BT-Drucksache 17/5086

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung -17/4807- Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung der Zahlung von Entschädigungsleistungen bei der Anrechnung des Lastenausgleichs und zur Änderung des Aufbauhilfefondsgesetzes (ZEALG)

Vom 16. März 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5086
17. Wahlperiode 16. 03. 2011

Beschlussempfehlung und Bericht
des Finanzausschusses (7. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 17/4807 –

Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung der Zahlung von Entschädigungs-
leistungen bei der Anrechnung des Lastenausgleichs und zur Änderung des
Aufbauhilfefondsgesetzes (ZEALG)

A. Problem

Die Verrechnung von bereits erhaltenen Ausgleichsleistungen nach dem Lasten-
ausgleichsgesetz (LAG) mit Leistungen nach dem Entschädigungs-, Aus-
gleichsleistungs- oder NS-Verfolgtenentschädigungsgesetz (NS-VEntschG) er-
folgt in einem gestuften zeitaufwändigen Verfahren. Berechtigte müssen unter
Umständen lange auf die ihnen zustehende Entschädigung warten.

Ferner dauert die nachhaltige Beseitigung von Schäden in den vom Augusthoch-
wasser 2002 im Freistaat Sachsen betroffenen Gebieten aufgrund jüngster Hoch-
wasserereignisse länger als bei der Errichtung des Sondervermögens „Aufbau-
hilfefonds“ vorhersehbar.

B. Lösung

Der Gesetzentwurf strebt an, den Berechtigten Entschädigungsleistungen
schneller zur Verfügung zu stellen, wodurch sich auch die Zinsbelastung des
Entschädigungsfonds verringert. An die Stelle der Zahlung einer Restent-
schädigung nach der Verrechnung mit dem Lastenausgleich würde die Vor-
abzahlung einer durch Schätzung vorläufig ermittelten Entschädigung treten,
bevor der LAG-Rückforderungsbetrag feststeht. Der obligatorische Abzug des
Lastenausgleichs würde dem nachfolgen. Außerdem soll das Verwaltungs-
verfahren gestrafft werden. Die Schlussabrechnung und die kassentechnische
Abwicklung der Entschädigung soll dem Bundesausgleichsamt übertragen
werden.
Ferner sollen durch die Änderung des Aufbauhilfefondsgesetzes die Fristen für
die Schadensbeseitigung der Hochwasserschäden von 2002 für den Freistaat
Sachsen an die neue Sachlage, die länger dauernde Beseitigung der Schäden, an-
gepasst werden. Das Gesetz strebt an, die Fristen des § 8 Absatz 6 des Aufbau-
hilfefondsgesetzes jeweils um drei Jahre zu verlängern.

Drucksache 17/5086 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Darüber hinaus empfiehlt der Finanzausschuss insbesondere folgende Verände-
rungen des Gesetzentwurfs:

– Klarstellung der Regelung bezüglich der die Bemessungsgrundlage feststel-
lenden Behörde;

– Verschiebung des Beginns der Verzinsung einer eventuellen Nachzahlung auf
den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides über die gekürzte Bemessungs-
grundlage;

– Auflösung der Auskunftstellen im Bereich der Landesausgleichsämter Nie-
dersachsen und Schleswig-Holstein nicht erst zum 1. Januar 2012, sondern
bereits mit Inkrafttreten des Gesetzes.

Einstimmige Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung.

C. Alternativen

Keine.

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden werden nicht zusätzlich be-
lastet. Vielmehr führt die durch die Einführung einer Abschlagszahlung bewirk-
te Verkürzung der Zinslaufzeit ab dem 1. Januar 2004 zu Minderausgaben für
den Entschädigungsfonds, welche sich im zweistelligen Millionenbereich bewe-
gen. Ausfallrisiken, die mit der Vorabzahlung verbunden sein können, halten
sich in sehr engen Grenzen, da es wegen der Schätzmethode kaum zu Über-
zahlungen kommen wird. Die Vorfinanzierungskosten sind bei der Einschätzung
des mit der Neuregelung zu erzielenden positiven Effektes berücksichtigt.

