BT-Drucksache 17/4244

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 17/3357 - Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 23. Juni 2010 zur Änderung des Protokolls über die Übergangsbestimmungen, das dem Vertrag über die Europäische Union, dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügt ist

Vom 15. Dezember 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4244
17. Wahlperiode 15. 12. 2010

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union
(21. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 17/3357 –

Entwurf eines Gesetzes
zu dem Protokoll vom 23. Juni 2010
zur Änderung des Protokolls über die Übergangsbestimmungen,
das dem Vertrag über die Europäische Union,
dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union
und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft
beigefügt ist

A. Problem

Durch das Vertragsgesetz sollen die von deutscher Seite erforderlichen Voraus-
setzungen für das Inkrafttreten des Protokolls vom 23. Juni 2010 zur Änderung
des Protokolls über die Übergangsbestimmungen, das dem Vertrag über die Eu-
ropäische Union, dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union
und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügt
ist, geschaffen werden. Die Vertragsänderung bedarf der Zustimmung des Deut-
schen Bundestages.

Durch das Änderungsprotokoll, das politisch vom Europäischen Rat (ER) am
18./19. Juni 2009 beschlossen, als Rechtsetzungsvorschlag von der spanischen
Regierung dem Rat der Europäischen Union (EU) am 4. Dezember 2009 vorge-
legt und im Rahmen einer Regierungskonferenz am 23. Juni 2010 unterzeichnet
wurde (Ratsdok. 17196/09), wird die Zahl der Sitze im Europäischen Parlament
(EP) bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode 2009 bis 2014 vorüberge-
hend von 736 Sitze um 18 auf 754 Sitze erhöht. Dies war notwendig geworden,
weil die Wahlen zum EP vom 4. bis 7. Juni 2009 noch unter dem Vertrag von
Nizza erfolgt waren, so dass die vom Vertrag von Lissabon vorgesehene Erhö-

hung der Sitze keine Anwendung fand. Mit der Änderung des Protokolls Nr. 36
zum Vertrag von Lissabon erhalten diejenigen EU-Mitgliedstaaten zusätzliche
Sitze im EP, die eine höhere Zahl an Abgeordneten erhalten hätten, wäre der Ver-
trag von Lissabon zum Zeitpunkt der EP-Wahlen 2009 bereits in Kraft gewesen.
Die Reduzierung von Sitzen einzelner EU-Mitgliedstaaten sieht das Änderungs-
protokoll nicht vor. Die Höchstzahl der primärrechtlich vorgesehenen Zahl von
EP-Sitzen wird daher vorübergehend überschritten. Den einzelnen EU-Mit-

Drucksache 17/4244 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

gliedstaaten obliegt die Benennung der jeweiligen Persönlichkeiten. Sie werden
nach einem der drei im Änderungsprotokoll vorgesehenen Verfahren benannt.

Der Deutsche Bundestag hat mit Beschluss vom 21. April 2010 eine Stellung-
nahme nach Artikel 23 Absatz 3 des Grundgesetzes (GG) i. V. m. § 10 des
Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem
Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union (EUZBBG) abge-
geben (Bundestagsdrucksache 17/1460). Das nach § 10 Absatz 2 EUZBBG
erforderliche Einvernehmen der Bundesregierung mit dem Deutschen Bundes-
tag wurde mit Beschluss vom 16. Juni 2010 hergestellt (Bundestagsdruck-
sache 17/2127).

B. Lösung

Annahme des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei
Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Keine.

D. Kosten

Weder durch die Ausführung noch durch den Vollzug des Gesetzes entstehen un-
mittelbare zusätzliche Kosten für die öffentlichen Haushalte. Es entstehen auch
keine Bürokratiekosten.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/4244

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/3357 anzunehmen.

