BT-Drucksache 17/4095

a) zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP -17/3404- Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch b) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung -17/3958, 17/3982- Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch c) zu dem Antrag der Abgeordneten Gabriele Hiller-Ohm, Anette Kramme, Elke Ferner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD -17/3648- Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes durch eine transparente Bemessung der Regelsätze und eine Förderung der Teilhabe von Kindern umsetzen d) zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Kipping, Matthias W. Birkwald, Diana Golze, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -17/2934- Maßnahmen zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenz- und Teilhabeminimums e) zu dem Antrag der Abgeordneten Fritz Kuhn, Markus Kurth, Brigitte Pothmer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -17/3435- Menschenwürdiges Dasein und Teilhabe für alle gewährleisten

Vom 2. Dezember 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4095
17. Wahlperiode 02. 12. 2010

Bericht*
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

a) zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
– Drucksache 17/3404 –

Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen
und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch

b) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksachen 17/3958, 17/3982 –

Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen
und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch

c) zu dem Antrag der Abgeordneten Gabriele Hiller-Ohm, Anette Kramme,
Elke Ferner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/3648 –

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes durch eine transparente
Bemessung der Regelsätze und eine Förderung der Teilhabe von Kindern
umsetzen
* Die Beschlussempfehlung wurde auf Drucksache 17/4032 gesondert verteilt.

A. Allgemeiner Teil

I. Überweisung

1. Überweisung

Zu den Buchstaben a und b

Der Gesetzentwurf auf Drucksache 17/3404 ist in der
69. Sitzung des Deutschen Bundestages am 29. Oktober
2010 an den Ausschuss für Arbeit und Soziales zur federfüh-
renden Beratung und an den Innenausschuss, den Sportaus-
schuss, den Rechtsausschuss, den Finanzausschuss, den
Haushaltsausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft und
Technologie, den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend, den Ausschuss für Gesundheit, den Ausschuss
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, den Ausschuss für
Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung sowie
an den Ausschuss für Kultur und Medien zur Mitberatung
überwiesen worden. Der Haushaltsausschuss befasst sich
mit der Vorlage außerdem gemäß § 96 GO.

Der Gesetzentwurf auf Drucksache 17/3958 ist in der
77. Sitzung des Deutschen Bundestages am 1. Dezember
2010 an den Ausschuss für Arbeit und Soziales zur federfüh-
renden Beratung und an die o. g. Ausschüsse zur Mitberatung
sowie an den Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO überwie-
sen worden.

Zu Buchstabe c

Der Antrag auf Drucksache 17/3648 ist in der 71. Sitzung

tung und an den Sportausschuss, den Rechtsausschuss, den
Finanzausschuss, den Haushaltsausschuss, den Ausschuss
für Wirtschaft und Technologie, den Ausschuss für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend, den Ausschuss für Gesund-
heit, den Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
sowie an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Tech-
nikfolgenabschätzung zur Mitberatung überwiesen worden.

Zu Buchstabe d

Der Antrag auf Drucksache 17/2934 ist in der 59. Sitzung
des Deutschen Bundestages am 16. September 2010 an den
Ausschuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Bera-
tung und an den Rechtsausschuss, den Haushaltsausschuss
sowie an den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend zur Mitberatung überwiesen worden.

Zu Buchstabe e

Der Antrag auf Drucksache 17/3435 ist in der 69. Sitzung
des Deutschen Bundestages am 29. Oktober 2010 an den
Ausschuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Bera-
tung und an den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend und den Ausschuss für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung zur Mitberatung überwiesen
worden.

2. Voten der mitberatenden Ausschüsse

Zu den Buchstaben a und b
Bericht der Abgeordneten Gabriele Hiller-Ohm
Drucksache 17/4095 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

d) zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Kipping, Matthias W. Birkwald,
Diana Golze, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 17/2934 –

Maßnahmen zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenz- und
Teilhabeminimums

e) zu dem Antrag der Abgeordneten Fritz Kuhn, Markus Kurth, Brigitte Pothmer,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/3435 –

Menschenwürdiges Dasein und Teilhabe für alle gewährleisten
des Deutschen Bundestages am 11. November 2010 an den
Ausschuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Bera-

Der Innenausschuss, der Rechtsausschuss, der Haushalts-
ausschuss, der Ausschuss für Bildung, Forschung und

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/4095

Technikfolgenabschätzung sowie der Ausschuss für Kul-
tur und Medien haben den Gesetzentwurf auf Drucksachen
17/3404 und 17/3958 in ihren Sitzungen am 1. Dezember
2010 beraten und übereinstimmend mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN dem Deutschen Bundestag die Zusammenfüh-
rung der Drucksachen 17/3404 und 17/3958 sowie die An-
nahme des Gesetzentwurfs in der vom Ausschuss geänderten
Fassung empfohlen. Der Sportausschuss hat den Gesetzent-
wurf auf Drucksachen 17/3404 und 17/3958 in seiner Sit-
zung am 1. Dezember 2010 beraten und mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Abwesenheit der Fraktion DIE LINKE. dem Deutschen Bun-
destag die Annahme des Gesetzentwurfs in der vom Aus-
schuss geänderten Fassung empfohlen. Der Finanzaus-
schuss hat den Gesetzentwurf auf Drucksachen 17/3404 und
17/3958 in seiner Sitzung am 1. Dezember 2010 beraten und
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Deutschen Bundestag
die Annahme empfohlen. Der Ausschuss für Wirtschaft
und Technologie, der Ausschuss für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend und der Ausschuss für Gesundheit
haben den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/3404 in ihren
Sitzungen am 1. Dezember 2010 beraten und übereinstim-
mend mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Deutschen Bundes-
tag die Annahme des Gesetzentwurfs in der vom Ausschuss
geänderten Fassung empfohlen. Den Gesetzentwurf auf
Drucksache 17/3958 haben der Ausschuss für Wirtschaft
und Technologie und der Ausschuss für Familie, Senio-
ren, Frauen und Jugend für erledigt erklärt. Den
Gesetzentwurf auf Drucksache 17/3958 hat der Ausschuss
für Gesundheit zur Kenntnis genommen. Der Ausschuss
für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hat den Gesetz-
entwurf auf Drucksache 17/3958 in seiner Sitzung am 1. De-
zember 2010 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem
Deutschen Bundestag die Annahme des Gesetzentwurfs in
der vom Ausschuss geänderten Fassung empfohlen. Den Ge-
setzentwurf auf Drucksache 17/3404 hat der Ausschuss für
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung für erledigt erklärt.

Zu Buchstabe c

Der Rechtsausschuss, der Haushaltsausschuss, der Aus-
schuss für Wirtschaft und Technologie, der Ausschuss für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der Ausschuss für
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung sowie der Ausschuss
für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
haben den Antrag auf Drucksache 17/3648 in ihren Sitzun-
gen am 1. Dezember 2010 beraten und übereinstimmend mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen
die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.
dem Deutschen Bundestag die Ablehnung der Vorlage emp-
fohlen. Der Sportausschuss hat den Antrag auf Drucksache
17/3648 in seiner Sitzung am 1. Dezember 2010 beraten und

DIE GRÜNEN bei Abwesenheit der Fraktion DIE LINKE.
dem Deutschen Bundestag die Ablehnung der Vorlage emp-
fohlen. Der Finanzausschuss hat den Antrag auf Druck-
sache 17/3648 in seiner Sitzung am 1. Dezember 2010 bera-
ten und mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Deutschen Bundes-
tag die Ablehnung der Vorlage empfohlen. Der Ausschuss
für Gesundheit hat den Antrag auf Drucksache 17/3648 in
seiner Sitzung am 1. Dezember 2010 beraten und mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der Fraktion der SPD bei Stimmenthaltung der
Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
dem Deutschen Bundestag die Ablehnung der Vorlage emp-
fohlen.

Zu Buchstabe d

Der Haushaltsausschuss hat den Antrag auf Drucksache 17/
2934 in seiner Sitzung am 28. Oktober 2010 beraten und mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP
gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimment-
haltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem
Deutschen Bundestag die Ablehnung der Vorlage empfoh-
len. Der Rechtsausschuss sowie der Ausschuss für Fami-
lie, Senioren, Frauen und Jugend haben die Vorlage in
ihren Sitzungen am 1. Dezember 2010 beraten und überein-
stimmend mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU,
SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE.
bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN dem Deutschen Bundestag die Ablehnung der
Vorlage empfohlen.

Zu Buchstabe e

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat den Antrag auf Drucksache 17/3435 in seiner Sitzung am
1. Dezember 2010 beraten und mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktionen SPD und DIE LINKE. dem Deutschen Bundes-
tag die Ablehnung der Vorlage empfohlen. Der Ausschuss
für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
hat den Antrag auf Drucksache 17/3435 in seiner Sitzung am
1. Dezember 2010 beraten und mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion DIE LINKE. dem Deutschen Bun-
destag die Ablehnung der Vorlage empfohlen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

Zu den Buchstaben a und b

Mit seinem Urteil vom 9. Februar 2010 hat das Bundesver-
fassungsgericht (BVerfG) den Gesetzgeber aufgefordert, die
Regelbedarfe nach dem Zweiten und dem Zwölften Buch
Sozialgesetzbuch (SGB II und XII) verfassungskonform neu
zu bemessen. Dabei seien „alle existenznotwendigen Auf-
wendungen in einem transparenten und sachgerechten Ver-
fahren realitätsgerecht sowie nachvollziehbar auf der Grund-
lage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsver-
fahren zu bemessen“, heißt es in den Leitsätzen der Entschei-
dung. Besonderen Stellenwert hat das Gericht dabei auch
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP ge-
gen die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/

den Bedarfen von Kindern und Jugendlichen beigemessen,
die künftig eigenständig zu ermitteln seien.

Drucksache 17/4095 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Mit ihrem Gesetzentwurf verfolgen die Fraktionen der CDU/
CSU und FDP sowie die Bundesregierung das Ziel, die Vor-
gaben des Bundesverfassungsgerichts umzusetzen. Damit
wird die Ausrichtung des SGB II auf die Erwerbsfähigen im
Haushalt durch eine stärkere Förderung der Kinder und
Jugendlichen ergänzt. Besonders ihre Bildung und gesell-
schaftliche Teilhabe sollen unterstützt werden. Vorgesehen
sind dafür u. a. Bedarfe für Schulausflüge und mehrtägige
Klassenfahrten in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen.
Der persönliche Schulbedarf wird pro Schuljahr mit 100 Euro
gefördert, aufgeteilt auf 70 Euro zu Schuljahresbeginn und
30 Euro zum zweiten Schulhalbjahr. Ergänzende Lernförde-
rung (Nachhilfe) wird auf Antrag unterstützt, soweit sie ge-
eignet und zusätzlich erforderlich ist, um die nach dem
Schulrecht festgelegten wesentlichen Lernziele zu erreichen.
Schülerinnen und Schüler, die an einem schulischen Gemein-
schaftsmittagessen teilnehmen, erhalten dafür die Mehrauf-
wendungen abzüglich 1 Euro Eigenanteil. Bei Kindern und
Jugendlichen bis zum 18. Geburtstag wird die Teilhabe am
gesellschaftlichen Leben mit bis zu 10 Euro monatlich unter-
stützt, die u. a. zur Finanzierung von Mitgliedsbeiträgen in
Sportvereinen oder für musischen Unterricht verwendet wer-
den können.

Das Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz (RBEG) legt u. a. die
Bestimmung der Referenzhaushalte fest. Dabei wird nach
Einpersonen- und Familienhaushalten aus Paaren mit einem
Kind unterschieden. Bestimmte Leistungsberechtigtenhaus-
halte werden aus der Berechnung ausgegrenzt, um Zirkel-
schlüsse zu vermeiden. Ferner werden die Festlegungen zu
den regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben getroffen.
Die Regelleistung für Kinder und Jugendliche bleibt nach
der Neubestimmung in der Höhe unverändert. Für Erwach-
sene soll sie danach zum 1. Januar 2011 um fünf Euro auf
364 Euro monatlich angehoben werden.

Darüber hinaus sollen mit der Novelle die Anreize zur Auf-
nahme einer voll sozialversicherungspflichtigen Beschäfti-
gung für Haushalte mit Arbeitslosengeld-II-Bezug erhöht
werden, indem die Freibeträge für Erwerbstätige im SGB II
neugestaltet werden. Damit will die Koalition unterstrei-
chen, dass Arbeit und Leistung sich lohnen müssen. Außer-
dem berücksichtige der Gesetzentwurf die praktischen Er-
fahrungen seit Einführung des SGB II. So werden u. a. die
Sanktionsregelungen für Arbeitsuchende transparenter als
bisher gefasst.

Zu Buchstabe c

Die Fraktion der SPD kritisiert in ihrem Antrag weitgehende
Mängel im Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen und ver-
langt Verbesserungen. Es sei zu bedauern, dass die Bundes-
regierung die Zeit seit dem Bundesverfassungsgerichtsurteil
vom Februar zur Regelsatzbemessung habe verstreichen las-
sen, ohne die Fraktionen des Deutschen Bundestages an den
Planungen zur Umsetzung des Urteils zu beteiligen. Der vor-
gelegte Gesetzentwurf bleibe in zentralen Punkten hinter
verfassungsrechtlich und sozialpolitisch notwendigen Lö-
sungen zurück. So würden die Regelbedarfe nicht transpa-
rent und in einem methodisch schlüssigen Verfahren ermit-
telt. Es sei deshalb zweifelhaft, ob durch die Reform tatsäch-
lich ein menschenwürdiges Existenzminimum sichergestellt
werde.

ten Haushalte zu verwenden. Diese Gruppe müsse um Haus-
halte, die von Leistungen nach SGB II und XII lebten, sowie
um verdeckt Arme bereinigt werden, um Zirkelschlüsse zu
vermeiden. Bei der Nichtberücksichtigung von Verbrauchs-
positionen müsse ein methodisch korrektes Verfahren ange-
wendet werden. Des Weiteren müssen die Regelbedarfe nach
einem anderen Verfahren als dem gewählten ‚Mischindex‘
fortgeschrieben werden. Außerdem werden u. a. auch Erwei-
terungen bei zusätzlichen Bedarfen verlangt.

Um eine bundesweit vergleichbare Grundsicherung bei der
Bildung, soziokulturellen Teilhabe und der Betreuung zu
schaffen, schlägt die Fraktion der SPD die Gründung eines
Nationalen Bildungspakts von Bund, Ländern und Kommu-
nen vor. Damit sollten u. a. das Ganztagsangebot in der früh-
kindlichen Bildung ausgebaut und ein inklusives Bildungs-
system geschaffen werden. Flächendeckende Schulsozial-
arbeit gehört ebenso zu diesem Katalog wie kostenloser För-
derunterricht und ein kostenfreies warmes Mittagessen an
Kindertageseinrichtungen und Schulen. Insgesamt müsse die
Bildungsinfrastruktur in Deutschland entscheidend verbes-
sert werden.

Darüber hinaus sei durch das Verfassungsgerichtsurteil das
Lohnabstandsgebot hinfällig. Nicht das Existenzminimum
müsse unter den untersten Löhnen liegen, sondern die un-
tersten Löhne über dem Existenzminimum. Unter anderem
deshalb müsse ein gesetzlicher Mindestlohn eingeführt wer-
den. Es solle 8,50 Euro brutto pro Stunde betragen.

Zu Buchstabe d

Die Fraktion DIE LINKE. bekräftigt ihre grundlegende Kri-
tik an der Einführung von „Hartz IV“. Das Bundesverfas-
sungsgericht habe nun in seinem grundlegenden Urteil das
Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen
Existenzminimums für alle Hilfebedürftigen anerkannt. Die-
sem Grundrecht werde die Ermittlung der Regelleistungen
nicht gerecht. Für die aktuelle Umsetzung bis zum 31. De-
zember 2010 sei die Ermittlung des menschenwürdigen
Existenzminimums durch eine Auswertung der Einkom-
mens- und Verbrauchsstichprobe 2008 nach dem Statistik-
modell alternativlos. Dafür seien aber konkrete Vorgaben zu
beachten. Zugleich müssten aber wegen der Bedeutung des
proklamierten Grundrechts und der Defizite des Statistikmo-
dells eine grundlegende Auswertung des Urteils und seiner
Implikationen ebenso wie eine grundlegende Überprüfung
bisheriger und alternativ denkbarer Methoden der Ermitt-
lung eines menschenwürdigen Existenzminimums folgen.

Bei der Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstich-
probe müssten u. a. die verdeckt Armen herausgerechnet
werden. Nach Expertisen seien dies vier bis fünf Millionen
Menschen. Schon dadurch verändere sich die Zusammenset-
zung der Referenzhaushalte der untersten 20 Prozent der
Haushalte (nach Einkommen), so dass deutlich höhere Re-
gelsätze zustande kämen. Zudem müsse weitgehend auf
Abschläge verzichtet werden und die künftige Leistung be-
darfsdeckend ausgestaltet werden.

Ferner dürfe sich die gesellschaftliche und politische Ver-
ständigung über ein menschenwürdiges Existenz- und Teil-
habeminimum nicht in einer technischen Ableitung des Re-
gelsatzes nach dem Statistikmodell erschöpfen. Ein solches
Bei der Festsetzung der Referenzhaushalte sei einheitlich das
unterste Quintil der nach der Einkommenshöhe geschichte-

Vorgehen würde u. a. die Defizite des Statistikmodells igno-
rieren. Das Statistikmodell nehme die soziale Lage der Refe-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/4095

renzgruppe als gegeben hin und sei blind gegenüber der
Gefahr einer Verarmung und/oder sozialen Abkopplung der
Referenzgruppe. In einem solchen Fall würde eine Spirale
nach unten eröffnet.

Zur konzeptionellen Weiterentwicklung und zur grundsätz-
lichen Erörterung des Existenzminimums sollte der Deut-
sche Bundestag eine Kommission einsetzen, ergänzt durch
Sachverständige sowie Vertreterinnen und Vertreter der Be-
troffenen.

Zu Buchstabe e

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kritisiert u. a. die
Höhe der festgelegten Regelleistung in der Grundsicherung.
Hätte die Bundesregierung sich wie bisher am Verbrauch der
unteren 20 Prozent der nach Einkommen geschichteten
Haushalte orientiert, müsste der Regelsatz 384 Euro betra-
gen. Würde zudem auf Abschläge für Genussmittel etc. ver-
zichtet, müsste der Regelsatz mindestens 400 Euro betragen.
Ohne Rechentricks und bei Berücksichtigung der tatsäch-
lichen Bedarfe sei die Orientierung an dem vom Paritätischen
Wohlfahrtsverband auf Basis der Daten von 2003 errechnete
Regelsatz von 420 Euro richtig.

Viele Positionen des Verbrauchs seien von der Bundesregie-
rung nicht ausreichend berücksichtigt worden. Beispiels-
weise seien für Kinder und Jugendliche keine Ausgaben für
Fahrräder vorgesehen. Zu niedrig seien auch die erfassten
Kosten für den Öffentlichen Personennahverkehr. Bei der
Abrechnung der Leistung bewirkten Gutscheine oder Chip-
karten in der Regel keine Chancengerechtigkeit, weil sie nur
eingelöst werden könnten, wenn es Angebote vor Ort gebe
und Eltern bzw. Kinder und Jugendliche selbst aktiv würden.
Gerade für bildungsferne und von Armut betroffene Men-
schen sei das oft schwierig. Deshalb erreiche man mit guten
Kindertagesstätten und Schulen in Kooperation mit außer-
schulischen Trägern mehr Chancengerechtigkeit. Wenn es
gelinge, Kinder individuell zu fördern und nicht an allen von
ihnen besuchten Orten der Bildung ständig an ihre Armut zu
erinnern, sei ein wichtiger Schritt zu gleichen Bildungschan-
cen getan.

Der flächendeckende Aufbau guter Ganztagschulen brauche
eine gesamtstaatliche Anstrengung. Deswegen müssten jetzt
die Basis für eine qualitative Zusammenarbeit von Bund und
Ländern in der Verfassung geschaffen und das Kooperations-
verbot aufgehoben werden. Denn gute Bildung sei eine Ge-
meinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Gemeinden. Bis
dies geschieht, sollten Schulträger und Jugendhilfeträger bei
der Etablierung von Lernförderung in den Schulen unter-
stützt werden. Dies sei über das Programm „Regionale Bil-
dungspartnerschaften“ zu realisieren.

III. Öffentliche Anhörung von Sachverständigen

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Beratung des
Gesetzentwurfs auf Drucksache 17/3404 und des Antrags
auf Drucksache 17/3435 in seiner 38. Sitzung am 29. Okto-
ber 2010 aufgenommen und die Durchführung einer öffent-
lichen Anhörung beschlossen. Die Beratungen über den An-
trag auf Drucksache 17/3648 wurde vom Ausschuss in seiner
12. November 2010 aufgenommen und ebenfalls eine öffent-
liche Anhörung beschlossen. Der Antrag auf Drucksache 17/

rung von Sachverständigen beschlossen. Diese fand für alle
vier Vorlagen in der 41. Sitzung am 22. November 2010 statt.
Dabei äußerten sich die Sachverständigen außerdem zum
Gesetzentwurf der Bundesregierung „Entwurf eines Siebten
Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetz-
buch“ auf Drucksache 17/3631 und zu dem Antrag der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Leistungskürzungen bei
den Unterkunftskosten im Arbeitslosengeld II verhindern –
Vermittlungsverfahren mit den Ländern aufnehmen“ auf
Drucksache 17/3058.

Die Teilnehmer der Anhörung haben schriftliche Stellung-
nahmen abgegeben, die in der Ausschussdrucksache
17(11)309 zusammengefasst sind.

Folgende Verbände, Institutionen und Einzelsachverständige
haben an der Anhörung teilgenommen:

• Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB)

• Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
(BDA)

• Bundesagentur für Arbeit (BA)

• Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)

• Institut der deutschen Wirtschaft Köln

• Statistisches Bundesamt

• Bundesrechnungshof

• Deutscher Landkreistag

• Deutscher Städtetag

• Deutscher Städte- und Gemeindebund e. V.

• Deutscher Richterbund

• Bundesvorstand des Bundes der Deutschen Katholischen
Jugend

• Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e. V.

• Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege
e. V.

• Der Paritätische Gesamtverband

• Sozialverband Deutschland (SoVD)

• Dr. Irene Becker

• Dr. Jürgen Borchert

• Dr. Christine Fuchsloch

• Norbert Struck

• Rüdiger Böker

• Guido Grüner

• Prof. Dr. Anne Lenze

• Martina Schmiedhofer.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) beurteilt den
Gesetzentwurf als nicht verfassungsgemäß. Erstens würden
die Regelsätze aus der Einkommens- und Verbrauchsstich-
probe 2008 (EVS) nicht in einem ausreichend transparenten
Verfahren abgeleitet. Die maßgeblichen Anforderungen an
die Auswertungen, wie Wahl und Zuschnitt der Referenz-
gruppe, Bestimmung der Altersgruppen bei Kindern und Ju-
gendlichen, Regelsatz für erwachsene Haushaltsangehörige
2934 wurde in der 33. Sitzung am 29. September 2010 erst-
mals beraten und am 29. Oktober 2010 die öffentliche Anhö-

etc., seien nicht ausreichend begründet worden. Beides gelte
ebenfalls für das sogenannte Bildungspaket. Ein Verstoß ge-

Drucksache 17/4095 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

gen das Transparenzgebot sei auch die Nichtveröffent-
lichung der EVS-Ergebnisse in einzelnen Konsumbereichen
bei geringer Fallzahl der Stichprobe, die in nicht überprüfba-
rer Weise in die Berechnung des Regelsatzes eingingen. Die
geringe Stichprobengröße in diesen Fällen stelle zudem die
statistische Zuverlässigkeit des Verfahrens in Frage. Zwei-
tens sei die für die konkrete Höhe der Regelsätze maßgeb-
liche Referenzgruppe auf methodisch unzulässige Weise ge-
bildet. Unter anderem würden „Hartz-IV-Aufstocker“ nicht
herausgerechnet und verdeckte Armut nicht berücksichtigt.
Drittens werde das gewählte Statistikmodell zur Ermittlung
der Regelsätze nicht durchgehend angewandt. Die Abwei-
chungen zielten auf niedrigere Regelsätze. Insgesamt werde
der Gesetzentwurf den Vorgaben des Bundesverfassungsge-
richts nicht gerecht und bilde keine tragfähige Basis zur Ver-
meidung von Armut, insbesondere von Kinderarmut. Die
Festlegung des Existenzminimums sei eine gesellschaftliche
Grundsatzfrage, umso mehr, als die Höhe der Regelsätze
direkten Einfluss auf die steuerlichen Grundfreibeträge habe
und alle Einkommenssteuerpflichtigen betreffe. Eine Sach-
verständigenkommission solle daran mitwirken, dass die
Bedarfsermittlung auf eine breitere, allgemein akzeptierte
Basis gestellt werde. Die Kritik der Oppositionsanträge an
der Ermittlung der Regelsätze wird vom DGB geteilt. Darü-
ber hinaus müsse der langjährige Streit um die Verteilung der
Unterkunftskosten zwischen Bund und Kommunen jetzt ge-
löst werden. Die Kommunen bräuchten finanzielle Entlas-
tung. Ein Beitrag dazu wäre die flächendeckende Einführung
von Mindestlöhnen.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberver-
bände (BDA) beurteilt die mit dem Gesetzentwurf vorge-
nommene Neubemessung der Regelsätze für das Arbeits-
losengeld II als richtig. Die Vorgaben des Bundesverfas-
sungsgerichts würden konsequent umgesetzt, die geforderte
Transparenz im Berechnungsverfahren zur Höhe der Regel-
sätze werde geschaffen. Zugleich werde durch eine strenge
Bedürftigkeitsorientierung der Fürsorgeleistung vermieden,
dass man neue Hürden für den Einstieg in Arbeit aufbaue.
Dies sei ein wesentlicher Schritt, um das Fürsorgesystem Ar-
beitslosengeld II konsequent auf die Absicherung des Exis-
tenzminimums und die Überwindung der Hilfebedürftigkeit
durch Beschäftigungsaufnahme bzw. Ausweitung des Ar-
beitseinsatzes auszurichten. Nur so könne Langzeitarbeits-
losen und Geringqualifizierten geholfen werden. Mit der
Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statisti-
schen Bundesamts, die einen repräsentativen Überblick über
alle relevanten Verbrauchskosten liefere, werde eine sachge-
rechte Grundlage für die Ermittlung der Höhe des Regelsat-
zes herangezogen. Um zu verhindern, dass das zentrale Ziel
des Wiedereinstiegs in Arbeit durch überhöhte Sozialleistun-
gen konterkariert werde, sei es richtig, weiterhin die tatsäch-
liche Einkommens- und Verbrauchssituation von Beschäf-
tigten im unteren Einkommensbereich für die Regelsatzbe-
messung zum Maßstab zu nehmen. Soweit bestimmte Aus-
gaben der Referenzgruppe als nicht regelbedarfsrelevant
eingestuft würden, werde der gesetzgeberische Gestaltungs-
spielraum bei der Bestimmung des soziokulturellen Exis-
tenzminimums ausgeübt. Die BDA begrüßt auch die vorge-
sehenen Regelungen, um hilfebedürftige Kinder im Bereich
Bildung und gesellschaftlicher Teilhabe verstärkt mit be-

bietern zu fördern, ohne die Arbeitsanreize der Eltern zu ver-
ringern. Kritisiert wird, dass die Freibetragsregelungen von
Arbeitseinkommen auf SGB-II-Leistungen kaum verändert
seien. Die Privilegierung kleiner Einkommensbeträge bilde
einen Fehlanreiz, sich im Grundsicherungsbezug einzurich-
ten.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) beurteilt das im Ge-
setzentwurf vorgesehene Bildungspaket als guten Weg, die
Chancen von Kindern und Jugendlichen auf mehr Bildung
und Teilhabe am gemeinschaftlichen Leben zu verbessern.
Man sei an einer ab Jahresanfang umsetzbaren, bürokratie-
armen Lösung sehr interessiert. Der Aufwand müsse für
Leistungsberechtigte, Leistungserbringer und die Jobcenter
möglichst gering gehalten werden – bis zur Einführung eines
letztlich praktikablen Massenabrechnungsverfahrens. Für
die als gemeinsame Einrichtungen tätigen Jobcenter erweise
sich die Bündelung kommunaler sozialintegrativer Kompe-
tenzen in der Jugendarbeit mit den Erfahrungen der BA in
der Bewältigung von Massenverfahren als Vorteil. Insofern
gehe die BA in ihrer Stellungnahme auch auf Beauftragungs-
möglichkeiten unter Trägern explizit ein. Deren Realisierung
sei insbesondere von der Konditionierung des Beauftra-
gungsverhältnisses sowie von den Handlungsmöglichkeiten
vor dem Hintergrund hohen Zeitdrucks bis zum voraussicht-
lichen Inkrafttreten des Gesetzes abhängig. Wichtig sei, dass
im Zuge der Umsetzung des Bildungspaketes durch sinn-
volle Aufgabenteilung und möglichst einfache Prozessstruk-
turen zwischen den Beteiligten keine signifikanten Beein-
trächtigungen bei der Vermittlungs- und Integrationsarbeit
sowie bei der Zahlung der Regelleistung in den Jobcentern
einträten. Um zu Beginn des Jahres 2011 eine Grundversor-
gung mit den vorgesehenen neuen Leistungen anbieten zu
können, habe man erste Aktivitäten eingeleitet. Vorsorglich
wird auf einige Fristen hingewiesen. Um eine termingerechte
Auszahlung der neuen Regelleistungen mit der Januarzah-
lung sicherstellen zu können, müsse der BA bis spätestens
13. Dezember 2010 eine Handlungsgrundlage zur Umset-
zung der neuen Regelsätze des bis dahin noch nicht in Kraft
getretenen Gesetzes gegeben werden. Um eine Grundversor-
gung zum 1. Januar 2011 mit den neuen Teilhabeleistungen
zu ermöglichen, müssten schon jetzt konstruktive Umset-
zungsaktivitäten eingeleitet werden, die unter den Vorbehalt
des Gesetzes zu stellen seien. Hierzu habe das BMAS einen
moderierten Prozess mit der BA verabredet. Da eine voll-
ständige und regelhafte Umsetzung zum 1. Januar 2011 in
Anbetracht der Kürze der verfügbaren Zeit voraussichtlich
nicht gewährleistet werden könne, werde die BA daher zu-
nächst ein Basisangebot zur Verfügung stellen und dies nach
dem Jahreswechsel zu einem Regelangebot ausbauen.

