BT-Drucksache 17/433

Einsatz der Bundeswehr bei der Münchner Sicherheitskonferenz 2010 und Verwendung von Bundesmitteln

Vom 13. Januar 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/433
17. Wahlperiode 13. 01. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Christine Buchholz, Inge Höger, Harald
Koch, Paul Schäfer (Köln), Raju Sharma und der Fraktion DIE LINKE.

Einsatz der Bundeswehr bei der Münchner Sicherheitskonferenz 2010
und Verwendung von Bundesmitteln

Die Münchner Sicherheitskonferenz wird seit Jahren massiv von der Bundes-
wehr unterstützt. Neben Soldaten, die Beiträge zum logistischen Ablauf und in
der Medienarbeit leisteten, waren bis zum Jahr 2008 auch Feldjäger eingesetzt,
die das Hausrecht im Tagungshotel wahrgenommen haben. Diese Maßnahme
hatte Anfang 2008 für heftige Kontroversen in der Öffentlichkeit und im Innen-
ausschuss des Deutschen Bundestages gesorgt, weil Kritiker diesen Bundes-
wehreinsatz als verfassungswidrig bezeichneten. 2009 wurden keine Feldjäger
eingesetzt, aber dennoch unterstützten 340 Soldaten die Konferenz in Vorberei-
tung und Durchführung (Bundestagsdrucksache 16/11859).

Aus Sicht der Fragesteller ist jede Verwendung der Bundeswehr in der Öffent-
lichkeit problematisch. Regelmäßige Anfragen zeigen, dass die Zahl der so ge-
nannten Amtshilfemaßnahmen und Unterstützungsleistungen in der Vergangen-
heit rapide zugenommen hat. Dies deutet stark darauf hin, dass die Bevölkerung
und auch die Soldaten selbst an den Einsatz des Militärs in der Öffentlichkeit
gewöhnt werden sollen. Der Einsatz bei der Münchner Sicherheitskonferenz ist
dabei besonders kritisch zu werten, handelt es sich hier doch nicht um eine ge-
meinnützige Veranstaltung, sondern um einen Ratschlag von Teilnehmern, von
denen, wie die Nato-Staaten, die meisten für sich das Recht zu weltweiter Inter-
vention beanspruchen. DieMünchner Sicherheitskonferenz gehört zu den Orten,
an denen die völkerrechtswidrigen Angriffskriege auf Jugoslawien und auf den
Irak vorbesprochen und nachträglich legitimiert worden sind. Dadurch ist sie
auch innenpolitisch umstritten, wie die Aktivitäten eines breiten antimilitaris-
tischen Bündnisses zeigen. Dass die Bundeswehr diese Konferenz unterstützt,
widerspricht nachAuffassung der Fragesteller ihremAuftrag zu innenpolitischer
Neutralität. Es ist auch nicht einzusehen, dass für eine solche, von Kritikern als
Kriegsratschlag bezeichneten Veranstaltung öffentliche Gelder ausgegeben wer-
den.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Bundeswehrsoldaten werden im Jahr 2010 insgesamt in Zusam-
menhang mit der Konferenz eingesetzt?

a) Von welchen Einheiten stammen diese?

b) Wie viele Feldjäger sind darunter?

c) Welche sind die vorgesehenen Einsatzorte und -zeiten (bitte detailliert dar-
stellen)?

Drucksache 17/433 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2. Welche Unterstützungsmaßnahmen führt die Bundeswehr konkret durch
(bitte Anzahl der Soldaten, Auftrag und Verwendungszweck, konkrete
Tätigkeitsbeschreibung und Einsatzzeit sowie -ort angeben)?

3. Wann hat der Veranstalter der Konferenz die Unterstützungsanträge gestellt,
und welche Dienststellen der Bundeswehr haben über diese zu welchem
Zeitpunkt entschieden?

4. Auf welchen Rechtsgrundlagen beruhen die vorgesehenen Unterstützungs-
leistungen?

5. Welche Kosten sind für den Einsatz der Bundeswehr anlässlich der Konfe-
renz im Jahr 2009 angefallen (bitte nach Einzelrubriken aufgliedern), welche
Kosten sind für das Jahr 2010 eingeplant, und worin bestehen die wesent-
lichen Veränderungen?

6. Ist beabsichtigt, dem Veranstalter die Kosten in Rechnung zu stellen, und
wenn nein, warum nicht, und wer hat diese Entscheidung getroffen?

