BT-Drucksache 17/4902

Offene Fragen und Forschungsbedarf hinsichtlich der zunehmenden Entstehung (herbizid-)resistenter "Superunkräuter"

Vom 23. Februar 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4902
17. Wahlperiode 23. 02. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten René Röspel, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. Hans-Peter
Bartels, Klaus Barthel, Willi Brase, Ulla Burchardt, Elvira Drobinski-Weiß,
Michael Gerdes, Iris Gleicke, Klaus Hagemann, Christel Humme, Oliver
Kaczmarek, Daniela Kolbe (Leipzig), Ute Kumpf, Thomas Oppermann,
Florian Pronold, Marianne Schieder (Schwandorf), Swen Schulz (Spandau),
Andrea Wicklein, Dagmar Ziegler, Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion
der SPD

Offene Fragen und Forschungsbedarf hinsichtlich der zunehmenden Entstehung
(herbizid-)resistenter „Superunkräuter“

Das Auftauchen (herbizid-)resistenter Beikräuter in der Landwirtschaft ist kein
neues Phänomen, sondern ein natürlicher evolutionärer Prozess, der allerdings
durch langjährigen monokulturellen Anbau, unabhängig davon, ob es sich
dabei um gentechnisch veränderte oder konventionelle Pflanzen handelt,
beschleunigt und verstärkt wird. Da aber gerade die sich auf dem Vormarsch
befindende Agro-Gentechnik die industrialisierte, monokulturelle Landwirt-
schaft befördert, ist ein Anstieg von resistenten Beikräutern zu befürchten.
Erste Berichte über die in der öffentlichen Diskussion – und der Konsistenz
halber auch in diesem Antrag – so genannten Superunkräuter aus Ländern, in
denen bereits großflächig gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden,
deuten darauf hin, dass es sich hierbei um ein wachsendes Problem handelt. In-
sofern stellt sich für Gesellschaft und Parlament die Frage nach dem Wissens-
stand der Bundesregierung in dieser Frage sowie nach bestehenden Erkenntnis-
lücken sowie dem bestehenden Forschungsbedarf.

Der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen hat in der Bundesrepublik
Deutschland weder eine lange Geschichte noch ist er bislang weit verbreitet. Da
allerdings die Agro-Gentechnik von der Koalition der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP als eine Zukunftsbranche für Forschung, Wirtschaft und Land-
wirtschaft mit großem Potenzial angesehen wird und im Rahmen der For-
schungsstrategie Bioökonomie auch zukünftig großzügig mit Fördermitteln un-
terstützt werden soll, muss mit einem Zuwachs von Feldern, auf denen gentech-
nisch veränderte Pflanzen wachsen, gerechnet werden. Aus diesem Grunde
stellt sich absehbar verstärkt die Frage, welche Erkenntnisse der Bundesregie-
rung in Bezug auf das vermehrte Auftreten von „Superunkräutern“ vorliegen

und wo ein erhöhter Forschungsbedarf bereits heute erkennbar ist.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Gibt es wissenschaftliche Ausarbeitungen zur Bewertung der Problematik
von so genannten Superunkräutern, und falls ja, um welche Stellungnahmen
bzw. Studien handelt es sich (bitte um tabellarische Übersicht)?

Drucksache 17/4902 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2. Welche in Deutschland aufgetretenen Fälle von unerwünschten Resisten-
zen gegen Herbizide bei Unkräutern sind bisher aufgetreten (bitte um
tabellarische Übersicht)?

3. Gibt es von der Bundesregierung geförderte Forschungsprojekte zur Be-
kämpfung von Resistenzen gegen Herbizide bei Unkräutern?

4. Aus welchen Haushaltstiteln werden Forschungsprojekte zum Thema „her-
bizidresistene Unkräuter“ gefördert, und werden die Hersteller von Herbi-
ziden an den Kosten dieser Forschungsprojekte beteiligt?

5. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Hersteller von Herbi-
ziden an den Kosten für die Forschung zur Bekämpfung von Herbizidresis-
tenzen beteiligt werden sollten, und wenn nein, warum nicht?

6. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung bereits ergriffen oder plant
sie zu ergreifen, um ein wirksames Resistenzmanagement zu etablieren,
und welche Forschungsprojekte werden diesbezüglich unterstützt?

7. Sind Einrichtungen der Ressortforschung mit dem Thema „Superunkräu-
ter“ befasst, und wenn ja, welche Einrichtungen, und wenn nein, warum
nicht?

8. Hat sich die Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit bereits
mit dem Thema „Superunkräuter“ befasst, und wenn nein, warum nicht?

