BT-Drucksache 17/4756

zu dem Antrag der Abgeordneten Anette Kramme, Gabriele Hiller-Ohm, Josip Juratovic, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD - Drucksache 17/4189 - Missbrauch der Leiharbeit verhindern

Vom 11. Februar 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4756
17. Wahlperiode 11. 02. 2011

Beschlussempfehlung und Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Anette Kramme, Gabriele Hiller-Ohm,
Josip Juratovic, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/4189 –

Missbrauch der Leiharbeit verhindern

A. Problem

Die geltenden Regelungen verhindern Lohndumping nach Analyse der antrag-
stellenden Fraktion bisher nicht. Um das zu ändern, sei gesetzlich vor allem zu
verankern, dass Leiharbeitskräfte und Stammbelegschaften gleiches Geld für
gleiche Arbeit erhielten, dass nur für die Dauer eines Einsatzes geltende Arbeits-
verträge mit Leiharbeitskräften verboten würden, dass wirksame Mitbestim-
mungsrechte für die Betriebsräte der Entleihfirmen auch hinsichtlich der Leih-
arbeitskräfte geschaffen und Leiharbeitseinsätze in einer Firma auf ein Jahr
begrenzt würden. Danach sei eine Festanstellung angemessen. Ferner fordert die
Fraktion der SPD, einen branchenunabhängigen Mindestlohn in Höhe von min-
destens 8,50 Euro einzuführen. Verwiesen wird auch auf den Handlungsbedarf
bei der Leiharbeit, um die 2008 verabschiedete europäische Leiharbeitsrichtlinie
in bundesdeutsches Recht umzusetzen.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen
Annahme des Antrags.

D. Kosten

Kostenberechnungen wurden nicht angestellt.

Drucksache 17/4756 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/4189 abzulehnen.

Berlin, den 9. Februar 2011

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Katja Kipping Beate Müller-Gemmeke
Vorsitzende Berichterstatterin

Union haben den Antrag auf Drucksache 17/4189 in ihren
gen des niedrigeren Lohnniveaus zur Dauerlösung in einem
Sitzungen am 9. Februar 2011 beraten und dem Deutschen
Bundestag gleichlautend mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen

Unternehmen werde. Entsprechende Regelungen dagegen
könnten aber am besten in Tarifverträgen getroffen werden.
Den Antrag der Fraktion der SPD lehne die Fraktion ab.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/4756

Bericht der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke

I. Überweisung

Der Antrag auf Drucksache 17/4189 ist in der 82. Sitzung
des Deutschen Bundestages am 17. Dezember 2010 an den
Ausschuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Bera-
tung und an den Rechtsausschuss, den Ausschuss für Wirt-
schaft und Technologie sowie an den Ausschuss für die An-
gelegenheiten der Europäischen Union zur Mitberatung
überwiesen worden.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verhindert nach Ein-
schätzung der Antragsteller Lohndumping in der Leiharbeit
nicht. Vorgesehen sei zwar, dass Leiharbeitskräfte für die Zeit
der Überlassung die im entleihenden Betrieb für vergleich-
bare Stammarbeitskräfte geltenden Arbeitsbedingungen ein-
schließlich des Arbeitsentgelts bekämen. Das Gesetz gestatte
jedoch Abweichungen durch Tarifvertrag und darüber hinaus
bei fehlender Tarifbindung Abweichungen aufgrund einer
arbeitsvertraglich vereinbarten Einbeziehung eines beliebi-
gen Leiharbeitstarifvertrages. Besonders die letztere Rege-
lung habe sich als Einfallstor für weitreichenden Missbrauch
erwiesen, da die vorhandenen Leiharbeitstarifverträge deut-
lich hinter den Verdiensten und Arbeitsbedingungen der
Stammbelegschaft zurückblieben. In der Folge sei das Risi-
ko, für einen prekären Lohn arbeiten zu müssen, bei männ-
lichen Leiharbeitnehmern 6,4-mal höher als bei regulär unbe-
fristet Vollzeitbeschäftigten, bei weiblichen Leiharbeitneh-
mern 4,2-mal höher. Jede achte Leiharbeitskraft sei trotz
Vollzeittätigkeit auf ergänzende staatliche Unterstützung an-
gewiesen. Mit der vollständigen Umsetzung der euro-
päischen Arbeitnehmerfreizügigkeit im Mai 2011 drohe eine
weitere Verschärfung der Situation.

Für die Beschäftigten sei entscheidend, dass die Leiharbeit
mit effektiven Schutzregelungen ausgestattet werde. Die
Initiatoren fordern dazu ein Gesetz. Es solle insbesondere
sicherstellen, dass gleicher Lohn für gleiche Arbeit gezahlt
und ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn als Untergren-
ze für die verleihfreie Zeit festgelegt werde. Ferner müssten
Arbeitsverträge mit Leiharbeitsfirmen lediglich für die Dau-
er eines Verleiheinsatzes verboten werden. Wirksame Mitbe-
stimmungsrechte für Betriebsräte in den Entleihbetrieben
müssten auch für Leiharbeitnehmer gelten. Zudem müsse
künftig der Grundsatz „Ein Platz, ein Jahr“ gelten, wonach
eine Leiharbeitnehmerin bzw. ein Leiharbeiternehmer bei
Fortdauer des Arbeitskraftbedarfs nach einem Jahr Anspruch
auf Festanstellung haben solle.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie sowie der
Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen

Rechtsausschuss hat mit gleichem Termin und Ergebnis be-
raten, allerdings bei Abwesenheit der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Antrag auf
Drucksache 17/4189 in seiner 48. Sitzung am 9. Februar
2011 abschließend beraten und dem Deutschen Bundestag
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP ge-
gen die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LIN-
KE. die Ablehnung empfohlen.

