BT-Drucksache 17/4488

zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Jens Petermann, Jan Korte, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -17/572- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Wehrdisziplinarordnung

Vom 20. Januar 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4488
17. Wahlperiode 20. 01. 2011

Beschlussempfehlung und Bericht
des Verteidigungsausschusses (12. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Jens Petermann, Jan Korte, Ulla Jelpke,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 17/572 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Wehrdisziplinarordnung

A. Problem

Gemäß § 80 Absatz 2 Satz 1 der Wehrdisziplinarordnung (WDO) können nur
Richter in den Wehrdienstsenaten des Bundesverwaltungsgerichts mitwirken,
die vom Bundesministerium der Justiz (BMJ) hierfür bestimmt sind. Nach einer
Vereinbarung zwischen dem BMJ und dem Bundesministerium der Verteidi-
gung (BMVg) von 1970 schlägt das BMJ dem Richterwahlausschuss keinen Be-
werber vor, gegen den das BMVg im Hinblick auf die besonderen Voraussetzun-
gen, die an einen Richter des Wehrdienstsenats zu stellen sind, Einwendungen
erhebt. Die Fraktion DIE LINKE. hat im Hinblick auf die verfassungsrechtlich
verankerte richterliche Unabhängigkeit Bedenken und sieht den Gewaltentei-
lungsgrundsatz tangiert.

B. Lösung

Aufhebung der Regelung des § 80 Absatz 2 Satz 1 bis 3 WDO.

Ablehnung des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Beibehaltung der bisherigen Regelung.

D. Kosten
Keine.

Drucksache 17/4488 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/572 abzulehnen.

Berlin, den 19. Januar 2011

Der Verteidigungsausschuss

Dr. h. c. Susanne Kastner
Vorsitzende

Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg)
Berichterstatter

Dr. Hans-Peter Bartels
Berichterstatter

Burkhardt Müller-Sönksen
Berichterstatter

Paul Schäfer (Köln)
Berichterstatter

Katja Keul
Berichterstatterin

Berlin, den 19. Januar 2011

Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg)
Berichterstatter

Dr. Hans-Peter Bartels
Berichterstatter

Burkhardt Müller-Sönksen
Berichterstatter
I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf auf Druck-
sache 17/572 in seiner 46. Sitzung am 10. Juni 2010 beraten
und zur federführenden Beratung an den Verteidigungsaus-
schuss sowie zur Mitberatung an den Rechtsausschuss über-
wiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
In der Begründung zu ihrem Gesetzentwurf kritisiert die
Fraktion DIE LINKE., dass zwar im Richterwahlgesetz eine
Regelung eines zulässigen Einflusses durch Exekutivorgane
getroffen worden sei, § 80 Absatz 2 Satz 1 WDO jedoch
diesen Regelungen widerspreche, indem er eine vorrangige
Entscheidung der Exekutive statuiere. Damit werde den
Bundesministerien die Möglichkeit eröffnet, nur ihnen ge-
nehme Richterinnen und Richter in die Wehrdienstsenate zu
entsenden. Gegen die Regelung gebe es folglich Bedenken
im Hinblick auf die Wahrung der richterlichen Unabhängig-
keit. Mit der Aufhebung des § 80 Absatz 2 Satz 1 WDO, also
dem Wegfall des Bestimmungsrechts des BMJ über die Be-
setzung der Wehrdienstsenate beim Bundesverwaltungsge-
richt, soll dem Ressortabkommen zwischen dem BMJ und
dem BMVg die gesetzliche Grundlage entzogen werden,
damit das BMVg keine Einflussmöglichkeit mehr auf die
Besetzung der Wehrdienstsenate hat.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Rechtsausschuss hat in seiner 33. Sitzung am 19. Ja-
nuar 2011 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der SPD die Ablehnung des Gesetzentwurfs emp-
fohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Verteidigungsausschuss hat seine Beratungen in seiner
71. Sitzung am 19. Januar 2011 aufgenommen und abge-
schlossen. Als Ergebnis empfiehlt er mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stim-
men der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN, den Gesetzentwurf abzulehnen.