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
(IAB) erwartet von der Umsetzung des Gesetzentwurfes zur
Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetz-
buch nur geringe Wirkungen auf den Arbeitsmarkt. Die Zu-
sammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe habe sich
insgesamt bewährt. Aus der Regelsatzanpassung resultiere
u. a. keine nennenswerte Verschlechterung der Anreize, eine
Beschäftigung auch im Niedriglohnbereich aufzunehmen.
Auch vergrößere sich der Kreis der Anspruchsberechtigten
nur marginal. Ein Streitpunkt bei der Bestimmung der Regel-
sätze sei der Umgang mit verdeckter Armut. Nach IAB-Be-
darfsgerechten Leistungen in Form von Gutscheinen oder
Kostenübernahmeerklärungen gegenüber den Leistungsan-

rechnungen habe der Anteil der Haushalte mit nicht realisier-
tem Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II im Jahr 2007

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/4095

bei 46 Prozent gelegen, liege also auf hohem Niveau. Es sei
nicht überzeugend, dass entsprechende empirische Verfah-
ren von vornherein ausgeschlossen würden. Dass verdeckt
arme Haushalte in die Auswertung einbezogen würden,
führe tendenziell zu niedrigeren Verbrauchsausgaben der
Referenzgruppe und schließlich zu niedrigeren Regelsätzen.
Das müsse politisch entschieden werden. Einen für alle glei-
chen, objektiven Regelbedarf gebe es nicht. Entsprechend
könne die Ermittlung des sozio-kulturellen Existenzmini-
mums nicht wertfrei durch ein rein statistisches Verfahren er-
folgen. Letztlich müsse der Regelsatz gesellschaftlich ausge-
handelt werden.

Nach Einschätzung des Instituts der deutschen Wirtschaft
Köln (IW) dürfen „Aufstocker“ bei der Berechnung des
Regelsatzes nicht berücksichtigt werden, um Zirkelschlüsse
zu vermeiden. Dass die Fortschreibung der Regelbedarfe
sowohl von der Preisentwicklung als auch von der Nettolohn-
entwicklung abhängen solle, sei nur eingeschränkt geeignet.
Die Bemessung der Regelsätze erfolge nicht nach einem
Warenkorb, sondern nach dem Ausgabeverhalten einer be-
stimmten Bevölkerungsgruppe. Deshalb wäre der korrekte
Fortschreibungsfaktor die Entwicklung der entsprechenden
Einkommen. Das IW begrüßt es, dass die Leistungen des
Bildungs- und Teilhabepakets in Form von Sachleistungen
zu erbringen seien. Nur so könne sichergestellt werden, dass
diese Leistung beim Kind ankomme. Die neuen Freibeträge
für Erwerbseinkommen erreichten das Ziel nicht, Anreize
für eine Vollzeitbeschäftigung zu schaffen. Das Grundpro-
blem sei, dass mit der Staffelung von Erwerbsfreibeträgen
Anreize gesetzt würden, nur geringfügige oder Teilzeit-
beschäftigungen anzunehmen. Stattdessen müsse man Frei-
beträge für höhere Einkommen stärken. Eine alleinige Er-
höhung des Erwerbsfreibetrages für höhere Einkommen
würde hingegen lediglich dazu führen, dass sich der Kreis
der Anspruchsberechtigten ausdehne.

Das Statistische Bundesamt stellt fest, dass das Bundesver-
fassungsgericht im Urteil vom 9. Februar 2010 das dem Be-
rechnungsverfahren für die Regelsätze zugrundeliegende
Statistikmodell als verfassungsrechtlich zulässige Methode
eingestuft habe. Die im Gesetzentwurf genannten Sonder-
auswertungen aus der Einkommens- und Verbrauchsstich-
probe 2008 für die Referenzhaushalte Alleinlebende und
Paarhaushalte mit einem Kind seien im Statistischen Bun-
desamt erstellt worden. Die Abgrenzung der Referenzgrup-
pen, die Festlegung des regelbedarfsrelevanten Verbrauchs
und das Verfahren zur Aufteilung der Verbrauchsausgaben
der Paarhaushalte mit einem Kind auf die im Haushalt leben-
den Personen obliege nicht der Entscheidung des Bundesam-
tes. Im Hinblick auf die zu verwendenden Anpassungsme-
chanismen in den Zwischenjahren der EVS wird auf die Ver-
wendung der Laufenden Wirtschaftsrechnungen verwiesen,
sobald ein entsprechender Fortschreibungsalgorithmus zur
Verfügung stehe. Mit dem Vorliegen eines Fortschreibungs-
algorithmus könne dann beurteilt werden, inwieweit sich die
Laufenden Wirtschaftsrechnungen tatsächlich für eine Fort-
schreibung der Regelsätze eigneten.

Der Bundesrechnungshof zweifelt daran, dass mit den be-
absichtigten Regelungen zur Gewährung der Leistungen für
Unterkunft und Heizung gleichwertige Lebensverhältnisse

dabei aber seines Einflusses auf maßgebliche Faktoren der
Höhe seiner Finanzierungslast an den Leistungen für Unter-
kunft und Heizung nach § 46 Absatz 5 ff. SGB II. Des Wei-
teren kritisiert der Bundesrechnungshof, dass die zu erwar-
tenden Verfahrenskosten der Leistungserbringung für Bil-
dung und soziokulturelle Teilhabe von Kindern und Jugend-
lichen – wie Gutscheinlösung bzw. direkte Abrechnung mit
den Anbietern – in keinem angemessenen Verhältnis zum
Wert dieser Leistungen stünden. Auch dürfte der Abschluss
von unter Umständen mehreren hundert Einzelvereinbarun-
gen mit potentiellen Leistungserbringern erhebliche Arbeits-
kapazitäten der Grundsicherungsstellen binden, wenn sie
diese Aufgabe nicht auf die Gebietskörperschaften übertrü-
gen. Zudem bleibe offen, nach welchen Kriterien die Eig-
nung der Anbieter und die Qualität der Leistung im Einzel-
fall geprüft werden sollten. Gesetzliche Vorgaben dafür er-
schienen unabdingbar. Zu den im Gesetzentwurf enthaltenen
Schätzangaben über die finanziellen Auswirkungen der Neu-
regelungen insgesamt: Ohne Kenntnis der Grundlagen könn-
ten diese nicht bewertet werden. Einzelne Risiken seien aber
bereits erkennbar, so bei der künftig abgemilderten Ver-
pflichtung der Leistungsberechtigten, vorrangig Wohngeld
in Anspruch zu nehmen. Es bleibe zweifelhaft, ob damit tat-
sächlich nennenswert Haushaltsmittel und Bürokratie einge-
spart werden könnten.

Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenver-
bände (Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag, Deut-
scher Städte- und Gemeindebund) regt an, die über die Neu-
regelung der Regelbedarfe hinausgehenden Änderungen im
SGB II und SGB XII in einem eigenständigen Gesetzge-
bungsverfahren zu behandeln, um eine sorgfältige Prüfung
zu ermöglichen. Bei der Regelsatzhöhe sei zu bedenken,
dass mit jeder Erhöhung neue Leistungsberechtigte zu Las-
ten der kommunalen Träger hinzukämen und die Anreize zur
Aufnahme einer bedarfsdeckenden Erwerbstätigkeit redu-
ziert würden. Die jetzt im Gesetzentwurf bezifferten kom-
munalen Mehrbelastungen in Höhe von 290 Mio. Euro vor
allem bei Kosten der Unterkunft (KdU) und Sozialhilfe stün-
den nur 90 Mio. Euro Entlastung gegenüber. Diese An-
nahmen seien voraussichtlich zu niedrig. Die Kommunen
lehnten jede Mehrbelastung strikt ab. Für die Umsetzung des
Bildungs- und Teilhabepakets fehlten bisher maßgebende
Voraussetzungen. Ferner müsse – anders als geplant – eine
Verpflichtung der Kommunen zum Erlass von Satzungen
über die Höhe der KdU unterbleiben. Künftig müsse sich der
Bund mit einer an den tatsächlichen Ausgaben gemessenen
Quote daran beteiligen.

Der Deutsche Richterbund begrüßt die Intention des Ge-
setzgebers, durch die Reform die Sozialgerichtsbarkeit zu
entlasten. Man solle dabei allerdings Regelungen vermeiden,
die absehbar zu weiteren Belastungen führten. Daher solle
man besonders die im Gesetzentwurf angelegte Zusammen-
fassung der Bedarfe „Regelleistung“, „Mehrbedarfe“, „Kos-
ten der Unterkunft“ und „Kosten der Heizung“ zu einer ein-
heitlichen, nicht mehr trennbaren Leistung nicht weiter ver-
folgen. Nach dem Amtsermittlungsgrundsatz müssten sonst
alle genannten Bedarfe in jedem Gerichtsverfahren überprüft
werden – unabhängig davon, ob es den Beteiligten darum
überhaupt gehe. Im Gesetz sollte klargestellt werden, dass
die einzelnen, abgrenzbaren Anspruchselemente, wie KdU,
im Bundesgebiet erreicht oder bestehende Defizite im Ver-
waltungsvollzug verringert werden. Der Bund begebe sich

Regelleistung und Mehrbedarfe, als jeweils eigenständige
Streitgegenstände isoliert gerichtlich überprüft werden

Drucksache 17/4095 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

könnten. Zu begrüßen sei auch die Intention des Gesetzge-
bers, die Sanktionsregelungen nach § 31 SGB II zu verein-
fachen. Um Unklarheiten zu vermeiden, sollte auf die Syste-
matik des § 48 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 SGB X zurückge-
griffen werden – statt alternativ zur Belehrung über die
Rechtsfolgen, die Kenntnis des Leistungsberechtigten über
seine Pflichten vorauszusetzen. Begrüßt wird weiter die
Absicht des Gesetzgebers, die Kosten der Unterkunft und
Heizung durch Satzungsermächtigung transparent und
rechtssicher auszugestalten. Im Interesse der Rechtssicher-
heit sollten aber Grundsätze für die Ermittlung angemesse-
ner Kosten der Unterkunft und Heizung im Gesetz konkreter
geregelt werden.

Der Bundesvorstand des Bundes der Deutschen Katholi-
schen Jugend (BDKJ) begrüßt grundsätzlich die geplanten
Bildungs- und Teilhabeleistungen für Kinder und Jugend-
liche. Die Förderung soziokulturellen Teilhabe bedeute ei-
nen deutlichen Fortschritt. Allerdings sei mit dem vorgese-
henen Betrag von zehn Euro umfassende Teilhabe nicht zu
erreichen. Die Regelungen zur Lernförderung gingen nicht
weit genug. Da das Bildungssystem seinen Förderauftrag un-
zureichend erfülle, bestehe flächendeckend Nachhilfebedarf.
Daher müsse der Anwendungsbereich der Lernförderung er-
weitert werden, u. a. auf eine Verbesserung der Schulartemp-
fehlung. Ferner müsse Lehrmittelfreiheit sichergestellt wer-
den. Die Regelung zum Schulmittagessen sei zu begrüßen,
es müsse aber auf eine stigmatisierungsfreie Umsetzung ge-
achtet werden. Das gelte auch bei Teilhabeleistungen durch
Gutscheine. Daher unterstütze der Verband die Einführung
einer Bildungschipkarte. Der Aufwand für die oft ehrenamt-
lich erbrachte Jugendarbeit müsse aber begrenzt werden. Be-
grüßt wird auch, dass bei Schulausflügen künftig tatsäch-
liche Aufwendungen als zusätzlicher Bedarf anerkannt wer-
den sollten. Dies solle man auf Ferienfreizeiten ausdehnen.
Zu den Änderungen bei Sanktionsregelungen ohne schrift-
liche Rechtsfolgenbelehrungen wird angemerkt, dass dies
dem Rechtssystem widerspreche. Außerdem dürften Sank-
tionsregelungen für Jugendliche zwischen 15 und 25 Jahren
nicht härter als die für Erwachsene sein. Gerade bei Jugend-
lichen könne mit flexibler pädagogischer Intervention ge-
zielt Wirkung erreicht werden. Zu den Regelsätzen: Die Be-
rechnungsgrundlagen seien im Bereich Kinder und Jugend-
liche nur teilweise nachvollziehbar. Sie orientierten sich of-
fensichtlich nicht am tatsächlichen Bedarf, sondern seien
prozentual vom Familieneinkommen nach EVS abgeleitet.
Bei den älteren Jugendlichen führe die zu geringe Fallzahl zu
Verzerrungen. So sei es unrealistisch, den Bedarf der älteren
Altersgruppe bei den Ausgaben für Freizeit und Kultur am
niedrigsten anzusetzen. Insgesamt erfüllten die festgesetzten
Regelbedarfssätze das Kriterium einer armutsfesten Siche-
rung nicht.

Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge
spricht sich ebenfalls dafür aus, die termingebundene Neu-
bemessung der Regelbedarfe von den weiteren, hiermit nicht
verknüpften Gesetzesvorhaben abzutrennen. Insbesondere
die vorgesehenen Regelungen zur Satzungsermächtigung
und zu den Sanktionen bedürften einer vertieften Erörterung.
Die vorgesehene Neuregelung der Regelbedarfe für Minder-
jährige erfolge auf einer geeigneten methodischen Grund-
lage. Die Regelbedarfsstufen 2 und 3 würden hingegen ohne

teilweise auf wissenschaftlicher Forschung, vor allem, was
den Ernährungsbereich angeht. Sie seien also realitätsge-
recht, transparent und geeignet. Des Weiteren könnten die
Leistungen für Bildung und Teilhabe in der Regel nicht
durch die Jobcenter erbracht werden. Effektiver wäre hier
eine kommunale Aufgabenwahrnehmung.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrts-
pflege (BAGWF) fordert an der bisherigen Referenzgruppe
der untersten 20 Prozent der nach Nettoeinkommen ge-
schichteten Einpersonenhaushalte festzuhalten. Der Metho-
denwechsel im Gesetzentwurf werde nicht nachvollziehbar
begründet. So entstehe der Eindruck, dass damit ein sonst ge-
botener Anstieg des Regelbedarfs für Alleinstehende verhin-
dert werden solle. Zum Bildungs- und Teilhabepaket: Die in
§ 4 Absatz 2 SGB II neu vorgesehene Aufgabenzuweisung
drohe die Jobcenter in fachlicher, personeller und finanziel-
ler Hinsicht zu überfordern. Der Aufbau von Doppelstruktu-
ren solle vermieden und die Kompetenzen der Jugendämter
genutzt werden. Der Anwendungsbereich der grundsätzlich
begrüßenswerten Einführung der Lernförderung werde aus
pädagogisch nicht nachvollziehbaren Gründen zu stark ein-
geschränkt. Dies stehe im Widerspruch zum Ziel der Chan-
cengleichheit aller Kinder und Jugendlichen. Bei der Umset-
zung durch Gutscheine seien kontraproduktive Effekte zu
befürchten, wie Kosten für bisher kostenlose Angebote oder
durch Anwendung des Vergaberechts. Die BAGFW begrüßt,
dass auch Kinder von Geringverdienern zu den Anspruchs-
berechtigten zählten. Kinder von Beziehern der Leistungen
nach Asylbewerberleistungsgesetz sollten einbezogen wer-
den. Zudem sollten die weiteren Änderungen im SGB II und
SGB XII in einem gesonderten Gesetzgebungsverfahren
behandelt werden, um eine fachlich fundierte Auseinander-
setzung zu ermöglichen.

Der Ausbau von Bildungs- und Teilhabeleistungen ist nach
Ansicht des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverban-
des unzureichend und aus kinder- und jugendpolitischer zum
Teil kontraproduktiv, da sich die tatsächlichen Leistungsaus-
weitungen auf wenige Bereiche beschränken. Das Bildungs-
und Teilhabepaket führe zu Mehrausgaben in Höhe von
586 Mio. Euro in 2011 und 621 Mio. Euro in 2012. Die
Bürokratiekosten in Höhe von 136 Mio. Euro in 2011 bzw.
110 Mio. Euro in 2012 für die Umsetzung in Form eines
extrem aufwendigen Gutscheinsystems und für den erheb-
lichen Prüfaufwand stünden in einem krassen Missverhältnis
zur Höhe der Leistungen. Auch führe der Gesetzentwurf in
diesem Bereich zu Doppelzuständigkeiten und unnötiger
Bürokratie. Grundsätzlich sollte die Förderung von Kindern
in Hartz-IV-Bezug im Rahmen des SGB VII und nicht des
SGB II erfolgen. Den Mehrausgaben für das Bildungspaket
und denen für die Erhöhung der Regelsätze in Höhe von
270 Mio. Euro stünden allerdings Kürzungen im Bereich
SGB II im Umfang von 3,9 Mrd. Euro gegenüber, was eine
skandalöse Umverteilung zu Lasten einkommensschwacher
Familien darstelle.

Nach Einschätzung des Paritätischen Gesamtverbandes
lässt der vorgelegte Gesetzentwurf wesentliche Vorgaben
aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts außer acht
und ist aus kinder- und jugendpolitischer Perspektive in vie-
lerlei Hinsicht kontraproduktiv. Es fehle u. a. an einer sach-
bedarfstheoretisch fundierte Begründung festgesetzt. Die
Verteilerschlüssel seien veröffentlicht worden und beruhten

und realitätsgerechten Neuberechnung der Regelbedarfe für
Erwachsene und Kinder. Alle punktuellen Nachbesserungen

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 9 – Drucksache 17/4095

könnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Gesamtleis-
tungen für Familien im Hartz IV-Bezug weder wirklichkeits-
noch bedarfsgerecht seien. Nach Berechnungen des Paritäti-
schen müsse der Regelbedarf für Erwachsene unter der Vor-
aussetzung, dass die Möglichkeit der Gewährung einmaliger
Leistungen für größere Anschaffungen wieder eingeführt
werde, 416 Euro monatlich betragen. Die Berechnungen der
Bundesregierung zu den Regelsätzen für Kinder und Jugend-
liche seien statistisch kaum haltbar und im Ergebnis reali-
tätsfremd. Die Bundesregierung müsse ermitteln, was ein
Kind wirklich brauche. Schnellstmöglich müssten die Kin-
derregelsätze auf der Grundlage verlässlicher Daten und un-
ter Berücksichtigung des Bedarfes neu berechnet werden.
Ferner sei der Ausbau von Bildungs- und Teilhabeleistungen
unzureichend. Entgegen öffentlicher Verlautbarungen redu-
zierten sich die tatsächlichen Leistungsausweitungen auf-
grund des Bildungs- und Teilhabepaketes auf wenige Leis-
tungsbereiche. Leistungen für mehrtägige Klassenfahrten
würden beispielsweise bereits jetzt übernommen. Neu sei
lediglich die begrenzte Übernahme der Kosten für eintägige
Schulausflüge. Die vorgesehene Teilübernahme der Kosten
für ein schulisches Mittagessen sei derzeit nur für rund
15 Prozent der Kinder möglich. Die Umsetzung der Bil-
dungs- und Teilhabeleistungen werde gleichzeitig zu erheb-
lichen Verwaltungskosten führen.

Der Sozialverband Deutschland (SoVD) verwies darauf,
dass die mit dem Gesetzentwurf vorgelegte Ermittlung der
Regelbedarfe für das Existenzminimum vor dem Hinter-
grund des Bundesverfassungsgerichtsurteils in zahlreichen
Punkten angreifbar sei. Die Kritik, die Regelbedarfe seien
mithilfe von Tricks herunter gerechnet worden, lasse sich
auch bei eingehendem Studium des Entwurfs nicht entkräf-
ten. So werde bei der Abgrenzung der Referenzhaushalte zu-
nächst das untere Fünftel aller in der EVS befragten Haus-
halte abgeschichtet und anschließend die Sozialhilfe- und
Grundsicherungsbeziehenden herausgerechnet. Das senke
letztlich den Regelsatz. Dass „Aufstocker“ in der Berech-
nung enthalten seien und „verdeckt Arme“ nicht herausge-
rechnet würden, könne zudem zu Zirkelschlüssen führen.
Des Weiteren würden zahlreiche Ausgabepositionen der je-
weiligen Referenzgruppen nicht bei den Regelbedarfen be-
rücksichtigt. Das Bundesverfassungsgericht habe in seinem
Regelsatzurteil hervorgehoben, dass die verfassungsrecht-
liche Pflicht zur Gewährleistung des Existenzminimums sich
gerade nicht auf das „nackte Überleben“ beschränken dürfe,
sondern die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermögli-
chen müsse. Im Übrigen müssten die Regelbedarfe so be-
messen sein, dass ein Ausgleich zwischen den Positionen
möglich bleibe. Vor diesem Hintergrund lehne der SoVD die
Nichtberücksichtigung von Alkohol und Tabak sowie von
Gaststättendienstleistungen mit Nachdruck ab. Nicht nach-
zuvollziehen sei die Regelbedarfsstufe 3 und die damit ein-
her gehende Ungleichbehandlung zwischen erwachsenen
Personen im SGB II und SGB XII. Ferner stelle das Bil-
dungs- und Teilhabepaket grundsätzlich eine Leistungsaus-
weitung zugunsten der begünstigten Kinder und Jugend-
lichen dar – mit Ausnahme der Leistungen für den persön-
lichen Schulbedarf und für mehrtägige Klassenfahrten, die
schon jetzt erbracht würden. Die vorgeschlagene Gutschein-
regelung stelle allerdings eine massive Hürde dar – einerseits

SoVD fordert deshalb, von den Gutscheinregelungen abzu-
sehen. Auch die diskutierte Chipkarte stelle keine Lösung
dar. Weiterer Kritikpunkt sei die Möglichkeit für Kommu-
nen, die Leistungen für Unterkunft und Heizung durch Sat-
zung zu pauschalieren. Die SGB-II-Leistungen könnten in
diesem Fall das verfassungsrechtlich geschützte Existenzmi-
nimum unterschreiten. Darüber hinaus fordert der SoVD, die
angekündigte Reform der Hinzuverdienstregelungen mit der
Einführung eines bundeseinheitlichen gesetzlichen Mindest-
lohns zu verbinden.

Die Sachverständige Dr. Irene Becker kritisiert, dass zen-
trale Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts mit dem vor-
liegenden Entwurf nicht erfüllt würden. Das betreffe beson-
ders 1. die unzureichende Bereinigung der Grundgesamtheit,
die zur Vermeidung von Zirkelschlüssen erforderlich sei;
2. die Ableitung des elterlichen Bedarfs aus dem Ausgabe-
verhalten von Alleinstehenden; 3. die unterschiedliche Ab-
grenzung der Referenzeinkommensbereiche der beiden in
die Berechnungen einbezogenen Haushaltstypen; 4. die weit
reichende Vermischung von Statistik- und Warenkorbmodell
mit der Folge, dass der dem Statistikmodell immanente Aus-
gleich über- und unterdurchschnittlicher Bedarfe gefährdet
sei; 5. die unzureichende Ermittlung des Bedarfs an Kommu-
nikationsdienstleistungen (Ausklammerung der Nutzung
von Mobiltelefonen) und Verkehrsmitteln sowie des Nah-
rungsmittelbedarfs von Jugendlichen; 6. die Einführung des
Sachleistungsprinzips bei Freizeitaktivitäten von Kindern
und Jugendlichen, das zur Ungleichbehandlung von Kindern
mit unterschiedlichen Begabungen und Interessen führe und
einer diskriminierungsfreien Bedarfsdeckung entgegen-
stehe; 7. die vorgesehenen Möglichkeiten zur Pauschalie-
rung der zu gewährleistenden Kosten der Unterkunft bzw.
zur Abgabe der dem parlamentarischen Gesetzgeber zuge-
wiesenen Verantwortung der Existenzsicherung an eine
niedrigere Instanz, welche die Gefahr impliziere, dass die
derzeitigen Angemessenheitsgrenzen deutlich gesenkt wür-
den mit der Folge einer Verschärfung der prekären Situation
der Familien im Grundsicherungsbezug. Den mit den An-
trägen der Fraktionen DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN und SPD eingebrachten Stellungnahmen und For-
derungen stimmt die Sachverständige weitgehend zu.

Der Sachverständige Dr. Jürgen Borchert äußert verfas-
sungsrechtliche Bedenken. Zweifel gebe es bei der Festle-
gung der Regelsätze etwa an der Auswahl der 15 Prozent in
der Referenzgruppe, an der unvollkommenen Separierung
der verdeckt Armen aus der EVS-Stichprobenauswertung
und am Berechnungsverfahren insoweit, als die Werte der
Einpersonenhaushalte auf die Familienhaushalte übertragen
würden. Dies sei besonders fragwürdig. Außerdem werde
die Statistikmethode durch etliche Positionen verunreinigt,
wo man nach Warenkorbaspekten Verbräuche herausgenom-
men habe. Dann seien mehrere Gruppen im Verteilungs-
schlüssel zu gering bemessen. Auch gebe es auffallende
Ungereimtheiten im Detail. Beispielsweise werde bei den
Angaben für Alkohol und Tabak unterstellt, dass 13- bis
17-Jährige mehr tränken und rauchten als ihre Eltern. Die
Mobilitätsausgaben seien für 6- bis 12jährige höher als für
13- bis 17-Jährige u. v. a. m. Zum jetzigen Zeitpunkt sei der
vorliegende Gesetzentwurf nicht anders handhabbar als
durch den Versuch einer erneuten Vorlage beim Bundesver-
durch öffentliche Stigmatisierung; andererseits durch erheb-
lichen bürokratischen Aufwand bei der Abrechnung. Der

fassungsgericht. Dabei solle zudem erneut einen Aspekt
herausgreifen, der in dem Urteil des Bundesverfassungs-

Drucksache 17/4095 – 10 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

gerichts zu kurz gekommen sei, nämlich die Frage der Will-
kürkontrolle nach Artikel 3 Absatz 1 und 6 Absatz 1. Es habe
sich nämlich herausgestellt, dass die Bedarfe von Familien-
haushalten auch pro Kopf gerechnet weit über denen von
Einpersonenhaushalten lägen.

Die Sachverständige Dr. Christine Fuchsloch empfiehlt in
ihrer Gesamtbewertung, im laufenden Gesetzgebungsver-
fahren bei der Regelleistungsanpassung einen tragfähigen
politischen Kompromiss bei der Modifizierung der Refe-
renzhaushalte und/oder den normativen Bewertungen bei
den Verbrauchsabgaben zu finden. Außerdem müsse man
das Bildungs- und Teilhabepaket für Kinder und Jugendliche
grundlegend verändern, indem innerhalb des bisherigen
Leistungssystems ein Teil der beabsichtigten Leistungen im
Rahmen des Sozialgeldes pauschaliert, ein Teil als Mehrbe-
darf ausgestaltet und in eine Härtefallklausel aufgenommen
werde. Weiter solle man die Satzungslösung als Option für
die Kommunen bei den Kosten der Unterkunft grundsätzlich
einführen, aber die Details der Ausgestaltung noch einmal in
einem fachlichen Diskussionsprozess erörtern. Die übrigen
beabsichtigten Änderungen des Gesetzes solle man bei Her-
ausnahme einzelner Leistungsverschlechterungen verab-
schieden und weitere Veränderungen des SGB II und
SGB XII im Hinblick auf eine klare Trennung der Leistungs-
systeme und eine größere Verständlichkeit der Verwaltungs-
entscheidungen baldmöglichst vorbereiten. Grundsätzlich
sollten Regelungen zur Veränderung der Grundsicherung für
Arbeitsuchende auf eine größere Akzeptanz, bessere Ver-
ständlichkeit sowie Richtigkeit der Behördenentscheidungen
und ein stringenteres sowie folgerichtigeres Leistungsrecht
zielen. Trotz deutlicher gesetzestechnischer Verbesserungen
würden diese Ziele bei einer Gesamtbetrachtung durch den
vorliegenden Gesetzentwurf insgesamt nicht erreicht. Viele
gute Ansätze, etwa bei der Einkommensbe- und -anrechnung
sowie der Systematik der Sanktionsbescheide, seien mit ein-
zelnen Leistungsverschärfungen verbunden, die im Rahmen
einer besseren Verständlichkeit des Gesetzes und der Not-
wendigkeit einer Anpassung an die höchstrichterliche Recht-
sprechung nicht gerechtfertigt werden könnten.

