BT-Drucksache 17/4861

Anwohnerfreundlicher Ausbau der Rheintalbahn

Vom 23. Februar 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4861
17. Wahlperiode 23. 02. 2011

Antrag
der Abgeordneten Steffen Bilger, Peter Götz, Armin Schuster (Weil am Rhein),
Peter Weiß (Emmendingen), Thomas Strobl (Heilbronn), Dirk Fischer (Hamburg),
Arnold Vaatz, Volkmar Vogel (Kleinsaara), Gero Storjohann, Peter Altmaier,
Thomas Dörflinger, Karl Holmeier, Thomas Jarzombek, Hans-Werner Kammer,
Ulrich Lange, Matthias Lietz, Daniela Ludwig, Stefan Müller (Erlangen),
Patrick Schnieder, Reinhold Sendker, Peter Wichtel, Volker Kauder,
Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Werner Simmling, Ernst Burgbacher, Sibylle Laurischk,
Patrick Döring, Sebastian Körber, Oliver Luksic, Petra Müller (Aachen), Torsten
Staffeldt, Birgit Homburger und der Fraktion der FDP

Anwohnerfreundlicher Ausbau der Rheintalbahn

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Rheintalbahn ist eines der wichtigsten Verkehrsinfrastruktur-Projekte der
Bundesrepublik Deutschland. Die Bundesrepublik Deutschland und die
Schweiz haben sich im Vertrag von Lugano 1996 zu einem gemeinsam abge-
stimmten Schienenausbau der „Neuen Eisenbahn Alpentransversale“ (NEAT)
und ihrer Zulaufstrecken verpflichtet. Die Schweiz gewährleistet darin den Aus-
bau der Lötschberg- und der Gotthardachse und die Bundesrepublik Deutsch-
land verpflichtet sich zum durchgehenden viergleisigen Ausbau der Rheintal-
bahn.

Der Rheingraben im südbadischen Raum ist in besonderer Weise von der zu-
künftigen verkehrlichen Entwicklung betroffen. Straße und Schiene bilden die
Zulaufstrecke für den alpenquerenden Verkehr und sind Teil eines äußerst stark
belasteten Verkehrskorridors in Europa. Dieser Korridor verbindet die Nordsee
mit dem Mittelmeer, die Nordseehäfen mit dem Binnenland bis nach Südeuropa
und deutsche Ballungsräume mit hoher Wertschöpfung wie das Ruhrgebiet, den
Rhein-Main-Raum, das Rhein-Neckar-Gebiet und den Oberrhein. Ergänzt wird
dieser durch den noch zu bauenden Streckenabschnitt zwischen Karlsruhe und
Rastatt, die „Magistrale Paris – Bratislava/Budapest“. Der Verkehrskorridor im
Rheingraben ist Bestandteil des europäischen Infrastrukturleitplans und des
„transeuropäischen Verkehrsnetzes“.
Die Leistungsfähigkeit der vorhandenen zweigleisigen Rheintalbahn soll durch
den stufenweisen viergleisigen Ausbau zur Beseitigung kapazitiver Engpässe
erhöht werden. Der Streckenabschnitt zwischen Raststatt Süd und Offenburg ist
bereits in Betrieb. Nicht realisiert sind die Maßnahmen zwischen Karlsruhe und
Raststatt sowie zwischen Offenburg und Basel.

Drucksache 17/4861 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Um die Akzeptanz für den ökologisch bedeutsamen Verkehrsträger Schiene
nicht weiter zu gefährden, ist die Trassenführung so zu gestalten, dass Menschen
und Umwelt so wenig wie möglich belastet werden. Wo es trotzdem unumgäng-
lich ist, muss dies möglichst umwelt- und anwohnerfreundlich geschehen.

Ein gutes Beispiel für die Einbindung der betroffenen Bevölkerung in die Pla-
nungen des Ausbaus ist die Arbeit des Projektbeirats Rheintalbahn. In ihm dis-
kutieren Vertreter der Deutschen Bahn AG, der Bundes- und der Landesregie-
rung, regionale Politiker und Mitglieder der Bürgerinitiativen. Diese Form der
modernen Bürgerbeteiligung ist sehr zu begrüßen und unbedingt fortzusetzen.
Der Erfolg der letzten Sitzung vom 8. Februar 2011 zeigt, wie hilfreich er ist:

