BT-Drucksache 17/5058

zu dem Antrag der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlinburg), Friedrich Ostendorff, Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 17/4438 - Schenkelbrand bei Pferden verbieten

Vom 16. März 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5058
17. Wahlperiode 16. 03. 2011

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
(10. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlinburg), Friedrich
Ostendorff, Cornelia Behm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/4438 –

Schenkelbrand bei Pferden verbieten

A. Problem

Der Schenkelbrand bei Pferden ist nach Darstellung der Antragsteller ein
äußerst schmerzhafter Eingriff für die betroffenen Tiere. Aus der Sicht der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist die Kennzeichnung von Pferden durch
Brandmale mit dem Tierschutz nicht zu vereinbaren. Mit dem Antrag auf Druck-
sache 17/4438 der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN soll die Bundesregie-
rung aufgefordert werden, entsprechend dem Beschluss des Bundesrates vom
15. Oktober 2010 (Bundesratsdrucksache 479/10), einen Gesetzentwurf zur Än-
derung des Tierschutzgesetzes mit dem Ziel vorzulegen, den Schenkelbrand bei
Pferden zu verbieten. Um dieses Ziel zu erreichen, soll die im Tierschutzgesetz
für den Schenkelbrand enthaltene Ausnahmegenehmigung gestrichen werden.

B. Lösung

a) Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

b) Annahme einer Entschließung mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
C. Alternativen

Annahme des Antrags auf Drucksache 17/4438.

D. Kosten

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Drucksache 17/5058 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Antrag auf Drucksache 17/4438 abzulehnen,

b) folgende Entschließung anzunehmen:

„I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Tierschutz ist ein gesamtgesellschaftliches Anliegen. Die Ergebnisse der
Tierschutzforschung müssen Eingang in die Praxis finden. Hohe Tierschutz-
standards müssen europaweit gelten, damit der verbesserte Tierschutz den
Tieren zugute kommt und keine Verlagerung von Tierhaltungen in andere
Länder bewirkt.

II. Der Deutsche Bundestag begrüßt,

1. dass das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-
cherschutz (BMELV) einen Gesetzentwurf zur Änderung des Tierschutz-
gesetzes vorlegen wird, in dem auch die EU-Regelung zur Kennzeichnung
von Tieren berücksichtigt werden wird; einer Aufforderung von Seiten der
Opposition, entsprechende gesetzliche Maßnahmen zu ergreifen, bedarf es
daher nicht;

2. dass das BMELV viele aktuelle Themen im Bereich Tierschutz aufgreifen
wird;

3. dass das BMELV einen intensiven gesellschaftlichen Dialog mit Berufsstand,
Interessengruppen und Bevölkerung führen will zur Rolle der Landwirtschaft
in Deutschland und den für die zukünftigen Herausforderungen notwendigen
Funktionen der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft.“

Berlin, den 9. Februar 2011

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Hans-Michael Goldmann
Vorsitzender

Dieter Stier
Berichterstatter

Heinz Paula
Berichterstatter

Dr. Christel Happach-Kasan
Berichterstatterin

Alexander Süßmair
Berichterstatter

Undine Kurth (Quedlinburg)
Berichterstatterin

I. Der Ausschuss stellt fest: im Parlament zum Tierschutz blockiert hätten. Das beträfe
beispielsweise den so genannten Tierschutz-TÜV, Verbesse-
Tierschutz ist ein gesamtgesellschaftliches Anliegen. Die Er-
gebnisse der Tierschutzforschung müssen Eingang in die
Praxis finden. Hohe Tierschutzstandards müssen europaweit
gelten, damit der verbesserte Tierschutz den Tieren zugute

rungen bei der Haltung von Kaninchen sowie beim Verbot
von Wildtieren in Zirkussen. Der Entschließungsantrag der
Regierungskoalition sei inhaltlich zu dünn ausgefallen. Die
Aussagen ihrer Entschließung gingen am Thema vorbei. Der
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/5058

Bericht der Abgeordneten Dieter Stier, Heinz Paula, Dr. Christel Happach-Kasan,
Alexander Süßmair und Undine Kurth (Quedlinburg)

