BT-Drucksache 17/4688

Sicherheit hat Vorrang - Atomkraftwerk Grafenrheinfeld sofort abschalten

Vom 9. Februar 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4688
17. Wahlperiode 09. 02. 2011

Antrag
der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn,
Oliver Krischer, Undine Kurth (Quedlinburg), Dr. Hermann Ott, Dorothea Steiner,
Cornelia Behm, Bettina Herlitzius, Winfried Hermann, Ulrike Höfken,
Dr. Anton Hofreiter, Ingrid Nestle, Friedrich Ostendorff, Daniela Wagner,
Dr. Valerie Wilms, Kai Gehring, Uwe Kekeritz und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sicherheit hat Vorrang – Atomkraftwerk Grafenrheinfeld sofort abschalten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Im Juni 2010 wurde bei der Revision des bayerischen Atomkraftwerks Grafen-
rheinfeld ein Befund im Nuklearteil der Anlage festgestellt. Es handelt sich
dabei um eine Unregelmäßigkeit im Inneren eines Rohres im Primärkreislauf,
deren genaue Art bislang ebenso unklar ist wie ihre Ursache. Insbesondere ist
nicht ausgeschlossen, dass es sich um einen umlaufenden Riss handelt. Da die
Ursache nicht zweifelsfrei geklärt ist, können auch die weitere Entwicklung des
Problems und seine Auswirkungen nicht verlässlich bewertet werden. Fest steht
jedoch, dass die Unregelmäßigkeit bzw. der Riss in den letzten Jahren während
des Betriebs von Grafenrheinfeld signifikant gewachsen ist.

Ein Rohrriss hätte eine radioaktive Kontamination der Anlage, also einen Stör-
fall der Stufe 3, zur Folge. Vor diesem Hintergrund ist das Verhalten der
Landesatomaufsicht Bayerns und des Bundesministeriums für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit (BMU), den Weiterbetrieb Grafenrheinfelds trotz-
dem zu gestatten, weder nachvollziehbar und noch akzeptabel. Bislang wurde
es von den deutschen Atomaufsichtsbehörden noch nie geduldet, dass ein
Atomkraftwerk (AKW) mit einem derart gravierenden Problem im nicht
absperrbaren Primärkreislaufbereich weiter am Netz bleiben darf. Mithin bricht
der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ein Tabu.

Aber auch das Verhalten der bayerischen Atomaufsichtsbehörde erscheint mehr
als fraglich. Laut eigener Auskunft erfuhr das BMU erst Wochen, nachdem ihr
der Befund bekannt war, eher zufällig und beiläufig davon. Erst nach einem
halben Jahr Verzögerung hielt sie es überhaupt für notwendig, den Befund als
meldepflichtiges Ereignis offiziell anzuzeigen. Insgesamt drängt sich hier stark
der Verdacht auf, dass zum ersten Mal bei einem Problem dieser Größenord-

nung nicht sicherheitsgerichtet entschieden wird, sondern die betriebswirt-
schaftlichen Interessen des AKW-Betreibers Vorrang haben. Dies darf bei einer
Hochrisikotechnologie wie der Atomkraft unter keinen Umständen zugelassen
werden.

Drucksache 17/4688 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

● die Bayerische Atomaufsicht anzuweisen, das Atomkraftwerk Grafenrhein-
feld sofort abzuschalten;

● dafür zu sorgen, das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld erst dann wieder an-
fahren und ans Netz zu lassen, wenn das aktuelle Problem im Primärkreis-
lauf gelöst und seine Ursache geklärt ist;

● in Zukunft ausschließlich sicherheitsorientiert zu entscheiden und in etwa-
igen analogen Fällen die sofortige Abschaltung des betroffenen Atomkraft-
werks anzuordnen.

Berlin, den 8. Februar 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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