Berlin, den 15. Dezember 2010

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Gunther Krichbaum
Vorsitzender

Thomas Dörflinger
Berichterstatter

Michael Roth (Heringen)
Berichterstatter

Michael Link (Heilbronn)
Berichterstatter

Dr. Diether Dehm
Berichterstatter

Manuel Sarrazin
Berichterstatter

ist, vor (Artikel 1). Das Protokoll ist dem Gesetzentwurf bei-
gefügt. Es legt insbesondere fest, welche EU-Mitgliedstaa-

tungen. Neben der kritischen Diskussion der Möglichkeit
einer Benennung zusätzlicher Mitglieder des EP aus der Mit-
ten übergangsweise, nämlich bis zum Ende der laufenden
Legislaturperiode 2009 bis 2014, wieviele zusätzliche Sitze
erhalten. Die insgesamt 18 zusätzlichen Sitze werden – in
Abweichung von Artikel 189 Absatz 2 und Artikel 190 Ab-

te der nationalen Parlamente (Option c) standen die Erfor-
dernisse für die Herstellung des Einvernehmens gemäß § 10
Absatz 2 des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bun-
desregierung und Deutschem Bundestag in Angelegenheiten
Drucksache 17/4244 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Thomas Dörflinger, Michael Roth (Heringen), Michael
Link (Heilbronn), Dr. Diether Dehm und Manuel Sarrazin

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf der Bundes-
regierung zu dem Protokoll vom 23. Juni 2010 zur Änderung
des Protokolls über die Übergangsbestimmungen, das dem
Vertrag über die Europäische Union, dem Vertrag über die
Arbeitsweise der Europäischen Union und dem Vertrag zur
Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügt
ist, auf Drucksache 17/3357 in seiner 78. Sitzung am 2. De-
zember 2010 beraten und federführend an den Ausschuss für
die Angelegenheiten der Europäischen Union sowie mitbe-
ratend an den Auswärtigen Ausschuss, den Innen- und den
Rechtsausschuss überwiesen.

Der Bundesrat hatte in seiner 875. Sitzung am 15. Oktober
2010 gemäß Artikel 76 Absatz 2 GG Stellung genommen.
Der Bundesrat fordert, in die Eingangsformel des Gesetzes
die Wörter „mit Zustimmung des Bundesrates“ einzufügen.
Das Gesetz sei gemäß Artikel 23 Absatz 1 Satz 2 und gegebe-
nenfalls Satz 3 GG zustimmungsbedürftig. Hoheitsrechte
könnten einzig mit Zustimmung des Bundesrates übertragen
werden. Wenn dieser Gesetzesvorbehalt zur Wahrung der In-
tegrationsverantwortung bereits bei vereinfachten und be-
sonderen Vertragsänderungsverfahren sowie bei der Anwen-
dung von Brückenklauseln und der Flexibilitätsklausel gelte,
müsse dies erst recht bei Vertragsänderungen im ordentli-
chen Änderungsverfahren gemäß Artikel 48 Absatz 2 des
Vertrages über die Europäische Union gelten.

In ihrer Gegenäußerung stimmt die Bundesregierung der
Auffassung, es handele sich um ein zustimmungsbedürftiges
Gesetz gemäß Artikel 23 Absatz 1 GG, nicht zu. Eine Rati-
fizierung sei nach Artikel 59 Absatz 2 GG ausreichend. Mit
dem Gesetz würden keine Hoheitsrechte gemäß Artikel 23
Absatz 1 GG übertragen, da mit der Änderung des Protokolls
Nr. 36 keine neuen Kompetenzen der EU geschaffen oder
ausgeweitet oder die Durchgriffswirkung von EU-Akten
verstärkt würden. Vielmehr werde ein bereits vom Vertrag
von Lissabon vorgesehener Rechtszustand im Wege einer
Vertragsänderung hergestellt. Eine andere Bewertung ergebe
sich auch nicht aus dem Urteil des Bundesverfassungsge-
richts in Sachen Vertrag von Lissabon vom 30. Juni 2009.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht die Zustim-
mung zu dem Protokoll vom 23. Juni 2010 zur Änderung des
Protokolls über die Übergangsbestimmungen, das dem Ver-
trag über die Europäische Union, dem Vertrag über die Ar-
beitsweise der Europäischen Union und dem Vertrag zur
Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft beigefügt