Der Sachverständige Rüdiger Böker stellt fest, dass der
vorliegende Gesetzentwurf die vom Bundesverfassungsge-
richt vorgegebenen Anforderungen an „Transparenz“ und
„Nachvollziehbarkeit“ nicht erfülle. Für die Bemessung des
menschenwürdigen Existenzminimums mit einem selekti-
ven Additions-Verfahren seien die Vorgaben im Gesetzent-
wurf nicht geeignet. Ferner sei der vom BVerfG verlangte
Ausschluss von Haushalten mit Einkommen unterhalb der
Sozialhilfeschwelle aus der EVS-2008-Referenzgruppe miss-
achtet worden. Auch sei nicht ersichtlich, welche Ausgabe-
Positionen der EVS-Referenz-Haushalte in der Leistung ent-
halten sein sollten. Die Berechnung „abweichender“ Bedarfe
sei mit den bisher veröffentlichten Daten ebenfalls nicht
möglich. Die verwendeten Klassifizierungen, Bezeichnun-
gen und Code-Nummern für Ausgaben widersprächen den
vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Systematiken
der Strukturierung von Ausgaben im Rahmen einer Ein-
kommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) SEA 98. Des
Weiteren habe das BVerfG „Kürzungen“ von den Gesamt-
ausgaben der EVS-Referenz-Haushalte für zulässig erklärt,
der Gesetzentwurf enthalte jedoch keine derartigen „Kür-

inkonsequent. Statt lediglich einige ausgewählte regelbe-
darfsrelevante Positionen zu addieren, hätten die Ausgaben
von Haushalten mit Angabe der Code-Nummer („Durch-
schnittliche Wertangabe der jeweiligen Haushalte mit An-
gabe der Code-Nummer“) addiert werden müssen, um sys-
temkonform zu bleiben. Zudem seien die als „notwendig“
eingestuften Güter und Dienstleistungen zu der dort berück-
sichtigten Höhe der Ausgaben am Markt nicht erhältlich. Bei
einer verfassungskonformen Umsetzung der Sonderauswer-
tung der EVS 2008 errechnet der Sachverständige bei
Zugrundelegen der Referenzgruppe der untersten 15 Prozent
einen Leistungsanspruch für Einpersonenhaushalte von mo-
natlich mindestens 540 Euro. Wenn die untersten 20 Prozent
zugrunde gelegt werden, betrage diese Summe mindestens
565 Euro – bei beiden Summen seien die verdeckt Armen
noch nicht aus der Rechnung herausgenommen.

Der Sachverständige Guido Grüner kritisiert, dass der Ge-
setzentwurf die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts
nicht umsetze. Danach sollten Regelleistungen und Regel-
sätze unter Beachtung der Menschenwürde nachvollziehbar
und realitätsgerecht bestimmt werden und ein menschenwür-
diges Leben auch von Kindern, Jugendlichen sowie von
Menschen mit besonderem Bedarf sichern. Die Regelleis-
tung sei zu niedrig angesetzt und so mit diesem Gesetz für
rund 20 Millionen Menschen in der Bundesrepublik mittel-
fristig ein Leben in Mangel und Unterversorgung festge-
schrieben. Unterversorgung infolge der unzureichenden Re-
gelleistung könne an den Beträgen für wichtige Ausgaben-
gruppen wie Ernährung, Bekleidung und Mobilität ohne
weiteres abgelesen werden. Allein für Lebensmittel müsse
die Regelleistung um mindestens 80 Euro höher sein. Mit
Blick auf die Wohn- und Lebensqualität in der Bundesrepu-
blik sollten einheitliche Wohnflächenstandards gerade für
einfache Wohnungen beibehalten werden. Ferner sprächen
gute Gründe dafür, für Schul- und entwicklungsbedingte Be-
darfe Gelder nach individuell erforderlichen Kosten vorzu-
sehen – statt unzureichende Pauschalen festzulegen. Hin-
sichtlich des Gebotes eines fairen Verwaltungsverfahrens im
Rechtsstaat sei es zudem unzulässig, Korrekturmöglichkei-
ten zu Gunsten von Leistungsberechtigen drastisch einzu-
grenzen. Darüber hinaus würden die im Gesetzentwurf vor-
geschlagenen Regelungen verkennen, dass Leben in der
Bundesrepublik immer gesellschaftliches Leben sei mit da-
raus resultierenden Kosten für die Teilnahme. Nur einzelne
der im Gesetzentwurf vorgelegten Einzelregelungen zielten
in eine nachvollziehbare und realitätsgerechte Richtung,
z. B. die Anerkennung zusätzlicher Leistungen für (eintä-
gige) Klassenausflüge und der Kosten von Ausflügen der
Kindertagesstätten.

Der Sachverständige Norbert Struck sieht Defizite bei
Umsetzung und Begründung des geplanten Bildungs- und
Teilhabepakets für Kinder und Jugendliche. Am problema-
tischsten sei die mit § 28 Absatz 6 entwickelte Lösung für
die Teilhabe. Diese ignoriere, dass die Kinder- und Jugend-
hilfe schon immer erhebliche Leistungen zur Verwirklichung
von Teilhabe erbringe. Die vorgesehene Förderung der
Teilhabe am soziokulturellen Leben mit einem Betrag von
10 Euro monatlich überschneide sich weitestgehend mit den
Leistungen nach § 11 SGB VIII Absatz 3 mit dem Schwer-
punkte Jugendarbeit. Es sei nicht ersichtlich, welche Leis-
zungen“, sondern nur vereinzelte Ausgabe-Positionen, die
addiert würden. Das vorgesehene Berechnungsverfahren sei

tungen außerhalb der Kinder- und Jugendhilfe hier – außer
vielleicht den Beiträgen zu Sportvereinen – gemeint sein

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 11 – Drucksache 17/4095

könnten. Eine naheliegende Lösung sei es vielmehr, die
„Kann-Norm“ des § 90 Absatz 2 Satz 1 SGB VIII in eine
„Soll-Norm“ zu ändern und den Kommunen entsprechende
finanzielle Kompensation zu geben. Würden die für die För-
derung von Teilhabe in § 28 Absatz 6 vorgesehenen Mittel
dem Regelbedarf zugeschlagen, ergäben sich daraus keine
strukturellen Probleme. Durch die vorgesehene Lösung aber,
dass für diesen Teilhabebetrag ausdrücklich nur persona-
lisierte Gutscheine oder Kostenübernahmeerklärungen vor-
gesehen würden, werde ein konkurrierendes System zur
Teilhabeermöglichung der Kinder- und Jugendhilfe auf-
gebaut. Aus seiner ökonomischen Logik heraus gefährde
dieses die Infrastruktur für Kinder und Jugendliche sogar
erheblich. Es werde zu seiner Etablierung ganz erheblichen
bürokratischen und finanziellen Aufwand erfordern – gleich
ob es über Gutscheine, Chips oder Kostenübernahmeerklä-
rungen abgewickelt werde.

Die Sachverständige Prof. Dr. Anne Lenze greift u. a. auf,
dass die Regelsatzermittlung für Erwachsene nicht mehr auf
den nach dem Einkommen untersten 20 Prozent der Einper-
sonenhaushalte beruhe, sondern auf den untersten 15 Pro-
zent. Dies reduziere den oberen Grenzwert der betrachteten
Einkommen von 940 auf 901 Euro monatlich. Es müsse da-
von ausgegangen werden, dass die übrigen im Urteil vorge-
brachten verfassungsrechtlichen Einwände umso schärfer
wiegen, wenn schon am Anfang des Berechnungsverfahrens
eine Stellschraube zu Lasten der Leistungsberechtigten an-
gezogen werde. Je niedriger von vornherein das Einkommen
der Referenzgruppe festgelegt werde, umso strenger werde
die weitere Prüfung ausfallen. Summierten sich restriktive
Vorgehensweisen, so bestehe letztendlich die Gefahr, dass
das menschenwürdige Existenzminimum nicht mehr garan-
tiert werden könne. Einiges deute darauf hin, dass das Bun-
desverfassungsgericht bei der Bemessung des menschen-
würdigen Existenzminimum im Hintergrund auch von einem
objektiven Maßstab ausgehe. Darüber hinaus sei der Gesetz-
geber seiner Pflicht nicht nachgekommen, die verdeckt Ar-
men aus der Stichprobe heraus zu rechnen. Das verschärfe
das Problem. Bei der Festlegung des neuen Kinderbedarfes
werde an einigen Stellen erneut mit der „Schätzung ins
Blaue“ hinein operiert. Nach den Anforderungen des
BVerfG an ein transparentes, realitätsgerechtes und auf
belastbaren Daten beruhenden Verfahren habe das zu unter-
bleiben.

Nach Einschätzung der Sachverständigen Martina
Schmiedhofer würden sich die Defizite der Bundesbeteili-
gung an den kommunalen Ausgaben für das SBG II durch
den Gesetzentwurf verschärfen. Die ausschließliche Orien-
tierung an der Zahl der Bedarfsgemeinschaften habe in den
zurückliegenden Jahren zu einer permanenten Steigerung
der kommunalen Ausgaben geführt. Einsparungen gebe es
bei den Bundesleistungen – die Ursache dafür liege in der
Systematik, dass Einkommen immer zuerst auf Bundesleis-
tungen anzurechnen sei. Die Erwerbseinkommen von Leis-
tungsbeziehern hätten tatsächlich zugenommen, aber haupt-
sächlich bei geringfügig entlohnter Beschäftigungen. Die
Nachrangigkeit der durch die Kommunen zu finanzierenden
Unterkunftskosten gebe dem Bund einen Anreiz, auf einen
flächendeckenden Mindestlohn zu verzichten und verstärkt
Kombi-Lohnmodelle durchzusetzen. Der vorliegende Ge-

Sicht sei auch die Einräumung eines Satzungsrechts zur An-
gemessenheit der Unterkunftskosten für die Kommunen
nicht akzeptabel. Die bisherige Möglichkeit zum Erlass einer
Rechtsverordnung sei nicht genutzt worden, da eine transpa-
rente und rechtssichere Regelung zur Angemessenheit nicht
möglich erschienen sei. Die Satzungsmöglichkeit ändere an
dieser Situation nichts, sondern delegiere lediglich die Auf-
gabe an die Kommunen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Zu den Buchstaben a und b

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Gesetzent-
würfe auf Drucksachen 17/3404 und 17/3958 in seiner 42. Sit-
zung am 1. Dezember 2010 abschließend beraten und dem
Deutschen Bundestag mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die
Zusammenführung der beiden Vorlagen sowie die Annahme
des zusammengeführten Gesetzentwurfs in der vom Aus-
schuss geänderten Fassung empfohlen.

In der 42. Sitzung hat der Ausschuss außerdem zwei Ände-
rungsanträge der Fraktion DIE LINKE. zu dem Gesetzent-
wurf auf Drucksache 17/3404 auf Ausschussdrucksachen
17(11)352 und 17(11)353 beraten. Mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stim-
men der Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurde der Ände-
rungsantrag auf Ausschussdrucksache 17(11)352 abgelehnt.
Mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wurde der Änderungsantrag
auf Ausschussdrucksache 17(11)353 abgelehnt.

Die Änderungsanträge werden im Folgenden dokumentiert:

Änderungsantrag 17(11)353

Der Ausschuss wolle beschließen:

In Artikel 1 – Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach
§ 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – wird § 8 (Re-
gelbedarfsstufen) wie folgt geändert:

1 Absatz 1 wird wie folgt geändert:

a) Nummer 3 wird aufgehoben.

b) Die Nummern 4 bis 6 werden Nummern 3 bis 5.

2. In Absatz 2 werden nach der Angabe „Absatz 1“ die
Wörter „Nummer 4 bis 6“ durch die Wörter „Nummer 3
bis 5“ ersetzt.

Begründung

§ 8 Abs. 1 führt eine neue Regelbedarfsstufe in das Sozialhil-
ferecht ein. Die neue Regelbedarfsstufe 3 betrifft erwachsene
Personen, die keinen eigenen Haushalt führen, weil sie in
einem Haushalt mit anderen leistungsberechtigten erwach-
senen Personen leben. Der entsprechende Bedarf wird auf
291 Euro festgelegt. Betroffen sind von dieser Regelung ins-
besondere Menschen mit Behinderungen, die bei ihren
Eltern leben sowie Menschen in Einrichtungen.

In der bisherigen sozialhilferechtlichen Praxis steht über

setzentwurf verschärfe diese Situation erneut durch die Er-
weiterung der Zuverdienstmöglichkeiten. Aus kommunaler

25-jährigen Menschen, die in einem Haushalt mit anderen
erwachsenen Leistungsberechtigten leben, analog zu den

Drucksache 17/4095 – 12 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Regelungen im SGB II ein Regelsatz von 100% zu. Eine vom
SGB II abweichende Praxis wurde in einer Entscheidung des
Bundessozialgerichts vom 19.05.2009 mit der Begründung
verworfen, dass für eine andere Praxis als im SGB II kein
sachlicher Grund erkennbar sei (Bundessozialgericht B 8
SO 8/08/ R). Diese Rechtsprechung wird durch das vorlie-
gende Gesetz revidiert. Die Unterstützung wird für die leis-
tungsberechtigten Personen von 100% auf 80% des Regel-
satzes für Alleinstehende gedrückt - dies bedeutet eine dras-
tische Kürzung von mehr als 70 Euro. Eine überzeugende
Begründung für die Kürzung ist dem Gesetzentwurf nicht zu
entnehmen.

Auf eine spezielle Sonderauswertung der Einkommens- und
Verbrauchsstichprobe zur Begründung einer neuen eigen-
ständigen Regelbedarfsstufe wurde verzichtet. Insofern trifft
hier zusätzlich die Kritik des Bundesverfassungsgerichts
vom 9. Februar 2010, nach der freihändige Festsetzungen
sowie Schätzungen ins Blaue unzulässig sind.

Änderungsantrag 17(11)352

Artikel 2 - Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch -
wird wie folgt geändert:

1) Nr. 1 wird wie folgt geändert:

a) In Buchstabe d) wird „Unterabschnitt 5“ wie folgt
gefasst:

„Sanktionen

§§ 31–32 (weggefallen)“.

b) Buchstabe e) wird wie folgt gefasst:

„e)Die Angabe zu § 39 wird wie folgt gefasst:

§ 39 (weggefallen)“.

c) Der bisherige Buchstaben e) wird Buchstabe f).

d) Buchstabe g) wird wie folgt gefasst:

„g)Die Angabe zu § 43 wird wie folgt gefasst:

§ 43 (weggefallen)“.

e) Die bisherigen Buchstaben g) bis j) werden die Buch-
staben h) bis k).

2) In Nr. 31 werden die §§ 31 - 32 aufgehoben.

3) Nr. 32 wird wie folgt geändert:

a) § 39 wird aufgehoben.

b) § 43 wird aufgehoben.

Begründung

A. Allgemeines

1. Sanktionen bedeuten eine verfassungswidrige Unter-
schreitung des menschenwürdigen Existenzminimums.

Mit Urteil vom 9. 2. 2010, – 1 BvL 1/09 – (NZS 2010, 270 ff.)
begründet das BVerfG den Anspruch auf die Gewährleistung
eines menschenwürdigen Existenzminimums mit expliziter
Bezugnahme auf die Menschenwürde. Unscheinbar und
schnell überlesen schließt sich an die bekannte Formel der
neue Satz an: „Art. 1 Absatz 1 GG begründet diesen An-
spruch“ (BVerfG, a.a.O., Seite 274). Im folgenden Absatz lei-
tet es allein aus Art. 1 Abs. 1 GG einen Leistungsanspruch

rielle Unterstützung gesichert werden kann“. Zudem muss
der Leistungsanspruch so ausgestaltet sein, dass er stets den
gesamten existenznotwendigen Bedarf jedes individuellen
Grundrechtsträgers deckt (vgl. BVerfG a.a.O.). Nach der
Rechtsprechung lässt sich daher festhalten, dass Art.1 Abs. 1
Satz 2 GG auch Schutz vor materieller Not begründet. Für
die Sanktionen fehlt es damit aber an einer Legitimierung
durch das Grundgesetz. Für bisherige Versuche Sanktionen
zu begründen, verbleibt kein Raum mehr. Wenn die Gewähr-
leistung eines Existenzminimums Teil der Menschenwürde-
garantie und der daraus folgenden Schutzpflicht des Staates
ist, dann gilt dies in der entwickelten Würdedogmatik abso-
lut. Die Menschenwürde ist nicht abwägungsfähig mit ande-
ren Grundrechten und sonstigem Verfassungsrecht (vgl. nur
BVerfG, Urteil vom 15.02.2006, – 1 BvR 357/05 – (NJW
2006, 751 ff.); BVerfG, Beschluss vom 14.12.2004, – 2 BvR
1249/04 – (NJW 2005, 656 ff.).

Freilich lässt sich aus der Gewährleistung des Existenzmini-
mums als Teil der Menschenwürdegarantie keine konkrete
Höhe des tatsächlich durch den Sozialstaat zu leistenden Be-
trags ableiten (vgl. Wallerath, Seite 162). Das BVerfG trennt
daher folgerichtig Anspruchsgrund und Anspruchshöhe und
weist letztere dem Gestaltungsauftrag nach Art. 20 Abs.1 GG
zu. Zwangslos ergibt sich daraus, dass jeder Versuch, das so
gefundene und auf nachprüfbarer sachlicher Grundlage er-
mittelte Existenzminimum, das nach Ausführungen des
BVerfG auch die Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen
und politischen Leben umfassen muss, in irgendeiner Form
zu unterschreiten unmittelbar in eine Verletzung des An-
spruchsgrundes umschlägt: ein „bisschen Menschenwürde“
gibt es nicht.

Mit dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzmi-
nimum ist daher eine gesetzliche Regelung unvereinbar, die
zu einer Unterschreitung des Existenzminimums führt. Diese
Konsequenz wird aber durch die Sanktionsregelungen im
SGB II billigend in Kauf genommen.

2. Das Sanktionsregime ist Ausdruck einer verfehlten Akti-
vierungsideologie

Die Sanktionsregelungen stellen das Herzstück einer grund-
rechtswidrigen und sachlich kontraproduktiven Aktivie-
rungsideologie dar. Mit dieser Ideologie werden soziale
Missstände zu einem Ergebnis individuellen Fehlverhaltens
und fehlender Motivation umgedeutet. Massenerwerbslosig-
keit erscheint hier nicht mehr als das strukturelle Ergebnis
des kapitalistischen Wirtschaftssystems, sondern als Folge
individuellen Verhaltens. Das Sanktionsregime verstärkt die
Existenznot bei den Leistungsberechtigten. Es untergräbt
ihre Würde, macht sie zu Objekten der staatlichen Bürokra-
tien und macht diese gegenüber den Zumutungen ausbeute-
rischer Arbeitsverhältnisse wehrlos. Die Politik fördert auf
diese Weise menschenunwürdige Arbeitsbedingungen und
trägt erheblich zu einer Ausweitung des Niedriglohnsektors
bei.

3. Das Sanktionsregime nimmt soziale Verelendung in Kauf
und grenzt aus

In der Sanktionspraxis geht es um die Bestrafung von Men-
schen, die anerkannt leistungsberechtigt sind und denen die
zuständige Behörde ein Fehlverhalten – Verstoß gegen Mel-
aus der Schutzpflicht des Staates her, da „sie [..die Würde je-
des individuellen Menschen..] in Not-lagen nur durch mate-

deauflagen, Vorgaben der Eingliederungsvereinbarung oder
Ablehnung einer zumutbarer Arbeit oder Maßnahme - vor-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13 – Drucksache 17/4095

wirft. Nur in wenigen Fällen ist die Ablehnung einer als zu-
mutbar geltenden Arbeit der Grund der Sanktion (Bundes-
tagsdrucksache 17/1837, S. 3). Die Sanktionsquote unter den
arbeitslosen SGB II Berechtigten lag im Januar 2009 bei
3,7%, bei arbeitslosen Leistungsberechtigten unter 25 Jah-
ren bei fast 10%. Gerade bei diesen jüngeren Hilfeberechti-
gen wird nicht nur häufiger, sondern auch deutlich drasti-
scher sanktioniert: Bei über einem Drittel der 250.000 in
einem Jahr sanktionierten jungen Leistungsbeziehenden
wurden 100% und mehr des Regelleistungsbedarfes gekürzt
(Zeitraum: April 2008 bis März 2009, vgl. Bundestagsdruck-
sache 16/13991, S.17f.).

Über die Auswirkungen der Sanktionen auf die Lebenslagen
und die Verhaltensweisen der betroffenen Personen gibt es
nur wenige Informationen. Nach den verfügbaren Berichten
haben Sanktionierte nur in einem geringen Umfang die Mög-
lichkeit die Einbußen durch alternative Einkommensquellen
zu überbrücken. Soziale Verelendung ist daher ist Folge:
diese zeigt sich beispielsweise in einer massiven Verschlech-
terung des Gesundheitszustandes der betroffenen Personen
– insbesondere aufgrund psychischer Belastungen – und
einem spürbaren Anstieg der Wohnungslosigkeit. Insbeson-
dere bei den Unter-25 jährigen wird die Zunahme der Woh-
nungslosigkeit in einen ursächlichen Zusammenhang mit
den Hartz IV Regelungen gebracht (BAG Wohnungslosen-
hilfe, Pressemitteilung vom 28.1.2008). Übereinstimmend
dokumentieren Berichte, dass Sanktionen die Betroffenen in
einer äußerst unproduktiven Art und Weise „aktivieren“: die
Sanktion ziehe einen „Überlebenskampf“ nach sich, der Zeit
und Energie vollständig binde. Viele, insbesondere junge Er-
werbslose, brechen ihren Kontakt zu den zuständigen Behör-
den ab, wenn sie keine Leistungen mehr bekommen. Damit
verschwinden diese Personen sowohl aus der Statistik als
auch den öffentlichen Unterstützungssystemen. Teilweise
wird auch auf Ausweichreaktionen verwiesen wie die Be-
schaffung des Lebensnotwendigen durch Kleinkriminalität
(Anne Ames: Ursachen und Auswirkungen von Sanktionen
nach § 31 SGB II, NDV 3/2100, S. 11ff.; Susanne Götz u.a.:
Sanktionen im SGB II. Unter dem Existenzminimum, IAB
Kurzbericht 10/2010; Berliner Kampagne gegen Hartz IV:
Wer nicht spurt, kriegt kein Geld, Sanktionen gegen Hartz-
IV-Beziehende. Erfahrungen, Analysen, Schlussfolgerungen.
Berlin 2008).

Für eine grundrechtlich geschützte, verlässliche und men-
schenwürdige Existenzsicherung sind Sanktionen damit
ebenso ungeeignet wie für eine nachhaltige soziale Einglie-
derung.

B. Einzelbegründung

Zu Nummer 2

Da sich der vorliegende Gesetzentwurf bemüht, die An-
spruchshöhe exakt am Existenzminimum auszurichten, sind
die in den §§ 31 - 32 SGB II vorgesehenen Sanktionsnormen
nach der vorgenannten Begründung aufzuheben.

Zu Nummer 3

Durch eine in § 43 vorgesehene Aufrechnungsmöglichkeit
der Leistungen in Höhe von bis zu 30 % wird nach der Kon-
zeption des Gesetzentwurfes die Grenze des Existenzmini-

Nach § 39 haben Widerspruch und Anfechtungsklage – ab-
weichend von der Grundkonzeption des § 86a Absatz 1
SGG – insbesondere gegen Verwaltungsakte, die Leistungen
aufheben, zurücknehmen, widerrufen oder herabsetzen,
keine aufschiebende Wirkung. D.h., dass die Entscheidungen
ihre Wirkung sofort entfalten und keiner Vollzugshemmung
unterliegen. Vor dem Hintergrund der in der Menschenwür-
degarantie verankerten Gewährleistung des Existenzmini-
mums wirft diese Regelung schon im Lichte des Artikels 19
Absatz 4 GG erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken
auf. Zwar gewährleistet Artikel 19 Absatz 4 GG nicht
schlechthin die aufschiebende Wirkung, so dass der Gesetz-
geber berechtigt ist, Ausnahmen vorzuhalten. Dem Anspruch
auf Gewähr effektiven Rechtsschutzes kann zwar dadurch
Rechnung getragen, werden, dass – wie in § 86b SGG vorge-
sehen – Möglichkeiten zur Anordnung der aufschiebenden
Wirkung bestehen. Werden jedoch Leistungen, die das Exis-
tenzminimum gewährleisten, (rechtswidrig) entzogen, was
im Hinblick auf die bisherigen praktischen Erfahrungen
mehr als wahrscheinlich ist, steht eine irreparable Verlet-
zung von Art. 1 Abs. 1 GG im Raum, die so schwerwiegend
ist, dass nachgelagerter Rechtsschutz diese nicht mehr be-
seitigen kann.

Im Übrigen muss das Vollzugsinteresse eines Verwaltungs-
aktes – dies gilt auch für den regelnden Gesetzgeber – durch
ein besonderes öffentliches Interesse gerechtfertigt sein, das
über das Interesse hinausgeht, das den Verwaltungsakt selbst
rechtfertigt. Ein solches besonderes Interesse ist nicht zu er-
kennen. Zweck des § 39 ist rein fiskalischer Natur – er soll
die sofortige Einstellung der Zahlungen ermöglichen und
somit Überzahlungen vermeiden, deren Rückgewähr durch
den Leistungsempfänger unsicher ist (Wagner, in: jurisPK-
SGB II, § 39 Rdnr. 6).

Der Ausschuss wolle beschließen:

In Artikel 1 – Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach
§ 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch – wird § 8 (Re-
gelbedarfsstufen) wie folgt geändert:

1. Absatz 1 wird wie folgt geändert:

a) Nummer 3 wird aufgehoben.

b) Die Nummern 4 bis 6 werden Nummern 3 bis 5.

2. In Absatz 2 werden nach der Angabe „Absatz 1“ die
Wörter „Nummer 4 bis 6“ durch die Wörter „Nummer 3
bis 5“ ersetzt.

Begründung

§ 8 Abs. 1 führt eine neue Regelbedarfsstufe in das Sozialhil-
ferecht ein. Die neue Regelbedarfsstufe 3 betrifft erwachsene
Personen, die keinen eigenen Haushalt führen, weil sie in
einem Haushalt mit an-deren leistungsberechtigten erwach-
senen Personen leben. Der entsprechende Bedarf wird auf
291 Euro festgelegt. Betroffen sind von dieser Regelung ins-
besondere Menschen mit Behinderungen, die bei ihren
Eltern leben sowie Menschen in Einrichtungen.

In der bisherigen sozialhilferechtlichen Praxis steht über
25-jährigen Menschen, die in einem Haushalt mit anderen
erwachsenen Leistungsberechtigten leben, analog zu den
Regelungen im SGB II ein Regelsatz von 100% zu. Eine vom
SGB II abweichende Praxis wurde in einer Entscheidung des
mums unterschritten, so dass die Norm aus den einleitenden
Erwägungen verfassungswidrig ist.

Bundessozialgerichts vom 19.05.2009 mit der Begründung
verworfen, dass für eine andere Praxis als im SGB II kein

Drucksache 17/4095 – 14 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

sachlicher Grund erkennbar sei (Bundessozialgericht B 8
SO 8/08/ R). Diese Rechtsprechung wird durch das vorlie-
gende Gesetz revidiert. Die Unterstützung wird für die leis-
tungsberechtigten Personen von 100% auf 80% des Regel-
satzes für Alleinstehende gedrückt - dies bedeutet eine dras-
tische Kürzung von mehr als 70 Euro. Eine überzeugende
Begründung für die Kürzung ist dem Gesetzentwurf nicht zu
entnehmen.

Auf eine spezielle Sonderauswertung der Einkommens- und
Verbrauchsstichprobe zur Begründung einer neuen eigen-
ständigen Regelbedarfsstufe wurde verzichtet. Insofern trifft
hier zusätzlich die Kritik des Bundesverfassungsgerichts
vom 9. Februar 2010, nach der freihändige Festsetzungen
sowie Schätzungen ins Blaue unzulässig sind.

In der 42. Sitzung hat der Ausschuss außerdem Änderungs-
anträge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Aus-
schussdrucksache 17(11)360 beraten und mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen
der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN abgelehnt. Die Änderungsanträge werden im
Folgenden dokumentiert:

Änderungsantrag 1

Der Ausschuss wolle beschließen:

1. Nach Artikel 11 wird folgender Artikel 12 eingefügt:

„Artikel 12

Änderung des Gesetzes über die Feststellung des Bundes-
haushaltsplans für das Haushaltsjahr 2010 (Haushaltsge-
setz 2010), Einzelplan 11

Die Kürzungen bei den Eingliederungsleistungen für Ar-
beitslosengeld-II-Empfänger werden zurückgenommen. Da-
für ist der Titel 11 12 (Titelgruppe 01) 685 11 – Leistungen
zur Eingliederung in Arbeit – um 1,3 Milliarden Euro zu er-
höhen.“

2. Die bisherigen Artikel 12 und 13 werden die Artikel 13
und 14.

Begründung

Die Langzeitarbeitslosigkeit hat sich im Vorjahresvergleich
praktisch nicht verändert. Gegenüber 2009 ist die Zahl der
erwerbsfähigen Hilfebedürftigen lediglich geringfügig (um
2%) gesunken. Die geplanten Kürzungen – die Mittel für
2011 sollen gegenüber den für 2010 angesetzten Mitteln um
20% sinken – werden unweigerlich auch zu Lasten von
Qualifizierungs- und Umschulungsmaßnahmen gehen. Um
Arbeitslosengeld II-Empfängern neue Jobchancen zu eröff-
nen und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, muss in-
des weitaus stärker als bisher in Weiterbildungsmaßnahmen
investiert werden.

