BT-Drucksache 17/4385

Atommüll - Zwischenlager Nord, Teil 2

Vom 7. Januar 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4385
17. Wahlperiode 07. 01. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, Oliver
Krischer, Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch, Dr. Hermann Ott,
Dorothea Steiner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Atommüll – Zwischenlager Nord, Teil 2

Das Zwischenlager Nord (ZLN), auch bekannt als Zwischenlager Lubmin, wird
von den Energiewerken Nord GmbH (EWN) betrieben, die sich zu 100 Prozent
im Eigentum des Bundes befinden. Die Kleine Anfrage „Atommüll – Zwischen-
lager Nord“ (Bundestagsdrucksache 17/3756) beschäftigte sich unter anderem
mit unverpacktem Atommüll, der sich bereits im ZLN befindet und Atommüll,
der zukünftig dort zwischengelagert werden soll. Hierzu verwehrte die Bundes-
regierung mehrere Angaben in ihrer Antwort auf Bundestagsdrucksache 17/4009
unter Verweis auf Geschäftsgeheimnisse; beispielsweise, dass die beiden im
ZLN befindlichen Dampferzeuger (unverpackter Großkomponenten-Atommüll)
aus dem Atomkraftwerk (AKW) Obrigheim stammen.

Diese Nichtangaben sind nicht nachvollziehbar angesichts der Tatsache, dass die
EWN gegenüber den Medien nie einen Hehl daraus gemacht haben, woher diese
beiden Dampferzeuger stammen. Dies belegen zahlreiche Berichterstattungen,
unter anderem die Meldungen „Atommüll aus Obrigheim im Zwischenlager
angekommen“ (Heilbronner Stimme, Oktober 2008)* und „Atomares Zwischen-
lager Nord zu 75 Prozent gefüllt – EWN plant keine weiteren Castortransporte
nach Lubmin“ (Nachrichtenagentur dapd, 1. Dezember 2010).

Die Nichtangaben sind ferner unverständlich angesichts vergleichbarer Schrift-
licher Fragen und Kleiner Anfragen in dieser Wahlperiode, bei deren Antwort die
Bundesregierung derartige Angaben nicht verwehrte. So legte sie in ihrer Ant-
wort auf Bundestagsdrucksache 17/310 die Energie Baden-Württemberg AG
(EnBW) als Eigentümerin von Atommüll offen, der in Karlsruhe – ebenfalls im
Verantwortungsbereich der EWN – zwischengelagert wird. In einem anderen
Fall (Bundestagsdrucksache 17/3369) gab sie klar an, aus welchen Atomkraft-
werken der Atommüll stammt, der derzeit in Ahaus und Gorleben zwischen-
lagert.

Es ist umso unverständlicher, wieso dem Deutschen Bundestag in der o. g. Ant-
wort der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 17/4009 Angaben vorent-
halten werden, die anderweitig öffentlich gemacht werden, wenn man berück-

sichtigt, dass es sich bei den EWN um ein Unternehmen handelt, das vollständig
dem Bund gehört.

* www.stimme.de/heilbronn/nachrichten/region/art16305,1363768

Drucksache 17/4385 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass die EWN wiederholt öffentlich
geäußert haben, dass im ZLN zwei Dampferzeuger aus dem AKW Obrig-
heim zwischengelagert werden?

2. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass es seit 2008 diverse Zeitungsarti-
kel und andere Medienberichte gab, aus denen eindeutig hervorgeht, dass die
zwei im ZLN zwischengelagerten Dampferzeuger aus dem AKW Obrigheim
stammen?

3. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass es sich somit bei dem Herkunfts-
ort der beiden im ZLN zwischengelagerten Dampferzeuger nicht um ein
Geschäftsgeheimnis handelt?

4. Gibt es vertragliche Verpflichtungen für die EWN oder die Bundesregierung,
Herkunft und Eigentümer der zwei im ZLN zwischengelagerten Dampf-
erzeuger nicht offenzulegen?

Falls ja, wie lauten diese Verpflichtungen konkret, kamen sie auf Initiative
der EWN oder des Vertragspartners zustande, und wie beurteilt die Bundes-
regierung dann die Tatsache, dass die EWN die Herkunft der Dampferzeuger
gegenüber Medien wiederholt offengelegt haben?

