BT-Drucksache 17/4309

Verhinderung von Marktmanipulationen an der Strombörse

Vom 17. Dezember 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4309
17. Wahlperiode 17. 12. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ingrid Nestle, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl,
Oliver Krischer, Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch, Dr. Hermann Ott,
Dorothea Steiner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Verhinderung von Marktmanipulationen an der Strombörse

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) schrieb am 19. November 2010,
dass der Spotmarkt für Strom seit September 2009 ohne behördliche Aufsicht
ist. Und das, obwohl dort täglich die Preise für die kurzfristigen Stromlieferun-
gen am Folgetag bestimmt werden und die European Energy Exchange AG
(EEX) maßgeblich für das Strompreisniveau in Deutschland verantwortlich ist.
Bedingt wurde dies durch den teilweisen „Umzug“ der Börsenstruktur von
Leipzig nach Paris.

Um für mehr Aufsicht und Transparenz zu sorgen, hat die Bundesregierung in
ihrem Energiekonzept angekündigt, eine Markttransparenzstelle für den Groß-
handel mit Strom und Gas einzuführen. Seit Jahren wird eine solche Institution
auch von der Monopolkommission gefordert. Diese Transparenzstelle soll beim
Bundeskartellamt angesiedelt werden und laufend marktrelevante Daten erhe-
ben, sammeln und analysieren. Das soll der effektiveren Aufdeckung möglichen
Fehlverhaltens bei der Preisbildung dienen. Die Monopolkommission hat be-
reits 2009 davor gewarnt, dass sich den Marktteilnehmern auf den Börsenmärk-
ten für Elektrizität vielfältige Möglichkeiten zur wohlfahrtsschädigenden Aus-
nutzung ihrer Macht bieten (vgl. FAZ vom 19. November 2010, S. 12). Der EU-
Kommissar für Energie, Günther Oettinger, hat jüngst Regeln vorgeschlagen,
die die Insidergeschäfte und Manipulationen unterbinden sollen. Für die
Marktüberwachung zur Feststellung möglicher Missbrauchsfälle wird die Euro-
päische Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden
(ACER) zuständig sein.

Des Weiteren weist die Monopolkommission in ihrem Sondergutachten (Strom
und Gas 2009: Energiemärkte im Spannungsfeld von Politik und Wettbewerb)
darauf hin, dass die gegenwärtige Struktur des börslichen und außerbörslichen
Stromgroßhandels verbesserungswürdig ist. Denn bereits 2007 führte die Euro-
päische Kommission ein Kartellverfahren gegen den Energiekonzern E.ON mit
dem Verdacht, dass E.ON Spotmarktpreise gezielt durch die Zurückhaltung von
Kapazitäten manipuliert hat. Das Verfahren wurde letztendlich durch einen Ver-
gleich eingestellt. Die Markttransparenzstelle, so die Bundesregierung im Ener-

giekonzept, soll nun das Vertrauen der Marktteilnehmer in die Großhandels-
märkte, die Interessen der Energieverbraucher und den Wettbewerb wieder stär-
ken.

Drucksache 17/4309 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Unterliegt der Spotmarkt für Strom im Marktgebiet Deutschland einer staat-
lichen Aufsicht, und wenn nein, warum nicht?

Wenn ja, welcher konkreten Aufsicht unterliegt dieser Markt?

2. Was plant die Bundesregierung diesbezüglich zu unternehmen?

3. Welche Position hat das Bundesministerium der Finanzen, das für die
Rechts- und Fachaufsicht über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-
aufsicht (BaFin) zuständig ist, zur Verlagerung des Spotmarktes von Leip-
zig nach Paris vertreten?

4. Welche Informationen liegen der Bundesregierung bezüglich Insiderge-
schäften und Marktmanipulationen an der Strombörse vor?

5. Was hat die Bundesregierung bisher unternommen, damit Insidergeschäfte
an der Strombörse unterbunden werden?

6. Welche Untersuchungen hat die BaFin seit der Gründung der EEX im Jahr
2002 im Hinblick auf Marktmanipulation im Strommarkt durchgeführt?

Welche Ergebnisse hatten diese Untersuchungen jeweils?

7. Kann die Regierung ausschließen, dass Manipulationen im größeren Maß-
stab stattfinden?

Wenn ja, wie?

Wenn nein, welcher Schaden kann den deutschen Stromkunden daraus ent-
stehen?

8. Welcher Anteil in Prozent des Stromhandels findet außerhalb der Strom-
börsen in Deutschland statt, und wie sollen diese außerbörslichen Handels-
aktivitäten vor Manipulationen gewahrt werden?

9. Welcher Anteil in Prozent des Stromhandels findet außerhalb der Strom-
börsen in der EU statt?

10. Gibt es einen Interessenkonflikt, wenn der Leiter der EEX-Handelsüber-
wachungsstelle gleichzeitig Chefjurist der EEX AG ist?

11. Wie bewertet die Bundesregierung den Vorstoß des EU-Energiekommissars
Günther Oettinger, unter der Führung der ACER eine EU-weite Marktauf-
sicht einzuführen?

12. Wann wird die von der Bundesregierung angekündigte Markttransparenz-
stelle eingerichtet bzw. beginnt sie mit ihrer Arbeit?

13. Ist die Markttransparenzstelle nach Meinung der Bundesregierung hinrei-
chend geeignet, um die weggefallene Börsenaufsicht für den Spotmarkt zu
ersetzen?

14. Welche Aufgaben wird die Markttransparenzstelle übernehmen?

15. Welche Ziele werden mit der Markttransparenzstelle verfolgt?

16. Welche Rechte werden der Markttransparenzstelle zugestanden, und wie
werden diese Rechte mit den bestehenden Aufsichtsaufgaben der BaFin in
Einklang gebracht?

17. Drohen bei aufgedeckten Insidergeschäften und Marktmanipulationen Haft-
strafen, so wie u. a. von EU-Kommissar Günther Oettinger vorgeschlagen?

18. Wie wird sichergestellt, dass die Einrichtung einer Markttransparenzstelle
ausreicht, um Manipulationen und Insidergeschäfte zu verhindern?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/4309

19. Welches Kriterium lag der Entscheidung zu Grunde, die Markttransparenz-
stelle beim Bundeskartellamt anzusiedeln?

20. Welche Alternativen bezüglich der Ansiedelung der Markttransparenzstelle
wurden geprüft?

21. Was spricht bei der Einrichtung einer Markttransparenzstelle gegen eine
europäische Lösung?

22. Wie wird die Markttransparenzstelle mit der Forderung Günther Oettingers,
eine EU-weite Marktaufsicht einzuführen, in Einklang gebracht?

Berlin, den 17. Dezember 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.