Änderungsantrag 2

Der Ausschuss wolle beschließen:

1. Artikel 2 Nummer 31 wird wie folgt geändert:

a) § 28 wird wie folgt geändert:

aa) Absatz 4 wird wie folgt geändert:

bbb) Nach dem Wort „ergänzende“ werden die
Wörter „, grundsätzlich in vorhandene
schulnahe Strukturen eingegliederte,“ ein-
gefügt.

bb) In Absatz 5 Satz 1 werden nach den Wörtern „in
schulischer Verantwortung“ die Wörter „oder in
Verantwortung öffentlicher oder freier Träger
der Kinder- und Jugendhilfe“ eingefügt.

b) § 29 wird wie folgt geändert:

aa) Absatz 4 wird wie folgt gefasst:

„Auf Verlangen des kommunalen Trägers ist die-
ser mit der Durchführung der Leistungen nach
§ 28 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und Absatz 4
bis 6 zu beauftragen. Für diesen Fall gelten die
§§ 89, 91 bis 92 des Zehnten Buches entspre-
chend mit der Maßgabe, dass sich das Prüf- und
Weisungsrecht in § 89 Absatz 4 und 5 auf die
Rechtmäßigkeit der Leistungserbringung be-
schränkt.“

bb) Absatz 5 wird gestrichen.

2. In Artikel 3 Nummer 12 wird § 34 wie folgt geändert:

a) Absatz 4 wird wie folgt geändert:

aa) Das Wort „schulische“ wird durch das Wort
„unterrichtliche“ ersetzt.

bb) Nach dem Wort „ergänzende“ werden die Wör-
ter „, grundsätzlich in vorhandene schulnahe
Strukturen eingegliederte,“ eingefügt.

b) In Absatz 5 werden nach den Wörtern „in schulischer
Verantwortung“ die Wörter „oder in Verantwortung
öffentlicher oder freier Träger der Kinder und Ju-
gendhilfe“ eingefügt.

Begründung

Zu Artikel 2 (Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetz-
buch)

Zu Nummer 31

Zu § 28

Zu Absatz 4

§ 28 Absatz 4 ist zu modifizieren, um die Teilhabe an Bildung
für bedürftige Kinder und Jugendliche in allen Bereichen si-
cherstellen zu können.

Zu a) und b)

Der Gesetzentwurf will ausweislich der Darstellung in sei-
ner Begründung eine Lernförderung in vorhandenen schul-
nahen Strukturen gewähren. Nur eine ausdrückliche Benen-
nung dieses Umstandes trägt aber den rechtstaatlichen
Grundsätzen der Rechtsklarheit von Rechtsnormen hinrei-
chend Rechnung. Durch die Präzisierung, dass der Unter-
richt ergänzt werden soll, wird klargestellt, dass die zusätzli-
che Lernförderung in die schulischen und schulnahen Lern-
angebote eingebettet werden soll.

Die Rechtssicherheit gebietet, den Regelungsgehalt sowohl
für den Adressaten der Rechtsnorm wie auch für den Rechts-
anwender widerspruchsfrei, klar und verständlich wiederzu-
aaa) Das Wort „schulische“ wird durch das
Wort „unterrichtliche“ ersetzt.

geben. Anwender und Rechtsprechung dürfen in den wesent-
lichen Anliegen einer Regelung nicht auf eine gesetzeskon-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 15 – Drucksache 17/4095

kretisierende Auslegung anhand der Gesetzesbegründung
verwiesen werden.

Das Rechtsstaatsprinzip und das Demokratieprinzip des
Grundgesetzes verpflichten den Gesetzgeber, „die wesentli-
chen Entscheidungen im Schulwesen selbst zu treffen und
nicht der Schulverwaltung zu überlassen“ (BVerfG, Be-
schluss vom 20. Oktober 1981, 1 BvR 640/80, BVerfGE 58,
257-283). Die Beschränkung auf Lernförderung in vorhan-
denen schulnahen Strukturen will der Gefahr vorbeugen,
dass sich Nebenstrukturen zum Schulbetrieb aufbauen und
zielt damit darauf ab, die föderale Kompetenzordnung im
Bildungsbereich einzuhalten. Die Einschränkung ist damit
derart wesentlich, dass eine Festlegung im Gesetzestext
selbst geboten ist.

Zu Absatz 5

§ 28 Absatz 5 Satz 1 ist zu modifizieren, damit auch Mittag-
essen für bedürftige Kinder, die in Horten, in der öffentlich
geförderten Kindertagespflege oder anderen Einrichtungen
der Kinder- und Jugendhilfe angeboten werden, vom Gesetz
umfasst werden.

Zu § 29

Zu Absatz 4:

Mit der Neufassung des Absatzes 4 werden die Handlungs-
möglichkeiten für den kommunalen Träger, soweit er eine
Beauftragung durch die Agentur für Arbeit wünscht, ge-
stärkt. Das Prüf- und Weisungsrecht der Agentur für Arbeit
wird auf die Rechtmäßigkeit der Leistungserbringung einge-
schränkt, so dass die kommunalen Träger einen größeren
Gestaltungsspielraum bei operativer Umsetzung der Leis-
tungen erhalten.

Zu Absatz 5:

Die Ermächtigung des Bundesministeriums für Arbeit und
Soziales, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des
Bundesrates das Nähere über die Errichtung, das Verfahren
und die Nutzung eines elektronischen Systems zur Leistungs-
erbringung und Abrechnung, insbesondere zur Einlösung
und Abrechnung von Gutscheinen sowie über die Erhebung,
Verarbeitung und Nutzung der für diesen Zweck erforderli-
chen Sozialdaten zu regeln, ist überflüssig.

Nach einhelliger Auffassung der Sachverständigen, die in
der Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am
22.11.2010 befragt wurden, würde die Einführung einer
Chipkarte absehbare Mehrkosten in der Verwaltung verursa-
chen und zum Ausschluss kleinerer Anbieter führen. Sie ist
daher kein geeignetes Instrument, um die Teilhabechancen
von Kindern im SGB II zu verbessern.

Zu Artikel 3 (Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetz-
buch)

Zu Nummer 12, § 34

Zu Absatz 4:

§ 34 Absatz 4 ist zu modifizieren, um die Teilhabe an Bildung
für bedürftige Kinder und Jugendliche in allen Bereichen si-
cherstellen zu können.

Zu a) und b) Der Gesetzentwurf will ausweislich der Darstel-
lung in seiner Begründung eine Lernförderung in vorhande-

lichen Grundsätzen der Rechtsklarheit von Rechtsnormen
hinreichend Rechnung. Durch die Präzisierung, dass der
Unterricht ergänzt werden soll, wird klargestellt, dass die zu-
sätzliche Lernförderung in die schulischen und schulnahen
Lernangebote eingebettet werden soll.

Die Rechtssicherheit gebietet, den Regelungsgehalt sowohl
für den Adressaten der Rechtsnorm wie auch für den Rechts-
anwender widerspruchsfrei, klar und verständlich wiederzu-
geben. Anwender und Rechtsprechung dürfen in den wesent-
lichen Anliegen einer Regelung nicht auf eine gesetzeskon-
kretisierende Auslegung anhand der Gesetzesbegründung
verwiesen werden.

Das Rechtsstaatsprinzip und das Demokratieprinzip des
Grundgesetzes verpflichten den Gesetzgeber, „die wesentli-
chen Entscheidungen im Schulwesen selbst zu treffen und
nicht der Schulverwaltung zu überlassen“ (BVerfG, Be-
schluss vom 20. Oktober 1981, 1 BvR 640/80, BVerfGE 58,
257-283). Die Beschränkung auf Lernförderung in vorhan-
denen schulnahen Strukturen will der Gefahr vorbeugen,
dass sich Nebenstrukturen zum Schulbetrieb aufbauen, und
zielt damit darauf ab, die föderale Kompetenzordnung im
Bildungsbereich einzuhalten. Die Einschränkung ist damit
derart wesentlich, dass eine Festlegung im Gesetzestext
selbst geboten ist.

Zu Absatz 5

§ 34 Absatz 5 ist zu modifizieren, damit auch Mittagessen für
bedürftige Kinder, die aufgrund des geringen Angebotes an
Ganztagsschulen oder aus anderen Gründen in Horten oder
anderen Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe angebo-
ten werden, vom Gesetz umfasst werden.

Änderungsantrag 3

Der Ausschuss wolle beschließen:

Artikel 1 wird wie folgt geändert:

1. § 3 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 Satz 1 werden die Wörter „die im Erhe-
bungszeitraum folgende Leistungen bezogen haben:“
durch die Wörter „die Anspruch haben auf:“ ersetzt.

b) Absatz 2 wird gestrichen.

2. § 4 Satz 2 wird wie folgt geändert:

a) Die Angabe „Absatz 1“ wird gestrichen.

b) In Nummer 1 wird die Zahl „15“ durch die Zahl
„20“ ersetzt.

3. § 5 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:

aa) Nach der Angabe „§ 4 Satz 2 Nummer 1“ wer-
den die Wörter „die keine Ausgaben für Tabak-
waren und Alkohol hatten,“ eingefügt.

bb) Die in Spalte 2 der Tabelle genannten Angaben
werden jeweils durch die Angabe „xx“ ersetzt.

b) In Absatz 2 wird die Angabe „361,81“ durch die An-
gabe „xx“ ersetzt.
nen schulnahen Strukturen gewähren. Nur eine ausdrückli-
che Benennung dieses Umstandes trägt aber den rechtstaat-

4. § 6 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt geändert:

Drucksache 17/4095 – 16 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

aa) Nach der Angabe „§ 4 Satz 2 Nummer 2“ wer-
den die Wörter „die keine Ausgaben für Tabak-
waren und Alkohol hatten,“ eingefügt.

bb) Die in den Tabellen zu den Nummern 1, 2 und 3
jeweils in Spalte 2 genannten Angaben werden
jeweils durch die Angabe „xx“ ersetzt.

b) Nach Absatz 2 werden folgende Absätze 3 und 4 ange-
fügt:

„(3) Von den Verbrauchsausgaben der Familienhaus-
halte nach § 4 Satz 2 Nummer 2, die keine Ausgaben
für Tabakwaren und Alkohol hatten, werden bei er-
wachsenen Haushaltsangehörigen folgende Ver-
brauchsausgaben als regelsatzrelevant berücksich-
tigt:

1. Ehegatten und Lebenspartner oder andere zwei er-
wachsene Leistungsberechtigte, die in einem gemein-
samen Haushalt leben und gemeinsam wirtschaften:

(Einfügung Tabelle mit Beträgen xx)

2. sonstige erwachsene Leistungsberechtigte, die kei-
nen eigenen Haushalt führen, weil sie im Haushalt
anderer Personen leben:

(Einfügung Tabelle mit Beträgen xx)

(4) Die Summe der regelbedarfsrelevanten Ver-
brauchsausgaben der erwachsenen Haushaltsange-
hörigen nach Absatz 3 Nummer 1 beträgt xx Euro.
Die Summe der regelbedarfsrelevanten Verbrauchs-
ausgaben der erwachsenen Haushaltsangehörigen
nach Absatz 3 Nummer 2 beträgt xx Euro.“

5. § 8 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 werden die Angaben „364 Euro“, „328
Euro“, „291 Euro“, „275 Euro“, „242 Euro“ und
„213 Euro“ jeweils durch die Angabe „xx“ ersetzt.

b) In Absatz 1 Nummer 2 werden die Wörter „sowie an-
dere“ durch die Wörter „oder andere zwei“ ersetzt
und nach dem Wort „für“ das Wort „sonstige“ einge-
fügt.

c) In Absatz 2 werden die Angaben „287 Euro“, „251
Euro“ und „215 Euro“ jeweils durch die Angabe
„xx“ ersetzt.

Begründung

Zu § 3

In den Referenzgruppen, die laut Gesetzentwurf zur Ablei-
tung der Regelbedarfe herangezogen werden, befinden sich
auch Haushalte, die selbst Transferleistungen erhalten. Zu-
dem werden auch die Haushalte zum Maßstab für Regelbe-
darfe herangezogen, deren Einkommen für den Lebensunter-
halt nicht ausreicht, die aber keine Leistungen in Anspruch
genommen haben (versteckt Arme). Um Zirkelschlüsse ver-
lässlich zu vermeiden, ist es erforderlich alle Haushalte, de-
ren Einkommen auf dem Niveau, das zur Deckung des Exis-
tenzminimums erforderlich ist oder darunter liegt, aus den
Referenzhaushalten auszuschließen.

Aus diesem Grunde sind nicht nur Haushalte, die Leistungen

renzgruppen zur Ableitung von Regelbedarfen auszuschlie-
ßen.

Das Statistische Bundesamt ist unverzüglich mit der Durch-
führung entsprechend zugeschnittener Sonderauswertungen
zu beauftragen.

Zu § 4

Als Maßstab ist ein Anteil von 20 Prozent der nach ihrem
Nettoeinkommen geschichteten Haushalte der Einkommens-
und Verbrauchsstichprobe nach Herausnahme der in § 3 ge-
nannten Haushalte geeignet. Das hat auch das Bundesver-
fassungsgericht festgestellt.

Der Gesetzentwurf geht in den Artikeln 1 und 3 davon aus,
dass die ohne Beanstandung durch das Bundesverfassungs-
gericht den bisher geltenden Regelungen zugrunde gelegte
Maßstabsbildung auf Basis des untersten Quintils der EVS-
Haushalte weiterhin gegeben sei. Das ist jedoch nicht der
Fall.

Das unterste Quintil ist vielmehr erst nach Herausnahme der
aus der Maßstabsbildung herauszunehmenden Haushalte zu
ermitteln.

Die Begründung für das davon abweichende Vorgehen ist
nicht tragfähig. Die Tatsache, dass die Ergebnisse der EVS
2008 um eine größere Anzahl von Einpersonen-Haushalten
zu bereinigen sind als diejenigen der EVS 2003 zeigt ledig-
lich, dass im Jahr 2008 deutlich mehr Haushalte nur über
ein Einkommen auf oder unter dem Niveau des Existenzmi-
nimums verfügt haben. Sie haben deshalb außer Betracht zu
bleiben; das heißt, dass sie den Maßstab für die Regelbe-
darfsermittlung auch nicht mittelbar durch eine Verkleine-
rung des in Betracht zu nehmenden Perzentils bestimmen
dürfen.

Das Statistische Bundesamt ist unverzüglich mit der Durch-
führung entsprechend zugeschnittener Sonderauswertungen
zu beauftragen.

Zu § 5 und § 6

Nach dem Gesetzentwurf ist keine Ableitung der Bedarfe
haushaltsangehöriger Erwachsener vorgesehen. Damit wer-
den die Anforderungen an eine korrekte, in sich konsistente
Regelbedarfsermittlung verletzt.

Der Normierung der Regelbedarfsstufen für erwachsene
Haushaltsangehörige liegt die nicht ausreichend begründete
normative Setzung zugrunde, sie hätten einen Bedarf, der um
20 % unterhalb des Bedarfs von Personen im Ein-Personen-
Haushalt liegt; außerdem liegt ihr die nicht erwiesene An-
nahme zugrunde, die Generalunkosten eines Haushalts be-
trügen genau die Differenz zwischen diesem Bedarf und dem
Bedarf eines Ein-Personen-Haushalts.

Der Gesetzentwurf geht davon aus, dass die vor dem Jahr
1990 ermittelte und – ohne Beanstandung durch das Bundes-
verfassungsgericht – den bisher geltenden Regelungen zu-
grunde gelegte Differenz von 20 % zwischen dem Regelbe-
darf von Personen im Ein-Personen-Haushalt und erwach-
senen Haushaltsangehörigen in größeren Haushalten wei-
terhin gegeben sei, ohne diese Annahme anhand der
Ergebnisse der EVS 2008 zu überprüfen, obwohl dies mög-
lich ist. In der Begründung wird behauptet, diese Differen-
beziehen, sondern auch Haushalte, die grundsätzlich An-
sprüche auf entsprechende Leistungen haben, aus den Refe-

zierung lasse sich mit den regelsatzrelevanten Verbrauchs-
ausgaben des Einpersonenhaushaltes belegen, ohne nach-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 17 – Drucksache 17/4095

vollziehbar darzulegen, inwiefern sich daraus entspre-
chende Schlussfolgerungen ziehen lassen.

Tatsächlich ermöglichen jedoch die Daten der EVS 2008 zu
den Familienhaushalten eine Ableitung der Bedarfe Er-
wachsener im Haushalt bei analogem Vorgehen zu demjeni-
gen, das bezogen auf die Ermittlung der Bedarfe von Kin-
dern durch die Heranziehung von Verteilungsschlüsseln ge-
wählt worden ist.

Die erforderlichen Daten über den Verbrauch der Paare im
Familienhaushalt liegen nach Abzug des den Kindern in die-
sen Haushalten zuzurechnenden Verbrauchs vor. Eine Vertei-
lung der Verbrauche der Paare zwischen den beiden Perso-
nen, die das Paar bilden, setzt voraus, Verteilungsschlüssel
zu bilden, die eine Abgrenzung zwischen den Generalunkos-
ten des Haushalts und den sonstigen Verbrauchen der beiden
Personen erlauben; die Verbrauche, die danach nicht den
Generalunkosten des Haushalts zuzurechnen sind, können
den zwei Personen zu gleichen Teilen zugerechnet werden.
Die Annahme, dass die auf diesem Wege ermittelten Bedarfe
für alle erwachsenen Haushaltsangehörigen zutreffen, be-
ruht – wie im Gesetzentwurf – auf der Überlegung, dass die
Bedarfe Erwachsener im Haushalt im Wesentlichen danach
zu differenzieren sind, ob sie gemeinsam wirtschaften und ob
sie die Generalunkosten des Haushalts zu tragen haben. Des
Weiteren liegt – wie dem Gesetzentwurf – die Überlegung zu-
grunde, dass die Generalunkosten eines Haushalts grund-
sätzlich unabhängig von der Größe eines Haushalts anfallen.

Für Alleinerziehende und sonstige Erwachsene, die allein
mit Minderjährigen in einem Haushalt leben, ergibt sich da-
nach ein Bedarf, der ihnen allein die Generalunkosten des
Haushalts zurechnet. Anstelle der Regelbedarfsstufe 1 in § 9
ist für sie eine entsprechende gesonderte Regelbedarfsstufe
vorzusehen.

Die Generierung entsprechender Verteilungsschlüssel ist be-
reits erfolgreich entworfen worden; die Vorarbeiten können
in kurzer Zeit genutzt und konsolidiert werden. Ein entspre-
chender Auftrag kann unverzüglich erteilt werden. Die Ver-
teilungsschlüssel können sodann unverzüglich einer zusätz-
lichen Sonderauswertung der zu den Familienhaushalten be-
reits generierten Daten zugrunde gelegt werden. Auf dieser
Basis können die Bedarfe haushaltsangehöriger Erwachse-
ner abgeleitet und betraglich festgesetzt werden.

In Vorbereitung auf künftige Regelbedarfsbemessungen ist
die Methodik zur Ableitung der Bedarfe erwachsener Haus-
haltsangehöriger und zur Abgrenzung der Generalunkosten
der Haushalte unverzüglich weiter oder neu zu entwickeln.
Dazu müssen unverzüglich Aufträge an Experten erteilt wer-
den.

Über die Auswahl der künftig anzuwendenden Methodik ist
Einvernehmen mit den Ländern zu erzielen, wird doch damit
eine Vorentscheidung über die Grundlagen getroffen, auf de-
nen künftige Regelbedarfsbemessungen möglich sind. Damit
wird der Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers gestaltet.

Eine entsprechende Verpflichtung ist in der Begründung zu
§ 6 festzuschreiben.

Zu § 8

ckenhaft und fehlerhaft erfolgt. Es handelt sich um Folgeän-
derungen zu den Änderungen in §§ 3, 4, 5, 6 und 7. Korrekte
Beträge können erst nach der Umsetzung und Auswertung
der entsprechend zugeschnittenen Sonderauswertungen und
Berechnungen zur Fortschreibung benannt werden.

Die Unterscheidung zwischen den Personenkreisen, auf die
sich die Regelbedarfsstufen 2 und 3 beziehen, ist fehlerhaft
erfolgt.

Bezogen auf erwachsene Leistungsberechtigte, die nicht al-
lein leben und die nicht als Alleinerziehende einem Haushalt
vorstehen, ist es notwendig zu unterscheiden zwischen einer
Regelbedarfsstufe für Ehegatten, Lebenspartner und andere
zwei Erwachsene, die im gemeinsamen Haushalt zusammen
wirtschaften, und einer Regelbedarfsstufe für sonstige er-
wachsene Haushaltsangehörige, die keinen eigenen Haus-
halt führen, weil sie im Haushalt anderer Personen leben.

Es ist davon auszugehen, dass die Generalunkosten eines
Haushalts, in dem mehr als zwei Erwachsene leben, jedoch
keine Minderjährigen, sich nicht von jenen Generalunkosten
eines Haushalts unterscheiden, in dem eine alleinerziehende
Person oder zwei Erwachsene, ob sie ein Paar bilden oder
nicht, mit Minderjährigen zusammen leben.

Bei der in § 8 Absatz 1 in Artikel 1 vorgeschlagenen Diffe-
renzierung wird unterstellt, dass die Generalunkosten eines
Haushalts, dem mehr als zwei erwachsene Personen, nicht
aber auch Minderjährige angehören, höher sind als diejeni-
gen eines nur aus zwei erwachsenen Personen bestehenden
Haushalts. Unterstellt wird des Weiteren, dass im Haushalt
zweier Erwachsener, die mit Minderjährigen zusammen le-
ben, geringere Generalunkosten anfallen als im nach der
Personenzahl gleich großen Haushalt erwachsener Perso-
nen.

Gleichzeitig wird eine Unterscheidung getroffen zwischen
„anderen“ (nicht einem Ehepaar oder einer Lebenspartner-
schaft angehörenden) erwachsenen Leistungsberechtigten
und einem erwachsenen Leistungsberechtigten, der keinen
eigenen Haushalt führt, weil er im Haushalt anderer Perso-
nen lebt.

Abzustellen ist hingegen darauf, ob zwei Erwachsene im
Haushalt gemeinsam oder getrennt wirtschaften. Dem tra-
gen die Änderungen Rechnung.

Änderungsantrag 4

Der Ausschuss wolle beschließen:

Nach Artikel 5 wird folgender Artikel 5a eingefügt:

„Artikel 5a

Änderung des Mindestarbeitsbedingungengesetzes Das Min-
destarbeitsbedingungengesetz in der im Bundesgesetzblatt
Teil III, Gliederungsnummer 802-2, veröffentlichten berei-
nigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom
22. April 2009 (BGBl. I S. 818) geändert worden ist, wird wie
folgt geändert:

1. § 1 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:

„(2) Eine bundesweite Lohnuntergrenze für Arbeits-

Die Ableitung der in § 8 Abs. 1 aufgeführten und betraglich
zur Festsetzung vorgeschlagenen Regelbedarfsstufen ist lü-

entgelte (Lohnuntergrenze) wird unter umfassender
Berücksichtigung der sozialen und ökonomischen

Drucksache 17/4095 – 18 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Auswirkungen festgesetzt. Durch die Lohnunter-
grenze wird die unterste Grenze der Entgelte in der
Bundesrepublik festgelegt.“

b) Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 3 eingefügt:

„(3) Mindestarbeitsentgelte für Wirtschaftszweige
(Mindestarbeitsentgelte) können bundesweit oder re-
gional oberhalb der Lohnuntergrenze festgesetzt wer-
den,

1. wenn in einem Wirtschaftszweig bundesweit oder
regional die an Tarifverträge gebundenen Arbeit-
geber weniger als 40 vom Hundert der unter den
Geltungsbereich dieser Tarifverträge fallenden
Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäfti-
gen oder

2. wenn eine der Spitzenorganisationen von Arbeit-
gebern oder Arbeitnehmern und Arbeitnehmerin-
nen einen Antrag hierfür stellt.“

c) Der bisherige Absatz 3 wird Absatz 4.

2. § 2 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:

„(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales
errichtet eine unabhängige, ständige Kommission zur
Bestimmung der Lohnuntergrenze und von Mindest-
arbeitsentgelten (Kommission).“

b) In Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 werden die Wörter
„Der Hauptausschuss“ durch die Wörter „Die Kom-
mission“ ersetzt.

c) In Absatz 5 Satz 4 wird die Wörter „des Hauptaus-
schusses“ durch die Wörter „der Kommission“ er-
setzt.

3. § 3 wird wie folgt gefasst:

„§3 Aufgabe der Kommission

(1) Die Kommission beschließt die Höhe der Lohnunter-
grenze sowie Änderungen ihrer Höhe. Der Beschluss
wird mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst. Er ist zu
dokumentieren und zu begründen.

(2) Die Kommission prüft im Rahmen einer Gesamtab-
wägung, ob die Höhe der Lohnuntergrenze insbesondere
geeignet ist

1 angemessene Arbeitsbedingungen zu schaffen,

2. faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen
zu gewährleisten und

3. sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu er-
halten.

Maßgebliche Unterschiede zwischen Regionen können
berücksichtigt werden.

(3) Die Kommission kann Stellungnahmen von sachver-
ständigen Einzelpersonen und Organisationen einholen.

(4) Die Bundesregierung erlässt auf Vorschlag des Bun-
desministeriums für Arbeit und Soziales die von der
Kommission beschlossene Lohnuntergrenze als Rechts-
verordnung. Die Rechtsverordnung bedarf nicht der Zu-

zu verkünden und tritt am Tage nach der Verkündung in
Kraft, sofern kein anderer Zeitpunkt bestimmt ist.

(5) Die Kommission kann unter umfassender Berück-
sichtigung der sozialen und ökonomischen Auswirkun-
gen beschließen, ob für Wirtschaftszweige bundesweit
oder regional Mindestarbeitsentgelte festgesetzt, geän-
dert oder aufgehoben werden sollen. Absatz 1 Satz 2
und 3 gelten entsprechend.

(6) Die Bundesregierung, die Spitzenorganisationen der
Arbeitgeber und der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerin-
nen sowie die Landesregierungen können der Kommis-
sion unter Angabe von Gründen Vorschläge für die Höhe
der Lohnuntergrenze und ihre Änderung sowie für die
Festsetzung, Änderung oder Aufhebung von Mindestar-
beitsentgelten unterbreiten.“

4. In § 4 Absatz 2 Satz 3 werden die Wörter „Der Haupt-
ausschuss“ durch die Wörter „Die Kommission“ ersetzt.

5. § 8 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 Satz 1 wird der Angabe „§ 4 Abs. 3“ die
Angabe „§ 3 Abs. 4 oder“ vorangestellt.

b) Absatz 2 wird aufgehoben.

c) In Absatz 3 Satz 1 wird der Angabe „§ 4 Abs. 3“ die
Angabe „§ 3 Abs. 4 oder“ vorangestellt.“

Begründung

Durch diese Regelungen wird die rechtliche Grundlage für
eine allgemein verbindliche Lohnuntergrenze geschaffen.
Eine Lohnuntergrenze ist ein notwendiges und effektives Mit-
tel zur Sicherstellung des Lohnabstandsgebots gegenüber
Regelleistungen, die ein soziokulturelles Existenzminimum
gewährleisten.

Zu Nummer 1:

Zu § 1 Absatz 2:

Es wird die rechtliche Grundlage dafür geschaffen, in der
Bundesrepublik eine Lohnuntergrenze für alle Arbeitsent-
gelte festzusetzen. Sie bildet die unterste Grenze für Arbeits-
entgelte in der Bundesrepublik und darf nicht unterschritten
werden. Damit wird der Notwendigkeit Rechnung getragen,
dass für die grundsätzlich freie Vereinbarung von Entgelten
eine unterste Grenze erforderlich ist, die unfaire Wettbe-
werbspraktiken auf Kosten der Löhne, Lohndumping und
Niedrigstlöhne in Zukunft verhindert. Die Lohnuntergrenze
wird unter umfassender Berücksichtigung der sozialen und
ökonomischen Auswirkungen festgesetzt.

Zu § 1 Absatz 3:

Mindestarbeitsentgelte für einzelne Wirtschaftszweige kön-
nen oberhalb der Lohnuntergrenze bundesweit oder regional
festgesetzt werden. Voraussetzung hierfür ist, dass Tarifver-
träge in dem Wirtschaftszweig nicht bestehen oder die an be-
stehende Tarifverträge gebundenen Arbeitgeber insgesamt
nicht mehr als 40 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Ar-
beitnehmer in diesem Wirtschaftszweig beschäftigen. Für
Fälle, in denen diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, die
Tarifvertragsparteien aber dennoch zu keiner befriedigen-
den tariflichen Regelung der Mindestentgelte kommen, er-
halten die Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und der
stimmung des Bundesrates. Sie ist an der vom Bundesmi-
nisterium für Arbeit und Soziales zu bestimmenden Stelle

Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen jeweils das Recht der
Antragsstellung auf Mindestarbeitsentgelte für den Wirt-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 19 – Drucksache 17/4095

schaftszweig. Die Entscheidung darüber, dass im Rahmen
der Tarifautonomie kein befriedigendes Ergebnis erzielt
werden kann und stattdessen der gesetzliche Weg zur Fest-
setzung von Mindestarbeitsentgelten beschritten wird, liegt
damit bei den Tarifparteien selbst.

Zu Nummer 2:

Zu Buchstabe a:

Die Kommission zur Bestimmung der Lohnuntergrenze und
von Mindestarbeitsentgelten wird als ständiges Gremium
eingerichtet. Sie arbeitet als unabhängiges Gremium, ihre
Mitglieder sind keinen Weisungen unterworfen.