Zu dem Gesetzentwurf auf Drucksache 17/572 lag dem Aus-
schuss auch eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Petition
vor, zu der der Petitionsausschuss eine Stellungnahme nach
§ 109 GO-BT angefordert hatte. Mit der mehrheitlichen Ab-

lehnung des Gesetzentwurfs wird dem Anliegen des Peten-
ten nicht entsprochen. Dies hat der Verteidigungsausschuss
dem Petitionsausschuss mitgeteilt.

Im Verlauf der Ausschussberatung stellte die Fraktion der
CDU/CSU klar, man sehe keine verfassungsrechtlichen Be-
denken und keine Veranlassung zur Änderung der seit Jahr-
zehnten durchgeführten Praxis, die sich bewährt habe und
sich auf eine Ressortvereinbarung von 1970 stütze. Sie biete
einem Fachressort die Möglichkeit, in beschränktem Maße
Einfluss nehmen zu können. Es sei sinnvoll, dass das BMVg
Bedenken äußern könne bei einer Entscheidung des BMJ bei
der personellen Zusammenstellung der Senate, die für Wehr-
fragen zuständig seien.

Die Fraktion der SPD erklärte, den Gesetzentwurf lehne
man ab. Wenn tatsächlich eingegriffen werde, müsse es ent-
sprechend nachweisbare, gravierende Bedenken geben. Die
Tatsache, dass ein Richter Zivildienstleistender sei, spreche
sicher nicht gegen seine Eignung, in diesem Rechtsgebiet
eingesetzt zu werden. Für die Klärung verfassungs- oder ver-
fahrensrechtlicher Fragen sei allerdings der mitberatende
Rechtsausschuss zuständig.

Die Fraktion der FDP erläuterte, sie lehne den Gesetzes-
vorschlag ebenfalls ab. Die behauptete Beeinflussung finde
so nicht statt. Die Wehrdisziplinarordnung sehe zwar eine
Beteiligung des BMVg vor, aber keine abschließende Ent-
scheidung über eine Bestimmung von Richtern. Insofern
stimme auch die Begründung mit dem Gesetzesziel nicht
überein.

Die Fraktion DIE LINKE. bekräftigte, mit dem Gesetzent-
wurf solle die Unabhängigkeit der Justiz an dieser Stelle
durchgesetzt und eine unzulässige Einflussnahme – in die-
sem Fall auf die Zusammensetzung der Wehrdienstsenate
durch das BMVg – ausgeschlossen werden. Als der Fall auf-
getreten sei, habe es zu diesem Vorgang im Übrigen sehr kri-
tische Stimmen aus der damals noch zur Opposition gehö-
renden FDP gegeben. Insofern sei es interessant, wie diese
Fraktion sich nun bei der Abstimmung verhalte.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verwies auf
die Auffassung, die u. a. die Präsidentin des Bundesverwal-
tungsgerichts, die Präsidenten der obersten Verwaltungsge-
richte und die heutige Bundesjustizministerin in dieser Sa-
che vertreten hätten und der man sich mit der Zustimmung
zu dem Gesetzentwurf anschließe. Es gehe hier nicht um die
Frage, welches Ressort mitrede. Das Problem sei vielmehr,
dass überhaupt die Exekutive bei der Judikative mitreden
wolle. Dabei sei es das ureigene Recht der Richter, über ihre
Geschäftsordnungsverteilung selbst zu entscheiden.
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/4488

Bericht der Abgeordneten Dr. Karl A. Lamers (Heidelberg), Dr. Hans-Peter Bartels,
Burkhardt Müller-Sönksen, Paul Schäfer (Köln) und Katja Keul
Paul Schäfer (Köln)
Berichterstatter

Katja Keul
Berichterstatterin

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.