BT-Drucksache 17/4820

zu dem Antrag der Abgeordneten Niema Movassat, Jan van Aken, Christine Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -17/3541- Keine großflächige Landnahme und Spekulationen mit Land oder Agrarproduktion in den Ländern des Südens

Vom 21. Februar 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4820
17. Wahlperiode 21. 02. 2011

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Niema Movassat, Jan van Aken, Christine
Buchholz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 17/3541 –

Keine großflächige Landnahme und Spekulationen mit Land oder Agrarproduktion
in den Ländern des Südens

A. Problem

Über 900 Millionen Menschen leiden weltweit an Hunger, über 80 Prozent der
hungernden Menschen leben auf dem Land. Der Weltagrarbericht 2008 hat deut-
lich gemacht, dass vor allem Kleinbauern für die Ernährungssicherung der Län-
der des Südens von entscheidender Bedeutung sind. Ihr Zugang zu Land, Wasser
und Saatgut ist dafür eine wesentliche Voraussetzung. In jüngster Vergangenheit
ist Agrarland in den Entwicklungsländern auch zum Gegenstand von Spekula-
tionen geworden. Das hat zwischenzeitlich zum Anstieg der Preise für Grund-
nahrungsmittel geführt und droht langfristig auch zur Konzentration von Land-
besitz und zur Ausbreitung von Monokulturen zu führen. Landkäufe finden vor
allem in Ländern statt, die zur gleichen Zeit Empfängerländer von Nahrungs-
mittelhilfe sind. Die Mehrheit der Landkäufer erfolgt zwar durch den privaten
Sektor, die Rahmenbedingungen für solche Verträge aber werden oft durch Re-
gierungsdelegationen in bilateralen Verhandlungen geschaffen. Verhandlungen
und Verträge sind nicht selten intransparent und entstehen ohne Mitwirkungs-
rechte der Betroffenen.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU,
SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Kosten wurden nicht erörtert.

Drucksache 17/4820 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/3541 abzulehnen.

Berlin, den 9. Februar 2011

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Dagmar Wöhrl
Vorsitzende

Klaus Riegert
Berichterstatter

Dr. Bärbel Kofler
Berichterstatterin

Dr. Christiane Ratjen-Damerau
Berichterstatterin

Annette Groth
Berichterstatterin

Thilo Hoppe
Berichterstatter

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat den Von Seiten der Fraktion der SPD wird begrüßt, dass sich

Antrag in seiner 37. Sitzung und der Ausschuss für Men-
schenrechte und humanitäre Hilfe hat den Antrag in seiner
31. Sitzung am 9. Februar 2011 beraten. Sie empfehlen mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP

der Ausschuss mit dem so wichtigen Thema der Nahrungs-
sicherung befasse. Es sei zu befürchten, dass die Konkurrenz
um Landflächen weiter zunehmen würde. Sie unterstütze auch
den Vorschlag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/4820

Bericht der Abgeordneten Klaus Riegert, Dr. Bärbel Kofler, Dr. Christiane
Ratjen-Damerau, Annette Groth und Thilo Hoppe

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/3541 in seiner 78. Sitzung am 2. Dezember 2010 zur
Federführung an den Ausschuss für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung und zur Mitberatung an den
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie, den Ausschuss
für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und
den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Mit dem Antrag wird gefordert, dass Investitionen deutscher
und europäischer Unternehmen und Finanzinstitutionen in
Agrarproduktion und in Land in den Ländern des Südens nur
unter der Bedingung menschenrechtlicher Prüfung und unter
Beachtung der Partizipationsrechte gestattet werden. Bei
Laufzeiten von über 30 Jahren soll keine öffentliche Unter-
stützung in Form von Bürgschaften, Krediten oder Förder-
mitteln erfolgen. Eine einzuberufende Kommission soll nach
dem „Modell International Agreement on Investment“ des
kanadischen „International Institute for Sustainable Deve-
lopment (IISD)“ ein deutsches Modell eines Investitionsab-
kommens entwerfen. Der Modellvertrag soll eine Auflistung
der Rechte und Pflichten der Investoren wie der Gastländer
und Sitzländer enthalten. Bei deutschen Investitionen sind
die informellen und gemeinschaftlichen Landrechte der lo-
kalen Bevölkerung zu schützen. Im Bereich der bilateralen
und multilateralen Entwicklungszusammenarbeit sind die
Partnerländer in ihren Bemühungen um eine Landreform zu
unterstützen, insbesondere lokale Gruppen bei ihrer Aufklä-
rungsarbeit. Eine gerechte Teilhabe soll durch Gewinnbe-
teiligung sichergestellt werden. Innerhalb der „International
Finance Corporation (IFC)“ der Weltbank sollen die Instru-
mente des „Foreign Investment Advisory Service (FIAS)“
zur Förderung des Landerwerbs einer Überprüfung anhand
menschenrechtlicher Kriterien unterzogen werden. Auf in-
ternationaler Ebene soll der Prozess der Implementierung
der „Voluntary Guidelines on Responsible Governance of
Tenure of Land and other Natural Resources“ der „Food and
Agriculture Organization of the United Nations (FAO)“ so-
wie der „Principles for Responsible Agricultural Investment
that Respects Rights, Livehoods and Resources“ der Welt-
bank, der FAO, des „International Fund for Agricultural
Development (IFAD)“ und anderen unterstützt werden.

