BT-Drucksache 17/4732

Feuerwehrführerschein - Sicherheit im Verkehr und Rechte für Ehrenamtliche

Vom 9. Februar 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4732
17. Wahlperiode 09. 02. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Kirsten Lühmann, Uwe Beckmeyer, Martin Burkert,
Sören Bartol, Bernhard Brinkmann (Hildesheim), Petra Ernstberger, Iris Gleicke,
Ulrike Gottschalck, Michael Groß, Hans-Joachim Hacker, Gustav Herzog,
Johannes Kahrs, Ute Kumpf, Thomas Oppermann, Florian Pronold,
Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Feuerwehrführerschein – Sicherheit im Verkehr und Rechte für Ehrenamtliche

Ohne eine unbürokratische und kostengünstige Regelung für Feuerwehren und
Hilfsdienste werden durch den Generationenwechsel der Ehrenamtlichen zu
wenige Inhaber der neuen Fahrerlaubnisklasse C1 zur Verfügung stehen, um die
ständige Einsatzbereitschaft zu gewährleisten. Wir begrüßen daher das Be-
mühen, die Mobilität der freiwilligen Feuerwehren, der Rettungsdienste und der
technischen Hilfsdienste sicherzustellen. Auch die Einbeziehung von Anhän-
gern in eine solche Regelung ist richtig und wichtig.

Bereits im Jahr 2009 ist mit der Änderung des Straßenverkehrsgesetztes dazu
eine gesetzliche Grundlage geschaffen worden. Der Deutsche Feuerwehrver-
band e. V. zusammen mit Vertretern der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk
(THW), des Deutschen Roten Kreuzes e. V. (DRK), der Deutschen Lebens-
Rettungs-Gesellschaft e. V. (DRLG) und des Arbeiter-Samariter-Bundes Deutsch-
land e. V. (ASB) sowie den zuständigen Fachpolitikern der großen Koalition der
Fraktionen der CDU/CSU und SPD haben 2010 den Weg für einen Feuerwehr-
führerschein freigemacht. Es ist ihnen gelungen, eine sinnvolle, attraktive und
vor allem EU-rechtskonforme Lösung zu schaffen, die den Freiwilligen Feuer-
wehren hilft, die Verkehrssicherheit fördert und das Ehrenamt stärkt.

Dieser Beschluss enthielt unter anderem die Möglichkeit, nach einer Frist von
zwei Jahren bei Mitgliedschaft in einer Organisation, die Sonderfahrberechti-
gung in einen regulären C1-Führerschein umschreiben zu lassen.

Da das Führen eines Einsatzfahrzeugs bis 7,5 Tonnen zulässiger Gesamtmasse
erhebliche Anforderungen stellt, sieht der Beschluss vor, dass bei Fahrzeugen ab
4,75 Tonnen zulässiger Gesamtmasse ausgebildete Fahrlehrer die Fahrfähigkeit
überprüfen. Der aktuelle Gesetzentwurf der Bundesregierung fordert lediglich
eine organisationsinterne Prüfung für das Fahren von Einsatzfahrzeugen, was
nicht nur Verkehrssicherheitsverbände sehr kritisch bewerten.
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie ist der Stand der Umsetzung des Bundestagsbeschlusses zum Gesetzent-
wurf auf Bundestagsdrucksache 16/13108, der eine Sonderfahrberechtigung
für Fahrzeuge bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 4,75 Tonnen bzw.
7,5 Tonnen unter vereinfachten und kostengünstigen Bedingungen bei der
Ausbildung und Prüfung schafft?

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2. Wie ist der Stand der Umsetzung der Rechtsverordnung, die es aufgrund des
§ 2 Absatz 10 Satz 5 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) i. V. m. § 6 Ab-
satz 1 StVG den obersten Landesbehörden erlauben soll, Mitgliedern der
Freiwilligen Feuerwehren, der nach Landesrecht anerkannten Rettungs-
dienste und der technischen Hilfsdienste, Fahrberechtigungen zu erteilen,
die zum Führen von Einsatzfahrzeugen bis zu einer zulässigen Gesamt-
masse von 7,5 Tonnen berechtigen?

