4880, 17/4881, 17/4882 so-
wie 17/4883 abschließend beraten. Die Fraktion der CDU/
CSU betonte, dass die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU
und FDP in ihrem Antrag nicht nur auf die Beteiligungs-
rechte des Deutschen Bundestages hingewiesen, sondern ihre
Einvernehmenserklärung auch mit inhaltlichen Vorgaben zur
Ausgestaltung des ESM verknüpft hätten. Von besonderer
Bedeutung sei dabei, dass Artikel 125 AEUV uneinge-
schränkt fortgelte und die Inanspruchnahme des ESM nur
streng konditioniert und nur in einer Ultima-Ratio-Situation
ermöglicht werden könne bzw. wenn die Währungsstabilität
in der Eurozone als Ganzes gefährdet sei. Damit würde auch
der Handlungsspielraum nach einer Ergänzung von Artikel
136 AEUV mit dem vom Europäischen Rat zu beschließen-
den Wortlaut eng definiert. Es müsse darum gehen, die not-
wendigen verfassungs- und vertragsgemäßen Änderungen
durchzuführen und gleichzeitig den gewünschten finanz-
und wirtschaftspolitischen Effekt zu erreichen, nämlich die
Eurozone dauerhaft und nachhaltig zu sichern. Über alle
Maßnahmen sei in Form eines Gesamtpakets zu entscheiden.
Mit den mit der Einvernehmenserklärung verbundenen For-
derungen im Antrag auf Drucksache 17/4880 werde dieses
Ziel erreicht. Orientiere sich die Bundesregierung hieran und
entsprächen dem die Verhandlungsergebnisse im ER, stehe
auch einer Ratifizierung nichts entgegen. Für die genaue
Ausgestaltung des ESM bedürfe es eines Gesetzes des Deut-
aber in das Gemeinschaftssystem eingegliedert werden. Eine
ausreichende parlamentarische Beteiligung sei zu gewähr-

schen Bundestages. Auch die Aktivierung des ESM im Ein-
zelfall erfordere die vorherige Zustimmung des Deutschen

Drucksache 17/5094 – 10 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bundestages. Bei einer etwaigen Überarbeitung der nationa-
len gesetzlichen Grundlagen zur EFSF beziehungsweise des
StabMechG käme ebenfalls die Einführung eines Zustim-
mungsvorbehalts in Betracht. Nur so würden die Grundsätze
von Demokratie, Haushaltssouveränität und Transparenz ge-
wahrt. Die Fraktion der SPD wies auf ihren den Antrag der
Fraktion der SPD auf Drucksache 17/4881 ergänzenden Än-
derungsantrag auf Ausschussdrucksache 17(21)0482 hin. Sie
betonte, eine vergemeinschaftete Lösung für einen Rettungs-
mechanismus sei zu bevorzugen, aber angesichts der politi-
schen Realitäten derzeit nicht durchsetzbar. Sie unterstütze
daher die mit der Vertragsänderung und dem ESM einher-
gehende dauerhafte und klare Regelung für einen Rettungs-
mechanismus. Für eine Lösung der bestehenden Herausfor-
derungen sei allerdings mehr als die Schaffung eines Ret-
tungsmechanismus erforderlich, insbesondere die Einfüh-
rung einer Finanztransaktionssteuer, die Möglichkeit zum
Rückkauf von Staatsanleihen durch den ESM und eine par-
lamentarische Kontrolle des ESM. Die Änderungen im Än-
derungsantrag auf Ausschussdrucksache 17(21)0482 zu
ihrem Antrag auf Drucksache 17/4881 erweitern letzteren um
auf den ESM konkretisierte Feststellungen und Aufforderun-
gen an die Bundesregierung. Es handele sich um eine Krise
einzelner Staaten, die Stabilität der Währung als Ganzes sei
nicht gefährdet, zur Überwindung der Krise seien Maßnah-
men der Schuldenreduzierung und Austerität nicht ausrei-
chend und führten zu einem inakzeptablen Sozialabbau. Die
Einbeziehung des Deutschen Bundestages in die Vorberei-
tungen zum ESM sei nicht ausreichend gewesen. Ergänzend
fordert die Fraktion der SPD unter anderem, beim ER sollten
eindeutige Beschlüsse erfolgen, die Bundesregierung solle
sich für eine EU-weite Finanztransaktionssteuer einsetzen,
die Instrumente des ESM sollten ausgeweitet werden, eine
zwingende Beteiligung privater Gläubiger und eine Über-
führung ins Gemeinschaftsrecht sei vorzusehen und die
Soziale Fortschrittsklausel ins europäische Primärrecht ein-
zuführen. Die Bundesregierung solle sich zudem dafür ein-
setzen, dass sich die Mitgliedstaaten mit Leistungsbilanzüber-
schüssen zu einer Stärkung ihrer Binnennachfrage verpflich-
teten. Die Fraktion der FDP betonte, bei der konkreten Aus-
gestaltung des ESM sei ein Parlamentsvorbehalt auf
nationaler Ebene für die Aktivierung des ESM Vorausset-
zung. Dies folge aus dem Demokratiegebot. Eindeutige in-
haltliche Konditionen, so wie sie im Antrag der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP auf Drucksache 17/4880 formuliert
worden seien, seien entscheidend für das Einvernehmen
nach dem EUZBBG. Wichtig seien der Fraktion der FDP
präventive Maßnahmen, wie insbesondere weitgehend auto-
matische Sanktionen. Die Einführung einer Finanztransak-
tionssteuer sei einzig auf EU-Ebene sinnvoll. Der Ankauf
von Anleihen auf dem Primärmarkt durch den ESM sei nur
als Maßnahme im Rahmen eines streng konditionierten An-
passungsprogramms vorzusehen. Dies müsse bei den end-
gültigen Beschlüssen des ER und der Eurofinanzminister
deutlich werden. Die Fraktion DIE LINKE. sprach sich ge-
gen eine Vertragsänderung aus, vor allem könne diese nicht
im vereinfachten Änderungsverfahren durchgeführt werden,
da Kompetenzen auf die europäische Ebene, insbesondere an
die EU-Kommission übertragen würden. Daher sei nicht auf
den Wortlaut der Vertragsänderung, sondern auf die objek-
tive Wirkung und Funktion der Änderung abzustellen. Eine

