BT-Drucksache 17/4959

Verkehrslärmschutz an Bundesstraßen

Vom 25. Februar 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4959
17. Wahlperiode 25. 02. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Winfried Hermann, Dr. Anton Hofreiter, Daniela Wagner,
Bettina Herlitzius, Stephan Kühn, Cornelia Behm, Ulrike Höfken, Ingrid Nestle,
Dr. Valerie Wilms und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Verkehrslärmschutz an Bundesstraßen

Umgebungslärm kann bei den Betroffenen erhebliche gesundheitliche Ein-
schränkungen mit sich bringen und erhöht das Risiko von Herz-Kreislauf-Er-
krankungen und anderer lebensbedrohlichen Krankheiten nachweislich. Auch
wirkt sich dauerhafte Lärmbelastung auf den Wert von Grundstücken sowie Im-
mobilien aus und beeinflusst die Lebensqualität der Betroffenen maßgeblich
negativ. Besonders Straßenverkehrslärm steht hier im Fokus, da der Verkehr
quantitativ stark zunimmt und somit auch die Anzahl der von Verkehrslärm be-
lasteten Bürgerinnen und Bürger. Das von der Bundesregierung 2007 verab-
schiedete Nationale Verkehrslärmschutzpaket II sieht eine Herabsetzung der
Auslösewerte für eine Lärmsanierung um 3 dB(A) an Bundesfernstraßen bzw.
die Angleichung der Grenzwerte für Straßen des Bestandes an die wesentlich
strengeren Vorsorgegrenzwerte für Aus- und Neubaumaßnahmen vor. Für die
Lärmvorsorge nach der Verkehrslärmschutzverordnung liegen die Immissions-
grenzwerte für reine und allgemeine Wohngebiete mit 59/49 dB(A) tags/nachts
um 11 dB(A) niedriger als die entsprechenden, auf haushaltsrechtlicher Grund-
lage beruhenden Auslösewerte für die Lärmsanierung.

Bei der Europäischen Richtlinie 2002/49/EG über die Bewertung und Bekämp-
fung von Umgebungslärm wurden leider keine gesetzlichen Vorgaben für ein-
heitliche Auslösewerte festgeschrieben. Die Entscheidung wurde den Mitglied-
staaten überlassen. Im Vermittlungsverfahren zwischen Bund und Ländern bei
der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht konnte keine Einigung über
Auslösewerte erzielt werden. Somit ist die Möglichkeit vertan worden, Bürge-
rinnen und Bürgern Rechtssicherheit in Bezug auf einen effektiven Schutz vor
Umgebungslärm zu gewähren. Die in der Richtlinie für den Verkehrslärm-
schutz an Bundesfernstraßen (VLärmSchR 97) existierenden Grenzwerte legen
zwar den Auslösewert für eine Lärmsanierung fest, diese Maßnahmen stehen
aber immer unter einem Finanzierungsvorbehalt und müssen daher als freiwil-
lige Maßnahmen des Baulastträgers betrachtet werden. Im Nationalen Ver-
kehrslärmschutzpaket II von August 2009 war erneut angekündigt worden, in
einem ersten Schritt die Sanierungsgrenzwerte um 3 dB(A) zu senken und da-

für die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen zu schaffen. Dies bedeutet ent-
sprechende Investitionen von bis zu 1,5 Mrd. Euro. Die Absenkung der Aus-
lösegrenzwerte für Lärmsanierung an Bundesfernstraßen ist mit dem Haushalt
2010 beschlossen worden. Die Differenz zwischen den Grenzwerten der Lärm-
vorsorge und den Auslösewerten bei der Lärmsanierung beträgt jedoch noch
immer 8 dB(A).

Drucksache 17/4959 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Aufgrund der verschiedenen Immissionswerte und Lärmberechnungsmethoden
ist es bei Um- und Ausbauarbeiten an Bundesfernstraßen für die von Straßen-
verkehrslärm betroffenen Bürgerinnen und Bürger nicht nachvollziehbar, wann
Immissionsgrenzwerte erreicht oder überschritten werden. Die komplizierten
Berechnungsmethoden erschweren eine Einschätzung, ob sich die Leistungs-
fähigkeit einer Bundesfernstraße nach einem Umbau erhöht hat und damit An-
spruch auf Lärmschutzmaßnahmen bestünden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass es gesetzlicher Regelungen
bedarf, mittels derer die Bürgerinnen und Bürger ihr Recht auf Lärmschutz
anhand verbindlicher Grenzwerte juristisch durchsetzen können (bitte mit
Begründung)?

