BT-Drucksache 17/4487

zu dem Antrag der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -17/1599- Beteiligung der Energiekonzerne an den Kosten für das Atommülllager Asse

Vom 20. Januar 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4487
17. Wahlperiode 20. 01. 2011

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
(16. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Hans-Josef Fell, Bärbel
Höhn, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/1599 –

Beteiligung der Energiekonzerne an den Kosten für das Atommülllager Asse

A. Problem

Der Antrag zielt darauf ab,

1. die Energiekonzerne EnBW Energie Baden-Württemberg AG, E.ON Vertrieb
Deutschland GmbH, RWE Vertrieb AG und Vattenfall Europe AG entspre-
chend des Radioaktivitätsanteils, der auf Anlagen der ihnen zuzuordnenden
kommerziellen Betreibergesellschaften zurückgeht, an allen Kosten der Asse-
Sanierung zu beteiligen;

2. die Zahlungen ohne Gegenleistung und unabhängig von den derzeit ange-
strebten Laufzeitverlängerungen im Sinne des Verursacherprinzips einzufor-
dern.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Keine.

D. Kosten
Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Drucksache 17/4487 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/1599 abzulehnen.

Berlin, den 1. Dezember 2010

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Eva Bulling-Schröter
Vorsitzende

Dr. Maria Flachsbarth
Berichterstatterin

Ute Vogt
Berichterstatterin

Angelika Brunkhorst
Berichterstatterin

Dorothee Menzner
Berichterstatterin

Sylvia Kotting-Uhl
Berichterstatterin

richten. Nach dem Verursacherprinzip werden die Kosten
der Errichtung, des Betriebs und der Stilllegung von Anla-

daher die Beteiligung der Energieversorgungsunternehmen
an den Kosten über die Erhebung einer Brennelementesteuer
gen durch die Abfallverursacher der Privatwirtschaft und der
öffentlichen Hand entsprechend ihres Anteils an der Abfall-
menge refinanziert. Die Kosten für den Weiterbetrieb und
die Stilllegung der Schachtanlage Asse II trägt nach § 57b

durchgesetzt. Bei der Asse handele es sich um eine For-
schungseinrichtung des Bundes. Dafür könnten nicht die En-
ergieversorgungsunternehmen aufkommen, zumal die Asse
seit dem 1. Januar 2009 auf das BfS übergegangen sei. Im
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/4487

Bericht der Abgeordneten Dr. Maria Flachsbarth, Ute Vogt, Angelika Brunkhorst,
Dorothee Menzner und Sylvia Kotting-Uhl

I. Überweisung

Der Antrag auf Drucksache 17/1599 wurde in der 46. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 10. Juni 2010 zur
federführenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit und zur Mitberatung an
den Ausschuss für Wirtschaft und Technologie überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Der Antrag zielt darauf ab,

1. die Energiekonzerne EnBW, E.ON, RWE und Vattenfall
entsprechend des Radioaktivitätsanteils, der auf Anlagen
der ihnen zuzuordnenden kommerziellen Betreiberge-
sellschaften zurückgeht, an allen Kosten der Asse-Sanie-
rung zu beteiligen;

2. die Zahlungen ohne Gegenleistung und unabhängig von
den derzeit angestrebten Laufzeitverlängerungen im Sin-
ne des Verursacherprinzips einzufordern.

III. Stellungnahme des mitberatenden Ausschusses

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag auf Drucksache
17/1599 abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit hat den Antrag auf Drucksache 17/1599 in seiner
27. Sitzung am 1. Dezember 2010 abschließend beraten.

Die Fraktion der CDU/CSU betonte, der Koalitionsvertrag
mit der FDP sehe vor: „Die Energieversorger sind an den
Kosten der Schließung der Asse II zu beteiligen.“ „… stre-
ben wir eine angemessene Beteiligung der Betreiber an den
Sanierungskosten für die Schachtanlage Asse II an.“ Mit
dem Kernbrennstoffsteuergesetz werde der Bund Einnah-
men erzielen. Hiermit könne die Finanzierung der Still-
legungskosten der Schachtanlage Asse II erfolgen. Die
Begründung des Kernbrennstoffgesetzes laute: „Die Haus-
haltskonsolidierung des Bundes erfordert die Erschließung
zusätzlicher Einnahmequellen. Dazu soll eine neue Steuer
auf die Verwendung von Kernbrennstoffen erhoben werden.
Das Aufkommen soll ohne Zweckbindung dem allgemeinen
Haushalt zur Verfügung stehen. Der Bund hat gemäß Atom-
gesetz Anlagen zur Endlagerung radioaktiver Abfälle einzu-