Zu Buchstaben b und c

Es handelt sich um Folgeänderungen zu Buchstabe a.

Zu Nummer 3:

Zu § 3 Absatz 1:

Die Kommission zur Bestimmung der Lohnuntergrenze und
von Mindestarbeitsentgelten wird beauftragt, über die Höhe
der Lohnuntergrenze zu entscheiden. Sie entscheidet auch
über Änderungen ihrer Höhe und das Ausmaß der Änderung.
Die Beschlüsse werden mit einfacher Stimmenmehrheit ge-
fasst. Die Beschlüsse können gegen die Vertreter der Wissen-
schaft, nicht aber gegen beide Sozialpartner gefasst werden.
Satz 3 schreibt für die Beschlüsse eine schriftliche Begrün-
dung sowie die Dokumentation der inhaltlichen Entschei-
dungsfindung vor. Das schließt das zugrunde gelegte Daten-
material und eventuelle Minderheitenvoten ein.

Zu § 3 Absatz 2:

Absatz 2 stellt sicher, dass die Kommission bei der Festle-
gung der Höhe der Lohnuntergrenze die dem Gesetz zu-
grunde liegenden Ziele berücksichtigt. Die Entscheidung der
Kommission muss daher insbesondere geeignet sein, ange-
messene Arbeitsbedingungen zu schaffen, faire und funktio-
nierende Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten sowie
sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu erhalten.
Maßgebliche Unterschiede zwischen Regionen können
durch die Festlegung einer unterschiedlich hohen Lohnun-
tergrenze für die jeweiligen Regionen berücksichtigt werden,
wenn andernfalls die genannten Ziele nicht erreicht werden
können.

Zu § 3 Absatz 3:

Die Kommission soll die Möglichkeit zur Einholung von Stel-
lungnahmen von allen sachverständigen Personen und Or-
ganisationen erhalten, deren Informationen sie für zweck-
dienlich und notwendig erachtet.

Zu § 3 Absatz 4:

Absatz 4 bestimmt, dass die Rechtsverordnung zur Festset-
zung der Höhe der Lohnuntergrenze von der Bundesregie-
rung erlassen wird. Nach Prüfung des Beschlusses der Kom-
mission schlägt das Bundesministerium für Arbeit und So-
ziales die Verabschiedung einer Rechtsverordnung vor. Der
Vorschlag der Kommission kann nur unverändert in die
Rechtsverordnung übernommen werden.

Zu § 3 Absatz 5:

Die Kommission entscheidet auch, ob Mindestarbeitsent-

schuss eingerichtet werden soll. Dafür müssen zunächst die
Voraussetzungen des § 1 Absatz 3 erfüllt sein. Die Kommis-
sion trifft dann nach umfassender Berücksichtigung der so-
zialen und ökonomischen Auswirkungen eine unabhängige
Entscheidung darüber, ob ein Mindestarbeitsentgelt für ei-
nen Wirtschaftszweig festgesetzt, geändert oder aufgehoben
wird.

Zu § 3 Absatz 6:

Die Bundesregierung hat ein Vorschlagsrecht gegenüber der
Kommission. Ein Vorschlagsrecht für die Höhe der Lohnun-
tergrenze und für Mindestarbeitsentgelte haben auch die
Spitzenorganisationen von Arbeitgebern und Arbeitsneh-
mern sowie die Landesregierungen.

Zu Nummer 4:

Es handelt sich um Folgeänderungen zu Nummer 2.

Zu Nummer 5:

Zu Buchstabe a:

Die Ergänzung stellt eine Folgeänderung zu Nummer 3 dar.

Zu Buchstabe b:

Der bisher in § 8 Absatz 2 formulierte Vorrang von Entgelt-
regelungen in Tarifverträgen, die vor dem 16. Juli 2008 ab-
geschlossen wurden, und von solchen in Folgetarifverträ-
gen, die mit diesen in einem zeitlichen und sachlichen Zu-
sammenhang stehen, wird gestrichen. Durch einen Vorrang
für Entgeltregelungen in bestehenden Tarifverträge und Fol-
getarifverträgen vor den durch dieses Gesetz festgesetzten
Mindestarbeitsentgelten wird der Schutz vor Niedrigstlöh-
nen verhindert und der Gesetzeszweck geradewegs ad ab-
surdum geführt. Denn dadurch dürfen weiter Niedrigst- statt
Mindestlöhne gezahlt werden. Die tariflich entlohnte Friseu-
rin in Sachsen müsste weiter für etwas mehr als 3 Euro Stun-
denlohn arbeiten. Eine Streichung des Vorrangs stellt somit
sicher, dass das Ziel des Gesetzes erreicht wird und ein lü-
ckenloser Schutz vor Niedrigstlöhnen erreicht wird.

Zu Buchstabe c:

Es handelt sich um eine Folgeänderung zu Buchstabe b.

Änderungsantrag 5

Der Bundestag wolle beschließen:

1. In Artikel 2 Nummer 31 werden die §§ 22a, 22b und 22c
gestrichen.

Begründung:

Die Regelungen zur Bestimmung der angemessenen Kosten
für Unterkunft und Heizung durch Satzung führen zu sozial-
politisch unerwünschten Folgen: Die Festlegung in § 22a,
nach der bei der Bestimmung der angemessenen Aufwen-
dungen für Unterkunft und Heizung die Verhältnisse des ein-
fachen Standards auf dem örtlichen Wohnungsmarkt abge-
bildet werden sollen, birgt das Risiko, dass abweichend von
der bisherigen Rechtslage „Substandards“ gebildet werden
und künftig das unterste Niveau Maßstab für die Festlegung
der angemessenen Aufwendungen sein könnte. Die Folge
wäre eine verstärkte Segregation und die Zunahme sozialer
Brennpunkte. Auch die Regelung, nach der die Auswirkun-
gen auf den örtlichen Wohnungsmarkt hinsichtlich der Ver-
gelte für einzelne Wirtschaftszweige festgesetzt, geändert
oder aufgehoben werden sollen und hierfür ein Fachaus-

meidung von mietpreiserhöhenden Wirkungen zu berück-
sichtigen sind, kann dazu führen, dass die Kosten für Unter-

Drucksache 17/4095 – 20 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

kunft und Heizung nur auf dem untersten Niveau anerkannt
werden und tatsächliche Kostenentwicklungen am örtlichen
Wohnungsmarkt zu Lasten der Leistungsberechtigten unbe-
rücksichtigt bleiben.

Die Regelungen zur sogenannten „Satzungslösung“ sind da-
her in diesem Gesetzgebungsverfahren zu streichen.

2. In Artikel 3 Nummer 12 wird § 35a gestrichen.

Begründung:

Es handelt sich um eine Folgeänderung, die aus der Strei-
chung der §§ 22a bis 22c SGB II resultiert.

3. In Artikel 4 werden die Nummern 4 bis 8 gestrichen.

Begründung:

Es handelt sich um eine Folgeänderung, die aus der Strei-
chung der §§ 22a bis 22c SGB II resultiert.

Änderungsantrag 6

Der Ausschuss wolle beschließen:

1. Artikel 2 Nummer 31 wird wie folgt geändert:

a) In § 28 wird nach Absatz 5 folgender Absatz 5a ein-
gefügt:

„(5a) Bei Schülerinnen und Schülern, die die nächst-
gelegene Schule des gewählten Bildungsgangs und
Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in zumut-
barer Weise nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln er-
reichen können, werden die hierfür entstehenden
Mehraufwendungen, die nicht von Dritten übernom-
men werden, berücksichtigt.“

b) § 29 wird wie folgt geändert:

aa) In Absatz 2 Satz 2 werden der Punkt am Satzende
durch ein Semikolon ersetzt und folgender Halb-
satz angefügt: „für die Leistungen nach § 28 Ab-
satz 5a ist keine Vereinbarung zu schließen.“ In
Absatz 4 wird nach Satz 2 folgender Satz 3 ein-
gefügt:

„Satz 1 und 2 gelten für die Leistungen nach
§ 28 Absatz 5a entsprechend.“

c) § 30 wird wie folgt geändert:

aa) In Absatz 1 Satz 3 wird nach der Angabe 㤠28
Absatz 5“ ein Komma und die Angabe „5a“ ein-
gefügt.

bb) In Absatz 2 Satz 1 werden am Satzende die Wör-
ter „oder bei denen nach § 29 Absatz 2, 2. Halb-
satz keine Vereinbarung abzuschließen ist“ ein-
gefügt.

d) In § 30a Absatz 3 wird nach Satz 3 folgender Satz 4
eingefügt:

„Bei den Leistungen nach § 28 Absatz 5a kann mit
dem Leistungsanbieter eine Vereinbarung nach § 29
Absatz 2 und 3, § 30a Absatz 3 Satz 1 bis 3 geschlos-
sen werden.“

2. Artikel 5 Nummer 1 wird wie folgt geändert:

‚bb) Nummer 4 Satz 2 wird durch folgende Sätze er-
setzt:

„Bei der Prüfung, ob Hilfebedürftigkeit vermie-
den wird, bleiben die Bedarfe für mehrtägige
Klassenfahrten und für Lernförderung im Sinne
des § 28 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch
außer Betracht. Das Gleiche gilt für Mehrbe-
darfe nach den §§ 21 und 23 Nummer 2 bis 4 des
Zweiten Buches Sozialgesetzbuch, wenn kein
Mitglied der Bedarfsgemeinschaft Leistungen
nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialge-
setzbuch beantragt hat oder erhält oder alle Mit-
glieder der Bedarfsgemeinschaft für den Zeit-
raum, für den Kinderzuschlag beantragt wird,
auf die Inanspruchnahme von Leistungen nach
dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetz-
buch verzichten. Für den Bedarf für die Mehr-
aufwendungen bezüglich einer gemeinschaftli-
chen Mittagsverpflegung nach § 28 Absatz 5 des
Zweiten Buches Sozialgesetzbuch ist ein Betrag
in Höhe von 26 Euro zu Grunde zu legen. Für
den Bedarf für die Mehraufwendungen bezüglich
der Schülerbeförderungskosten nach § 28 Ab-
satz 5a des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch
und § 34 Absatz 5a des Zwölften Buches Sozial-
gesetzbuch sind, soweit diese nicht von Dritten
übernommen werden, die Kosten in tatsächlicher
Höhe zu Grunde zu legen; dabei sind die nach
§ 6 des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes in Ab-
teilung 7 angesetzten Beträge in Abzug zu brin-
gen.“‘

b) Buchstabe b) Doppelbuchstabe aa) wird wie folgt ge-
ändert:

aa) In Nummer 2 Buchstabe c) wird das Wort „und“
durch ein Komma ersetzt.

bb) Nach Nummer 2 Buchstabe c) wird folgender
Buchstabe d) eingefügt:

„d) die Beförderung mit öffentlichen Verkehrs-
mitteln zur nächstgelegenen Schule des gewähl-
ten Bildungsgangs, sofern diese in zumutbarer
Weise nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln er-
reicht werden kann, in der nach Absatz 1 Num-
mer 4 Satz 5 zu Grunde zu legenden Höhe als
Zuschuss und“

cc) Der bisherige Buchstabe d) wird Buchstabe e).

c) In Buchstabe c) wird Absatz 2a Satz 2 wie folgt ge-
fasst:

„Die Leistung für die Ausstattung mit persönlichem
Schulbedarf und die Zuschüsse für die gemeinschaft-
liche Mittagsverpflegung sowie die Schülerbeförde-
rung mit öffentlichen Verkehrsmitteln erfolgen als
Geldleistung.“

Begründung

Die Ableitung der Regelbedarfe von Kindern, die im Gesetz-
entwurf den entsprechenden Bestimmungen zugrunde gelegt
worden ist, beruht auf einem problembehafteten Vorgehen.
a) In Buchstabe a) wird Doppelbuchstabe bb) wie folgt
gefasst:

Da die Einkommens- und Verbrauchsstichproben (EVS)
grundsätzlich nur die Verbrauche von Haushalten erhebt,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 21 – Drucksache 17/4095

können die im Rahmen der Regelbedarfsbemessung anzuer-
kennenden Bedarfe für einzelne Haushaltsmitglieder nur
durch die Anwendung zusätzlicher wissenschaftlich fundier-
ter Methoden voneinander abgegrenzt und ermittelt werden.

Die Abgrenzung der durchschnittlichen Verbrauchspositio-
nen eines Kindes von denjenigen des mit ihnen in einem
Haushalt lebenden Paares in der Referenzgruppe „Fami-
lienhaushalt“ ist für das laufende Gesetzgebungsverfahren
normativ auf Basis der Studie „Kosten eines Kindes“ vorge-
nommen worden, zu der auf S. 105 ff. der Begründung Nähe-
res ausgeführt wird.

Diese Basis ist aus mehreren Gründen problematisch. Zum
Ersten sind die darin enthaltenen Wertungen und Setzungen
und die komplizierte Systematik der Ableitung und Anwen-
dung verschiedener Verteilungsschlüssel nur von Experten
(z.B. Wissenschaftler verschiedener Disziplinen) zu durch-
schauen und zu bewerten, so dass es dem Gesetzgeber selbst
nicht möglich ist, sich ein Urteil darüber zu bilden. Es sind
zwar Experten an der Erstellung der Basis beteiligt gewesen,
auch haben Experten in der Zeit seit der Entwicklung der
Basis in den Jahren vor 2000 bestätigt, dass zur Zeit keine
bessere Basis existiert. Es hat jedoch keine aktuelle wissen-
schaftliche Bewertung dieser Basis und ihrer derzeitigen Ge-
eignetheit gegeben, auf deren Urteil sich der Gesetzgeber
stützen könnte. Zum Zweiten bergen die Daten und Überle-
gungen, die in die Studie „Kosten eines Kindes“ eingeflos-
sen sind, die Gefahr, schon deshalb eine kaum noch akzep-
table Basis zu bieten, weil sie nicht aktuell sind: Sie stammen
im Wesentlichen aus dem Jahr 1998. Zum Dritten werden in
die Betrachtungen Haushalte aller Einkommensschichten
einbezogen und nicht nur die unteren Einkommensgruppen.

Es kann nachvollzogen werden, dass es in dem Zeitraum, der
zur Vorbereitung der anstehenden Neubemessung der Regel-
bedarfe zur Verfügung stand, nicht möglich war, eine besser
geeignete Basis für die Ableitung von Regelbedarfen von
Kindern verschiedener Altersstufen zu schaffen. Mit Mühe
lässt sich nachvollziehen, dass es in diesem Zeitraum auch
nicht möglich war, die zu Grunde gelegte Basis wenigstens
zu aktualisieren.

Mangels der Möglichkeit, zur anstehenden Regelbedarfsbe-
messung rechtzeitig bessere Voraussetzungen zu schaffen,
und angesichts vorliegender Einschätzungen u.a. des Bun-
desverfassungsgerichts, dass die Basis jedenfalls noch bei
der letzten Neuregelung zu Kinder-Regelsätzen als akzepta-
bel betrachtet werden konnte, erscheint es vertretbar, die An-
wendung der Methode normativer Festlegungen für die Ver-
teilung der Haushaltsausgaben auf Erwachsene und Kind im
Haushalt auf Basis der Studie „Kosten eins Kindes“ letztma-
lig hinzunehmen. Allerdings ist es notwendig, für künftige
Regelbedarfsbemessungen eine aktualisierte und auch im
Übrigen verbesserte Grundlage zu schaffen. Dazu müssen
unverzüglich Aufträge an Experten zur Entwicklung einer
besser geeigneten Basis zur Ermittlung des Verbrauchs von
Kindern erteilt werden. Die Aufträge müssen sich zum Einen
darauf beziehen, zu prüfen, ob und ggf. wie eine besser ge-
eignete Basis für die Ableitung von Regelbedarfen von Kin-
dern unterer Einkommensschichten verschiedener Altersstu-
fen geschaffen werden kann und ggf. entsprechendes in die
Wege zu leiten, sowie zum Zweiten - parallel dazu hilfsweise

gen der Daten aus der EVS 2013 zu Grunde gelegt werden
kann.

Über die Auswahl der künftig anzuwendenden Methodik ist
Einvernehmen mit den Ländern zu erzielen, wird doch damit
eine Vorentscheidung über die Grundlagen getroffen, auf de-
nen künftige Regelbedarfsbemessungen möglich sind. Damit
wird der Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers gestal-
tet. In Artikel 3 Nummer 8 ist in § 28 Absatz 3 eine entspre-
chende Einbeziehung der Länder zu regeln.

Zu Artikel 2 Nummer 31

Zu § 28

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom
9. Februar 2010 (1BvL 1/09) den Bundesgesetzgeber u. a.
dazu verpflichtet, hilfebedürftige Schülerinnen und Schüler
mit den für den Schulbesuch notwendigen Mitteln auszustat-
ten.

Die Praxis belegt, dass nicht nur in vereinzelten Ausnahme-
fällen, sondern insbesondere in Flächenkreisen und in grö-
ßeren Städten die nächstgelegene Schule häufig in zumutba-
rer Weise nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht wer-
den kann, wobei die hierdurch entstehenden Kosten durch
den Regelsatz nicht ausreichend gedeckt werden. Für den
Bereich Verkehr werden nach § 6 RBEG – E lediglich 14,00
Euro (vom Beginn des 7. bis zur Vollendung des 14. Lebens-
jahres) bzw. 12,62 Euro (15. bis zur Vollendung des 18. Le-
bensjahres) berücksichtigt. Die Kosten einer Schülermo-
natskarte liegen meist weit darüber.

Da es somit nicht um die Deckung eines atypischen Mehrbe-
darfes im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II geht, sondern diese
Bedarfe in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen regelmä-
ßig auftreten und – soweit der Schulweg in zumutbarer Weise
nicht zu Fuß oder mit dem Fahrrad etc. zurückgelegt werden
kann – zwingend mit dem Schulbesuch verknüpft sind, sind
sie in § 28 im Bereich der Bedarfe für Bildung und Teilhabe
anzusiedeln. Damit können (was bei Anwendung des aus den
genannten Gründen ohnehin nicht anwendbaren § 21 Abs. 6
nicht der Fall wäre) auch Kinder von Geringverdienern, bei
denen nur die Bedarfe für Bildung und Teilhabe nicht oder
nicht vollständig gedeckt sind, in den Genuss der Über-
nahme der Mehraufwendungen für die Schülerbeförderung
gelangen.

Erstattet werden nur die Mehraufwendungen für die Fahrt
mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur nächstgelegenen Schule
des gewählten Bildungsgangs (Primarstufe, Sekundarstufe I
und II). Soweit in den Schulgesetzen der Länder eine voll-
ständige oder teilweise Kostenübernahme vorgesehen ist, ist
diese ebenso anzurechnen, wie eine Kostenübernahme durch
Dritte. Im Übrigen sind die in § 6 RBEG – E für Verkehrs-
dienstleistungen genannten Beträge aus Gründen der Ver-
waltungsvereinfachung pauschal in Abzug zu bringen.

Zu § 29

Zu Absatz 2 Satz 2

Da die Kosten für Dienstleistungen im öffentlichen Perso-
nennahverkehr nicht der individuellen Vereinbarung unter-
liegen, entfällt das Erfordernis einer Vereinbarung mit dem
- die jetzt zur Anwendung gekommene Basis so zu aktualisie-
ren, dass sie ggf. der nächsten Neubemessung nach Vorlie-

Leistungsanbieter. Die tatsächlich anfallenden Kosten für
die Fahrkarte sind zu Grunde zu legen.

Drucksache 17/4095 – 22 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Zu Absatz 4 Satz 3

Da Vereinbarungen zu Dienstleistungen im öffentlichen Per-
sonennahverkehr nicht in Betracht kommen (vgl. Begrün-
dung zu Buchstabe a), Satz 1 aber für den Anwendungsbe-
reich ausdrücklich auf die Vereinbarungen nach Abs. 2 und 3
abstellt, ist hier klarzustellen, dass der kommunale Träger
auch die Leistungserbringung im Bereich der Schülerbeför-
derungskosten an sich ziehen kann.

Zu § 30

Es handelt sich um Folgeänderungen zu dem neu eingefüg-
ten § 28 Abs. 5a und dem ebenfalls neu eingefügten § 29
Abs. 2, 2. Halbsatz, wonach bei den Schülerbeförderungs-
kosten keine Vereinbarungen mit Leistungsanbietern ge-
schlossen werden müssen.

Zu § 30a

Da hinsichtlich der Schülerbeförderungskosten keine Ver-
einbarungen abgeschlossen werden (s.o. 3) wird mit dem
neuen Satz 4 klargestellt, dass eine pauschale Abrechnung
auch bei den Schülerbeförderungskosten möglich ist, sofern
der Leistungsanbieter dazu bereit ist.

Zu Artikel 5

Es handelt sich um eine Folgeänderung zu der Änderung in
§ 28 SGB II und § 34 SGB XII. Die dort jeweils mit dem
neuen Absatz 5a vorgenommene Berücksichtigung der Kos-
ten der Schülerbeförderung als weitere Leistung für Bildung
und Teilhabe ist auch für den Bereich des Kinderzuschlags
zu übernehmen.

Änderungsantrag 7

Der Ausschuss wolle beschließen:

In Artikel 2 Nummer 31, § 31 Absatz 1 Satz 1 werden die
Wörter „oder deren Kenntnis“ gestrichen.

Begründung

Die Regelung des § 31 Absatz 1 des Gesetzentwurfs sieht vor,
dass neben einer schriftlichen Belehrung auch die Kenntnis
der Rechtsfolgen genügt, um eine Pflichtverletzung zu be-
gründen. Dies ist aus zwei Gesichtspunkten problematisch:
Die Regelung sorgt nicht für mehr Rechtssicherheit, da der
Wegfall der Schriftform eine hohe Unsicherheit begründet
und die Widerspruchsverfahren sowie die Zahl der Klagen
erhöhen wird. Zudem sinkt die Nachvollziehbarkeit und Pla-
nungssicherheit für Leistungsbezieher.

Das Sozialstaatsgebot verlangt klare rechtliche Standards,
insbesondere wenn das soziokulturelle Existenzminimum ge-
kürzt werden soll. Dieses Kriterium erfüllt der Verweis auf
die schwierig zu beweisende „Kenntnis“ nicht.

Änderungsantrag 8

Der Ausschuss wolle beschließen:

1. In Artikel 2 Nummer 15 wird in § 11b Absatz 1 Satz 1
Nummer 5 nach dem Komma die Angabe „bei Aufwands-
entschädigungen im Zusammenhang mit der Ausübung
ehrenamtlicher Tätigkeit monatlich ein Betrag in Höhe
von einem Zwölftel des steuerfreien Betrages nach § 3
Nummer 26 des Einkommensteuergesetzes,“ angefügt.

2. Artikel 3 Nummer 29 wird wie folgt geändert:

‚b) In Absatz 2 Nummer 4 wird nach dem Komma fol-
gende Angabe angefügt:

„bei Aufwandsentschädigungen im Zusammenhang
mit der Ausübung ehrenamtlicher Tätigkeit monat-
lich ein Betrag in Höhe von einem Zwölftel des steu-
erfreien Betrages nach § 3 Nummer 26 des Einkom-
mensteuergesetzes,“‘

b) Der bisherige Buchstabe b) wird Buchstabe c).

Begründung:

Durch die Regelung erfolgt eine Klarstellung, dass Auf-
wandsentschädigungen, die im Zusammenhang mit der Aus-
übung einer ehrenamtlichen Tätigkeit bezogen werden (z.B.
Übungsleiterpauschale), in Höhe des steuerfreien Betrages
nach § 3 Nr. 26 EStG bei der Berechnung des einzusetzenden
Einkommens nach SGB II und SGB XII anrechnungsfrei blei-
ben. Der steuerfreie Betrag (in Höhe von derzeit jährlich
2.100 Euro) ist in monatlichen Teilbeträgen vom Einsatz des
Einkommens freizustellen.

Die Bereinigung dieser Einkünfte um den steuerfreien Be-
trag soll gewährleisten, dass vom Regelsatz nicht umfasste
zusätzliche Aufwendungen im Zusammenhang mit der Aus-
übung der ehrenamtlichen Tätigkeit belassen werden. Darü-
ber hinaus soll die Pauschale das gesellschaftlich er-
wünschte ehrenamtliche Engagement gerade auch der Leis-
tungsberechtigten nach SGB II und XII fördern, da es ein ge-
eignetes Mittel ist, die Eigenständigkeit und die Gesundheit
von älteren Menschen durch deren aktive Teilhabe am gesell-
schaftlichen Leben zu fördern sowie bei Erwerbsfähigen die
Arbeitsfähigkeit zu erhalten und deren Vermittlungschancen
in eine Vollzeittätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu
erhöhen.

Änderungsantrag 9

Der Ausschuss wolle beschließen:

1. In Artikel 2 Nummer 31 wird § 24 Absatz 3 Satz 1 wie
folgt geändert:

a) In Nummer 2 wird das Wort „sowie“ gestrichen und
nach dem Wort „Geburt“ ein Komma eingefügt.

b) In Nummer 3 werden hinter den Wörtern „Miete von
therapeutischen Geräten“ ein Komma und die Wör-
ter „soweit dies nicht durch vorrangige Leistungsträ-
ger zu erbringen ist“ eingefügt und der Punkt am
Ende des Satzes wird durch ein Komma ersetzt.

c) Nach Nummer 3 werden folgende Nummern 4 und 5
angefügt:

„4. Anschaffung von Kühlschränken, Waschmaschi-
nen und Herden sowie

5. Anschaffung einer Monatsfahrkarte für den öffent-
lichen Personennahverkehr, soweit diese nicht durch
vorrangige Leistungsträger zu erbringen ist.“

Begründung:

Die Ergänzung in § 24 Absatz 3 Nummer 3 dient dazu, das
Nachrangprinzip der Grundsicherung für Arbeitsuchende
klarzustellen.

Die Ergänzung des § 24 Absatz 3 um eine neue Nummer 4 ist

a) Nach Buchstabe a) wird Buchstabe b) wie folgt ein-

gefügt:
erforderlich, da im Rahmen der Regelbedarfsbemessung
eine schlüssige Einbeziehung von Gebrauchsgütern mit län-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 23 – Drucksache 17/4095

gerem Gebrauchs- und höherem Anschaffungswert nicht
möglich ist. Die Verbrauchsausgaben für die Positionen
„Herd“ sind nicht näher angegeben und daher nicht nach-
vollziehbar. Die Verbrauchspositionen „Kühlschränke, Ge-
frierschränke und -truhen“ sowie „Waschmaschinen, Wä-
schetrockner, Geschirrspül- und Bügelmaschinen“ werden
nach der Begründung des Gesetzentwurfs zwar als regelbe-
darfsrelevant eingestuft. Die auf der Grundlage der Einkom-
mens- und Verbrauchsstichprobe ermittelten Beträge wurden
aber aufgrund des geringen Stichprobenumfangs und mit
Blick auf datenschutzrechtliche Bestimmungen nicht ausge-
wiesen. Daraus folgt, dass diese ermittelten Verbrauchsaus-
gaben keine tragfähige Grundlage für die Bemessung von
Regelbedarfsstufen sein können. Hinzu kommt, dass die in
die Berechnung der Regelbedarfsstufen eingeflossenen
Werte den Leistungsberechtigten keine realistische Möglich-
keit bieten, in einem akzeptablen Zeitraum Ansparungen be-
ziehungsweise Dispositionen für die Anschaffung der ge-
nannten Verbrauchsgüter zu treffen. Mit Blick auf die sich
hier zeigenden Grenzen des Statistikmodells aber auch unter
Berücksichtigung lebenspraktischer Erwägungen, sind die
Verbrauchspositionen Kühlschränke, Gefrierschränke be-
ziehungsweise Gefriertruhen und Waschmaschinen künftig
im Rahmen von § 24 Absatz 3 als gesonderte Leistungen zu
erbringen. Zuständiger Leistungsträger ist nach § 6 Absatz 1
die Bundesagentur für Arbeit.

2. Artikel 3 Nummer 11 wird wie folgt geändert:

a) In Buchstabe a) werden nach den Wörtern „Miete
von therapeutischen Geräten“ die Wörter „soweit
dies nicht durch vorrangige Leistungsträger zu er-
bringen ist“ eingefügt und der Punkt am Ende des
Satzes wird durch das Wort „sowie“ ersetzt.

b) Nach dem Buchstaben a) wird der Buchstabe b) wie
folgt eingefügt:

‚b) Nach Nummer 3 wird Nummer 4 wie folgt ange-
fügt:

„4.Anschaffung von Kühlschränken, Waschmaschi-
nen und Herden.“‘

c) Der bisherige Buchstabe b) wird Buchstabe c).

Begründung:

Die Änderungen erfolgen aus den zu § 24 SGB II dargestell-
ten Gründen.

In seiner 42. Sitzung hat der Ausschuss außerdem einen Ent-
schließungsantrag der Fraktion der SPD auf Ausschuss-
drucksache 17(11)359 beraten und den Antrag mit den Stim-
men der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stim-
men der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN abgelehnt. Der Entschließungsantrag wird
im Folgenden dokumentiert:

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Keine Pauschalierung der Kosten für Unterkunft und Hei-
zung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende

Die in dem Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regel-
bedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Bu-

der Kosten der Unterkunft und Heizung zu erlassen, ist nicht
sachgerecht

Bereits heute müssen die Leistungsträger nachvollziehbar
die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft und Heizung
bestimmen, um gerichtsfest den Bedarf für Unterkunft und
Heizung zu bemessen. Die Satzungslösung führt nicht zu
mehr Rechtssicherheit. Es wird mit unbestimmten Rechtsbe-
griffen gearbeitet, die vor Ort ausgefüllt werden müssen.
Satzungen führen dazu, dass auf Gesetzesänderungen und
Änderungen der Rechtsprechung weniger flexibel reagiert
werden kann.