5. Wer ist Eigentümer, und was ist der Herkunftsort des auf Bundestagsdruck-
sache 17/4009 zu Frage 4 nur restriktiv angeführten Atommülls (vor dem
Hintergrund der in der Präambel geschilderten Sachverhalte wird die
Bundesregierung um erneute Abwägung gebeten, ob diese Angaben nicht
doch gemacht werden können)?

Welche weiteren Angaben zu den auf Bundestagsdrucksache 17/4009 zu
Frage 4 erfragten aber in der Antwort der Bundesregierung nicht offengeleg-
ten Aspekten kann die Bundesregierung nach erneuter Abwägung vor dem
Hintergrund der in der Präambel geschilderten Sachverhalte machen?

6. Gibt es vertragliche Verpflichtungen für die EWN oder die Bundesregierung,
die auf Bundestagsdrucksache 17/4009 zu Frage 4 nicht offengelegten
Aspekte nicht offenzulegen?

Falls ja, wie lauten die Verpflichtungen konkret, und welche davon kamen
jeweils auf Initiative der EWN oder des Vertragspartners zustande (es wird
explizit nicht gefragt, ob beide Vertragsparteien übereinkamen, Vertraulich-
keit zu waren, sondern auf wessen Initiative hin es ggf. dazu kam)?

7. Falls sich die Bundesregierung nicht imstande sieht, die Frage 5 offen zu be-
antworten, welche Bundesressorts haben Kenntnis über Eigentümer, Her-
kunftsort etc. der radioaktiven Reststoffe aus kerntechnischen Einrichtungen
mit Leichtwasserreaktoren, zu denen auf Bundestagsdrucksache 17/4009 zu
Frage 4 nur restriktive Angaben gemacht wurden?

Liegen diese Informationen insbesondere

a) dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
(BMU),

b) dem Bundesministerium der Finanzen (BMF) und

c) dem Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) vor?

8. Gibt es das ZLN betreffende Anfragen und Angebotserstellungen für Zwi-
schenlagerungen und Behandlungen von Atommüll aus dem Ausland?

Falls ja, um welche Länder handelt es sich dabei?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/4385

9. Wie viele Anfragen und Angebotserstellungen für Zwischenlagerungen
und Behandlungen von Atommüll im ZLN laufen derzeit insgesamt (bitte
Gesamtsumme konkretisieren, nicht nur Angabe „zahlreiche“)?

Zu Atommüll, der nicht in den AKW Greifswald oder Rheinsberg angefallen ist.

10. Kann die Bundesregierung bestätigen, dass bereits von der Anfang 1998 er-
teilten Genehmigung zur sogenannten Pufferlagerung im ZLN, Atommüll,
der aus westdeutschen Anlagen stammt, umfasst war?

11. Welche nicht in Greifswald oder Rheinsberg angefallenen Abfallarten wer-
den in welcher Konditionierungsanlage im ZLN konditioniert?

12. Werden diese Abfälle im ZLN gelagert, und wenn ja, wie lange jeweils vor
und nach ihrer Konditionierung, und aufgrund welcher Genehmigung, und
in welchem Hallenschiff?

13. Ist es möglich, radioaktive Abfälle im ZLN aufgrund von Genehmigungen
nach § 7 der Strahlenschutzverordnung zwischenzulagern, ohne dass sie im
ZLN konditioniert werden?

Weitere Fragen

14. Wo genau in den einzelnen Hallenschiffen werden Ortsdosisleistungen ge-
messen?

15. Wie hoch waren diese Ortsdosisleistungen in den letzten fünf Jahren jeweils
(bitte tabellarische Übersicht), insbesondere die jeweils höchste gemessene
Ortsdosisleistung?

16. Wie hoch waren die außerhalb der einzelnen Hallenschiffe gemessenen
Ortsdosisleistungen in den letzten fünf Jahren jeweils (bitte tabellarische
Übersicht), insbesondere die jeweils höchste gemessene Ortsdosisleistung?

17. In welchem Hallenschiff lagern die Dampferzeuger aus dem AKW Obrig-
heim, und wie hoch ist deren Ortsdosisleistung im Vergleich zu den Groß-
komponenten aus Greifswald und Rheinsberg?

18. Welche Verwaltungsgebühren haben die EWN in den letzten zwölf Jahren
an das Land Mecklenburg-Vorpommern wofür entrichtet (bitte differenziert
nach Jahr und Zweck)?

Berlin, den 7. Januar 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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