der notwendigen Haushaltskonsolidierung auch dazu beitra-
gen, die hieraus entstehende Haushaltsbelastung des Bundes
zu verringern.“ Weiter werde ausgeführt: „Durch die Kern-
brennstoffsteuer ist zunächst mit Steuereinnahmen des Bun-
des in Höhe von 2,3 Mrd. Euro jährlich in den Jahren von
2011 bis 2016 zu rechnen.“ In der Gesetzesbegründung wer-
de explizit auf die Sanierung der Schachtanlage Asse II hin-
gewiesen. In fünf Jahren würden über 10 Mrd. Euro an Ein-
nahmen erzielt. Dem gegenüber stünden die Kosten für eine
Sanierung der Asse. Nach einer Machbarkeitsstudie des
Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) belaufe sich eine vor-
läufige Schätzung auf etwa 3,7 Mrd. Euro. Darin enthalten
seien bereits die Kosten von ungefähr 2,7 Mrd. Euro für die
Einlagerung der Abfälle im Endlager Konrad. Belastbare
Angaben könnten bislang aber noch nicht im Detail gegeben
werden. Dazu müssten zunächst die Ergebnisse der Fakten-
erhebungen vorliegen und bewertet werden. Die Bundes-
regierung habe längst gehandelt und zwar so, wie es im
Koalitionsvertrag zwischen den Regierungsfraktionen ver-
einbart worden sei. Wenn die Bundesregierung jetzt be-
schlossene Mehreinnahmen dazu nutze, um die Asse zu
sanieren, dann entspreche das dem Antrag der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zugrunde liegenden Begeh-
ren.

Die Fraktion der SPD stellte klar, der Antrag habe sich
nicht erledigt. Das, was die Bundesregierung den Betreibern
der Kernkraftwerke (KKW) abverlange, sei weit weniger als
das, was die KKW-Betreiber an der Laufzeitverlängerung
verdienten. Abgesehen davon hätten auch die KKW-Betrei-
ber bislang nicht öffentlich erklärt, auf eine Klage gegen die
zusätzliche Steuer zu verzichten. Weiterhin gehe es auch da-
rum, deutlich zu machen, welche Kosten unmittelbar durch
die Atomwirtschaft in Deutschland verursacht würden. Eine
gerechte Gegenüberstellung der verursachten Kosten der
Atomindustrie gegenüber den Kosten der erneuerbaren En-
ergie sei vonnöten. Die Kosten i. H. v. 3,5 Mrd. Euro für die
Sanierung der Asse und i. H. v. 2,6 Mrd. Euro, die notwendig
seien zur Entsorgung der Abfälle aus Karlsruhe, seien ein-
zuberechnen. Von der Atomindustrie verursachte Kosten
müssten auch von dieser getragen werden.

Die Fraktion der FDP erinnerte daran, anlässlich der
10. Atomgesetznovelle in der 16. Wahlperiode sei in § 57b
Absatz 1 Satz 3 AtG geregelt worden, dass die Kosten für
den Weiterbetrieb und die Stilllegung der Schachtanlage
Asse II ausschließlich der Bund trage. Das sei von den Frak-
tionen der CDU/CSU und der SPD befürwortet worden.
Auch die Fraktion der FDP habe zugestimmt. Die Asse habe
sehr viel höhere Kosten verursacht als man habe erwarten
können. Im Koalitionsvertrag hätten CDU, CSU und FDP
Absatz 1 Satz 3 des Atomgesetzes (AtG) ausschließlich der
Bund. Die Erträge aus der Steuer sollen vor dem Hintergrund

Prinzip sei auch der Bund verpflichtet, für die Endlagerung
zu sorgen.

nicht aus irgendwelchen Forschungsbereichen. Da es sich
um Abfälle kommerzieller Betreiber handele, sei es nur recht
und billig, wenn sich diese Verursacher auch an den Sanie-
rungskosten der Asse entsprechend beteiligen müssten. Dies
sei völlig unabhängig von der Laufzeitverlängerung, die bei
anderen Mehrheitsverhältnissen wieder rückholbar sei und
dann stünde auch die Brennelementesteuer wieder zur Dis-
position. Eine eindeutige, eigenständige Regelung sei erfor-
derlich. Wenn die Asse eine Forschungseinrichtung gewesen
sein sollte, stelle sich die Frage, weshalb diese seinerzeit für
KKW Krümmel und KKW Gundremmingen der Entsor-
gungsnachweis für die Betriebsgenehmigung gewesen sei.
Die Fraktion der FDP gehe offensichtlich von unzutreffen-
den Tatsachen aus.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hob hervor,
Hintergrund der Forderung nach Beteiligung der Energie-
konzerne an den Kosten für das Atommülllager Asse sei,
dass ein Großteil der eingelagerten Radioaktivität in einem
Zwischenschritt von Atomkraftwerken über die Wiederauf-
arbeitungsanlage Karlsruhe in das Atommülllager Asse ge-
langt sei. Betrieben worden sei die Wiederaufarbeitungs-
anlage Karlsruhe Rückbau-Entsorgungs-GmbH (WAK) da-
mals von der privatwirtschaftlichen Deutschen Gesellschaft
für Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen AG & Co.
oHG (GWK), die sich unter anderem im Besitz der beiden
Energiekonzerne RWE und VEBA (heute E.ON) befunden
habe. Die GWK habe auf Kosten der Steuerzahlerinnen und
Steuerzahler die Wiederaufarbeitung abgebrannter Brenn-
elemente aus Atomkraftwerken erforscht. Hierzu habe sie
mit den Betreibern Verträge abgeschlossen, die bis heute ver-
traulich seien. Eine Einsichtnahme durch Abgeordnete des
Deutschen Bundestages werde verwehrt. Die Verträge seien
offenbar so ausgehandelt worden, dass die Wertstoffe, die
aus der Wiederaufarbeitung anfielen, also Uran, Plutonium,
an die Betreiber zurückgehen sollen, während der restliche,
wertlose Müll bei der öffentlichen Hand verbleiben solle.
Die Energiekonzerne hätten mit ihrer Konzerntochter GWK
Verträge zu Lasten der Steuerzahler abgeschlossen. Das sei
die Ausgangsbasis für den Antrag. Die von den Energie-