Eine Pauschalierung der Kosten der Unterkunft und Hei-
zung – wie dies in dem Gesetzentwurf vorgesehen ist birgt so-
zialen Sprengstoff in sich.

Pauschalen bringen regelmäßig das Problem mit sich, dass
sie entweder zu hoch und dann teuer für die Kommunen sind.
Oder aber sie haben Leistungseinschränkungen für die Be-
troffenen zur Folge, wenn sie zielgerichtet zur Kostensen-
kung genutzt werden.

Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfänger werden
versuchen, möglichst preiswert zu wohnen, um einen Teil der
Pauschale für andere Ausgaben nutzen zu können. Selbst bei
bedarfsdeckenden Pauschalen steigt damit der Druck auf
den Wohnungsmarkt, möglichst billige Wohnungen anzubie-
ten. Wohnungsanbieter werden möglicherweise Sanierungen
und Investitionen in das Wohnumfeld unterlassen. Tendenzen
der sozialen Segregation werden verstärkt. Dies wiederum
würde auf mittlere und längere Sicht hohe Folgekosten für
die Kommunen zur Folge haben. Eine steigende soziale Se-
gregation in den Städten bedeutet nämlich in den einzelnen
Kiezen bzw. Ortsteilen eine Verstärkung von Kinderarmut,
wobei sich diese auch in den Schulen wiederspiegeln wird
und die Voraussetzungen für eine gute Bildung erheblich er-
schweren.

Werden die Pauschalen angesichts einer ungünstigen Fi-
nanzlage in vielen Kreisen und kreisfreien Städten zu niedrig
bemessen, besteht darüber hinaus die Gefahr, dass Miet-
schulden angehäuft werden und ggf. Obdachlosigkeit das
Ergebnis ist. In diesem Fall wird das verfassungsrechtlich
geschützte Existenzminimum nicht mehr sichergestellt, da
die Unterkunftskosten und die Kosten für Heizung nicht vom
Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes abgedeckt
sind.

Keine Verschärfung von Sanktionsregelungen in der Grund-
sicherung für Arbeitsuchende

Die Bedeutung von Sanktionen im SGB II für eine erfolgrei-
che Integration in Arbeit wird stark überschätzt. Die bessere
Alternative zu Sanktionen ist die intensive Betreuung und
Unterstützung bei der Vermittlung durch die Fallmanagerin
bzw. den Fallmanager. Die ganz große Mehrheit der Arbeit-
suchenden will arbeiten und wäre froh, wenn ein passender
Arbeitsplatz zur Verfügung stünde. Zahlreiche Experten und
Expertinnen sagen es deutlich: Die bestehenden Regelungen
beispielsweise für die unter 25-Jährigen sind hart.

Statt nur zu sanktionieren, sind unterstützende pädagogische
und andere Angebote notwendig insofern sind die für den
Bundeshaushalt 2011 vorgesehenen Kürzungen bei den Ein-
ches Sozialgesetzbuch vorgesehene Ermächtigung oder Ver-
pflichtung der Kommunen, Satzungen zur Angemessenheit

gliederungsleistungen klar der falsche Weg. Ein Paradig-
menwechsel hin zu Aktivierung und Motivierung statt „Be-

Drucksache 17/4095 – 24 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

strafung“ ist erforderlich. Hinweise von Praktikerinnen und
Praktikern und wissenschaftliche Expertise weisen darauf
hin, dass die gesetzlichen Regelungen zu den Sanktionen ins-
gesamt dahingehend angepasst werden sollten, dass indivi-
dueller auf den Einzelfall eingegangen und Art und Umfang
einer Sanktion entsprechend abgestuft werden kann sowie
Sanktionen auch leichter wieder zurückgenommen werden
können als bisher. Die bestehenden Sanktionsregelungen
werden dahingehend kritisiert, dass sie möglicherweise
nicht mit der notwendigen Sicherung des soziokulturellen
Existenzminimums vereinbar sind.

Die vorgesehenen Neuregelungen in Artikel 2 des Gesetzent-
wurfes erfüllen diesen Maßstab nicht. Darüber hinaus sehen
sie an verschiedenen Stellen einschneidende Verschärfungen
gegenüber der bestehenden Rechtslage vor. So soll künftig
eine schriftliche Rechtsfolgenbelehrung nicht mehr notwen-
dige Voraussetzung für die Anwendung von Sanktionsrege-
lungen sein. Es soll vielmehr ausreichen, dass die/der Ar-
beitsuchende die Rechtsfolgen ihres/seines Verhaltens
kannte. Dabei ist der Begriff „Kenntnis“ unscharf und dürfte
zu Rechtsstreitigkeiten führen. Mit dieser Regelung verab-
schiedet sich der Gesetzgeber von der konkreten Warn- und
Signalfunktion von Rechtsfolgenbelehrungen.

Keine Ausweitung des Niedriglohnsektors durch den Ausbau
der Freibeträge für Einkommen aus Erwerbstätigkeit – Frei-
betragsregelungen brauchen flankierende Mindestlohnrege-
lungen

Der vorgesehene Ausbau der Freibeträge für Einkommen
aus Erwerbstätigkeit in dem Bereich zwischen 800 und 1.000
Euro für Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II
ist sozialpolitisch falsch.

So ist einerseits davon auszugehen, dass die vergleichsweise
geringe Erhöhung kaum Auswirkungen auf die Aufnahme ei-
ner Erwerbstätigkeit haben wird. Dies allein schon deshalb,
da – wie das IAB jüngst festgestellt hat – die große Mehrzahl
der Empfängerinnen und Empfänger von Arbeitslosengeld II
ohnehin eine sehr hohe Arbeitsbereitschaft aufweist.

Andererseits werden bereits bestehende Fehlentwicklungen
auf dem Arbeitsmarkt noch verstärkt. Seit Einführung der
Grundsicherung für Arbeitsuchende im Januar 2005 ist die
Zahl der erwerbstätigen Arbeitslosengeld-II-Empfängerin-
nen und -Empfänger bis Ende 2007 stark gestiegen; danach
war die Zunahme verhaltener. Im Einführungsmonat der
Grundsicherung waren 760.000 erwerbstätige Leistungsbe-
zieherinnen und Leistungsbezieher in der Statistik erfasst.
Das waren damals 16,9 Prozent aller erwerbsfähigen Hilfe-
bedürftigen. Im März 2010 lag nach den Daten der Bundes-
agentur für Arbeit die Zahl der Aufstockerinnen und Aufsto-
cker bei 1.35 Mio. oder rund 27 Prozent aller erwerbsfähi-
gen Hilfebedürftigen.

Der Ausbau der Freibeträge in dem Bereich zwischen 800
und 1.000 Euro dürfte nach allen Erfahrungen dazu führen,
dass der Niedriglohnsektor weiter wächst. Denn für Arbeit-
geberinnen und Arbeitgeber steigt der Anreiz, reguläre Be-
schäftigung durch staatlich subventionierte Beschäftigung
von Menschen im Bezug von Arbeitslosengeld II zu ersetzen.
Für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber wirkt die Regelung
wie ein Signal, dass sie sich darauf verlassen können, dass

Ausweislich der Begründung in dem Gesetzentwurf ist die
zur Debatte stehende Neuregelung lediglich der „Einstieg in
die Reform der Erwerbstätigenfreibeträge“. Falls die Frei-
betragsregelungen ab dem Jahr 2012 weiter ausgeweitet
werden sollen, ohne dass ein flankierender Ausbau der Min-
destlohnregelungen vorgenommen wird, ist mit weiterem
Lohndumping auf dem Arbeitsmarkt zu rechnen.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass dort, wo zu niedrige Löhne
gezahlt werden und die Menschen in die Bedürftigkeit gera-
ten, der Staat über ergänzendes Arbeitslosengeld II an die
Stelle des Unternehmens tritt. Die Steuerzahler zahlen dann
faktisch den fehlenden Lohn.

Ein Kombilohn-Ansatz, bei dem durch erhöhte Freibetrags-
regelungen eine immer größere Zahl von Aufstockerinnen
und Aufstockern unzureichende Arbeitsentgelte durch Leis-
tungen nach dem SGB II ergänzen muss, ist nicht akzeptabel.
Gute Arbeit bedeutet, dass eine die Existenz sichernde, sozi-
alversicherungspflichtige Beschäftigung die Regel ist.

Statt mehr Geld für Arbeitslosengeld II auszugeben, müssen
stattdessen die Kürzungen bei den Mitteln für Arbeitsmarkt-
politik im Bundeshaushalt 2011 zurückgenommen werden –
Langzeitarbeitslose brauchen mehr statt weniger Chancen.
Die Abhängigkeit von Arbeitslosengeld II darf nicht zemen-
tiert werden.

Härten bei der Anrechnung von Einkommen und der Gewäh-
rung von Darlehen vermeiden

Entsprechend höchstrichterlicher Rechtsprechung (BSG, Ur-
teil vom 17. Juni 2010 – B 14 AS 46/09 R) sind private Dar-
lehen unabhängig von ihrem Zweck, ihrer Höhe und der ver-
traglichen Ausgestaltung bei der Einkommensanrechnung
außer Betracht zu lassen. Ist dies nicht gewährleistet, wür-
den die Selbsthilfemöglichkeiten der Menschen unangemes-
sen beschnitten und privates Engagement ad absurdum ge-
führt. Der vorliegende Gesetzentwurf trägt mit der Regelung
in § 11 SGB II entgegen der im Referentenentwurf vorge-
schlagenen Formulierung (dort war noch die Anrechnung
von Privatdarlehen als Einkommen vorgesehen) der aktuel-
len Rechtsprechung auf den ersten Blick Rechnung. Gegen-
über dem Referentenentwurf wurden jedoch andere mit die-
ser Regelung in Zusammenhang stehende Vorschriften
(§§ 11a Abs. 6 und 11b Abs. 2 SGB II) nicht entsprechend an-
gepasst. Dadurch besteht die Gefahr, dass es in der Praxis
zur Anrechnung von Privatdarlehen als Einkommen kommt
und Menschen belastet werden, die auf private Solidarität
bauen.

Bisher war es dem Fallmanager möglich, bei der monatli-
chen Aufrechnung von darlehensweise erbrachten Leistun-
gen mit dem Regelbedarf individuell auf den Einzelfall ein-
zugehen und auf die Bedarfslage des Darlehensnehmers und
seiner Familie unter Berücksichtigung aller maßgeblichen
Aspekte Rücksicht zu nehmen. Dies soll künftig nicht mehr
möglich sein (§ 42a Abs. 2 in Art. 2 des Gesetzesentwurfs).
Vielmehr hat der Fallmanager mit einem fest vorgegebenen
Wert (10 Prozent des maßgebenden Regelbedarfes) aufzu-
rechnen. Es besteht nunmehr die Gefahr, dass nach erfolgter
Aufrechnung die Bedarfe in der Bedarfsgemeinschaft nicht
mehr gedeckt werden können.

Künftig soll die Gewährung von Darlehen durch das Job-

niedrige oder künftig noch weiter abgesenkte Löhne durch
den Staat aufgestockt werden.

Center auch von dem Einsatz von Vermögen abhängig ge-
macht werden, welches eigentlich von der Vermögensan-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 25 – Drucksache 17/4095

rechnung auszunehmen ist (§ 42a Abs. 1 in Art. 2 des Geset-
zesentwurfs). Das gilt beispielsweise für den Grundfreibe-
trag für Kinder in der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von
3.100 Euro je Kind. Die Neuregelung gilt auch für die Ge-
währung von Darlehen zur Stellung einer Mietkaution. Dies
ist insofern besonders problematisch, als ohnehin nur dieje-
nigen Umzüge anerkannt werden, die notwendig sind. Darü-
ber hinaus ist es i. d. R. nicht der Wunsch des Arbeitsuchen-
den, sondern der des JobCenters, zur Senkung von Mietkos-
ten einen Umzug in eine preiswertere Wohnung durchzufüh-
ren.

Die Neuregelungen der Vorschriften bei der Anrechnung von
Einkommen sehen auch vor, dass unter bestimmten Voraus-
setzungen nur noch Leistungen, die auf Grund öffentlich-
rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten
Zweck erbracht werden, von der Anrechnung auszunehmen
sind. Bisher bezieht sich die entsprechende Regelung ganz
all-gemein auf zweckbestimmte Einnahmen. Aufwandsent-
schädigungen im Ehrenamt wie die Übungsleiter- und die
Ehrenamtspauschale nach § 3 Nr. 26 und 26a EStG würden
damit angerechnet werden. Bürgerschaftlich engagierte Ar-
beitslosengeld-II-Empfängerinnen und Empfänger werden
damit gegenüber erwerbstätigen Engagierten benachteiligt.
Es steht zu befürchten, dass dies negative Rückwirkungen
auf das ehrenamtliche Engagement von Arbeitsuchenden
und damit auf deren Chancen, über ein solches Engagement
wieder leichter den Weg zurück in Arbeit zu finden, hat.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung
auf,

den Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedar-
fen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches So-
zialgesetzbuch wie folgt zu ändern:

1) Streichung der Regelung (§§ 22a, 22b und 22c SGB II
bzw. der entsprechenden Regelungen im SGB XII), die
eine Ermächtigung bzw. Verpflichtung der Kreise und
kreisfreien Städte vorsehen, durch Satzung zu bestim-
men, in welcher Höhe Aufwendungen für Unterkunft und
Heizung in ihrem Gebiet angemessen sind oder die eine
pauschale Erbringung von Leistungen für Unterkunft
und Heizung vorsehen.

2) Verzicht auf die geplanten Neuregelungen in Artikel 2
des Gesetzentwurfes zu den Sanktionen im SGB II.

3) Beibehaltung der bisherigen Regelungen für die Freibe-
träge bei Erwerbstätigkeit und Einführung eines gesetz-
lichen Mindestlohnes.

4) Neufassung der Regelungen zu Darlehen, um verschie-
dene Unstimmigkeiten und problematische Auswirkun-
gen der vorgelegten Formulierungen zu vermeiden.
Durch die Streichung von § 11a Abs. 6 und §11b Abs. 2
SGB II ist klarzustellen, dass private Darlehen nicht als
Einkommen berücksichtigt werden. Der Entscheidungs-
spielraum des Fallmanagers bei der Festlegung der
Höhe der monatlichen Aufrechnung ist flexibel auszuge-
stalten, damit dieser passgenau auf die individuelle Be-
darfslage der Bedarfsgemeinschaft eingehen kann. Die
Regelungen hinsichtlich des Vermögenseinsatzes bei der
Gewährung eines Darlehens durch das JobCenter sind

wie bisher auch schon von dem Begriff der zweckbe-
stimmten Einnahmen auszugehen.

5) Verbesserung der Personalausstattung in den JobCen-
tern über die bisher unzureichenden Planungen hinaus,
damit dort die durch den Gesetzentwurf zur Ermittlung
von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und
Zwölften Buches Sozialgesetzbuch zusätzlich auf die
JobCenter entfallenden Aufgaben (z. B. Administrierung
der Leistungen für Bildung und Teilhabe) adäquat erle-
digt werden können, ohne dass die Unterstützung der Ar-
beitsuchenden durch die JobCenter auf ihrem Weg zu-
rück in Arbeit darunter leidet.

Zu Buchstabe c

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Antrag auf
Drucksache 17/3648 in seiner 42. Sitzung am 1. Dezember
2010 abschließend beraten und dem Deutschen Bundestag
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP ge-
gen die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktionen DIE
LINKE. die Ablehnung empfohlen.

Zu Buchstabe d

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Antrag auf
Drucksache 17/2934 in seiner 42. Sitzung am 1. Dezember
2010 abschließend beraten und dem Deutschen Bundestag
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Ablehnung empfohlen.

Zu Buchstabe e

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Antrag auf
Drucksache 17/3435 in seiner 42. Sitzung am 1. Dezember
2010 abschließend beraten und dem Deutschen Bundestag
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP ge-
gen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜND-
NIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion
der SPD die Ablehnung empfohlen.

Die Fraktion der CDU/CSU bekräftigte, dass mit dem Ge-
setzentwurf von Koalitionsfraktionen und Bundesregierung
das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Februar die-
sen Jahres umgesetzt werde. Das Gericht habe dem Gesetz-
geber aufgegeben, die Regelsätze der Grundsicherung zu
überprüfen – nicht ihre Höhe, aber die Art der Ermittlung.
Die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe sei dafür aus-
drücklich als geeignetes Instrument anerkannt worden. Auf
dieser Basis habe man das Urteil Punkt für Punkt umgesetzt.
Dabei habe man zunächst existenzsichernde Positionen des
Verbrauchs aufgenommen und sie beispielsweise um Inter-
netpositionen sowie die Praxisgebühr ergänzt. Der Gesetzge-
ber habe aber auch die Freiheit und Pflicht zur Wertentschei-
dung, auszuschließen, was nicht zur Existenzsicherung ge-
höre. Daher würden Pauschalreisen, Alkohol, Tabak und
Schnittblumen künftig nicht mehr berücksichtigt. Mit einer
Sonderauswertung habe man Schieflagen etwa bei den Mo-
bilitätskosten beseitigt. Besonders wichtig sei es der Koali-
tion, dass man ein Bildungs- und Teilhabepaket für die För-
derung von Kindern und Jugendlichen geschaffen habe. Es
komme darauf an, ihnen eine eigenständige Zukunft jenseits
des Grundsicherungsbezugs zu eröffnen. Daher habe man
unverändert zu lassen. Bei der Frage, welche Einnah-
men nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind, ist

trotz schwieriger Haushaltslage zusätzliche Mittel für die
Förderung von Nachhilfeunterricht, die Mitgliedschaft im

Drucksache 17/4095 – 26 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Sportverein oder für Musikstunden bereitgestellt – 120 Euro
jährlich pro Kind. Es sei ein Verdienst dieser Koalition, Bil-
dung und gesellschaftliche Teilhabe bedürftiger Kinder in
den Mittelpunkt zu stellen. Ein anderes wichtiges Anliegen,
das jetzt auf den Weg gebracht werde, sei die Erhöhung der
Freibeträge aus Erwerbsarbeit. Es gehe darum, dass Men-
schen, die mehr arbeiteten, davon auch etwas hätten. Arbeit
müsse sich lohnen. Damit würden Anreize geschaffen, den
Lebensunterhalt wieder aus eigener Kraft zu bestreiten. Da-
her werbe die Fraktion der CDU/CSU mit Nachdruck um
Zustimmung zu dem Gesetzentwurf.

Die Fraktion der SPD kritisierte den Gesetzentwurf. Die Be-
rechnungsmethode für den Regelsatz der Grundsicherung sei
zweifelhaft. So werde zunächst die Bezugsgruppe bei Ein-
personenhaushalten von vorher 20 auf 15 Prozent reduziert
und mit dem so errechneten niedrigeren Verbrauchsausgaben
auch der mögliche Regelsatz reduziert. Dann werde dieser
durch Einrechnung der Aufstocker weiter reduziert. Weiter
seien – entgegen den Vorgaben des Verfassungsgerichts – die
verdeckt Armen in den Referenzhaushalten enthalten. Dazu
komme, dass die Nichtberücksichtigung bei den regelsatzre-
levanten Verbrauchsausgaben teilweise nicht nachvollzieh-
bar und methodisch falsch seien. Die verwendeten Daten
seien oft wegen der kleinen Bezugsgruppen nicht valide. Das
führe zu keinem überzeugenden Ergebnis. Ergänzende qua-
litative Studien zur Plausibilitätskontrolle, um bedarfsde-
ckende und realistische Regelsätze zu schaffen, wären sinn-
voll gewesen. Doch die Bundesregierung habe diese Mög-
lichkeit verstreichen lassen. Dasselbe gelte für die Förderung
von Kindern und Jugendlichen. Das sei ganz selbstverständ-
lich wichtig. So sei das Schulbasispaket gar nichts Neues,
sondern werde nur neu benannt. Das Teilhabepaket sei in sei-
ner Absicht ebenfalls durchaus löblich, sei aber eher ein
Päckchen. Wie solle ein Kind denn im Fußballverein mit-
spielen, wenn Geld für ein Trikot und Schuhe fehle? An die-
sem Päckchen störe auch die mangelnde Flexibilität, die es
lebensfern mache. Die SPD-Fraktion sei im Übrigen der
Meinung, dass sowohl Bildungs- als auch soziokulturelle
Teilhabe nicht nur SGB-II-Kindern zu Gute kommen solle.
Viele andere Kinder in der Schule brauchten diese Förderung
ebenfalls.

Die Fraktion der FDP lobte die optimale Umsetzung der
Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts im vorliegenden
Gesetzentwurf. Das Gericht habe ausdrücklich nicht die
Höhe des Regelsatzes als evident verfassungswidrig gese-
hen, sondern die Herleitung. Die Kritik überzeuge nicht, da
der Entwurf Fortschritt in allen Bereichen bringe – bei der
Bemessung der Regelsätze für Erwachsene wie für Kinder.
Der Bedarf sei bisher nur vom Erwachsenen prozentual ab-
geleitet worden. Künftig stehe die eigenständige Bedarfser-
mittlung im Mittelpunkt. Darüber hinaus fördere die Koali-
tion die Bildung und die gesellschaftliche Teilhabe. Man
habe viel Engagement darauf verwendet, die Vorgaben des
Bundesverfassungsgerichts umzusetzen. Man dürfe auch
den enormen Zeitdruck bei der Novelle nicht vergessen. Man
sei froh, jetzt die Grundlage zu haben, um am Jahresanfang
tatsächlich den Bedürftigen helfen zu können – vorausge-
setzt, der Bundesrat verhindere das nicht. Man solle im Inte-

Die Fraktion DIE LINKE. kritisierte, dass der Gesetzent-
wurf verfassungswidrig sei. Dieses Urteil sei von mehreren
Sachverständigen in der Anhörung bestätigt worden. Die
Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe
2008 durch das Bundesministerium sei mit Manipulationen
und Tricks kleingerechnet worden. Die Fraktion DIE LINKE.
habe daher eine eigene Sonderauswertung der EVS beim
Statistischen Bundesamt in Auftrag gegeben. Allein die
Herausnahme der verdeckt Armen sowie die Bezugnahme
auf die untersten 20 Prozent der Haushalte ergäbe demnach
einen um 28 Euro höheren Regelsatz. Werde des Weiteren
auf willkürliche Abschläge verzichtet, so erhöhe sich der
Regelsatz um 101 Euro; bei kompletter Anerkennung der
Verbrauchsausgaben der Referenzgruppe um etwa 150 Euro.
Die Fraktion DIE LINKE. sehe sich daher mit ihrer Forde-
rung nach einem Regelsatz von 500 Euro bestärkt. Des
Weiteren würden im Windschatten der Neuermittlung der
Regelbedarfe weitere Verschlechterungen bei den Sanktions-
regelungen und Unterkunftskosten durchgesetzt. Gegen die
Verpflichtung zur Gewährleistung des menschenwürdigen
Existenzminimums würde durch diesen Gesetzentwurf ver-
stoßen. Daher fordere die Fraktion eine neue Gesetzesvor-
lage und darüber hinaus eine Kommission des Deutschen
Bundestages, ergänzt mit Sachverständigen und Betroffe-
nenvertretern, die die Regelsatzbemessung konzeptionell
weiterentwickeln solle.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lehnte den
Gesetzentwurf ebenfalls als nicht hinreichend ab, um das
menschenwürdige Existenzminimum sicherzustellen. Die
Rechenwege, normativen Setzungen und statistische Unklar-
heiten führten dazu, dass der Entwurf so nicht haltbar sei.
Die Berechnungsgrundlage weise große Unsicherheiten auf,
die beispielsweise im Bereich Mobilität offenkundig nicht
der Wirklichkeit entsprächen. Mobilitätskosten für 14- bis
18-Jährige, die bei unter 13 Euro lägen, seien offensichtlich
nicht ausreichend. Vor diesem Hintergrund müsse man die
Einkommens- und Verbrauchsstichprobe als einzige Me-
thode der Bedarfsfeststellung hinterfragen. Man könne sich
auch am tatsächlichen Bedarf orientieren. Außerdem treffe
es nicht zu, das man bei der Referenzgruppe die nach Ein-
kommen untersten 20 Prozent der Haushalte zugrunde gelegt
habe. Diese politische Entscheidung lehne die Fraktion ab.
Dazu kämen willkürliche Abschläge etwa für Alkohol und
Nikotin, die methodisch fragwürdig seien und zu einer wei-
teren Absenkung des Regelsatzes führten. Insgesamt sei eine
Fülle von Details zu kritisieren. So sei eine neue Regelsatz-
stufe 3 geschaffen worden. Man müsse sicherstellen, dass
dies nicht zu einer Schlechterstellung beispielsweise behin-
derter Erwachsener führe, die noch bei ihren Eltern lebten.
Klärungsbedarf gebe es auch bei der Anrechnung von
Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Tätigkeit. Und
auch das Bildungs- und Teilhabepaket könne so nicht über-
zeugen.

B. Besonderer Teil

Zu Nummer 1 (Artikel 1)

Zu Buchstabe a (§ 7)

Korrektur eines Verweisungsfehlers. In Absatz 4 sind die
Summen der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben
resse der Betroffenen jetzt Klarheit schaffen und dem Ge-
setzentwurf zustimmen.

für Kinder und Jugendliche enthalten, die sich aus der Fort-
schreibung der für das Jahr 2008 ermittelten regelbedarfs-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 27 – Drucksache 17/4095

relevanten Verbrauchsausgaben mit der Veränderungsrate
des Mischindexes ergeben. Die Veränderungsrate des Misch-
indexes ergibt sich aus Absatz 2.

Zu Buchstabe b (§ 8)

In § 8 RBEG sind die Regelbedarfsstufen enthalten, die sich
aus der Ermittlung von Regelbedarfen nach den regelbe-
darfsrelevanten Verbrauchsausgaben der Einpersonen- und
Familienhaushalte nach den §§ 5 bis 7 RBEG ergeben.

Durch den vorliegenden Änderungsantrag werden Anpassun-
gen als Folgeänderungen zu den Konkretisierungen, Klarstel-
lungen und Umformulierungen in der Abgrenzung der für das
SGB XII geltenden Regelbedarfsstufen nach der Anlage zu
§ 28 SGB XII vorgenommen. Die sich daraus ergebenden
Konkretisierungen dienen zugleich der Darstellung der
Rechtslage angesichts einiger davon in Teilbereichen abwei-
chenden Urteilen der Sozialgerichtsbarkeit. Konzeptionelle
Änderungen ergeben sich hieraus für die Regelbedarfsstufen
1 bis 3; Änderungen bei den Regelbedarfsstufen 4 bis 6 be-
schränken sich auf Anpassungen an die Formulierungen in
den Regelbedarfsstufen 1 bis 3.

Durch diese Änderungen ergeben sich keine Auswirkungen
auf die Leistungshöhe. Es bleibt unverändert bei den Ablei-
tungen für die Regelbedarfsstufen 2 und 3 aus der sich nach
der Regelbedarfsermittlung auf Grundlage der Verbrauchs-
ausgaben der Einpersonenhaushalte ermittelten Regelbe-
darfsstufe 1. Eine statistische Ermittlung der Regelbedarfe
von Erwachsenen, die in einer Mehrpersonenkonstellation in
einem Haushalt leben, auf der Grundlage einer Sonderaus-
wertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe war,
wie in der Begründung des Gesetzentwurfs beschrieben, auf-
grund der zur Verfügung stehenden Kürze der Zeit mangels
einer verfügbaren Konzeption innerhalb des laufenden Ge-
setzgebungsverfahrens nicht möglich (Begründung zur An-
lage zu § 28 SGB XII, Begründung zu Artikel 3 Nummer 42,
Bundestagsdrucksache 17/3404, S. 216). Haushaltseinspa-
rungen, sog. economies of scales, sind in Mehrpersonen-
haushalten jedoch unbestritten und vom Bundesverfassungs-
gericht im Urteil vom 9. Februar 2010 bestätigt (BVerfG,
Urteil vom 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09 u. a. – Rn. 189), da
sie bei haushaltsbezogenen Ausgaben geringere Ausgaben
halben als es der Summe der entsprechenden Anzahl von
Einpersonenhaushalten entspricht (vgl. hierzu eingehend die
Begründung zu Artikel 3, Anlage zu § 28 SGB XII, zur Re-
gelbedarfsstufe 3).

Ergänzend wird auf die Begründung zu Nummer 2 Buch-
stabe b (Änderung Anlage zu § 28 SGB XII) verwiesen.

Die in § 8 RBEG enthaltenen Regelbedarfsstufen 1 bis 6 gel-
ten unmittelbar für das SGB XII. Dort sind sie in der Anlage
zu § 28 SGB XII enthalten. Für das SGB II werden sie in Ar-
tikel 2 für das Arbeitslosengeld II und das Sozialgeld jeweils
als Euro-Betrag übernommen. Es ist beabsichtigt, auch hier
die Regelbedarfsstufe 3 einzuführen.

Danach ergibt sich, dass für Erwachsene, für die im SGB XII
die Regelbedarfsstufe 1 anzuwenden ist, im SGB II der ent-
sprechende Betrag (364 Euro) gilt. Im Falle der Regelbe-
darfsstufe 2 gilt im SGB II ebenfalls der entsprechende Be-
trag (328 Euro).