9. Waren die so genannten Superunkräuter bereits Thema in den Beratungen
des Bioökonomierates, und wenn nein, warum nicht?

10. Welche internationalen Fälle von Unkrautresistenzen sind der Bundes-
regierung bekannt?

11. Gibt es Forschungsprojekte auf EU-Ebene, die sich mit der Bekämpfung
von resistenten Unkräutern befassen?

12. Wie bewertet die Bundesregierung die aktuellen Berichte über Resistenzen
im Bereich des Anbaus von gentechnisch veränderten Pflanzen im Ver-
gleich zur Entstehung von Resistenzen für Herbizide in der konventionel-
len Landwirtschaft, und welche wissenschaftlichen Studien sind der Bun-
desregierung diesbezüglich bekannt?

13. Sieht die Bundesregierung einen Zusammenhang zwischen der Agro-Gen-
technik und der Entstehung von „Superunkräutern“, und falls ja, welche
Rolle spielt dieser Aspekt für die Bewertung der Agro-Gentechnik durch
die Bundesregierung?

14. Ist der Bundesregierung bekannt, wie sich das vermehrte Auftreten von
„Superunkräutern“ auf den Herbizideinsatz auswirkt, und teilt die Bundes-
regierung die Auffassung, dass sich durch das vermehrte Auftreten von
„Superunkräutern“ der Vorteil, der allgemein in Bezug auf den Herbi-
zideinsatz bei der Nutzung von gentechnisch veränderten Pflanzen konsta-
tiert wird, mittelfristig mehr als kompensiert wird?

15. Für wie wahrscheinlich hält die Bundesregierung das Auftauchen von so
genannten Superunkräutern in Deutschland durch den vermehrten Einsatz
von gentechnisch veränderten Pflanzen, und wie wird die Einschätzung
– insbesondere aufgrund welcher wissenschaftlicher Studien – begründet?

16. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung für ihre Landwirt-
schafts- sowie Forschungspolitik aus den Berichten über eine „superweed
explosion“ in den USA (siehe etwa Wall Street Journal, „Superweed Out-
break Triggers Arms Race“ vom 4. Juni 2010 sowie France 24, ,„Super-
weed“ explosion threatens Monsanto heartlands‘ vom 19. April 2009)?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/4902

17. Sind der Bundesregierung die Vorschläge von Monsanto Agrar Deutsch-
land GmbH und anderen Unternehmen an Bauern bekannt, die darauf ab-
zielen, durch einen Mix von Herbiziden gegen resistente Unkräuter vorzu-
gehen, welche Folgen für Umwelt und Natur sind bei einem solchen Vorge-
hen zu erwarten, und wie bewertet die Bundesregierung diesen Sachver-
halt?

18. Wie hoch schätzt die Bundesregierung aktuell die Schäden für die bundes-
deutsche Landwirtschaft aufgrund von Herbizidresistenzen ein?

19. Welche Auswirkungen hat der Patentschutz für den Kampf gegen herbizid-
resistente Unkräuter, und ist die Bundesregierung der Auffassung, dass
nach aktuellem Stand des Patentrechts der Wissenschaft und Forschung ein
hinreichendes Wissen vorliegt, um gezielt Maßnahmen gegen bestimmte
„Superunkräuter“ zu entwickeln, ohne gegen einen gegebenenfalls beste-
henden Patentschutz zu verstoßen?

20. Ist der Bundesregierung bekannt, ob und in welcher Zahl sich in den USA
oder in vergleichbaren Staaten Bauern aufgrund der „Superunkräuter“-Pro-
blematik dazu entschieden haben, zu Lasten des Anbaus gentechnisch ver-
änderter Pflanzen wieder auf konventionelle Pflanzen zu setzen?

21. Welche Auswirkungen hat die Zunahme des Entstehens so genannter
Superunkräuter auf die Biodiversität, und welche Rolle spielte dieser
Aspekt in den Planungen zum „Jahr der Biodiversität 2010“?

22. Sieht die Bundesregierung das Aufkommen von „Superunkräutern“ auch
als Chance an, da aufgrund der zunehmenden Problematik auch die For-
schungsausgaben der herbizidherstellenden Firmen voraussichtlich steigen
werden, und wie plant die Bundesregierung, diese Bemühungen zu unter-
stützen?

23. Wie haben sich die Kosten für deutsche Landwirte zur Bekämpfung von
Unkräutern seit 2000 entwickelt, und welche Rolle spielen (Herbizid-)Resis-
tenzen für diese Kostenentwicklung?

Berlin, den 23. Februar 2011

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.