Jetzt sollen die beantragte und die alternative (autobahnparallele) Trasse von Of-
fenburg bis Riegel miteinander verglichen und Lärmemissionen beider Trassen
sowohl mit als auch ohne Schienenbonus berechnet und gegenüber gestellt wer-
den. Dazu haben Bahn und Bund zugestanden, dass bei diesen Untersuchungen
nicht nur die prognostizierten Zugzahlen für 2025, sondern auch die maximalen
Kapazitäten der Streckenleistung zugrunde gelegt werden. Darüber hinaus wa-
ren sich die Beteiligten darin einig, dass ein Planfeststellungsbeschluss durch
das Eisenbahn-Bundesamt erst dann ergeht, wenn die jeweilige Kernforderung
im Projektbeirat abschließend behandelt worden ist. Wenn der Katzenbergtunnel
in Betrieb genommen wird, soll der gesamte Güterzugverkehr durch ihn geleitet
werden. Wichtige Anreize für die Nutzung des neuen Eisenbahntunnels soll die
Gestaltung des Trassenpreises geben. So hat die Deutsche Bahn AG zugesagt,
dass dieser für die Fahrt durch den Katzenbergtunnel nicht höher sein wird als
das Entgelt für die Nutzung der Bestandsstrecke. Darüber hinaus soll die Rhein-
talbahn durch eine Vielzahl von innovativen Maßnahmen faktisch ein Modell-
projekt des anwohnerfreundlichen Ausbaus der Schiene werden. Viele weitere
Maßnahmen zur Verbesserung der Situation werden diskutiert bzw. geprüft; Gü-
terzugtunnel Offenburg, die Güterumfahrung Freiburg, und die Bürgertrasse im
Markgräflerland. Dabei werden auch Planungsalternativen ohne die Wirkung
eines Schienenbonus geprüft. Für den bereits planfestgestellten Abschnitt Weil
am Rhein-Haltingen wurden weitreichende ergänzende Maßnahmen mit dem
Ziel der Verbesserung des Lärmschutzes und der örtlichen Verkehrsinfrastruktur
beschlossen. Die erarbeiteten Ergebnisse des Projektbeirats begrüßt der Deut-
sche Bundestag ausdrücklich.

Die beteiligten Bürgerinitiativen – stellvertretend sei ihr Dachverband IG BOHR
genannt – haben sich vorbildlich an einer konstruktiven Lösungssuche beteiligt.
Die Dialogbereitschaft ging dabei von allen Seiten aus: Der Bund, das Land
Baden-Württemberg, Bundes- und Landtagsabgeordnete und die Deutsche Bahn
AG gingen an einvernehmlichen Lösungen interessiert in die Verhandlungen.
Das soll fortgeführt werden.

Der Deutsche Bundestag begrüßt ausdrücklich die Mitfinanzierung der Mehr-
kosten durch das Land Baden-Württemberg und die Bereitschaft des Landes,
sich weiter finanziell einzubringen sowie die Bereitschaft des Bundes und der
Deutschen Bahn AG, sich an den anstehenden zusätzlichen Untersuchungen
finanziell zu beteiligen. Auch die Bundesregierung hat wichtige Schritte unter-
nommen, um im Projektbeirat zu weitgehend einvernehmlichen Ergebnissen zu
gelangen.

Der Deutsche Bundestag weist darauf hin, dass eine sachliche Verknüpfung von
Stuttgart 21 und dem Ausbau der Rheintalbahn in der Sache falsch ist und ihr
schadet. Diese beiden Projekte dürfen nicht gegen einander ausgespielt werden.
Beide sind wichtig und haben weit über die Region hinaus Bedeutung.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/4861

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung im Rahmen der verfüg-
baren Haushaltsmittel auf,

1. sich weiterhin für eine spürbare Verbesserung der Planungen für Mensch und
Umwelt entlang der Rheintalbahn einzusetzen. Dies beinhaltet akzeptable
Formen sowohl der Trassenführung als auch des Lärmschutzes;

2. sich für eine baldige Finanzierung und Realisierung der bereits planfestge-
stellten Abschnitte der Rheintalbahn – wie zum Beispiel des Rastatter Tun-
nels – einzusetzen;

3. die aktuellen Prognosewerte 2025 zur Grundlage der anstehenden Planungen
und Berechnungen zum Ausbau der Rheintalbahn-Strecke zu machen;

4. in einem Modellprojekt weitere technische Innovationen für die Rheintal-
bahn zu prüfen, um Lärm und Erschütterung durch Trassen und rollendes
Material weiter zu verringern;

5. die Umsetzung der Ergebnisse des Projektbeirats jetzt tatkräftig zu unterstüt-
zen;

6. die noch zu klärenden Fragen in den kommenden Sitzungen des Projektbei-
rats weiter konstruktiv und ergebnisorientiert anzugehen;

7. als Anreiz für den Einsatz leiserer Fahrzeuge mindestens aufkommensneu-
trale lärmabhängige Trassenpreise obligatorisch zu machen und hierzu un-
verzüglich eine entsprechende Regelung zu treffen;

8. den Schienenbonus schrittweise abzuschaffen und dem Deutschen Bundestag
hierzu einen Gesetzentwurf so rechtzeitig vorzulegen, dass die Vorhabenträ-
ger ab 2012 ihre Planungen für den neuen Bundesverkehrswegeplan ohne
Schienenbonus planen können.

Berlin, den 23. Februar 2011

Volker Kauder, Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) und Fraktion
Birgit Homburger und Fraktion

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