• die Sozialgeld beziehen, weil sie nicht erwerbsfähig sind
und mit erwerbsfähigen leistungsberechtigten Personen
in einer Bedarfsgemeinschaft leben,

• die Arbeitslosengeld II beziehen, wenn sie das 25. Le-
bensjahr noch nicht vollendet haben.

Damit ergibt sich als einziger Unterschied zwischen
SGB XII und SGB II, dass erwerbsfähige Leistungsberech-
tigte im SGB II mit Vollendung des 25. Lebensjahrs – wie im
geltenden Recht – unabhängig von der Haushaltszugehörig-
keit eine eigenständige Bedarfsgemeinschaft bilden und
demnach für das Arbeitslosengeld II ein Regelbedarf von
364 Euro berücksichtigt wird. Ein voll erwerbsgeminderter
Erwachsener, der leistungsberechtigt nach SGB XII ist, er-
hält hingegen auch nach Vollendung des 25. Lebensjahres
Regelbedarfsstufe 3 (291 Euro).

Dieser Unterschied ergibt sich aus den Systemunterschieden
zwischen der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der
Sozialhilfe und erfordert zur Einordnung eine Gesamtbe-
trachtung.

Die Grundsicherung für Arbeitsuchende wendet sich ihrer
Zielrichtung nach vornehmlich an einen dem Grunde nach
erwerbsfähigen Personenkreis, der nur vorübergehend der
Unterstützung durch steuerfinanzierte Sozialleistungen be-
darf. Aus der Erwerbsfähigkeit ergeben sich im SGB II
Pflichten zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit. Diese gelten
insbesondere auch für im Haushalt der Eltern lebende Er-
wachsene ab 25 Jahren, die Arbeitslosengeld II beziehen.
Von ihnen ist deshalb ein erhöhtes Maß an Eigenverantwor-
tung und wirtschaftlicher Beweglichkeit einzufordern, wo-
raus sich auch die Anerkennung wirtschaftlicher Eigenstän-
digkeit durch einen Regelbedarf entsprechend der Regel-
bedarfsstufe 1 ableitet. Die Systemunterschiede zwischen
SGB II und SGB XII – und hier insbesondere bei einer Leis-
tungsberechtigung nach dem Vierten Kapitel SGB XII –
zeigen sich auch in der Berücksichtigung von Unterhalts-
ansprüchen und -erwartungen gegenüber den Eltern bei dem
haushaltsangehörigen Leistungsberechtigten. Während nach
dem Vierten Kapitel SGB XII Unterhaltsansprüche insbe-
sondere gegenüber den Eltern grundsätzlich unberücksich-
tigt bleiben (§ 43 Absatz 2 SGB XII), sind sie im SGB II zu
berücksichtigen. Besteht hingegen bei einer Leistungsbe-
rechtigung nach dem SGB II eine Haushaltsgemeinschaft
zwischen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und ihren
Eltern, wird unter den Voraussetzungen des § 9 Absatz 5
SGB II der tatsächliche Unterhalt vermutet. Weitere System-
unterschiede ergeben sich aus den genannten Gründen auch
beim Einsatz von Vermögen oder der Anrechnung von Er-
werbseinkommen.

Für nicht erwerbsfähige erwachsene Kinder von erwerbsfä-
higen Hilfebedürftigen, die mit diesen eine Bedarfsgemein-
schaft bilden und Sozialgeld erhalten, ergeben sich hingegen
keine Unterschiede gegenüber dem SGB XII. Diese Perso-
nen erhalten nach geltendem Recht einen Regelsatz bzw.
eine Regelleistung in Höhe von 80 Prozent des Eckregelsat-
zes und nach dem bisherigen Gesetzentwurf Regelbedarfs-
stufe 3 bzw. Sozialgeld in entsprechender Höhe. Damit sind
Der der Regelbedarfsstufe 3 entsprechende Euro-Betrag
(291 Euro) gilt im SGB II für erwachsene Personen,

dem Haushalts angehörige erwachsene Kinder, die nicht er-
werbsfähig sind, in SGB XII und SGB II gleichgestellt.

Drucksache 17/4095 – 28 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Zu Nummer 2 (Artikel 2)

Zu Buchstabe a (Änderung Nummer 1)

Folgeänderung zur Neufassung der §§ 30 und 30a.

Zu Buchstabe b (Änderung Nummer 3)

Redaktionelle Korrektur.

Zu Buchstabe c (Einfügung Nummer 7a)

Anpassung der Vorschrift im Sinne des Gender-Mainstrea-
mings.

Zu Buchstabe d (Änderung Nummer 9)

Anpassungen im Sinne des Gender-Mainstreamings.

Zu Buchstabe e (Änderung Nummer 10)

Zu Doppelbuchstabe aa

Anpassung der Vorschrift im Sinne des Gender-Mainstrea-
mings.

Zu Doppelbuchstabe bb

Die Änderung dient der Klarstellung. Der bisherige Gesetz-
entwurf sieht die dortige Neufassung des § 7 Absatz 5 eben-
falls als klarstellende Folgeänderung zur Zusammenfassung
der Leistungen für Auszubildende in § 27 an. Die Klarstel-
lung soll auch im Hinblick auf die erstmalige gesetzliche Be-
nennung der Leistungsansprüche in § 27 Absatz 2 erfolgen.
Dieses Ziel würde durch § 7 Absatz 5 in der Fassung des
bisherigen Entwurfs aber nicht erreicht werden, weil die
Auszubildenden nur von Arbeitslosengeld II, Sozialgeld und
Leistungen für Bildung und Teilhabe, nicht aber von den
weiteren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
ausgeschlossen wären, die im Unterabschnitt 3 neben den
Leistungen für Auszubildende nach § 27 normiert sind.

Zu Buchstabe f (Änderung Nummer 13)

Anpassung der Vorschrift im Sinne des Gender-Mainstrea-
mings.

Zu Buchstabe g (Änderung Nummer 15)

Zu Doppelbuchstabe aa (§ 11a)

Durch die ausdrückliche Regelung in § 11 Absatz 1, dass
darlehensweise gewährte Einnahmen aus Sozialleistungen,
die dem Lebensunterhalt dienen, zu berücksichtigendes Ein-
kommen darstellen, bedarf es der Regelung in § 11a Absatz 6
nicht mehr.

Zu Doppelbuchstabe bb (§ 11b)

Zu Dreifachbuchstabe aaa

Der zu streichende Absatz sollte sicherstellen, dass Darlehen
nur in der Höhe berücksichtigt werden, wie sie dem Leis-
tungsberechtigten im Bewilligungszeitraum tatsächlich für
den Lebensunterhalt zur Verfügung stehen. Der bisherige
Wortlaut ist jedoch missverständlich und führt dazu, dass
Leistungsberechtigte im Ergebnis den Umfang ihrer Hilfebe-
dürftigkeit und damit ihres Leistungsanspruches dadurch be-
einflussen können, dass sie auch nicht fällige Tilgungszah-
lungen vornehmen. Bei Streichung des Absatzes wird deut-
lich, dass zu berücksichtigende Einnahmen aus Darlehen

Zu Dreifachbuchstabe bbb

Folgeänderung zu Doppelbuchstabe aa.

Zu Buchstabe h (Änderung Nummer 16)

Anpassung der Vorschrift im Sinne des Gender-Mainstrea-
mings.

Zu Buchstabe i (Änderung Nummer 26)

Anpassung der Vorschrift im Sinne des Gender-Mainstrea-
mings.

Zu Buchstabe j (Einfügung der Nummern 29a und 29b)

Anpassung der Vorschrift im Sinne des Gender-Mainstrea-
mings.

Zu Buchstabe k (Änderung Nummer 30)

Zu den Buchstaben a und b

Anpassung der Vorschrift im Sinne des Gender-Mainstrea-
mings.

Zu Buchstabe c

Entspricht dem bisherigen Entwurf.

Zu Buchstabe l (Einfügung Nummer 30a)

Anpassung der Vorschrift im Sinne des Gender-Mainstrea-
mings.

Zu Buchstabe m (Änderung Nummer 31)

Zu Doppelbuchstabe aa (§ 20)

Zu Dreifachbuchstabe aaa

Mit der Änderung werden die Regelbedarfe sonstiger er-
werbsfähiger Angehöriger von Bedarfsgemeinschaften nach
deren Alter ausdifferenziert. Für erwerbsfähige Angehörige
unter 18 Jahren wird weiterhin ein Regelbedarf entsprechend
der Regelbedarfsstufe 4, für ältere erwerbsfähige Angehö-
rige der Bedarfsgemeinschaft dagegen nunmehr ein Regel-
bedarf entsprechend der Regelbedarfsstufe 3 anerkannt. Die
Regelbedarfsstufe 3 wird damit auch im SGB II etabliert.

Der bisherige Gesetzentwurf sieht für alle sonstigen er-
werbsfähigen Angehörigen einer Bedarfsgemeinschaft einen
Regelbedarf entsprechend der Regelbedarfsstufe 4 vor. Weil
diese Regelbedarfsstufe auf Grundlage des Verbrauchsver-
haltens von Familienhaushalten mit einem Jugendlichen
zwischen 14 und 17 Jahren ermittelt ist, kann sie auf die
sonstigen erwerbsfähigen Personen, die das 18. Lebensjahr
bereits vollendet haben, nicht ohne Weiteres übertragen wer-
den. Betroffen davon sind in erster Linie Personen von 18 bis
unter 25 Jahren, die mit ihren leistungsberechtigten Eltern in
einem Haushalt leben und deshalb mit ihnen eine Bedarfsge-
meinschaft bilden.

Den Bedarf erwachsener erwerbsfähiger Leistungsberech-
tigter, die mit anderen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ohne Partner zu sein,
bildet die Regelbedarfsstufe 3 zutreffend ab. Diese Regelbe-
darfsstufe beruht auf der Auswertung des Verbrauchsverhal-
tens von Einpersonenhaushalten. Sie orientiert sich damit
ausschließlich am Konsum erwachsener Personen.

Die Bemessung des Regelbedarfs mit 80 Prozent des Regel-
bedarfs alleinstehender Personen ist zwar nicht statistisch
(§ 11 Absatz 1) mit dem Wert als Einkommen zu berücksich-
tigen sind, den sie zum Zuflusszeitpunkt haben.

hinterlegt; eine konkrete Ermittlung des Bedarfs erwachse-
ner Personen in Mehrpersonenhaushalten ist auf Grundlage

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 29 – Drucksache 17/4095

der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe aber auch nicht
möglich. Dem Gesetzgeber bleibt es aber unbenommen, aus
Gründen der Verwaltungspraktikabilität sachgerecht zu typi-
sieren. Diese Spielräume erkennt auch das Bundesverfas-
sungsgericht in seinem Urteil vom 9. Februar 2010 (Az. 1
BvL 1, 3 und 4/09) ausdrücklich an. Es ist angesichts weit-
gehend gleichbleibender haushaltsbezogener Verbrauchs-
ausgaben davon auszugehen, dass in Haushalten mit mehre-
ren erwachsenen Personen die jeweils individuellen Bedarfe
sinken. Dies hat das Bundesverfassungsgericht für den Paar-
haushalt ausdrücklich anerkannt und typisierte Einsparun-
gen in Höhe von 20 Prozent als verfassungsrechtlich tragfä-
hig akzeptiert (BVerfG, a.a.O., Rn. 189). Es ist ferner typi-
scherweise davon auszugehen, dass junge Erwachsene, die
mit ihren erwerbsfähigen Eltern oder einem erwerbsfähigen
Elternteil zusammenleben, dem Haushalt ihrer Eltern oder
des Elternteils angehören und nicht umgekehrt. Bei realitäts-
gerechter Betrachtung führen die Eltern auch nach Eintritt
der Volljährigkeit ihres Kindes weiterhin den Haushalt und
tätigen die wesentlichen haushaltsbezogenen Ausgaben. Sie
sind im Regelfall Versicherungsnehmer für Hausrat- und
Haftpflichtversicherungen, sie sind Vertragspartner von Ver-
sorgungsunternehmen und halten die Elektrogroßgeräte des
Haushalts (z. B. Waschmaschine, Kühlschrank, Spülma-
schine, Fernsehgerät) vor. Dies rechtfertigt es, für den in § 20
Absatz 2 genannten Personenkreis einen Regelbedarf ent-
sprechend der Regelbedarfsstufe 3 festzusetzen.

Mit der Änderung sind Mehrkosten in Höhe von rund 11,5
Mio. Euro in 2011 verbunden, von denen 10,8 Mio. Euro auf
den Bund und 700 000 Euro auf die Kommunen entfallen
werden.

Zu Dreifachbuchstabe bbb

Folgeänderung zu Doppelbuchstabe aa. Bei jungen Erwach-
senen, die ohne Zusicherung des kommunalen Trägers um-
gezogen sind, werden auf Grundlage des bestehenden Rechts
lediglich die Regelleistungen berücksichtigt, die berücksich-
tigt worden wären, wenn die leistungsberechtigten Personen
weiterhin mit ihren Eltern eine Bedarfsgemeinschaft gebil-
det hätten. Damit soll der Anreiz für einen nicht erforderli-
chen Auszug aus dem elterlichen Haushalt verringert wer-
den. Das legitime Ziel, Fehlanreizen entgegenzuwirken und
vermeidbare umzugsbedingte Mehrkosten insbesondere für
die Bedarfe für Unterkunft und Heizung zu reduzieren, wird
auch in diesem Gesetzgebungsverfahren aufrechterhalten.
Der verfassungsrechtliche Anspruch auf Sicherung des men-
schenwürdigen Existenzminimums steht dem nicht entge-
gen.

Der Bedarf der in § 20 Absatz 3 genannten Personengruppe
soll allerdings einheitlich entsprechend der Regelbedarfs-
stufe 3 festgesetzt werden. Auch für Personen unter 18 Jah-
ren, bei denen bei Verbleiben im Haushalt der Eltern ein Re-
gelbedarf entsprechend der Regelbedarfsstufe 4 berücksich-
tigt werden müsste, ist die Berücksichtigung eines Regelbe-
darfs entsprechend der Regelbedarfsstufe 3 sachgerechter.
Weil diese Personen nicht im Haushalt ihrer Eltern leben, ist
ihr Regelbedarf nicht am Verbrauchsverhalten von Familien-
haushalten auszurichten.

Zu Dreifachbuchstabe ccc

SGB II vom 31. Dezember auf den 1. November des jewei-
ligen Jahres vorgezogen. Hintergrund ist die korrespondie-
rende Regelung des § 40 Absatz 1 SGB XII, auf die auch die
Vorschrift des § 20 Absatz 5 Satz 1 SGB II mittelbar Bezug
nimmt. Die Anpassungsverordnung soll nach § 40 Absatz 1
Satz 3 SGB XII bis zum 31. Oktober des jeweiligen Jahres
erlassen werden. Eine logische Sekunde später kann auch die
Bekanntmachung der neuen Regelbedarfe im SGB II erfol-
gen.

Zu Doppelbuchstabe bb (§ 22)

Die bereits im Gesetzentwurf enthaltene Regelung zur Dar-
lehensgewährung für Aufwendungen im Zusammenhang
mit selbst bewohntem Wohneigentum wird um die Ver-
pflichtung zur Bereitstellung einer dinglichen Sicherheit er-
gänzt. Die dingliche Sicherheit soll im Regelfall gefordert
werden. Ausnahmen von der Regel sind möglich.

Zu Doppelbuchstabe cc (§ 22a)

Durch die Regelung wird sichergestellt, dass die Schaffung
und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen im Rah-
men der geplanten systematischen Erfassung, Auswertung
und Beobachtung (Monitoring) des örtlichen Wohnungs-
marktes beachtet werden soll. Hierdurch soll der Bildung so-
zialer Brennpunkte entgegengewirkt werden.

Zu Doppelbuchstabe dd (§ 22b)

Die Änderung hat klarstellenden Charakter. Bei grundsätz-
licher Anwendung der Produkttheorie soll eine abweichende
Festsetzung von Quadratmeterhöchstpreisen ermöglicht wer-
den. Den Kommunen wird ein weiterer Gestaltungsspielraum
zur Verhinderung von überhöhten Quadratmetermieten ein-
geräumt, um eine Deckelung der Mietpreise für flächen-
mäßig sehr kleine Wohnungen zu ermöglichen, wenn gemes-
sen am Mietniveau weit überdurchschnittliche Quadratmeter-
preise verlangt werden. Insbesondere in Großstädten oder
bei geringem Wohnungsangebot besteht die Gefahr, dass die
bei Anwendung der Produkttheorie geltenden Angemessen-
heitsgrenzen genutzt werden, um sehr kleine Wohnungen
oder Zimmer zu Mieten anzubieten, die sich zwar in den
Angemessenheitsgrenzen bewegen, aber gemessen an den
Wohnflächen extrem hohe Quadratmeterpreise haben. Da-
durch besteht die Gefahr, dass die Regelungen zur Über-
nahme der Kosten der Unterkunft zu unerwünschten Miet-
steigerungen beitragen.

Zu Doppelbuchstabe ee (§ 23)

Anpassung der Vorschrift im Sinne des Gender-Mainstrea-
mings.

Zu Doppelbuchstabe ff (§ 26)

Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung.

Mit dem Gesetz zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen
Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-
Finanzierungsgesetz – GKV-FinG) wird in § 26 Absatz 4
SGB II geregelt, dass der Träger der Grundsicherung für Ar-
beitsuchende den Personen, die allein durch die Zahlung des
Zusatzbeitrags hilfebedürftig im Sinne des SGB II würden,
einen Zuschuss in der erforderlichen Höhe zahlt. Dadurch
soll vermieden werden, dass diese Personen allein durch die
Zahlung des Zusatzbeitrags hilfebedürftig werden (siehe Be-
Durch die Regelung wird der späteste Zeitpunkt für die Be-
kanntgabe der Regelbedarfe nach § 20 Absatz 5 Satz 3

schlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit des
Deutschen Bundestages, Drucksache 17/3696).

Drucksache 17/4095 – 30 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regel-
bedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Bu-
ches Sozialgesetzbuch wird die Absatzbezeichnung in § 26
SGB II neu nummeriert. Die bisher in § 26 Absatz 4 enthal-
tene Regelung wird in § 26 Absatz 3 überführt. Die mit dem
Änderungsantrag zum GKV-FinG vorgesehene Änderung
des § 26 Absatz 4 ist deshalb als § 26 Absatz 3 in den vorlie-
genden Entwurf zu übernehmen.

Zu Doppelbuchstabe gg (§ 27)

Zu Dreifachbuchstabe aaa (§ 27 Absatz 1)

Mit der Neufassung wird klargestellt, dass Auszubildende,
die dem Grunde nach von Leistungen zur Sicherung des Le-
bensunterhalts ausgeschlossen sind, Leistungen nur nach
Maßgabe des § 27 und nicht auch nach anderen Vorschriften
des Abschnitts 2 erhalten können.

Zu Dreifachbuchstabe bbb (§ 27 Absatz 5)

Nach der bisherigen Fassung des § 22 Absatz 5 SGB II konn-
ten Leistungen (z. B. bei Mietschulden) auch an Auszubil-
dende erbracht werden, die zwar nach § 7 Absatz 5 keinen
Anspruch auf Arbeitslosengeld II haben, jedoch einen Zu-
schuss nach § 22 Absatz 7 SGB II erhalten, da es sich dabei
um Kosten der Unterkunft handelt.

Für den genannten Personenkreis wäre dies mit dem geän-
derten Wortlaut nicht mehr möglich gewesen, da § 27 Ab-
satz 1 klarstellt, dass die Leistungen für Auszubildende nicht
als Arbeitslosengeld II gelten.

Die Übernahme von Schulden zur Sicherung des Wohnrau-
mes oder Behebung einer vergleichbaren Notlage nach § 22
Absatz 8 SGB II soll auch weiterhin in Betracht kommen,
wenn die hilfesuchende Person als Auszubildende/Auszubil-
dender einen Zuschuss zu den ungedeckten angemessenen
Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 22 Absatz 1 Satz 1
SGB II) erhält. Denn nach der Gesetzessystematik handelt es
sich bei dem Zuschuss für Auszubildende um Leistungen für
die Unterkunft.

Zu Doppelbuchstabe hh (§ 28)

Das Bundesverfassungsgericht hat den Bundesgesetzgeber
in seinem Urteil vom 9. Februar 2010 (Az. 1 BvL 1/09, 3/09
und 4/09) u. a. dazu verpflichtet, hilfebedürftige Schülerin-
nen und Schüler mit den für den Schulbesuch notwendigen
Mitteln auszustatten, soweit insbesondere die Länder im
Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen dafür keine
gleichwertigen Leistungsansprüche bereithalten. Die Schü-
lerbeförderungskosten werden in einigen Bundesländern re-
gelhaft nur bis zum Abschluss der Sekundarstufe 1 vollstän-
dig vom Trägern der Schülerbeförderung übernommen. Die
Leistung nach § 28 Absatz 3a betrifft dementsprechend im
Wesentlichen Schüler der Sekundarstufe II.

Die Praxis belegt, dass in Flächenkreisen und in größeren
Städten die nächstgelegene Schule von Schülerinnen und
Schülern häufig nicht in zumutbarer Weise fußläufig oder
mit dem Fahrrad erreicht werden kann. Meist muss für die
Schülerbeförderung auf öffentliche Verkehrsmittel zurück-
gegriffen werden, wobei die hierdurch entstehenden Kosten
im Regelbedarf nicht vollständig abgebildet werden. Für den
Bereich Verkehr werden nach § 6 des Regelbedarfs-Ermitt-
lungsgesetzes 14 Euro (vom Beginn des 7. bis zur Vollen-

tigt. Die Kosten für eine Schülermonatskarte liegen oftmals
höher.

§ 28 Absatz 3a berücksichtigt nur die notwendigen Aufwen-
dungen für die Beförderung zur nächstgelegenen Schule des
gewählten Bildungsgangs (z.B. Grundschule, Hauptschule,
Realschule, Gymnasium, Gesamtschule, Gemeinschafts-
schule). Auf diesen Betrag ist die Leistung auch dann be-
schränkt, wenn die Schülerin oder der Schüler tatsächlich
eine weiter entfernte Schule besucht. Aufwendungen für die
Schülerbeförderung sind Ausgaben für Verkehrsdienstleis-
tungen oder Verkehrsmittel, die unmittelbar mit dem Besuch
der Schule zusammenhängen. Als erforderliche Schülerbe-
förderungskosten sind grundsätzlich diejenigen Aufwendun-
gen anzusehen, die auch vom Träger der Schülerbeförderung
übernommen werden würden, hätte die leistungsberechtigte
Person gegen diesen noch einen Leistungsanspruch. Die
Aufwendungen für die Schülerbeförderung müssen dabei
tatsächlich anfallen und in Zweifelsfällen nachgewiesen
werden (vgl. § 29 Absatz 1 Satz 3).

Soweit in den Schulgesetzen der Länder eine vollständige
oder teilweise Kostenübernahme insbesondere durch die
Träger der Schülerbeförderung vorgesehen ist, ist diese
ebenso anzurechnen, wie eine Kostenübernahme durch
Dritte. Dritte in diesem Sinne können sowohl Wohlfahrtsver-
bände als auch sonstige Personen aus dem privaten Umfeld
des Betroffenen sein.

Der Leistungsanspruch ist im Übrigen davon abhängig, dass
es der Schülerin oder dem Schüler nicht zugemutet werden
kann, die Aufwendungen für die Schülerbeförderung aus
dem Regelbedarf zu bestreiten. Dabei sind die in Abteilung 7
der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe enthaltenen
Verbrauchsausgaben der Referenzgruppe für Verkehr zu be-
rücksichtigen, wie sie sich aus § 6 des Regelbedarfs-Ermitt-
lungsgesetzes ergeben. Diese Beträge können im Regelfall
auf die zu übernehmenden Kosten für Schülermonatsfahr-
karte angerechnet werden, wenn diese Karte auch privat
nutzbar ist, um soziale Bindungen aufrechtzuerhalten und
Freizeitaktivitäten nachzugehen.

Aussagen zu den damit verbundenen Mehrkosten in der
Grundsicherung für Arbeitsuchende sind nur unter großen
Unsicherheiten möglich, da teilweise bestehende Kosten-
übernahmeregelungen in den einzelnen Bundesländern sehr
unterschiedlich ausfallen, die durchschnittlichen Preise im
öffentlichen Personennahverkehr nicht vorliegen und der
Anteil der Schüler, die Ansprüche auf diese Leistungen ha-
ben werden, nicht näher eingegrenzt werden kann. Unter der
Annahme, dass hauptsächlich Schüler höherer Klassenstufen
davon betroffen sein werden, ist mit Kosten zwischen 30 und
40 Mio. Euro jährlich in der Grundsicherung für Arbeit-
suchende zu rechnen.

Zu Doppelbuchstabe ii (§§ 29 bis 30a)

Vorbemerkung

Der Gesetzentwurf sieht bisher die Ausgabe personalisierter
Gutscheine und die Abgabe von Kostenübernahmeerklärun-
gen gegenüber leistungsberechtigten Personen als alterna-
tive Erbringungswege für die Leistungen für Bildung und
Teilhabe nach § 28 Absatz 2 und 4 bis 6 vor. Beide Erbrin-
gungswege setzen Vereinbarungen zwischen den Agenturen
dung des 14. Lebensjahres) bzw. 12,62 Euro (vom Beginn
des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres) berücksich-

für Arbeit bzw. den zugelassenen kommunalen Trägern ei-
nerseits und den Leistungsanbietern andererseits voraus.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 31 – Drucksache 17/4095

Ein zwingend vereinbarungsbasiertes Leistungserbringungs-
system ist angesichts der Unterschiede bei den einzelnen
Leistungen für Bildung und Teilhabe, angesichts der Viel-
schichtigkeit und Komplexität der örtlichen Angebotsstruk-
turen und der Vielgestaltigkeit der Lebensverhältnisse im
Bundesgebiet nicht in jeder Hinsicht sachgerecht. Vereinba-
rungen mit Leistungsanbietern können je nach den Umstän-
den im Gebiet des jeweiligen Jobcenters für alle oder für ein-
zelne Leistungen nach § 28 Absatz 2 und 4 bis 6 sinnvoll
sein, für andere dagegen nicht. Deshalb wird mit dem vorlie-
genden Änderungsantrag dem Erbringungsweg über Gut-
scheine auf Grundlage von Leistungs-, Prüfungs- und Vergü-
tungsvereinbarungen ein Erbringungsweg über Direktzah-
lungen an Leistungsanbieter gegenübergestellt, der ohne
Vereinbarungen mit Leistungsanbietern auskommt. Ent-
scheidet sich der Träger der Leistung für die Direktzahlungs-
variante, beantragt die leistungsberechtigte Person die Über-
nahme der Kosten für das jeweilige Teilhabeangebot beim
Jobcenter. Der Leistungssachbearbeiter prüft die Leistungs-
voraussetzungen im Einzelfall und überweist das Honorar an
den Leistungsanbieter, ohne dass zwischen diesem und dem
Leistungsträger vertragliche Beziehungen bestehen.

Die sachgerechte Koordinierung der Erbringungswege Gut-
schein und Direktzahlung an Leistungsanbieter macht eine
Reihe von Änderungen gegenüber dem Gesetzentwurf erfor-
derlich.

Zu § 29

Die Vorschrift trifft wie die bisherige Fassung des Gesetzent-
wurfs leistungserbringungsrechtliche Sonderregelungen für
die Leistungen für Bildung und Teilhabe. Die Vorschrift re-
gelt, in welcher Form Leistungen für Bildung und Teilhabe
zu erbringen und welche alternativen Formen der Leistungs-
erbringung möglich sind. Einen Sicherstellungsauftrag ha-
ben die Träger der Leistungen nicht.

Zu Absatz 1

Satz 1 bestimmt nunmehr, dass Leistungen für Schul- und
Kitaausflüge, für Lernförderung und das Budget für Teilhabe
am sozialen und kulturellen Leben durch personalisierte
Gutscheine oder Direktzahlungen an Leistungsanbieter zu
erbringen sind. Über den Erbringungsweg entscheidet der
Träger der Leistung nach seinem Ermessen, ohne dass damit
subjektive Rechte der leistungsberechtigten Personen auf ei-
nen bestimmten Erbringungsweg begründet werden. Die
Träger der Leistungen entscheiden im Rahmen einer Oppor-
tunitätsentscheidung nach den Gegebenheiten vor Ort, ob sie
für alle oder für einzelne Leistungen nach § 28 Absatz 2 und
4 bis 6 entweder Gutscheine oder Direktzahlungen an Leis-
tungsanbieter nutzen wollen. Für jede Leistung ist aus ver-
waltungspraktischen Gründen regelmäßig nur ein einheit-
licher Erbringungsweg möglich, den nach Satz 2 der zustän-
dige Träger der Leistung, also die Agentur für Arbeit oder
der zugelassene kommunale Träger bestimmt. Geldleistun-
gen an leistungsberechtigte Personen dürfen für diese Be-
darfe nicht erbracht werden.

Für den persönlichen Schulbedarf sieht Satz 3 wie bisher die
Form der Geldleistung und in Verdachtsfällen die Pflicht
zum Nachweis zweckentsprechender Verwendung vor. Die
Erfahrungen mit der zusätzlichen Leistung für die Schule

len allerdings tätig werden, sobald bekannt wird, das Schüle-
rinnen und Schüler im Leistungsbezug nicht über die erfor-
derliche Schulausstattung verfügen. Entsprechendes gilt
nunmehr auch für die Übernahme der Schülerbeförderungs-
kosten. Angesichts gefestigter Tarifstrukturen im öffentli-
chen Personennahverkehr ist dafür die Geldleistung an die
leistungsberechtigten Personen der sachgerechte Erbrin-
gungsweg. Die kommunalen Träger entscheiden nach Satz 4
hinsichtlich der mehrtägigen Klassenfahrten eigenverant-
wortlich über die Form der Leistungserbringung.

