BT-Drucksache 17/4544

Europas Energiezukunft erneuerbar und sicher gestalten

Vom 26. Januar 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4544
17. Wahlperiode 26. 01. 2011

Antrag
der Abgeordneten Hans-Josef Fell, Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Ingrid
Nestle, Dr. Hermann Ott, Bärbel Höhn, Undine Kurth (Quedlinburg), Dorothea
Steiner, Cornelia Behm, Bettina Herlitzius, Winfried Hermann, Ulrike Höfken,
Dr. Anton Hofreiter, Friedrich Ostendorff, Daniela Wagner, Dr. Valerie Wilms
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Europas Energiezukunft erneuerbar und sicher gestalten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Beim EU-Sondergipfel zur Energiepolitik am 4. Februar 2011 sollen die künfti-
gen Leitlinien für die Umsetzung der Strategie „Energie 2020“ bestimmt werden,
insbesondere für die Vollendung des Binnenmarktes, den Ausbau der Energie-
infrastruktur sowie die Förderung der Energieeffizienz in der Europäischen Union.
Darüber hinaus wurde vom EU-Kommissar Günther Oettinger im Vorfeld des
Gipfels vermehrt die kurzfristige EU-weite Harmonisierung der Fördersysteme
für Strom aus erneuerbaren Energien und eine Revision der Richtlinie zur Förde-
rung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen in 2011 gefordert.

Die künftige europäische Energiepolitik ist von entscheidender Bedeutung für
das Erreichen der Klimaschutzziele und für die Sicherheit der Energieversor-
gung. Dabei gilt es, konsequent und klar den Weg zu mehr Energieeffizienz und
zur Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energien vorzuzeich-
nen. Von dieser Weichenstellung ist die Europäische Union noch weit entfernt.
So fehlt nach wie vor eine Festlegung auf ein CO2-Minderungsziel von 30 Pro-
zent bis 2020 und auch in der Energiepolitik mangelt es an ambitionierten und
verbindlichen Zielsetzungen.

So hat die EU bislang lediglich einen Entwicklungspfad für erneuerbare Ener-
gien bis zum Jahr 2020 beschlossen. Bis dahin sollen 20 Prozent des Stroms aus
Sonne, Wind und anderen erneuerbaren Quellen erzeugt werden. Für die Zeit da-
nach fehlen bislang jegliche Zielsetzungen, obwohl eine Umstellung auf eine
Vollversorgung mit erneuerbaren Energien zur Erreichung der klimapolitisch
geforderten CO2-Reduktion um 80 bis 95 Prozent bis zum Jahr 2050 dringend
erforderlich sind. Dazu kommt, dass die Diskussion um die Förderinstrumente
auf der EU-Ebene mit der Initiative von Günther Oettinger zur Harmonisierung
neu aufgeflammt ist und Investoren in der Erneuerbaren-Branche verunsichert.

Eine Harmonisierung der Förderinstrumente steht jedoch vor 2014 nicht an. Das
erfolgreiche Festpreisvergütungssystem darf nicht abgeschafft werden. An dem
in der entsprechenden Richtlinie bereits vorgesehenen Monitoring im Jahr 2014
sollte festgehalten werden.

Trotz aller Bekenntnisse zur Energieeffizienz, fehlen hier jegliche verbindliche
Zielsetzungen. Das EU-Ziel bis zum Jahr 2020 den Energieverbrauch um
20 Prozent gegenüber dem Trend zu senken ist bislang lediglich ein Lippen-

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bekenntnis. Der Versuch, dieses Ziel nunmehr verbindlich zu machen, droht zu
scheitern – auch am Widerstand der Bundesregierung. Damit würde eine unent-
behrliche Säule des Klimaschutzes und der technologischen und wirtschaft-
lichen Entwicklung wegbrechen. Das Verhalten der Bundesregierung steht im
krassen Gegensatz zu der von ihr verbal stets betonten herausragenden Bedeu-
tung der Energieeffizienz für eine zukunftsweisende Energieversorgung. Reden
und Handeln klaffen hier weit auseinander.

Energiepolitische Bewegung ist zurzeit im Wesentlichen auf den Ausbau der
Energieinfrastruktur beschränkt. Hier wurde mit dem so genannten Infrastruktur-
paket die Basis für eine Beschleunigung des grenzüberschreitenden Ausbaus der
Netze gelegt. Bei der Umsetzung des Pakets gibt es jedoch zurzeit mehr Fragen
als Antworten, sowohl hinsichtlich der Finanzierung als auch der Priorisierung
einzelner Maßnahmen. Anstelle einer Konzentration auf Projekte, die der Netz-
integration erneuerbarer Energien dienen, findet sich eine breite Palette an Infra-
strukturvorhaben, von denen viele die Nutzung fossiler Energieträger fördern.
Die Vorschläge der EU-Kommission zur Energiesicherheit zementieren die Nut-
zung der Atomenergie genauso, wie die klimagasemittierende fossile Energie-
versorgung. Das große Potenzial der erneuerbaren Energien für eine sichere,
kostengünstige und heimische Energieversorgung wird dagegen von der EU-
Kommission weitgehend ignoriert.

Der Deutsche Bundestag stellt fest, dass die Bundesregierung ihre Vorreiterrolle
für einen konsequenten Klimaschutz verloren hat und inzwischen sogar zum
Bremser für eine ambitionierte und konsequente Klima- und Energiepolitik in
Europa geworden ist. Dies steht im Widerspruch zu den eigenen nationalen Kli-
maschutzzielen und sollte korrigiert werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
● sich beim EU-Gipfel für die Einführung eines EU-weiten CO2-Minderungs-

ziels von mindestens 30 Prozent bis 2020 gegenüber 1990 einzusetzen;
● sich gegen eine Harmonisierung der Fördersysteme für erneuerbare Energien

vor 2014 auszusprechen und sich stattdessen für die Unterstützung solider
nationaler Förderregelungen wie dem Erneuerbare-Energien-Gesetz einzu-
setzen;

● sich nachdrücklich für die Einführung eines verbindlichen Effizienzziels von
minus 20 Prozent bis 2020 einzusetzen und Effizienzstandards für öffentliche
Aufträge im Gebäudebereich auch im Bestand zur Anwendung zu bringen;

● erneuerbaren Energien und Effizienzmaßnahmen Vorrang gegenüber so ge-
nannten CO2-armen Technologien einzuräumen, zu denen z. B. auch die
Atomkraft zählt, deren Risiken nicht zu verantworten sind;

● bei Investitionen in die europäische Energieinfrastruktur den Fokus auf die
Integration der erneuerbaren Energien statt auf eine weitere Intensivierung
der nuklear-fossilen Infrastruktur zu legen;

● sich für verbindliche Ausbauziele in der EU für erneuerbare Energien nach
2020 mit dem Ziel einzusetzen, bis spätestens 2050 die Energieversorgung
auf erneuerbare Energien umzustellen sowie

● das große Potenzial der erneuerbaren Energien für die Ziele der Energie-
sicherheit zu nutzen, um so die Importabhängigkeit der EU von Energie-
rohstoffen schnell zu reduzieren.

Berlin, den 25. Januar 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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