Die Berechnung beruht auf folgenden Erkenntnissen und Prognosen der Lasten-
ausgleichs- und Entschädigungsverwaltungen: Bei rund 15 000 derzeit noch
offenen und zu erwartenden Rückforderungsfällen zur Verrechnung und einer
durchschnittlichen Nettoentschädigung von 36 500 Euro für das Entschä-
digungs- und Ausgleichsleistungsgesetz und 182 000 Euro für das NS-
VEntschG ergibt sich ein Entschädigungsvolumen von rund 710 Mio. Euro.
Den Berechtigten wird ein großer Teil ihrer Entschädigung auf Schätzbasis vor-
ab ausgezahlt, so dass der Zinslauf insoweit endet. Bei einer Verfahrensdauer bis
2018/2019, einer durchschnittlichen Verkürzung der Zinslaufzeit um zwei Jahre
und unter Berücksichtigung der Vorfinanzierung ergeben sich Einsparungen von
rund 50 Mio. Euro gegenüber der bisherigen Regelung.

Die finanziellen Auswirkungen der vom Finanzausschuss vorgeschlagenen
Änderungen sind in der Schätzung der Entlastungswirkungen des Gesetzent-
wurfs der Bundesregierung bereits enthalten.

2. Vollzugsaufwand

Zusätzlicher Vollzugsaufwand für die Haushalte des Bundes und der Länder ent-
steht nicht. Die auf das Bundesausgleichsamt übertragenen Abrechnungs-
aufgaben können mit den vorhandenen personellen Ressourcen durchgeführt
werden.

Den neuen Ländern ermöglicht die Neuregelung, das Entschädigungsverfahren
zu einem für sie früheren Zeitpunkt zu beenden. Für die Länder insgesamt bringt
das Gesetz keine personelle Mehrbelastung mit sich.
Der Vorschlag des Finanzausschusses, die fünf noch nicht aufgelösten Aus-
kunftstellen früher zu schließen (siehe hierzu Nummer 2 der Beschlussempfeh-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/5086

lung – Änderung von Artikel 5; Änderung der Ersten Verordnung zur Durch-
führung des Beweissicherungs- und Feststellungsgesetzes), reduziert und
verschlankt nicht mehr benötigte Verwaltungsstrukturen in der Ausgleichs-
verwaltung.

E. Sonstige Kosten

Der Wirtschaft und insbesondere den mittelständischen Unternehmen entstehen
durch dieses Gesetz keine zusätzlichen Kosten. Auswirkungen auf die Einzel-
preise, das Preisniveau und insbesondere das Verbraucherpreisniveau sind nicht
zu erwarten.

F. Bürokratiekosten

Durch das Gesetz entstehen keine Informationspflichten für natürliche oder
juristische Personen.

Drucksache 17/5086 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/4807 mit folgenden Maßgaben, im Übri-
gen unverändert anzunehmen:

1. Artikel 1 Nummer 3 wird § 8 und wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 Satz 2 werden nach dem Wort „oder“ die Wörter „von der in
Satz 1 genannten Behörde“ eingefügt.

b) In Absatz 5 Satz 3 werden die Wörter „dem 1. Januar 2004“ durch die
Wörter „dem Kalendermonat der Bekanntgabe des Bescheides nach
Absatz 1“ ersetzt.

2. Artikel 5 wird wie folgt gefasst:

,Artikel 5

Änderung der Ersten Verordnung zur Durchführung
des Beweissicherungs- und Feststellungsgesetzes

§ 1 Absatz 1 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Beweissiche-
rungs- und Feststellungsgesetzes vom 4. August 1965 (BGBl. I S. 727) wird
wie folgt gefasst:

„(1) Beim Landesausgleichsamt Berlin werden die folgenden nach § 28
Absatz 1 des Gesetzes zu bildenden Auskunftstellen eingerichtet:

1. die Auskunftstelle Ost-Berlin für das Gebiet des Sowjetsektors von Berlin,

2. die Auskunftstelle Brandenburg für das Gebiet des Landes Brandenburg.“‘

3. Artikel 7 wird wie folgt gefasst:

„Artikel 7

Inkrafttreten; Außerkrafttreten

(1) Das Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

(2) Die Erste Verordnung zur Durchführung des Beweissicherungs- und
Feststellungsgesetzes vom 4. August 1965 (BGBl. I S. 727) tritt am 1. Januar
2012 außer Kraft.“