I. Überweisung

Der Antrag auf Drucksache 17/4438 wurde in der 87. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 27. Januar 2011 dem
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher-
schutz zur Beratung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Der Schenkelbrand bei Pferden ist nach Darstellung der An-
tragsteller ein äußerst schmerzhafter Eingriff für die betrof-
fenen Tiere. Aus der Sicht der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN ist die Kennzeichnung von Pferden durch Brand-
male mit dem Tierschutz nicht zu vereinbaren. Zudem gibt es
ihrer Meinung nach inzwischen zuverlässigere Methoden
zur individuellen Kennzeichnung von Pferden, welche den
Tieren weniger Schmerzen und Stress zufügen. Dazu gehö-
ren insbesondere elektronische Kennzeichnungsmethoden in
Form von Transpondern bzw. Mikrochips. Alle nach dem
1. Juli 2009 geborenen Pferde in den EU-Mitgliedstaaten
müssen durch den Equidenpass und eine individuelle Kenn-
zeichnung per Mikrochip eindeutig identifizierbar sein (Ver-
ordnung (EG) Nr. 504/2008). Alternative Kennzeichnungs-
methoden können nur in Ausnahmefällen unter bestimmten
Voraussetzungen zugelassen werden. Mit dem Antrag der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache
17/4438 soll die Bundesregierung aufgefordert werden, ent-
sprechend dem Beschluss des Bundesrates vom 15. Oktober
2010 (Bundesratsdrucksache 479/10) einen Gesetzentwurf
zur Änderung des Tierschutzgesetzes mit dem Ziel vorzu-
legen, den Schenkelbrand bei Pferden zu verbieten. Um
dieses Ziel zu erreichen, soll die im Tierschutzgesetz für den
Schenkelbrand enthaltene Ausnahmegenehmigung gestrichen
werden.

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-
cherschutz hat in seiner 31. Sitzung am 9. Februar 2011 den
Antrag auf Drucksache 17/4438 abschließend beraten. Die
Fraktionen der CDU/CSU und FDP brachten einen Ent-
schließungsantrag auf Ausschussdrucksache 17(10)402neu
mit dem folgenden Wortlaut ein:

„Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-
cherschutz wolle beschließen:

II. Der Ausschuss begrüßt,

1. dass das BMELV einen Gesetzentwurf zur Änderung des
Tierschutzgesetzes vorlegen wird, in dem auch die EU-
Regelung zur Kennzeichnung von Tieren berücksichtigt
werden wird; einer Aufforderung von Seiten der Opposi-
tion, entsprechende gesetzliche Maßnahmen zu ergreifen,
bedarf es daher nicht;

2. dass das BMELV viele aktuelle Themen im Bereich Tier-
schutz aufgreifen wird;

3. dass das BMELV einen intensiven gesellschaftlichen
Dialog mit Berufsstand, Interessengruppen und Bevölke-
rung führen will zur Rolle der Landwirtschaft in Deutsch-
land und den für die zukünftigen Herausforderungen
notwendigen Funktionen der deutschen Land- und Er-
nährungswirtschaft.“

Die Fraktion der CDU/CSU betonte, dass der Schenkel-
brand bei Pferden bereits eine jahrhundertelange Tradition
habe und aus Gründen der Kennzeichnung notwendig sei. Es
gebe zahlreiche Gutachten, die zu dem Ergebnis gekommen
seien, dass einem Pferd mit dem Schenkelbrand im Sinne des
Tierschutzgesetzes kein erheblicher Schmerz zugefügt wer-
de. Gerade der Mikrochip, der seit mehreren Jahren in der
Pferdezucht und in der Pferdehaltung den Tieren implantiert
werde, sei nach EU-Recht nicht zwingend vorgeschrieben
und alternative Methoden der Kennzeichnung möglich.
Deutschland sei auch in dieser Sache beim Tierschutz ande-
ren Ländern – im Vergleich – deutlich voraus. Die Verwen-
dung von Mikrochips sei noch mit Fehlern behaftet. Es gebe
zum Beispiel Pferde mit drei Mikrochips oder Tiere, wo der
Mikrochip bereits nach kurzer Zeit nicht mehr lesbar sei. Zu-
dem bestünde das Problem, dass bei der Überprüfung von
Pferden ohne Schenkelbrand, zum Beispiel bei Pferdeturnie-
ren, stets ein Lesegerät benötigt werde. Aus der Sicht der
Fraktion der CDU/CSU müsse das Thema der Kennzeich-
nung von Pferden im Rahmen eines Gesamtpaketes gesehen
werden. Dazu gehöre der Equidenpass, der Schenkelbrand
sowie als mögliche Alternative bei Bedarf auch der Mikro-
chip. Mit dem Entschließungsantrag werde man das Gesamt-
paket mit der gebotenen notwendigen Sachlichkeit weiter
bearbeiten. Die Fraktion der CDU/CSU werde den Antrag
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache
17/4438 ablehnen.

Die Fraktion der SPD führte aus, dass die Fraktionen der
Regierungskoalition mit ihrem Entschließungsantrag erst-
mals in der gegenwärtigen Legislaturperiode einen Antrag
zum Tierschutz eingebracht hätten. Bisher seien sie vor al-
lem dadurch aufgefallen, dass sie konsequent jede Initiative
kommt und keine Verlagerung von Tierhaltungen in andere
Länder bewirkt.

Entschließungsantrag habe nur den einzigen Sinn, von Seiten
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP die Bundesministe-

Drucksache 17/5058 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

rin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
bei dem Thema nicht im Regen stehen zu lassen, weil sie der
Intention des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN – dem Verbot des Schenkelbrandes bei Pferden –
nicht zustimmen wollten. Die Fraktion der SPD befürworte
den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Man
bereite einen inhaltlich ähnlichen Antrag derzeit vor. Den
Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP werde sie ablehnen.