3. Was sind die Gründe für eine etwaige Nichtumsetzung der in Frage 2 ge-
nannten Rechtsverordnung, die es Landesbehörden erlaubt hätte, Helfern
Fahrberechtigungen zu erteilen, die sie zum Führen von Einsatzfahrzeugen
bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 7,5 Tonnen berechtigt hätten?

4. Welche Bundesländer haben auf Grundlage des § 2 Absatz 10 StVG eine
Regelung geschaffen, die nach Landesrecht es den Mitgliedern der Freiwil-
ligen Feuerwehren, der nach Landesrecht anerkannten Rettungsdienste und
der technischen Hilfsdienste erlaubt, Fahrberechtigungen, die zum Führen
von Einsatzfahrzeugen bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 4,75 Ton-
nen zu erteilen, wenn die Inhaber der Fahrberechtigung seit mindestens
zwei Jahren im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis der Klasse B sind und
von Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehren, der nach Landesrecht aner-
kannten Rettungsdienste und der technischen Hilfsdienste für das Führen
von Einsatzfahrzeugen bis zu einer zulässigen Gesamtmasse von 4,75 Ton-
nen ausgebildet worden sind und in einer praktischen Prüfung ihre Befähi-
gung nachgewiesen haben?

5. Wie bewertet die Bundesregierung die massiven Proteste der Verkehrs-
sicherheitsverbände gegen eine von ihr geplante organisationsinterne Aus-
bildung und Prüfung für das Fahren von Einsatzfahrzeugen bis zu 7,5 Ton-
nen zulässiger Gesamtmasse?

6. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass, nach dem Kabinetts-
beschluss, Kollegen lediglich nach einer kurzen Einweisung entscheiden
sollen, ob Helfer Einsatzfahrzeuge bis zu 7,5 Tonnen zulässiger Gesamt-
masse unter Einsatzbedingungen fahren dürfen und damit die traditionelle
Trennung zwischen Ausbildung und Prüfung aufgehoben wird?

7. Wie beurteilt die Bundesregierung die Bedenken, der Kabinettsbeschluss
zum sogenannten Feuerwehrführerschein vom 15. Dezember 2010 kolli-
diere mit Europäischem Recht, insbesondere mit der 2. und 3. EU-Führer-
schein-Richtlinie, deren Hauptziel die Harmonisierung des europäischen
Verkehrsraumes ist, aber auch zur Erhöhung der Verkehrssicherheit beitra-
gen soll?

8. Gibt es zur Vereinbarkeit mit Europäischem Recht eine aktuelle Stellung-
nahme der Europäischen Union, und wenn ja, wie lautet diese?

9. Warum lehnt es die Bundesregierung ab, den Ehrenamtlichen einen zusätz-
lichen Anreiz zu schaffen, indem sie den jungen Menschen die Möglichkeit
bietet, nach einer Frist von zwei Jahren bei Mitgliedschaft in einer Organi-
sation ihre Sonderfahrberechtigung in einen regulären C1-Führerschein
umschreiben zu lassen?

10. Wie bewertet die Bundesregierung zum Beispiel den Begriff „technische
Hilfsdienste“ in ihrem Kabinettsbeschluss, und sollte dieser Begriff nicht
durch die Bezeichnung „Technisches Hilfswerk – THW“ ersetzt werden,
um sicherzugehen, dass die Sonderregelung nur für eine genau definierte
Zielgruppe geschaffen wird?

11. Wie bewertet die Bundesregierung die Studie der Bundesanstalt für Stra-
ßenwesen (BASt) aus dem Jahr 1994, dass bei Einsatzfahrten mit Sonder-

rechten ein achtmal so hohes Risiko besteht, einen Verkehrsunfall mit
Schwerverletzten zu verursachen?

