BT-Drucksache 17/4751

Reform der ärztlichen Gebührenordnungen GOÄ und GOZ

Vom 10. Februar 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4751
17. Wahlperiode 10. 02. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Harald Terpe, Birgitt Bender, Maria Klein-Schmeink,
Elisabeth Scharfenberg, Kerstin Andreae, Beate Müller-Gemmeke und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Reform der ärztlichen Gebührenordnungen GOÄ und GOZ

Die Gebührenordnung der Ärzte (GOÄ) ist in ihren wesentlichen Teilen fast
30 Jahre alt. Daher wird schon seit längerer Zeit über eine Reform der GOÄ und
der fast ebenso alten zahnärztlichen Gebührenordnung (GOZ) diskutiert. Bei der
Weiterentwicklung der GOÄ/GOZ gibt es offensichtlich Interessengegensätze
zwischen den Leistungserbringern (Ärztinnen und Ärzte) sowie den Kosten-
trägern (private Krankenversicherung – PKV – und Beihilfeträger). Aus den
Reihen der PKV werden daher Forderungen nach Öffnungsklauseln für direkte
Verträge mit ambulanten Leistungsanbietern erhoben (Ärzte Zeitung vom
30. November 2010). Die für die Beihilfe zuständigen Kostenträger wie z. B.
Bundesländer haben ein Interesse daran, Kosten im Bereich der Beihilfe ein-
zusparen und weitere Kostensteigerungen zu vermeiden.

Auch das Institut für Gesundheits- und Sozialsystemforschung (IGES) kommt
in seinem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie geförderten
Gutachten „Wettbewerb im Bereich der privaten Krankenversicherungen“
(IGES. 2010) zu der Empfehlung, dass PKV-Unternehmen größere Spielräume
für direkte Vereinbarungen mit Leistungsanbietern bekommen sollten.

Die Ärzteschaft lehnt hingegen derartige Öffnungsklauseln ab. Sie würden ledig-
lich zu einem „Unterbietungswettbewerb“ führen (Ärzte Zeitung vom 6. De-
zember 2010). Die Kostensteigerungen für die ambulant-ärztliche Behandlung
würden laut Ärzteschaft vor allem auf einen gestiegenen Versorgungsbedarf in-
folge demographischer Entwicklungen zurückzuführen sein (Deutsches Ärzte-
blatt vom 13. Februar 2009).

Die Bundesregierung hat bislang noch nicht klar Stellung bezogen, mit welcher
konkreten Zielrichtung sie eine Reform der ärztlichen Gebührenordnungen
vorantreiben wird, da sie sowohl die Interessen der Ärzteschaft als auch der
privaten Krankenversicherung wahren will, diese aber kaum miteinander in
Einklang zu bringen sind.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. a) Wie groß ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Zahl der Versicherten

der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), die von der GOÄ bezie-
hungsweise der GOZ vollständig oder partiell betroffen sind, und welche
Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus?

b) Durch welche Vertragsmechanismen und in jeweils welcher Häufigkeit
(z. B. IGel-Leistungen, Selbstzahler, Zusatzversicherungen etc.) werden
diese Versicherten von der GOÄ und der GOZ erfasst?

Drucksache 17/4751 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2. Welche Erkenntnisse besitzt die Bundesregierung zur Häufigkeitsverteilung
der von den Ärzten und Zahnärzten angewendeten Steigerungsfaktoren

a) bis zum Regelhöchstsatz,

b) jenseits des Regelhöchstsatzes?

3. a) Welche Erkenntnisse besitzt die Bundesregierung – auch im Vergleich
zur GKV – über die Entwicklung der ambulant-ärztlichen Pro-Kopf-Aus-
gaben der PKV von 1999 bis 2009, und wie bewertet sie diese?

b) Welche Erkenntnisse besitzt die Bundesregierung zur Entwicklung der
Umsätze je Arzt bzw. Ärztin aus der ambulanten privatärztlichen Ver-
gütung, und wie bewertet sie diese?

c) Welche Erkenntnisse besitzt die Bundesregierung über Mengenentwick-
lungen bei einzelnen ambulant-ärztlichen Leistungen der PKV, und wie
bewertet sie diese?

4. a) Worauf führt die Bundesregierung die erheblichen Kostensteigerungen
bei den ambulant-ärztlichen Ausgaben der PKV im Bereich der GOÄ zu-
rück?

b) Worauf führt die Bundesregierung die Kostenentwicklung bei den ambu-
lant-zahnärztlichen Ausgaben der PKV zurück?