Die Fraktion der FDP wies darauf hin, dass interfraktionell
Einigkeit über Tierschutz als gesamtgesellschaftliches An-
liegen bestehe. Man habe gemeinsam den Tierschutz im
Grundgesetz verankert. Hierbei habe die Fraktion der FDP
mit eigenen Initiativen maßgeblich mitgewirkt. Als Liberale

existiere aber traditionelles Denken, ein Verbot zu ver-
hindern. Allerdings sei der Zeitpunkt der Einbringung des
Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht
in Ordnung. Alle wüssten, dass Tierschutzthemen sich
nicht unbedingt als Wahlkampfthemen eigneten. Die
Fraktion DIE LINKE. werde dem Antrag der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aber zustimmen und den
Entschließungsantrag der Regierungskoalition ablehnen.
Letzterer sei völlig inhaltsleer und müsse schon aus diesem
Grund abgelehnt werden.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN äußerte, dass
die Praktiken des Schenkelbrandes bei Pferden tierschutz-
widrig seien. Man habe ein Gesetz, dass es verbiete, Wirbel-
tieren ohne einen vernünftigen Grund Leiden, Schaden oder
sehe man bei der Frage des Tierschutzes in hohem Maße die
Fachlichkeit geboten. Tierschutz in Deutschland, der dazu
führe, dass Stallungen ins Ausland verlagert würden, sei kein
wirklicher Tierschutz. Dies sei nichts anderes als reine Fei-
genblattpolitik. Hierfür stünde die Fraktion der FDP nicht
zur Verfügung. Sie nehme mit Verwunderung auf, dass sich
jetzt ein Land wie Rheinland-Pfalz für ein Verbot des Schen-
kelbrandes bei Pferden einsetze, was auch mit dem dortigen
Landtagswahlkampf zu tun habe. Vor diesem Hintergrund
sollte das Thema mit mehr Ruhe erörtert werden. Zudem
sollten die Pferdeverbände beim Umgang mit dem Thema
Schenkelbrand nicht danach bewertet werden, ob sie fort-
schrittlich oder traditionalistisch seien. Man müsse das The-
ma an angemessener Stelle anhand eines Gesetzentwurfs er-
örtern. Dabei müsse dann geklärt werden, wie man dem
Tierschutz bei diesem Thema entsprechend Gerechtigkeit
widerfahren lassen könne. Dazu gehörten selbstverständlich
die Pferde. Die Fraktion der FDP werde den Antrag der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ablehnen.

Die Fraktion DIE LINKE. erklärte, ihr wäre es lieber
gewesen, wenn man sich interfraktionell vorher auf eine
gemeinsame Lösung geeinigt hätte. Tief auf Traditiona-
lisierung setzende Reiterverbände und Pferdezuchtverbän-
de verkämpften sich an einer Stelle, wo es gar nicht nötig
wäre. Alle aufgeschlossenen und progressiven Pferde-
zuchtverbände hätten mit dem Verbot des Schenkelbran-
des überhaupt keine Probleme. Es gebe aus der Sicht der
Fraktion DIE LINKE. rational keine Gründe, die Forde-
rung nach einem Schenkelbrandverbot nicht zu teilen. Es

Schmerzen zuzufügen. Seit Juli 2009 gebe es eine Verord-
nung der EU, die vorschreibe, wie Pferde zu kennzeichnen
seien und an die man sich auch in Deutschland zu halten ha-
be. Die Tiere müssten auch so gekennzeichnet werden. Um-
so verwunderlicher sei insbesondere die Position der Frak-
tion der CDU/CSU, dass man aus eigener Erfahrung wisse,
dass die Anwendung des Schenkelbrandes bei Pferden nicht
so arg sei. Jetzt käme es darauf an, wie ernst man den Tier-
schutz nehme. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
sei nach wie vor der Meinung, dass ihr Antrag Berechtigung
habe. Der Vorsitzende des Deutschen Tierschutzbundes habe
alle Fraktionen angeschrieben und gebeten, diesen Antrag zu
unterstützen. Der Entschließungsantrag der Koalitionsfrak-
tionen sei inakzeptabel und werde abgelehnt. Es stelle sich
die Frage, warum sie nicht gleich die tierschutzwidrige Pra-
xis des Schenkelbrandes verbieten lassen wolle, zumal eine
EU-Verordnung bereits vorläge.

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den
Antrag auf Drucksache 17/4438 abzulehnen.

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-
cherschutz beschloss mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die in
der Beschlussempfehlung wiedergegebene Entschließung
auf Ausschussdrucksache 17(10)402neu anzunehmen und
dem Deutschen Bundestag die Annahme zu empfehlen.

Berlin, den 9. Februar 2011

Dieter Stier
Berichterstatter

Heinz Paula
Berichterstatter

Dr. Christel Happach-Kasan
Berichterstatterin

Alexander Süßmair
Berichterstatter

Undine Kurth (Quedlinburg)
Berichterstatterin

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