Berlin, den 16. März 2011

Der Finanzausschuss

Dr. Volker Wissing
Vorsitzender

Manfred Kolbe
Berichterstatter

Petra Hinz (Essen)
Berichterstatterin

rungsbetrag zur Verrechnung ein eigener Bescheid. Erst – die Auskunftstellen im Bereich der Landesausgleichs-
ämter Niedersachsen und Schleswig-Holstein nicht erst
nach dessen Bestandskraft übernimmt das Bundesaus-

gleichsamt die weitere Verrechnung.

Mit dem Gesetzentwurf wird darüber hinaus angestrebt,

zum 1. Januar 2012, sondern bereits mit Inkrafttreten des
Gesetzes aufgelöst werden sollen.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/5086

Bericht der Abgeordneten Manfred Kolbe und Petra Hinz (Essen)

A. Allgemeiner Teil

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf auf
Drucksache 17/4807 in seiner 93. Sitzung am 24. Februar
2011 beraten und dem Finanzausschuss zur Federführung
überwiesen. Der Rechtsausschuss sowie der Haushaltsaus-
schuss wurden mitberatend beteiligt. Dem Haushaltsaus-
schuss wurde die Vorlage zudem gemäß § 96 GO-BT über-
wiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Mit dem Gesetzentwurf wird angestrebt, den Anspruchsbe-
rechtigten nach dem Entschädigungs-, Ausgleichsleistungs-
und NS-Verfolgtenentschädigungsgesetz, die zugleich nach
dem Lastenausgleichsgesetz zur Rückzahlung verpflichtet
sind, Kapital schneller zur Verfügung zu stellen. Dafür sol-
len das Entschädigungsgesetz und das Lastenausgleichsge-
setz geändert werden. Die Entschädigungsberechtigten sol-
len durch eine Vorabzahlung, die bereits vor der endgültigen
Ermittlung der Restentschädigung zur Auszahlung kommt,
schneller über den ihnen zustehenden Betrag verfügen kön-
nen. Bei diesen Entschädigungen handelt es sich um Scha-
densausgleichsleistungen, die zu einer Anrechnung der im
Lastenausgleich gezahlten Hauptentschädigung führen. Die
für die Regelung der offenen Vermögensfragen zuständige
Behörde (Vermögensamt), welche den (Brutto-)Entschädi-
gungsbetrag ermittelt, arbeitet bisher mit der Ausgleichsver-
waltung (Rückforderungsamt) zusammen, welche einen zu
verrechnenden Abzugsbetrag ermittelt. Diese Verrechnung
erfolgt nun wieder durch das Vermögensamt, welches auch
die Auszahlung der Entschädigung veranlasst. Beide Ämter
sind hierbei voneinander abhängig, was zu zeitaufwändigen
Abstimmungsprozessen führen kann.

Mit dem Gesetzentwurf wird angestrebt, das bisher drei-
stufig geregelte Verfahren neu zu gestalten. Dem Berechtig-
ten soll künftig durch das Bundesausgleichsamt eine Ab-
schlagszahlung vorab ausgezahlt werden, sobald das
Vermögensamt die gekürzte Bemessungsgrundlage be-
standskräftig festgesetzt hat. Diese Zahlung basiert auf einer
Schätzung der Ausgleichsverwaltung auf der Grundlage der
noch nicht zurückgeforderten Hauptentschädigung. Das
Rückforderungsamt ermittelt danach einen möglichen
Rückforderungs- oder Auszahlungsbetrag zur Verrechnung.
Bei Zuständigkeit des Bundesausgleichsamtes nimmt dieses
selbst eine Verrechnung vor und erlässt hiernach einen Aus-
zahlungs- oder Rückforderungsbescheid. Bleiben Aus-
gleichsämter und Landesausgleichsämter zuständig, weil
die Kenntnis über den Rückforderungstatbestand vor dem
1. Juli 2009 erlangt wurde, ergeht über den Rückforde-

mit verbundene vorrangige Schadensbeseitigung wird die
Schadensbeseitigung in den vom Augusthochwasser 2002
betroffenen Gebieten deutlich länger dauern. Der verfolgte
Zweck des Aufbauhilfefonds ist somit durch eine Verlänge-
rung der Frist nach § 8 Absatz 6 des Aufbauhilfefondsgeset-
zes um weitere drei Jahre zu erreichen.

