BT-Drucksache 17/4128

Muslimfeindliche Straftaten in Deutschland

Vom 6. Dezember 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4128
17. Wahlperiode 06. 12. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau, Frank Tempel, Halina Wawzyniak
und der Fraktion DIE LINKE.

Muslimfeindliche Straftaten in Deutschland

Muslimische Organisationen in Deutschland beklagen eine Zunahme von Be-
drohungen und Beschimpfungen. Umfragen zufolge nehmen muslimfeindliche
Stimmungen in der Bevölkerung zu und verstärken das Risiko muslimfeind-
licher Straftaten. Auf die Berliner Sehitlik-Moschee am Columbiadamm sind
innerhalb kurzer Zeit mehrere Anschläge verübt worden.

Muslimfeindliche Straftaten sind nach Auffassung der Fraktion DIE LINKE.
eine Form der politisch motivierten Kriminalität. Die Fragesteller gehen davon
aus, dass bei der Beantwortung der monatlich gestellten Anfragen der Fraktion
DIE LINKE. zu ausländerfeindlichen und rechtsextremistischen Straftaten
muslimfeindliche Straftaten bislang unter dem Themenfeld „Hasskriminalität“
erfasst und überwiegend dem Phänomenbereich „Straftaten mit fremdenfeind-
lichem Hintergrund“ zugeordnet werden. Eine solche Zuordnung wäre aller-
dings schon wegen der steigenden Zahl von Muslimen mit deutscher Staatsbür-
gerschaft (auch ohne Migrationshintergrund, wie etwa Konvertiten) ungenau.
Die Meldungen über eine Zunahme von Hass-E-Mails, Bedrohungen, Be-
schimpfungen und gewalttätigen Übergriffen lassen jedenfalls eine gesonderte
Ausweisung muslimfeindlicher Straftaten als geboten erscheinen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Erfassen die Sicherheitsbehörden muslimfeindliche Straftaten als gesonder-
tes Phänomen der politisch motivierten Kriminalität, und wenn ja, seit
wann?

a) Welchen Phänomenbereichen sowie Themenfeldern werden muslim-
feindliche Straftaten bislang zugeordnet, und wie schätzt die Bundesre-
gierung die Zuverlässigkeit dieser Zuordnungen ein?

b) Welche Kriterien werden zur Erfassung muslimfeindlicher Straftaten an-
gelegt?

2. Falls muslimfeindliche Straftaten bislang nicht gesondert erfasst werden:
Wie bewertet die Bundesregierung die Notwendigkeit einer künftig vorzu-

nehmenden gesonderten Erfassung angesichts aktueller Entwicklungen?

Welche organisatorischen Veränderungen in der Arbeit der Kriminalämter
wären hierfür erforderlich, und welche Konsequenzen will die Bundesregie-
rung ggf. ziehen?

3. Welche Studien, Maßnahmen, Forschungsvorhaben oder Gesetzesänderun-
gen wird die Bundesregierung vor dem Hintergrund gestiegener Muslim-

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feindlichkeit und hiermit zusammenhängender Straftaten initiieren oder hat
sie bereits initiiert?

Sollte sie keine solcher Maßnahmen ergreifen, warum nicht?

4. Falls die Bundesregierung genauere Erkenntnisse über muslimfeindliche
Straftaten hat:

a) Wie viele muslimfeindliche Straftaten wurden bislang im Jahr 2010 ver-
übt, und inwiefern liegen Vergleichswerte vor, die Aufschluss über die
zahlenmäßige Entwicklung solcher Straftaten geben (bitte nach Anzahl,
Art der Straftat und Bundesland aufschlüsseln)?

b) Wie viele Tatverdächtige wurden wegen muslimfeindlicher Straftaten im
Jahr 2010 festgenommen?

c) Wie viele Ermittlungsverfahren wurden wegen muslimfeindlicher Straf-
taten im Jahr 2010 eingeleitet?

d) In wie vielen Fällen wurden die Ermittlungen eingestellt?

e) Wie viele Personen wurden wegen muslimfeindlicher Straftaten im Jahr
2010 zu welchen Strafen verurteilt?

f) Wie viele Personen wurden bei Überfällen mit mutmaßlich muslimfeind-
licher Motivation

leicht verletzt,

schwer verletzt,

getötet

(bitte die Angaben zu den Fragen 4b bis 4f jeweils nach Bundesländern
und Straftaten aufschlüsseln)?

g) Welcher materielle Schaden entstand bei den muslimfeindlichen Straf-
taten (bitte nach Schadenshöhe und Bundesländern aufschlüsseln)?

h) Welche gezielten bundesweiten Operationen der Polizei hat es wegen
überregionaler muslimfeindlicher Straftaten mit welchem Ergebnis gege-
ben (ggf. nur jene Operationen nennen, die im Rahmen von mittlerweile
abgeschlossenen Ermittlungsverfahren stattfanden)?

Berlin, den 6. Dezember 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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