III. Stellungnahme der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz hat den Antrag in seiner 31. Sitzung am
9. Februar 2011 beraten. Der Ausschuss empfiehlt mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD
den Antrag abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat den Antrag in seiner 26. Sitzung am 9. Fe-
bruar 2011 beraten. Er empfiehlt mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
den Antrag abzulehnen.

Von Seiten der Fraktion DIE LINKE. wird noch einmal auf
die krisenhafte Ausgangslage hingewiesen, dass nämlich
mittlerweile über 900 Millionen Menschen hungern müss-
ten. Hierfür gebe es eine Vielzahl von Ursachen; eine davon
sei darin zu sehen, dass Land immer mehr zum Spekulations-
objekt würde. Private Firmen und auch Industrie- und
Schwellenländer würden zunehmend Land aufkaufen oder
über lange Zeiten – häufig für 90 Jahre – pachten. Der Welt-
agrarbericht 2008 habe darauf hingewiesen, wolle man das
Recht auf Nahrung umsetzen, dann müsse man vor allem die
Rechte der Kleinbauern und Kleinbäuerinnen stärken. Im
Antrag habe man konkrete Vorschläge gemacht, wie das er-
reicht werden könnte. Insbesondere dürfe die Bundesregie-
rung deutsche Unternehmen und Finanzinstitutionen bei
großflächigem Landkauf bzw. Landpacht mit Laufzeiten
oberhalb von 30 Jahren nicht mehr mit öffentlichen Krediten
und Bürgschaften unterstützen. Das gelte auch für die EU
und die Weltbank. Zudem sollten bei öffentlichen Förderun-
gen oder Absicherungen Menschenrechtsprüfungen obliga-
torisch werden.

Von Seiten der Fraktion der CDU/CSU wird vorgebracht,
dass die angesprochenen Probleme bekannt seien und dass
man sich in der Zielsetzung auch einig sei. Die Ziele der
Weltbank seien diesbezüglich auch eindeutig. Wenn die
„Food and Agriculture Organization of the United Nations“
(FAO) darüber hinausgehende Leitlinien entwickeln würde,
sei das zu begrüßen. Davon unabhängig sei aber hervorzuhe-
ben, dass sich die Bundesregierung bereits auf bilateraler
und multilateraler Ebene für diese Ziele eingesetzt habe und
auch zukünftig einsetzen werde. Dazu bedürfe es also nicht
eines Antrages der Fraktion DIE LINKE. Darum werde man
diesen Antrag ablehnen.
gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN den Antrag abzulehnen.

sich nach Vorliegen der FAO-Leitlinien erneut damit zu be-
fassen. Dem Antrag könne man nicht zustimmen, da einige

Drucksache 17/4820 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Berlin, den 9. Februar 2011

Klaus Riegert
Berichterstatter

D
B

Annette Groth
Berichterstatterin

T
B

H. Heene
ese
wird auf aktuelle Daten der Weltbank hingewiesen. Danach
wäre allein im Jahre 2009 eine Fläche so groß wie Deutsch-
land und Österreich zusammen – über 50 Millionen Hektar –
von Großinvestoren aus dem Ausland aufgekauft worden.
Davon sei der größte Teil aus spekulativen Gründen nicht
bewirtschaftet worden. Zurzeit gebe es bei der FAO einen
Abstimmungsprozess zu Leitlinien, die den Zugang zu Land
regelten. Zwar sei formal die Einhaltung auch dieser Leit-
linien freiwillig, inhaltlich aber seien sie wesentlich verbind-
licher als die Prinzipien der Weltbank. In dem vorliegenden
Antrag würden viele Vorschläge aufgenommen, die bereits
in einem eigenen Antrag in der letzten Wahlperiode enthal-
ten gewesen wären. Es gebe jetzt den zusätzlichen Vor-
schlag, Investitionsschutzabkommen nicht nur in Richtung
der Investoren, sondern auch hinsichtlich der Zielgruppen zu
beleuchten. Das sei ein Vorschlag von Ernst Ulrich von
Weizsäcker und der Enquete-Kommission „Globalisierung
der Weltwirtschaft“. Darum werde man dem Antrag zustim-
men.

r. Bärbel Kofler
erichterstatterin

Dr. Christiane Ratjen-Damerau
Berichterstatterin

hilo Hoppe
erichterstatter
wichtige Aspekte fehlten wie beispielsweise die Einhaltung
von Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorgani-
sation, Standardsetzungen bei Investitionen und die damit
verbundenen ökologischen Fragen.

Von Seiten der Fraktion der FDP wird auf das Konzept
„Entwicklung ländlicher Räume und ihr Beitrag zur Ernäh-
rungssicherung“ verwiesen. Hierin werde das Problem der
ungesicherten Zugangs- und Besitzverhältnisse und einer
ungleichen Verteilung aufgegriffen. Die Realisierung ver-
bindlicher und fairer Landrechte sei ein zentrales Anliegen
dieses Konzeptes. Man müsse aber festhalten, dass die Ver-
antwortung für die Gesetze zum Landkauf und zur Verpach-
tung immer in der Kompetenz der jeweiligen Landesregie-
rung liege, die Bundesregierung sich also nicht unmittelbar
in die Vergaberechte einschalten könne. Diese Fragen müss-
ten im Rahmen eines politischen Dialogs mit den Partnerre-
gierungen angesprochen und geklärt werden. Den vorliegen-
den Antrag werde man ablehnen.

Von Seiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
mann

x

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