Zur Rechtsbereinigung sollen zudem das Vertriebenenzu-
wendungsgesetz sowie aufgrund von Aufgabenerledigung
und zum Bürokratieabbau die Erste Verordnung zur Durch-
führung des Beweissicherungs- und Feststellungsgesetzes
aufgehoben werden.

Ferner soll das Vermögensgesetz geändert werden. Den
Landesbehörden soll die Möglichkeit gegeben werden, die
Ämter für offene Vermögensfragen aufzulösen und die
Aufgaben auf eine andere Behörde zu übertragen, falls es
sich vom Bearbeitungsstand nicht mehr lohnt, ein eigenes
Amt oder Landesamt mit dieser Frage zu befassen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Rechtsausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner
39. Sitzung am 16. März 2011 beraten und mit den Stimmen
aller Fraktionen beschlossen, die Annahme mit Änderungen
zu empfehlen.

Der Haushaltsausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner
49. Sitzung am 16. März 2011 beraten und ebenfalls mit den
Stimmen aller Fraktionen die Annahme mit Änderungen
empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Finanzausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner
45. Sitzung am 16. März 2011 erstmalig und abschließend
beraten.

Er hat mit den Stimmen aller Fraktionen die Annahme des
Gesetzentwurfs mit Änderungen empfohlen.

Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP legten
einen Änderungsantrag vor, mit dem

– die Regelung bezüglich der die Bemessungsgrundlage
feststellenden Behörde klargestellt werden soll,

– der Beginn der Verzinsung einer eventuellen Nachzah-
lung auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides über
die gekürzte Bemessungsgrundlage verschoben werden
soll und
Vorschriften des Aufbauhilfefondsgesetzes zu ändern.
Durch die Hochwasserereignisse im Jahr 2010 und die da-

Dem Änderungsantrag stimmte der Finanzausschuss ein-
stimmig zu.

Drucksache 17/5086 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

B. Besonderer Teil

Zu Nummer 1 (Änderung von Artikel 1 Nummer 3;
Änderung von § 8 des Entschädigungs-
gesetzes)

Zu Buchstabe a (Absatz 1 Satz 2)

Die Änderung dient der Klarstellung, dass der Bescheid
über die gekürzte Bemessungsgrundlage von der Vermö-
gensverwaltung und nicht von der Ausgleichsverwaltung zu
erlassen ist.

Zu Buchstabe b (Absatz 5 Satz 3)

Die Verzinsung der Nachzahlung bei einer Abschlagszah-
lung, die geringer ist als die zustehende Entschädigung, be-
ginnt nicht zum 1. Januar 2004, sondern zum Zeitpunkt des
Erlasses des Bescheides über die gekürzte Bemessungs-
grundlage gemäß § 8 Absatz 1 des Entschädigungsgesetzes.

Zu Nummer 2 (Änderung von Artikel 5; Änderung der
Ersten Verordnung zur Durchführung des
Beweissicherungs- und Feststellungsge-

Berlin, den 16. März 2011

Manfred Kolbe
Berichterstatter
setzes) sowie
Zu Nummer 3 (Änderung von Artikel 7; Inkrafttreten;

Außerkrafttreten)

Die Änderungen haben zur Folge, dass die fünf noch nicht
aufgelösten Auskunftstellen im Bereich der Landesaus-
gleichsämter Niedersachsen und Schleswig-Holstein mit In-
krafttreten des Gesetzes aufgelöst werden können; es verblei-
ben zwei Auskunftstellen in Berlin, die aufgrund der bereits
entfallenen gesetzlichen Grundlage wegen der Aufhebung
des Beweissicherungs- und Feststellungsgesetzes im Jahr
1992 hier noch einmal genannt werden müssen. Diese beiden
Auskunftstellen werden noch bis zum Ende des Jahres 2011
benötigt und können dann ebenfalls aufgelöst werden.

Petra Hinz (Essen)
Berichterstatterin

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