teiligen. Die im Rahmen des ESM vorgesehenen Anpas-
sungsprogramme stellten die Sozialstaatlichkeit in Frage,
führten zu sozialen Spannungen und böten keine Möglich-
keit zur wirtschaftlichen Erholung. Insgesamt müssten die
Maßnahmen der europäischen Integration dienen.

Sie sieht in der von ihr kritisierten „Flucht aus dem EU-Ver-
tragsrecht“ dagegen eine Tendenz zur Desintegration der
EU. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bewertete
den ESM als dauerhaften Rettungsmechanismus und die
Schaffung einer entsprechenden Rechtsgrundlage im Pri-
märrecht als richtig. Die vorgesehene intergouvernementale
Ausgestaltung des ESM sei problematisch beziehungsweise
eine vergemeinschaftete Lösung zu bevorzugen. Mit dem
Einvernehmen sei die Entscheidung im Rahmen des Rati-
fizierungsverfahrens nicht vorweg genommen. Die genaue
Ausgestaltung werde erneut bewertet. Die Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN forderte insbesondere eine
strenge Konditionalität und eine nachvollziehbare Einzel-
fallprüfung für den Einsatz des ESM. Im Falle einer Aktivie-
rung des ESM sei der Deutsche Bundestag umfassend zu be-
teiligen. Mindestanforderung müsse das StabMechG und die
darin vorgesehene Parlamentsbeteiligung bei Maßnahmen
der EFSF sein. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
kritisierte eine pauschale Ablehnung der Einführung von eu-
ropäischen Anleihen durch die Bundesregierung und beton-
te, die Schaffung eines dauerhaften Rettungsmechanismus
bedeute eine notwendige Einschränkung des No-bail-out-
Gebots aus Artikel 125 AEUV.

Zu Buchstabe a

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat den Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP auf Drucksache 17/4880 in seiner 34. Sitzung am
16. März 2011 beraten, über ihn abgestimmt und mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen
die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Deutschen Bundestag
die Annahme des Antrags empfohlen.

Zu Buchstabe b

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union beschloss nach Beratung und Abstimmung in seiner
34. Sitzung am 16. März 2011 mit den Stimmen der Fraktio-
nen CDU/CSU, FDP und DIE LINKE. gegen die Stimmen
der Fraktion der SPD bei Stimmenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Änderungsantrag der
Fraktion der SPD auf Ausschussdrucksache 17(21)0482 ab-
zulehnen und empfahl dem Deutschen Bundestag zugleich,
den Antrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/4881
abzulehnen.

Zu Buchstabe c

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat den Antrag der Fraktion DIE LINKE. auf
Drucksache 17/4882 in seiner 34. Sitzung am 16. März 2011
beraten, über ihn abgestimmt und mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.
Soziale Fortschrittsklausel sei ins europäische Primärrecht
einzuführen. Zudem seien die Parlamente ausreichend zu be-

dem Deutschen Bundestag die Ablehnung des Antrags emp-
fohlen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 11 – Drucksache 17/5094

Zu Buchstabe d

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN auf Drucksache 17/4883 in seiner 34. Sitzung
am 16. März 2011 beraten, über ihn abgestimmt und mit
den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, FDP und DIE
LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD dem
Deutschen Bundestag die Ablehnung des Antrags empfoh-
len.

Berlin, den 16. März 2011

Michael Stübgen
Berichterstatter

Michael Roth (Heringen)
Berichterstatter

Michael Link (Heilbronn)
Berichterstatter

Dr. Diether Dehm
Berichterstatter

Manuel Sarrazin
Berichterstatter

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