Die Fraktion der CDU/CSU betonte, dass Zeitarbeitsver-
hältnisse unter normalen Umständen in keiner Weise als pre-
kär bezeichnet werden könnten. Diese Beschäftigten hätten
dieselben Rechte wie andere Arbeitnehmer, etwa beim Kün-
digungsschutz oder der Lohnfortzahlung. Wenn man jetzt
den Forderungen der Antragsteller folgte, würde damit das
Instrument der Zeitarbeit in toto vernichtet. Dabei habe es
bisher als Jobmotor schlechthin gewirkt. Jede dritte Einstel-
lung erfolge mittlerweile in dieser Branche. Notwendige Än-
derungen sollten in Tarifverträgen vereinbart werden. Der
Antrag werde abgelehnt.

Die Fraktion der SPD forderte gleiche Bezahlung für Leih-
arbeitnehmer und Stammbelegschaften. Um den schlimms-
ten Missbräuchen zu begegnen, sei ein gesetzlicher Mindest-
lohn für diese Branche dringend erforderlich. Er würde aber
allein nicht ausreichen. Im Bereich der Leiharbeit habe sich
insgesamt Korrekturbedarf entwickelt. Es müsse wieder
klargestellt werden, dass man Leiharbeit nur vorübergehend
einsetzen dürfe. Wenn ein Arbeitnehmer auf einem Arbeits-
platz länger als ein Jahr arbeite und der Bedarf andauere, sei
eine Festanstellung angebracht. Ferner gehe es darum, dass
Verträge mit Leiharbeitskräften künftig nicht mehr allein für
die Dauer eines Einsatzes abgeschlossen werden dürften.
Leiharbeit habe man ursprünglich zur Abfederung von Auf-
tragsspitzen gedacht. So solle sie auch wieder genutzt wer-
den. Auch eine Zunahme der konzerninternen Verleihung
durch Leiharbeitsgesellschaften der Unternehmen müsse
verhindert werden. Mit den geforderten Verbesserungen
bleibe sie attraktiv und werde als gute Arbeit fortbestehen.

Die Fraktion der FDP erinnerte daran, dass die Liberalisie-
rung der Zeitarbeit durch die damalige rot-grüne Bundes-
regierung politisch gewollt sei und zu einer wahren Erfolgs-
geschichte geführt habe. Sie schaffe Zugänge zum
Arbeitsmarkt – auch für gering qualifizierte Arbeitskräfte.
So verfügten 40 Prozent der Zeitarbeitnehmer über keine be-
rufliche Qualifikation. Man müsse allerdings auch Miss-
brauch in dieser Branche einschränken, wenn Zeitarbeit we-
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung
der Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung empfohlen. Der

Die Fraktion DIE LINKE. forderte, keinerlei Abweichung
vom Grundsatz gleicher Bezahlung für gleiche Arbeit zuzu-

Drucksache 17/4756 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

lassen. Das müsse von der ersten Stunde der Beschäftigung
in einer Firma an gelten – auch für Leiharbeitnehmer und
- arbeitnehmerinnen. Für den Einstieg sähen die meisten
Tarifverträge ohnehin Einstiegsstufen vor. In Frankreich
habe man sich – statt Dumpinglöhnen – sogar auf einen Fle-
xibilitätszuschlag für Leiharbeit von plus 10 Prozent ver-
ständigen können, um das höhere Arbeitsplatzrisiko dieser
Menschen auszugleichen. Und auch dort sei die Wirtschaft
nicht zusammengebrochen. Es gebe keinen Grund, warum
das in Deutschland nicht möglich sein sollte. Die Fraktion
stimme dem Antrag in seiner Grundrichtung zu, nicht aber in
den Details. Daher werde man sich der Stimme enthalten.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kritisierte,
dass die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP die

Berlin, den 9. Februar 2011

Beate Müller-Gemmeke
Berichterstatterin

H. Heene
ese
Fakten auf dem Arbeitsmarkt leugneten. Die Hälfte der Leih-
arbeitskräfte verdiene weniger als 50 Prozent des Median-
lohnes aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, jeder
Zehnte unter 1 000 Euro im Monat. In der Folge subventio-
niere der Staat diese Branche wie keine andere durch aufsto-
ckendes Arbeitslosengeld II. Dabei dürfe es nicht bleiben.
Der ursprüngliche Zweck der Leiharbeit, Auftragsspitzen zu
bewältigen, müsse wiederhergestellt werden. Die Leiharbeit
bringe Flexibilität für die Arbeitgeber, das reiche aus. Leih-
arbeit dürfe nicht zusätzlich zum Lohndumping missbraucht
werden. Equal Pay von Anfang an sei unverzichtbar. Die
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordere zwar mehr
als der Antrag der Fraktion der SPD. Dem Grundanliegen
stimme man aber zu und werde daher dem Antrag zustim-
men.
mann

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