Asse zu beteiligen. Die Beteiligung solle über die Brenn-
elementesteuer erfolgen, die aufgrund der Laufzeitverlänge-
rung für KKW zwecks Gewinnabschöpfung beschlossen
worden sei. 2,3 Mrd. Euro an Mehreinnahmen habe der
Bundesfinanzminister angesetzt. Nach Berechnungen der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die auf von der Bun-
desregierung mitgeteilten Zahlen basierten, beliefen sich die
Einnahmen voraussichtlich nur auf 1,5 Mrd. Euro. Die Län-
der wollten inzwischen auch entschädigt werden für das, was
ihnen durch die Brennelementesteuer an eigenen Einnahmen
entgehe. Das hieße, möglicherweise sei nur 1 Mrd. Euro pro
Jahr an Einnahmen zu erzielen. Begrenzt sei die Brenn-
elementesteuer auf sechs Jahre. Wenn damit nur 6 Mrd. Euro
erzielt würden, sei man weit von denen der Bevölkerung ver-
sprochenen 50 Prozent Abschöpfung der Zusatzgewinne
entfernt. Bei den Fondsabgaben bestünden umfangreiche
Verrechnungsmöglichkeiten, so dass keine Angaben zum
Aufkommen gemacht werden könnten. Die Brennelemente-
steuer habe jedenfalls nichts mit der Kostentragung für das
Atommülllager zu tun. Deswegen fordere die Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dazu auf, dass die Energie-
konzerne entsprechend ihres Radioaktivitätsanteils, der auf
Anlagen der ihn zuzuordnenden kommerziellen Betreiber-
schaften zurückgehe, an allen Kosten der Asse-Sanierung
beteiligt würden. Eine Verknüpfung mit der Laufzeitverlän-
gerung werde abgelehnt. Unabhängig hiervon werde das
Verursacherprinzip eingefordert. Zum Teil werde argumen-
tiert, nach 30 Jahren könne das Verursacherprinzip nicht
mehr greifen. Angesichts der bei Atommüll in Rede stehen-
den sehr langen Zeiträume sei dies wenig überzeugend. Je-
denfalls sei es nicht vertretbar, unabsehbar hohe Folgekosten
privatwirtschaftlicher Betätigung dem Steuerzahler aufzuer-
legen.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-
cherheit beschloss mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dem
Deutschen Bundestag zu empfehlen, den Antrag auf Druck-
sache 17/1599 abzulehnen.

Berlin, den 1. Dezember 2010

Dr. Maria Flachsbarth
Berichterstatterin

Ute Vogt
Berichterstatterin

Angelika Brunkhorst
Berichterstatterin

Dorothee Menzner
Berichterstatterin

Sylvia Kotting-Uhl
Berichterstatterin
Drucksache 17/4487 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Die Fraktion DIE LINKE. nahm darauf Bezug, erst kürz-
lich sei der Umweltbericht 2010 vorgelegt worden. Dieser
betone an mehreren Stellen das Verursacherprinzip als eine
wichtige Leitlinie der Umweltpolitik. Nicht nachvollziehbar
sei, weshalb man bei atomarem Abfall hiervon abweichen
solle. Das Prinzip mache nur Sinn, wenn es konsequent an-
gewendet werde. Der überwiegende Teil des Atommülls, das
wisse man spätestens seit den Ergebnissen des Asse-Unter-
suchungsausschusses in Niedersachsen, stamme aus Atom-
kraftwerken, aus Anlagen zur energetischen Erzeugung und

konzernen geleisteten Asse-Gebühren hätten sich in der
ganzen Zeit auf rund 2 Mio. Euro belaufen. Die Bundes-
regierung habe aber die Kosten für die Sanierung der Asse
auf 3,7 Mrd. Euro beziffert. Wenn man es bei der vom BfS
empfohlenen Rückholung belasse, könnten höhere Kosten
entstehen. Die große Koalition habe bei der Novelle des
Atomgesetzes beabsichtigt, die Kosten der Sanierung der
öffentlichen Hand aufzuerlegen. Der Koalitionsvertrag zwi-
schen CDU, CSU und FDP enthalte nunmehr die Passage,
die Energieversorger seien an den Kosten der Schließung der

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