7. Welche über den Bundeswehreinsatz hinausgehende Förderung ist für die
Konferenz aus Bundesmitteln vorgesehen, und aus welchen Haushaltstiteln
stammen dieseMittel?

a) Für welche Einzelposten werden die Mittel bereitgestellt (bitte detailliert
darstellen)?

b) Worin bestehen die wesentlichen Änderungen zum Vorjahr, und wie
begründen sich diese?

8. Gibt es von dritter Seite weitere Anträge auf Unterstützungsleistungen, und
wenn ja, von wem, welche genau, und wie ist der Bearbeitungsstand?

9. Sind in Zusammenhang mit der Konferenz Amtshilfeanträge gestellt wor-
den, und wenn ja, von wem, welche, was wird konkret beantragt, wie ist der
Stand der Bearbeitung, wie viele Soldaten sollen dabei eingesetzt werden
und zu welchem Zeitpunkt an welchemOrt?

10. Wird anlässlich der Konferenz ein militärischer Sicherheitsbereich einge-
richtet, und wenn ja, wo, für welchen Zeitraum, mit welcher Begründung?

11. Welche Dienststellen der Bundeswehr sind insgesamt mit Aufgaben in Zu-
sammenhang mit der Sicherheitskonferenz betraut oder werden in Bereit-
schaft gehalten?

12. Sind Beauftragte der Bundeswehr für die Zivil-Militärische Zusammen-
arbeit in Zusammenhang mit der Konferenz kontaktiert worden, und wenn
ja, welche Kommandos waren hiervon betroffen?

Inwiefern werden in Zusammenhang mit der Konferenz

a) das Landeskommando Bayern,

b) Bezirksverbindungskommandos (welche),

c) Kreisverbindungskommandos (welche)

tätig (bitte die Tätigkeiten ggf. detailliert schildern)?

13. Wie viele Bundespolizisten werden in diesem Jahr in Zusammenhang mit
der Konferenz eingesetzt?

Wie viele Bundespolizisten sind im vergangenen Jahr aufgrund von Unter-
stützungsersuchen des Freistaats Bayern nach München entsandt worden,
und welche Kosten sind dabei entstanden?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/433

14. Werden

a) der Bundesnachrichtendienst (BND),

b) der Militärische Abschirmdienst (MAD) oder

c) das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV)

in Zusammenhangmit der Konferenz aktiv oder sind sie bereits aktiv gewor-
den?

Welcher Art ist diese Aktivität?

15. Inwiefern werden im Vorfeld der Konferenz und der erwarteten Gegende-
monstration Personendaten von ausländischen Polizeibehörden angefordert,
insbesondere zu (potentiellen) Demonstrationsteilnehmern, bzw. inwiefern
ist dies bereits geschehen?

a) Zu wie vielen Personen sind bereits Daten übermittelt worden?

b) Aus welchen Staaten stammen diese?

c) Wer hat die Daten auf deutscher Seite empfangen und an welche Stellen
weitergeleitet?

d) Auf welchen Rechtsgrundlagen basiert dieses Vorgehen?

16. Ist dem Konferenzveranstalter oder der Leitung des Tagungshotels im Vor-
feld der letztjährigen Konferenz signalisiert worden, ein erneutes Wahrneh-
men des Hausrechts durch die Bundeswehr komme nicht in Betracht, und
wenn ja, welche Überlegungen führten zu dieser Entscheidung?

17. Ist bei dieser Konferenz beabsichtigt, Soldaten wiederum mit der Über-
nahme des Hausrechts zu beauftragen, und wenn ja,

a) wie viele Soldaten, an welchen Orten, in welchem Zeitraum und mit wel-
cher Bewaffnung?

b) Wer hat um dieseMaßnahme zu welchem Zeitpunkt gebeten?

c) Wer hat auf Seiten der Bundeswehr die Entscheidung getroffen?

d) Welche Überlegungen führten zu dieser Entscheidung?

18. Auf welchen Erkenntnissen basiert die Einschätzung der Bundesregierung,
die Münchner Sicherheitskonferenz sei „gesellschaftspolitisch akzeptiert“
und fördere das Ansehen der Bundeswehr, angesichts der Tatsache, dass dort
Staaten vertreten sind, die Angriffskriege führen?

Berlin, den 13. Januar 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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