5. a) Welche Qualitätsanforderungen bestehen derzeit für niedergelassene
Ärzte, die nicht Mitglied der Kassenärztlichen Vereinigungen sind und
ausschließlich mit der PKV abrechnen, und wo sind diese geregelt?

b) Welche Möglichkeiten zur Steuerung der Behandlungsqualität besitzt die
PKV?

c) Auf welche Weise bzw. mit welchen Instrumenten könnten aus Sicht der
Bundesregierung Qualitätsaspekte stärker in die ambulante privatärzt-
liche Vergütung einbezogen werden, und welche Maßnahmen plant die
Bundesregierung diesbezüglich zu ergreifen?

6. a) Wie bewertet die Bundesregierung die Forderung nach einer Öffnungs-
klausel für die GOÄ und die GOZ in Bezug auf Verbraucher- und Patien-
tenschutz sowie als Instrument zur Qualitätssteuerung?

b) An welchen Kriterien könnten sich nach Ansicht der Bundesregierung
derartige Verträge orientieren?

7. a) Wie bewertet die Bundesregierung die Forderung nach einem einheitlichen
Verhandlungsmandat des Verbandes der privaten Krankenversicherung
e. V. für die Unternehmen der PKV im Rahmen von durch eine Öffnungs-
klausel möglichen Verträgen?

b) Wie bewertet die Bundesregierung die Empfehlung der IGES-Studie zum
Wettbewerb in der PKV (IGES, 2010), aus wirtschaftspolitischer Sicht
solle geprüft werden, „ob bzw. inwiefern sich Kooperationen von Ver-
sicherern als wettbewerbskonform einstufen“ ließen?

8. Wie bewertet die Bundesregierung die unter anderem von der Kassenzahn-
ärztlichen Bundesvereinigung unter Verweis auf ein Gutachten von Prof.
Dr. Winfried Boecken (18. Juli 2008) erhobene Kritik, eine Öffnungsklausel
wäre verfassungswidrig?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/4751

9. a) Wie bewertet die Bundesregierung die aus den Reihen der Ärzteschaft
erhobene Kritik, Öffnungsklauseln und ein damit verbundenes Verhand-
lungsmandat der PKV und der Beihilfekostenträger würden dem Preis-
dumping Vorschub leisten?

b) Inwieweit ließe sich nach Auffassung der Bundesregierung diesem Vor-
wurf durch Öffnungsklauseln begegnen, bei denen eine Mindestver-
gütung vorgesehen wird?

10. Kann die Bundesregierung abschätzen, welche Steuerungsmöglichkeiten
und ggf. welches Einsparpotenzial sich durch eine Öffnungsklausel bei den
Beihilfeträgern erzielen ließe?

Falls ja, welche?

11. a) Wie viele Vereinbarungen zur Wahlleistung Unterkunft bestehen nach
Kenntnis der Bundesregierung zwischen Krankenhäusern und PKV?

b) Welchen Inhalt im Hinblick auf Versorgungsqualität haben diese Ver-
träge nach Kenntnis der Bundesregierung in der Regel?

c) Welche Erkenntnisse zur Entwicklung der PKV-Ausgaben im Bereich
Wahlleistung Unterkunft hat die Bundesregierung, und worauf führt sie
diese Entwicklung zurück?

12. a) Wie bewertet die Bundesregierung die im März 2010 von der Kassen-
ärztlichen Vereinigung Bayerns und dem PKV-Verband geschlossene
Vereinbarung zum Programm „Ausgezeichnete Patientenversorgung“?

b) Wie bewertet die Bundesregierung das Scheitern dieser Vereinbarung,
und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus in
Hinblick auf die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung von Öff-
nungsklauseln und Qualitätsvereinbarungen für die ärztliche Vergütung
nach GOÄ und GOZ?

13. Auf welche Weise sollen nach Auffassung der Bundesregierung medizini-
sche Innovationen wie neue Behandlungsmethoden künftig Eingang in die
privatärztliche Gebührenordnung finden, und auf der Grundlage welcher
Kriterien?

14. Welche Position hat die Bundesregierung zu einer stärkeren Berücksich-
tigung der so genannten sprechenden Medizin in der privatärztlichen Ge-
bührenordnung?

15. a) Welche Zeitplanung hat die Bundesregierung zur Reform der GOZ?

b) Welche Zeitplanung hat die Bundesregierung zur Reform der GOÄ?

Berlin, den 10. Februar 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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