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12. Wie bewertet die Bundesregierung die Meldung der Feuerwehr-Unfallkasse
Niedersachsen bezüglich der innerhalb eines Jahres um 25 Prozent gestie-
genen Zahl der Unfälle, die von Feuerwehrfahrzeugen im Einsatz verur-
sacht wurden, angesichts der Tatsache, dass die Unfallfahrenden im Gegen-
satz zu den Plänen der Bundesregierung über eine Fahrschulausbildung
verfügen?

13. Welche Daten liegen der Bundesregierung vor, die eine Aufteilung der
Unfallzahlen auf Angehörige der Freiwilligen Feuerwehren und der Berufs-
feuerwehren ermöglichen?

14. Wie hoch ist der Anteil der Rettungsdienstfahrten bei den von Feuerwehr-
fahrzeugen verursachten Unfällen?

15. Warum wird in der Neuregelung die nähere Ausgestaltung der Sonderfahrt-
berechtigung ohne nähere Konkretisierungen auf die Landesregierungen
übertragen, und befürchtet die Bundesregierung nicht, dass die Übertragung
nicht geeignet ist, die einheitlichen Standards im Bereich der Verkehrssi-
cherheit zu gewährleisten?

16. Wie bewertet die Bundesregierung den Vorschlag der DLRG bundesweit
einheitliche Regelungen für das Ausbildungsfahrzeug, die Eingangsqualifi-
kationen und das Mindestalter der Teilnehmer, die Qualifikation und das
Mindestalter der Ausbilder und Prüfer, die Ausbildungsinhalte, die Aus-
bildungsdauer und die Prüfungsinhalte festzusetzen, da alle Hilfsorganisa-
tionen und das THW ihre Ausbildungs- und Prüfungsvorschriften zentral
und bundeseinheitlich festlegen?

17. Hat das zuständige Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwick-
lung (BMVBS) bereits untersucht, ob der zu erwartende Mangel an Einsatz-
fahrern tatsächlich auf eine Umstellung der Fahrerlaubnisklassen im Rah-
men der Umsetzung der Richtlinie 91/439/EWG (Führerschein) beruht, und
wenn nein, warum nicht?

18. Hat das BMVBS bereits ausreichend geprüft, wie man mehr Helfern eine
Fahrerlaubnis höherer Klassen finanzieren kann, und wenn ja, wie sehen die
Entwürfe aus?

19. Wie bewertet die Bundesregierung den Vorschlag der Bundesvereinigung
der Fahrlehrerverbände, eine Möglichkeit zu schaffen, wie ehrenamtliche
Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren und der anderen im Gesetzesent-
wurf genannten Organisationen zu günstigen Kosten eine reguläre Fahr-
erlaubnis der Klasse C1 bzw. C1 E erwerben können, die sie dann auch
privat nutzen könnten?

20. Wie hoch ist der Anteil an Löschfahrzeugen über 7,5 Tonnen zulässiger Ge-
samtmasse an der Gesamtzahl der Löschfahrzeuge bei Freiwilligen Feuer-
wehren?

21. Wie viele Fahrzeuge bei den Freiwilligen Feuerwehren und dem THW
(bitte getrennt auflisten) gibt es, die nur mit der Fahrerlaubnis der Klasse C1
gefahren werden dürfen?

22. Wie bewertet die Bundesregierung die unterschiedliche Behandlung von
hauptberuflich tätigen Personen und ehrenamtlich tätigen Mitgliedern, die
durch die Sonderregelung eine wesentlich geringere Anforderung zum Fah-
ren von Einsatzfahrzeugen benötigen?

23. Wird die Sonderfahrberechtigung bundesweit gültig sein, um länderüber-
greifende Katastrophenhilfe zu ermöglichen, und wenn nicht, warum nicht?

Drucksache 17/4732 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
24. Welche weiteren Initiativen wird die Bundesregierung ergreifen, um das
Ehrenamt zu stärken und mehr junge Menschen für die Arbeit von Freiwil-
ligen Feuerwehren und anderen Hilfsdiensten zu begeistern?

Berlin, den 9. Februar 2011

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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