BT-Drucksache 17/4438

Schenkelbrand bei Pferden verbieten

Vom 19. Januar 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4438
17. Wahlperiode 19. 01. 2011

Antrag
der Abgeordneten Undine Kurth (Quedlinburg), Friedrich Ostendorff, Cornelia
Behm, Ulrike Höfken, Bärbel Höhn, Nicole Maisch, Markus Tressel, Hans-Josef
Fell, Bettina Herlitzius, Winfried Hermann, Dr. Anton Hofreiter, Sylvia Kotting-Uhl,
Oliver Krischer, Ingrid Nestle, Dr. Hermann Ott, Dorothea Steiner, Daniela Wagner,
Dr. Valerie Wilms und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Schenkelbrand bei Pferden verbieten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

entsprechend dem Bundesratsbeschluss vom 15. Oktober 2010 (Bundesrats-
drucksache 479/10) zeitnah einen Gesetzentwurf zur Änderung des Tierschutz-
gesetzes vorzulegen mit dem Ziel, den Schenkelbrand bei Pferden zu verbieten;
die Ausnahmegenehmigung vom Verbot des schmerzhaften Eingriffs bei Tieren
für die Kennzeichnung durch Schenkelbrand bei Pferden ohne vorherige Betäu-
bung in § 5 Absatz 3 Nummer 7 des Tierschutzgesetzes ist zu streichen.

Berlin, den 18. Januar 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

Begründung

Der Schenkelbrand bei Pferden ist ein äußerst schmerzhafter Eingriff. Beim
Heißbrand wird den Tieren mit einem glühenden, rund 800 Grad heißen
Brenneisen ein Brandzeichen – in der Regel in Form eines Zuchtverbandbran-
des und Nummernbrandes – zugefügt. Die durch die Verbrennungen zugefüg-
ten Narben sollen als Identifikations- und Erkennungszeichen dienen. Um ein
dauerhaft sichtbares Kennzeichen am Pferd zu erhalten, sind Verbrennungen
dritten Grades notwendig. Beim Kaltbrand sollen Veränderungen der Haut
durch Erfrierungen mit Hilfe von auf minus 80 Grad kalten Eisen herbeigeführt
werden.
Die Kennzeichnung von Pferden durch Brandmale ist mit dem Tierschutz nicht
zu vereinbaren, zumal es inzwischen Kennzeichnungsmethoden gibt, die für
die individuelle Kennzeichnung der Tiere zuverlässiger und mit weniger
Schmerzen und Stress verbunden sind. Hierzu zählen insbesondere elektro-
nische Kennzeichnungsmöglichkeiten wie Transponder bzw. Chips.

Drucksache 17/4438 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Im Gegensatz zum Schenkelbrand sind elektronische Kennzeichnungsmetho-
den EU-weit rechtlich vorgesehen. Seit Juli 2009 müssen alle nach diesem
Datum geborenen Pferde in den EU-Mitgliedstaaten durch den Equidenpass
und eine individuelle Kennzeichnung per Transponder eindeutig identifizierbar
sein (EU-Verordnung (EG) Nr. 504/2008).

Alternative Kennzeichnungsmethoden können nur in Ausnahmefällen zugelas-
sen werden, wenn diese – wissenschaftlich bewiesen – elektronischen Kenn-
zeichnungsverfahren gleichwertig und ebenso zuverlässig sind. Brandzeichen
können dies nicht leisten, da sie eine (dauerhafte) eindeutige Identifizierbarkeit
sowie Fälschungssicherheit nicht gewährleisten können. Auch die aktualisierte
Viehverkehrsverordnung (Verordnung zum Schutz gegen die Verschleppung
von Tierseuchen im Viehverkehr; BGBl. I S. 203, Stand: 3. März 2010) schreibt
daher die Kennzeichnung von Pferden mittels elektronischem Transponder vor.

Einige Pferdezuchtverbände in Deutschland kritisieren diese Regelungen, da
sie die Brandzeichen ihrer Pferde auch als Markenzeichen und Zuordnung zum
Zuchtverband ansehen. Seit Inkrafttreten der Verordnung kennzeichnen sie ihre
Pferde daher sowohl mit dem EU-rechtlich vorgesehenen elektronischen Trans-
ponder als auch zusätzlich mit einem Brandzeichen.

Doch das widerspricht in zweierlei Hinsicht dem deutschen Tierschutzgesetz.
Entsprechend § 1 Satz 2 des Tierschutzgesetzes darf niemand einem Tier ohne
vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Da die Kenn-
zeichnung per Brandzeichen zur individuellen Kennzeichnung und Identifizier-
barkeit nicht mehr notwendig und zugelassen ist, besteht kein vernünftiger
Grund für diesen schmerzhaften Eingriff. Darüber hinaus verbietet das Tier-
schutzgesetz in § 3 Nummer 6, ein Tier zu Werbezwecken o. Ä. heranzuziehen,
sofern damit Schmerzen, Leiden oder Schäden für das Tier verbunden sind.

Der in Deutschland teilweise noch immer praktizierte Schenkelbrand entspricht
weder der Intention der EU-Verordnung zur Kennzeichnung von Pferden noch
ist er mit dem verfassungsrechtlich festgeschriebenen Staatsziel Tierschutz und
dem deutschen Tierschutzgesetz vereinbar.

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