Absatz 2 des Vertrags zur Gründung der Europäischen
Atomgemeinschaft, die zum Zeitpunkt der Wahlen zum Eu-
ropäischen Parlament im Juni 2009 in Kraft waren, sowie in
Abweichung von der in Artikel 14 Absatz 2 Unterabsatz 1
des Vertrags über die Europäische Union – der vorgesehenen
Anzahl von 736 Sitzen hinzugefügt, wodurch sich die Ge-
samtzahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments vo-
rübergehend auf 754 erhöht. In Abweichung von Artikel 14
Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union benennen
die EU-Mitgliedstaaten die Personen, die die zusätzlichen
Sitze einnehmen werden, nach ihren innerstaatlichen Rechts-
vorschriften. Sie sollen entweder a) in allgemeinen unmittel-
baren Ad-hoc-Wahlen gewählt bzw. b) auf Grundlage der Er-
gebnisse der Europawahlen 2009 oder c) aus der Mitte der
nationalen Parlamente ernannt werden.

Artikel 2 sieht gemäß Artikel 82 Absatz 2 GG das Inkrafttre-
ten am Tag nach der Verkündung und die Bekanntgabe des
genauen Tages im Bundesgesetzblatt vor.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat die Vorlage auf Drucksache
17/3357 in seiner 25. Sitzung am 15. Dezember 2010 beraten
und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE
LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN, den Gesetzentwurf anzunehmen.

Der Innenausschuss hat die Vorlage auf Drucksache
17/3357 in seiner 28. Sitzung am 15. Dezember 2010 bera-
ten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE
LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN, den Gesetzentwurf anzunehmen.

Der Rechtsausschuss hat die Vorlage auf Drucksache
17/3357 in seiner 32. Sitzung am 15. Dezember 2010 bera-
ten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE
LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN, den Gesetzentwurf anzunehmen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Vorschlag der spanischen Regierung zu Übergangsmaß-
nahmen betreffend die Zusammensetzung des Europäischen
Parlaments (Ratsdok. 17196/09) war seit der 5. Sitzung des
Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen
Union am 27. Januar 2010 wiederholt Gegenstand der Bera-
satz 2 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemein-
schaft sowie von Artikel 107 Absatz 2 und Artikel 108

der Europäischen Union (EUZBBG) im Vordergrund der Be-
ratungen. Zum genauen Beratungsverlauf wird auf die Be-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/4244

schlussempfehlung und den Bericht auf Drucksache 17/1460
verwiesen.

In seiner 28. Sitzung am 15. Dezember 2010 hat der Aus-
schuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union den
Gesetzentwurf beraten.

Die Fraktion der SPD erklärte, der Vorschlag der spanischen
EU-Ratspräsidentschaft, der dem Änderungsprotokoll zu-
grunde liege, sei hinsichtlich der Nachbesetzung der zusätz-
lichen Mandate aus der Mitte der nationalen Parlamente (Op-
tion c) inakzeptabel. Dennoch erfolge die Zustimmung zum
Vertragsgesetz aus integrationspolitischer Verantwortung.
Die Kritik in der Sache bleibe bestehen.

Die Fraktion DIE LINKE. bewertete die Option c als
„Rechtsbruch“, unter anderem läge ein Verstoß gegen die sich
aus Artikel 38 GG ergebenden Grundsätze der parlamentari-
schen Demokratie vor. Auch die Fraktionen der CDU/CSU

und FDP hätten in ihrem Antrag auf Drucksache 17/1179 zum
Ausdruck gebracht, dass Option c einen Verstoß gegen den
Geist des Direktwahlakts darstelle. Deshalb werde die Frak-
tion gegen den Gesetzentwurf stimmen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte, auf-
grund der Option c sei eine Zustimmung zum Vertragsgesetz
nicht möglich. Im Sinne ihrer integrationspolitischen Ver-
antwortung werde sich die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei der Abstimmung über das Gesetz der Stimme
enthalten und dieses nicht ablehnen.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat die Vorlage in seiner 28. Sitzung am 15. Dezem-
ber 2010 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der
Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Gesetzentwurf der Bun-
desregierung auf Drucksache 17/3357 anzunehmen.

Berlin, den 15. Dezember 2010

Thomas Dörflinger
Berichterstatter

Michael Roth (Heringen)
Berichterstatter

Michael Link (Heilbronn)
Berichterstatter

Dr. Diether Dehm
Berichterstatter

Manuel Sarrazin
Berichterstatter

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