2. Wann ist mit solchen gesetzlichen Regelungen zu rechnen, und was unter-
nimmt die Bundesregierung dafür, dass solche Regelungen geschaffen wer-
den?

3. Warum existiert ein Unterschied von bis zu 8 dB(A) bei Auslösewerten, die
Lärmschutzmaßnahmen rechtfertigen, zwischen Neu- und Ausbaustrecken
und bei Strecken des Bestandes, und wie rechtfertigt die Bundesregierung
diese offensichtliche Ungleichbehandlung in Zusammenhang mit dem
Schutz der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger?

4. Welche in der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der
Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 16/12971, Antwort zu
Frage 1, erwähnten aber nicht näher spezifizierten Gegebenheiten stehen
einer einheitlichen Festlegung auf EU-Lärmgrenzwerte für eine Sanierung
entgegen?

5. Wie viele Mittel wurden zum heutigen Zeitpunkt für Maßnahmen zur
Lärmsanierung ausgegeben (bitte aufschlüsseln nach einzelnen Projekten
nach Bundesländern und Jahren mit den jeweiligen Maßnahmen und Kos-
ten)?

6. Wie viel Geld ist zum jetzigen Zeitpunkt bereits für zukünftige Maßnah-
men zur Lärmsanierung verplant (bitte aufschlüsseln nach einzelnen Pro-
jekten nach Bundesländern mit den jeweiligen Maßnahmen und kalkulier-
ten Kosten)?

7. Wie viele Mittel aus den beiden Konjunkturpaketen sind für zusätzliche
Mittel für den Lärmschutz verplant bzw. schon ausgegeben worden (bitte
aufschlüsseln nach einzelnen Projekten nach Bundesländern und Jahren
mit den jeweiligen Maßnahmen und Kosten)?

8. Wie viele Lärm-Konflikt-Gebiete, bei denen die Immissionsgrenzwerte laut
VLärmSchR 97 überschritten werden, gibt es an Bundesfernstraßen momen-
tan (bitte aufschlüsseln nach einzelnen Gebieten und Bundesländern)?

9. Wie hoch ist der momentan bestehende Lärmschutz-Sanierungsbedarf an
Bundesstraßen (bitte aufschlüsseln nach einzelnen Projekten und Bundes-
länder)?

10. Welches sind die Ballungsräume, Hauptverkehrsstraßen und Haupteisen-
bahnstrecken zu denen der Kommission der Europäischen Gemeinschaft
laut Richtlinie 2002/49/EG bis zum 18. Juli 2008 Lärmkarten und Lärm-
aktionspläne übermittelt wurden?

11. Welche Umbaumaßnahmen werden seit Mitte 2009 an der Autobahn 5 (A 5)
zwischen Straßenkilometer 501,45 und 518,5 durchgeführt (bitte aufschlüs-

seln nach einzelnen Maßnahmen und Kosten)?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/4959

12. Inwiefern stimmt die Bundesregierung mit der Bewertung überein, dass der
Ausbau der Standspur als temporär nutzbare Lkw-Spur auf der A 5 zwi-
schen Straßenkilometer 501,45 und 518,5 zu einer Steigerung der verkehr-
lichen Leistungsfähigkeit der genannten Straße führt (bitte mit Begrün-
dung)?

13. Inwiefern stimmt die Bundesregierung mit der Bewertung überein, dass der
Bau von Nothaltebuchten an der A 5 zwischen Straßenkilometer 501,45 und
518,5 einen erheblichen baulichen Eingriff darstellt, da diese Maßnahme
eine notwendige Voraussetzung für die zukünftige temporäre Nutzung des
Standstreifens als Lkw-Spur ist (bitte mit Begründung)?

14. Inwieweit geht die Bundesregierung davon aus, dass bei einem Anstieg der
Verkehrsdichte (Bundestagsdrucksache 17/2031) Lärmschutzmaßnahmen
westlich der A 5 zwischen der Anschlussstelle Weiterstadt und der Rast-
stätte Gräfenhausen aufgrund der Erhöhung der Umgebungslärmwerte ge-
baut werden müssen?

15. Welche Erfahrungen liegen der Bundesregierung bezüglich Lärmschutzan-
lagen an Bundesfernstraßen vor, die mit Photovoltaikanlagen kombiniert
sind?

Berlin, den 25. Februar 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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