Zu Absatz 2

Absatz 2 ermächtigt die Bundesagentur für Arbeit, Kreise
und kreisfreie Städte auf ihr Verlangen mit der Vorbereitung
und Ausführung der Leistungen und mit deren Abrechnung
zu beauftragen. Die Beauftragung bezieht sich einheitlich
auf die in § 28 Absatz 2 sowie 4 bis 6 geregelten Leistungen.
Die Vorschrift entspricht im Wesentlichen dem § 29 Absatz
4 des bisherigen Gesetzentwurfs. Die Bezeichnung „Kreise
und kreisfreie Städte“ stellt klar, dass diese Verwaltungsträ-
ger im Falle der Beauftragung nicht in ihrer Funktion als
kommunale Träger im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 1 Num-
mer 2 beauftragt werden.

Der Vereinbarungsrahmen wird gegenüber der Fassung des
bisherigen Gesetzentwurfs formell ausgedehnt. Bisher sollte
der Kreis oder die kreisfreie Stadt lediglich damit beauftragt
werden können, Vereinbarungen entsprechend § 17 Absatz 2
abzuschließen, auszuführen und abzurechnen. Würde es da-
bei bleiben, wäre im Direktzahlungsmodell eine Beauftra-
gung der Kommunen nicht mehr möglich, weil dieses Mo-
dell ohne formelle Vereinbarungen mit Anbietern aus-
kommt. Um eine sinnvolle Unterstützung der Agenturen für
Arbeit durch die Kommunen auch in diesem Modell sicher-
zustellen, wird nunmehr auf die Vorbereitung, Ausführung
und Abrechnung der Leistungen abgestellt. Nicht beauftra-
gungsfähig sind danach die Bewilligungsentscheidung und
die Ausgabe personalisierter Gutscheine. Die wesentlichen
Aufgabenbestandteile haben im Jobcenter zu verbleiben.

Zu Absatz 3

Die Regelung des § 29 Absatz 3 entspricht im Wesentlichen
§ 29 Absatz 5 des bisherigen Gesetzentwurfs. Das Bundes-
ministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch
Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das
Nähere über den Betreiber, die Errichtung und das Verfahren
zur Erbringung und Abrechnung der Leistungen nach Ab-
satz 1 Satz 1 über ein elektronisches System zu regeln. In der
Verordnung hat das Bundesministerium für Arbeit und So-
ziales auch die Einzelheiten für die Erhebung, Verarbeitung
und Nutzung der für diesen Zweck erforderlichen personen-
bezogenen Daten zu regeln.

Die Änderungen haben lediglich klarstellenden Charakter
und sind durch das Hinzutreten des neuen Erbringungsweges
der Direktzahlung an Leistungsanbieter bedingt. Klargestellt
wird insbesondere, dass das elektronische Erbringungs- und
Abrechnungssystem vornehmlich für die Erbringungsform
Gutschein in Betracht kommt.

Zu § 30

Die Vorschrift regelt, welche Besonderheiten neben den all-

(§ 24a SGB II) haben gezeigt, dass sich die Geldleistung für
diese Leistungskomponente bewährt hat. Die Jobcenter sol-

gemeinen Regelungen des § 29 für die Leistungserbringung
mittels Gutschein gelten.

Drucksache 17/4095 – 32 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Zu Absatz 1

Satz 1 regelt, dass der Leistungserfolg bei den Leistungen
nach § 28 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und Satz 2, 4 bis 6 be-
reits mit der Ausgabe des Gutscheins als eingetreten gilt.
Dies folgt aus der neuen Leistungsform des Gutscheins und
trägt dem Umstand Rechnung, dass die Träger der Grundsi-
cherung für die Bereitstellung eines hinreichenden Leistung-
sangebots kein eigenständiger Sicherstellungsauftrag trifft.

Satz 2 berücksichtigt, dass auch bei der Lernförderung und
den Leistungen für Teilhabe nach § 28 Absatz 6 monatlich
wiederkehrende Bedarfe auftreten können (zum Beispiel
monatliche Zahlungen für Lernförderung oder monatliche
Vereinsbeträge). Hinzu kommt, dass Kinder und Jugendliche
bis zur Höhe des geregelten Budgets während des Bewilli-
gungszeitraums über den Zeitpunkt der Einlösung der Gut-
scheine und die Inanspruchnahme der Angebote frei ent-
scheiden sollen. Daher können Gutscheine für den gesamten
Bewilligungszeitraum im Voraus ausgegeben werden. Das
gleiche gilt für eintägige Schulausflüge, weil hier Anzahl,
Zeitpunkt und Kosten der schulischen Ausflüge je nach
Schulform, Schule und Klassenstufe erheblich variieren.
Hier wäre eine einzelne Abrechnung jedes Schulausflugs an-
gesichts der regelmäßig nur verhältnismäßig geringen Kos-
ten ineffizient.

Die in Satz 3 geregelte Befristung der Gutscheine dient der
Zuordnung zur gegenwärtigen Hilfebedürftigkeit und zu den
Haushaltsjahren. Der Umfang der Befristung hat sich an dem
Gegenstand des Gutscheins und dessen Inhalt zu orientieren.
Das Ende der Befristung führt bei nicht eingelösten bezie-
hungsweise genutzten Gutscheinen zu einem Verfall des da-
rin enthaltenen Zahlungsversprechens. Nach Ablauf der
Gültigkeit kann der Anbieter den Gutschein nicht mehr ein-
lösen; er verliert seinen Vergütungsanspruch.

Satz 4 regelt aus Billigkeitsgründen den Fall des Verlustes
des Gutscheins besonders. Da der Leistungserfolg mit der
Ausgabe des Gutscheins als eingetreten gilt, wäre der Träger
der Leistungen für Bildung und Teilhabe ohne diese Vor-
schrift auch im Fall des Verlustes zur Neuausstellung nicht
verpflichtet. Dies ist anders als bei Geldleistungen nicht in-
teressengerecht, weil die Gutscheine in personalisierter
Form zu erbringen sind und nur vom Leistungsberechtigten
selbst eingelöst werden dürfen. Soweit Teile des Gutscheins
bereits in Anspruch genommen worden sind, ist der Zweck
des Gutscheins bereits erreicht worden. Deshalb kann eine
erneute Ausstellung insoweit nicht verlangt werden.

Zu Absatz 2

Um Teilhabe zu ermöglichen, tragen die Agenturen für Ar-
beit als Leistungsträger die Verantwortung dafür, dass vor
Ort mit genügend vorhandenen Leistungsanbietern Verein-
barungen abgeschlossen werden, die es Kindern und Jugend-
lichen ermöglichen, auf verlässlicher Grundlage Leistungs-
angebote für Bildung und Teilhabe in Anspruch nehmen zu
können. Die Aufgaben der Agenturen für Arbeit werden
auch insoweit gemäß § 44b Absatz 1 Satz 2 und § 6b Ab-
satz 1 Satz 1 von den gemeinsamen Einrichtungen bzw. zu-
gelassenen kommunalen Trägern (Jobcentern) wahrgenom-
men.

Satz 1 stellt einerseits klar, dass Leistungen für Bildung und

keinen eigenen unmittelbaren Auftrag zur Schaffung von
Angeboten von Bildung und Teilhabeleistungen haben. An-
dererseits haben Leistungsanbieter nur dann einen Anspruch
auf Abrechnung eingelöster Gutscheine oder in Anspruch
genommener Leistungsangebote, wenn mit ihnen eine Ver-
einbarung abgeschlossen wurde.

Nehmen Leistungsberechtigte Leistungsangebote von An-
bietern in Anspruch, die bislang keine Vereinbarung abge-
schlossen haben, so hat die Agentur für Arbeit zu prüfen, ob
eine Vereinbarung mit diesem Leistungsanbieter in Betracht
kommt.

Satz 2 stellt für die örtliche Zuständigkeit auf den Bereich
des Jobcenters, also auf das Gebiet des kommunalen Trägers
ab, in dem der Leistungsanbieter sein Leistungsangebot vor-
hält. Regelmäßig wird es damit auf den Ort ankommen, an
dem sich z.B. der Sportverein oder die Bildungseinrichtung
befindet. Damit wird verhindert, dass Leistungsanbieter eine
Vielzahl von Vereinbarungen mit unterschiedlichen Leis-
tungsträgern abschließen müssen. Es reicht für das jeweilige
konkrete Leistungsangebot grundsätzlich eine Vereinbarung
mit dem Jobcenter vor Ort aus. Andere Jobcenter sind nach
Maßgabe des Satzes 3 an die Inhalte dieser Vereinbarungen
gebunden.

Satz 4 bestimmt, dass die Vereinbarungen über Leistungen
für soziale und kulturelle Teilhabe nach § 28 Absatz 6 auch
für die Träger der Leistungen nach § 6a des Bundeskinder-
geldgesetzes (BKGG) (vgl. § 7 BKGG) gelten. Vorausset-
zung dafür, dass die entsprechenden Teilhabeleistungen im
Rahmen des Kinderzuschlags durch Gutscheine erbracht
werden, ist nach § 6a Absatz 2d BKGG, dass die Jobcenter
im gesamten Zuständigkeitsbereich einer Familienkasse
Teilhabeleistungen nach § 28 Absatz 6 durch Gutscheine er-
bringen. Für den Fall, dass diese Teilhabeleistungen nach
§ 6a Absatz 2c BKGG durch Direktzahlung erbracht werden,
gilt die abgeschlossene Vereinbarung im Verhältnis zu den
Trägern der Leistungen nach § 6a BKGG nicht.

Die gemeinsamen Einrichtungen und zugelassenen kommu-
nalen Träger werden insoweit im Rahmen eines gesetzlichen
Auftrags tätig. Damit wird sichergestellt, dass die Familien-
kassen beziehungsweise das Bundesamt für den Zivildienst
zur Erbringung der Teilhabeleistungen nach § 6a BKGG kei-
ner gesonderten Vereinbarungen bedürfen: Kinder und Ju-
gendliche, die Leistungen nach dem Zweiten Buch beziehen
oder für die Kinderzuschlag gewährt wird, sollen grundsätz-
lich die gleichen Angebote für Bildung und Teilhabe in An-
spruch nehmen können. Damit wird rechtskreisübergreifend
Aufwand bei den Leistungsanbietern sowie den Trägern der
Leistungen nach dem Zweiten Buch und nach dem Bundes-
kindergeldgesetz vermieden.

Zu Absatz 3

Satz 1 sichert das notwendige Maß an Qualität und ist die
Grundlage für die Abrechnung zwischen dem Leistungsträ-
ger und dem Leistungsanbieter. Als Instrument dafür dienen
Vereinbarungen zwischen den Trägern der Grundsicherung
für Arbeitsuchende und den Leistungsanbietern, die denen
des § 17 Absatz 2 entsprechen sollen. Eine unmittelbare An-
wendung dieser Vorschrift scheidet aus, weil sie nur für die
Teilhabe auf der Grundlage von Vereinbarungen mit den
Jobcentern erbracht werden und die Träger darüber hinaus

Leistungen zur Eingliederung in Arbeit in Gestalt von Sach-
und Dienstleistungen gilt.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 33 – Drucksache 17/4095

Die Vereinbarung zwischen Jobcenter und Leistungsanbieter
ist die Basis für abzurechnende Gutscheine oder zugesagte
Direktzahlungen an den Leistungsanbieter. Die Vereinbarun-
gen umfassen die Höhe der Vergütung, den Umgang mit den
Fällen, in denen der Leistungsanbieter vereinbarungsgemäß
die Leistung angeboten und der Leistungsberechtigte diese
nicht abgerufen hat, die Pflicht zur Zahlung von Steuern und
Sozialversicherungsabgaben sowie allgemeine Anforderun-
gen an die Qualität der Leistung. Die Vereinbarung soll einen
der Leistung angemessenen Rahmen besitzen. Der inhaltli-
che Umfang der Vereinbarungen orientiert sich an den Erfor-
dernissen der jeweiligen Leistung und der Dauer der Zusam-
menarbeit. Die Anforderungen an die Vereinbarungen kön-
nen im Einzelfall geringer sein als die des § 17 Absatz 2,
wenn im Hinblick auf die Art der angebotenen Leistung, den
Leistungsanbieter und die Höhe der Vergütung eine diesen
Anforderungen genügende Vereinbarung unangemessen
wäre. Insbesondere bei der Lernförderung sollen Vereinba-
rungen mit Einzelpersonen (zum Beispiel mit Studierenden,
Oberstufenschülerinnen und -schülern) auf ein notwendiges
Minimum beschränkt werden.

Der Abschluss von Vereinbarungen mit gewerblichen An-
bietern ist nach Maßgabe des Satzes 2 nachrangig. Zivilge-
sellschaftlichen Strukturen, die vielfach auf ehrenamtlichem
Engagement beruhen, soll der unbedingte Vorrang einge-
räumt werden. Die Aktivitäten der freien Träger der Jugend-
hilfe und Lernförderung durch schulnahe Projekte dienen in
erheblichem Umfang auch dem sozialen Lernen. Freiwillige
Übernahme von Verantwortung und gegenseitiges Helfen
lassen sich nicht in vergleichbarer Weise durch gewerbliche
Angebote erreichen. Als Privatpersonen kommen insbeson-
dere ältere Schülerinnen und Schüler, Studierende und ehe-
malige Lehrkräfte in Betracht.

Erweisen sich Leistungsanbieter als ungeeignet, muss der
zuständige Träger die Möglichkeit haben, die Vereinbarung
mit ihnen zu beenden. Satz 2 regelt daher auch, dass die Ver-
einbarungen für diesen Fall das Recht zur außerordentlichen
Kündigung vorsehen müssen. Geht der Träger der öffentli-
chen Jugendhilfe von einer Gefährdung des Wohls der Kin-
der und Jugendlichen aus und teilt dies dem Jobcenter mit, so
ist eine außerordentliche Kündigung auszusprechen (Satz 3).
In einem sich gegebenenfalls anschließenden Verwaltungs-
verfahren ist der Träger der Jugendhilfe zu beteiligen; im ge-
richtlichen Verfahren ist er notwendig beizuladen.

Satz 4 stellt klar, dass an Vereinbarungen mit Schulträgern
und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts
geringere Anforderungen zu stellen sind. Dabei wird berück-
sichtigt, dass die von diesen Trägern erbrachten Leistungen
aufgrund der Bindung an Grundsätze der öffentlichen Ver-
waltung ein höheres Maß an die ordnungsgemäße Leistungs-
erbringung bieten. Insbesondere die Einlösung von Gut-
scheinen sowie die Abrechnung nach bestimmten Kosten-
übernahmeerklärungen bedürfen jedoch auch insoweit einer
näheren Ausgestaltung. Die geringeren Anforderungen gel-
ten nach Satz 5 auch für solche Leistungsanbieter, mit denen
der kommunale Träger im Rahmen seiner sonstigen öffent-
lichen Aufgaben, insbesondere als Träger der öffentlichen
Jugendhilfe oder als Schulträger vertrauensvoll zusammen-
arbeitet. Dadurch wird ein bürokratisches Nebeneinander

grunde liegen, die ein ordnungsgemäßes Leistungsangebot
auch für die Leistungen nach § 28 sicherstellt. Im Falle von
Unregelmäßigkeiten bleibt der Agentur für Arbeit die Kün-
digung der Abrechnungsvereinbarung unbenommen.

Zu Absatz 4

Satz 1 stellt klar, dass Gutscheine nur von Leistungsanbie-
tern abgerechnet werden können, die über eine Vereinbarung
nach den Absätzen 2 und 3 verfügen. Andere Anbieter kön-
nen Gutscheine nicht einlösen; sie haben gegen das Jobcen-
ter, das den Gutschein ausgegeben hat, keinen Vergütungsan-
spruch. Die Regelung des Absatzes 4 macht diese Rechts-
folge für potenzielle Leistungsanbieter hinreichend transpa-
rent.

Die Abrechnungsfrist in Satz 2 ermöglicht den Anbietern der
Leistungen mehrere Gutscheine gebündelt abzurechnen. Die
Frist von einem halben Jahr beinhaltet für den Leistungsträ-
ger und den Anbieter der Leistungen einen verbindlichen
Rahmen für die Abwicklung der Leistungsbeziehung und
berücksichtigt die jeweiligen Interessen.

Mit Satz 3 soll die besondere Situation bei Schulausflügen
und Klassenfahrten sowie Ausflügen von Kindern in Kinder-
tageseinrichtungen berücksichtigt werden: Für die Teil-
nahme an entsprechenden Ausflügen bedarf es regelmäßig
vor Antritt einer gesicherten Finanzierung, weil nicht erwar-
tet werden kann, dass alle Schulen und Kindertageseinrich-
tungen in der Lage sind, entsprechende Ausflüge vorzufi-
nanzieren. Damit wird dem Bedürfnis, dass Kinder in Kin-
dertageseinrichtungen sowie Schülerinnen und Schüler an
den Ausflügen tatsächlich teilnehmen können sollen, beson-
ders Rechnung getragen. Der Begriff der Kindertagesein-
richtungen ist weit zu verstehen. Er umfasst die öffentlich
geförderte Kindertagesbetreuung und damit – wie in den
anderen Vorschriften des bisherigen Gesetzentwurfs auch –
Tageseinrichtungen im Sinne des § 22 Absatz 1 Satz 1 und
Kindertagespflege im Sinne des § 22 Absatz 1 Satz 2
SGB VIII.

Zu Absatz 5

Mit der Regelung in Absatz 5 wird die notwendige Transpa-
renz für die Leistungsberechtigten und die Leistungsanbieter
sichergestellt. Potenzielle Leistungsanbieter sind darauf hin-
zuweisen, dass sie Gutscheine nur dann abrechnen können,
wenn sie zuvor mit dem Jobcenter eine Vereinbarung nach
den Absätzen 2 und 3 abgeschlossen haben. Die Zeiträume,
in denen die Gutscheine gültig sind und das Ende der Ab-
rechnungsmöglichkeit, müssen vermerkt sein. Bei Über-
schreiten der Fristen verlieren die Gutscheine ihre Gültigkeit
beziehungsweise der Anbieter der Leistung seinen Abrech-
nungsanspruch gegenüber dem Jobcenter.

Zu § 30a

Die Vorschrift enthält Sonderregelungen für den Erbrin-
gungsweg der Direktzahlung an Leistungsanbieter. Daneben
gelten die allgemeinen Regelungen des § 29.

Zu Absatz 1

Nach Absatz 1 gilt der Leistungsanspruch mit der Zahlung
an den Leistungsanbieter als erfüllt. Einer zusätzlichen Kos-
tenübernahmeerklärung gegenüber der leistungsberechtigten
Person bedarf es – anders als im bisherigen Gesetzentwurf –
unterschiedlicher Vereinbarungen vermieden. Allerdings
muss auch dieser Zusammenarbeit eine Vereinbarung zu-

nicht mehr. Dadurch wird das Verfahren der Leistungserbrin-
gung vereinfacht.

Drucksache 17/4095 – 34 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Zu Absatz 2

Satz 1 ermächtigt den Träger der Leistungen, von der leis-
tungsberechtigten Person im begründeten Einzelfall den
Nachweis der Inanspruchnahme des Leistungsangebots zu
verlangen. Die Nachweispflicht ist nur für den Erbringungs-
weg der Direktzahlung vorgesehen, weil es bei diesem
Erbringungsweg an Vereinbarungen zwischen Leistungsträ-
gern und Leistungsanbietern fehlt, mit deren Hilfe die tat-
sächliche Inanspruchnahme des Leistungsangebots sicher-
gestellt werden könnte. Die Nachweispflicht bezieht sich auf
die tatsächliche Inanspruchnahme des Leistungsangebots.
Die leistungsberechtigte Person muss gegebenenfalls darle-
gen und beweisen, dass sie sich dem Leistungsanbieter ge-
genüber vertraglich gebunden und die Leistung in Anspruch
genommen hat (z. B. durch Vorlage eines wechselseitig
unterzeichneten Mitgliedsantrags eines Sportvereins). Der
Nachweis soll nur in begründeten Einzelfällen verlangt wer-
den; im Regelfall ist davon auszugehen, dass Mittel, die an
einen nach Maßgabe des Absatzes 3 für geeignet befundenen
Leistungsanbieter direkt ausgezahlt werden, auch bestim-
mungsgemäß verwendet werden.

Soweit der Nachweis nicht erbracht wird, ermächtigt Satz 2
die Agentur für Arbeit bzw. den zugelassenen kommunalen
Träger zum Widerruf der Bewilligungsentscheidung. Damit
wird verhindert, dass für nicht in Anspruch genommene
Leistungsangebote Zahlungen geleistet werden müssen.

Zu Absatz 3

Satz 1 sieht vor, dass Anträge auf Leistungen abgelehnt wer-
den können, wenn das Angebot nicht der in § 28 geregelten
Zweckbindung entspricht, der Preis unangemessen ist oder
es an der Eignung des Anbieters fehlt. Die Prüfung dieser
Voraussetzungen obliegt dem Träger der Leistungen im Rah-
men der Leistungssachbearbeitung im Einzelfall.

Für den Fall eines späteren Eintretens oder Bekanntwerdens
der Voraussetzungen für eine Antragsablehnung ermächtigt
Satz 2 zur Aufhebung der Bewilligungsentscheidung mit
Wirkung für die Zukunft. In atypischen Sonderfällen kann
von der Aufhebung der Bewilligungsentscheidung abgese-
hen werden.

Satz 3 ordnet die Ablehnung des Leistungsantrags bzw. die
nachträgliche Aufhebung der Bewilligungsentscheidung für
den Fall zwingend an, dass das Jugendamt eine Gefährdung
des Kindeswohls geltend macht. Die Vorschrift setzt die für
den Erbringungsweg Gutschein geltende Vorschrift des § 30
Absatz 3 Satz 3 auf das Direktzahlungssystem um.

Zu Absatz 4

Absatz 4 trifft eine Sonderregelung für Direktzahlungen, mit
denen der Leistungsanspruch auf Übernahme der Mehrauf-
wendungen für das Schul- und Kitamittagessen (§ 28 Ab-
satz 5) erfüllt werden soll. Je nach Bundesland, Schulform
und Schulträger kann die Durchführung des Mittagessens
und die Organisation des Zahlungsweges gerade beim Schul-
mittagessen erheblich variieren. Aus verwaltungsorganisato-
rischen Gründen kann deshalb beim an sich vereinbarungs-
und pauschalierungsfreien Erbringungsweg über Direkt-
zahlungen an Leistungsanbieter eine personenbezogene

bezogener Pauschalen zwischen dem Träger der Leistung
und dem Leistungsanbieter ermöglicht.

Zu Doppelbuchstabe jj (§ 31a)

Zu Dreifachbuchstabe aaa

Der Sanktionierung bei Pflichtverletzungen liegt die Syste-
matik zugrunde, dass sich der bestehende Leistungsanspruch
in Höhe der festgesetzten Sanktion mindert und nicht der
zugrundeliegende Bedarf. Mit der vorgenommenen sprach-
lichen Konkretisierung erfolgt eine entsprechende Klarstel-
lung des Gesetzestextes.

Zu Dreifachbuchstabe bbb

Zu Vierfachbuchstabe aaaa

Mit der Regelung wird klargestellt, dass der zuständige Leis-
tungsträger sein Ermessen über die Gewährung von Sach-
leistungen erst auszuüben hat, wenn der Betroffene die Ge-
währung von Sachleistungen begehrt.

Zu Vierfachbuchstabe bbbb

Die Regelung schafft eine Verpflichtung zur Gewährung von
ergänzenden Sachleistungen durch den Leistungsträger bei
einer Minderung des Arbeitslosengeldes um mehr als
30 Prozent der nach § 20 maßgebenden Regelleistung, wenn
minderjährige Kinder im Haushalt des Betroffenen leben.

Nach der im bisherigen Entwurf vorgesehenen Regelung
muss der Leistungsträger von einer Sanktion betroffenen er-
werbsfähigen Hilfebedürftigen ergänzende Sachleistungen
erbringen, wenn sie mit minderjährigen Kindern in einer Be-
darfsgemeinschaft leben. Damit sollte vermieden werden,
dass der Betroffene wegen der Sanktion die für den Lebens-
unterhalt des Kindes bestimmten Mittel zur Bestreitung des
eigenen Lebensunterhaltes einsetzt. Nach § 7 Absatz 3 Num-
mer 4 bilden allerdings minderjährige Kinder, die ihren Be-
darf aus eigenem Einkommen und Vermögen decken kön-
nen, keine Bedarfsgemeinschaft mit ihren Eltern, so dass der
Leistungsträger in diesen Fällen bisher nicht verpflichtet ist,
Sachleistungen zu erbringen. Gleichwohl besteht auch bei
diesen im Haushalt des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen
lebenden Kindern die Gefahr, dass die für das Kind zur Ver-
fügung stehenden Mittel für den Lebensunterhalt des von
einer Sanktion betroffenen erwerbsfähigen Hilfebedürftigen
eingesetzt werden und damit die Bedarfsdeckung für das
Kind gefährdet ist.

Zu Doppelbuchstabe kk (§ 34)

Die Änderung dieser Regelung ist erforderlich, da nach der
Systematik des Zweiten und Zwölften Buches eine Hilfebe-
dürftigkeit durch einen Ersatzanspruch nicht entstehen kann.
Intendiert war vielmehr, den Trägern die Möglichkeit einer
härtefallbezogenen Prüfung bei der Geltendmachung des Er-
satzanspruchs einzuräumen. Soweit die Härte festgestellt
wird, ist eine Geltendmachung ausgeschlossen. Die Rege-
lung ist jedoch so flexibel, dass sie auch eine teilweise Gel-
tendmachung des Ersatzanspruchs zulässt.

Zu Doppelbuchstabe ll (§ 34a)

Redaktionelle Änderung zur Klarstellung der Vorschrift.

Zu Doppelbuchstabe mm (§ 34b)
Pauschalierung sinnvoll sein. Dem trägt die Vorschrift des
Absatzes 4 Rechnung, indem sie die Vereinbarung personen-

Anpassung der Vorschrift im Sinne des Gender-Mainstrea-
mings.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 35 – Drucksache 17/4095

Zu Buchstabe n (Änderung Nummer 32)

Zu Doppelbuchstabe aa (§ 37 Absatz 1)

Anders als bisher im Gesetzentwurf vorgesehen müssen
nach § 37 Absatz 1 auch die Leistungen für Bildung und
Teilhabe nach § 28 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 (Schulaus-
flüge), nach § 28 Absatz 3a (Schülerbeförderung) sowie
nach § 28 Absatz 6 (Teilhabe am sozialen und kulturellen
Leben in der Gemeinschaft) beantragt werden. Damit gilt das
Antragserfordernis für alle Bildungs- und Teilhabeleistun-
gen außer für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf
nach § 28 Absatz 3, unabhängig davon, ob die Leistungen in
Form eines Gutscheins, durch Direktzahlung an Anbieter
oder im Falle der Übernahme der Schülerbeförderungskos-
ten durch Geldleistung erbracht werden. Die Ausdehnung
des Antragserfordernisses auf alle Leistungen für Bildung
und Teilhabe außer des persönlichen Schulbedarfs ist erfor-
derlich, um das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen
sowie in Fällen der Leistungserbringung durch Direktzah-
lung nach § 30a das konkret ausgewählte Leistungsangebot
überprüfen zu können.

Zu Doppelbuchstabe bb (§ 40 Absatz 3)

Die Erstattung von Leistungen der Grundsicherung für Ar-
beitsuchende ist mit zum Teil hohem Verwaltungs- und Kos-
tenaufwand verbunden. Bei den Leistungen für Bildung und
Teilhabe, die den Leistungsberechtigten mit Ausnahme der
Leistungen für den persönlichen Schulbedarf in unbarer
Form gewährt werden und die zudem einen verhältnismäßig
geringen Wert haben, würde die Rückforderung der Leistun-
gen in vielen Fällen als unbillig empfunden werden und wäre
zudem unwirtschaftlich. Deshalb soll in Fällen, in denen nur
die Bewilligungsentscheidung wegen einzelner Leistungen
für Bildung und Teilhabe nach § 28 Absatz 2 bis 6 aufzuhe-
ben wäre, auf die Erstattung bereits erbrachter Leistungen
verzichtet werden. Sind – insbesondere wegen der Erzielung
bedarfsdeckenden Einkommens – gleichzeitig die Bewilli-
gungsentscheidungen über das Arbeitslosengeld II oder So-
zialgeld der leistungsberechtigten Person ganz oder teilweise
aufzuheben, sind weiterhin auch die Leistungen für Bildung
und Teilhabe vollständig zu erstatten.

Zu Doppelbuchstabe cc (§ 42a Absatz 2)

Zu Dreifachbuchstabe aaa

Die Aufrechnung zur Tilgung eines Darlehens nach § 42a
Absatz 2 SGB II ist durch einen Verwaltungsakt zu erklären.
Eine ähnliche Regelung ist bereits in § 43 Absatz 4 Satz 1
SGB II bei der Regelung zur Aufrechnung normiert.

Zu Dreifachbuchstabe bbb

Nach der bisherigen Regelung ist vorgesehen, dass Rückzah-
lungsansprüche aus Darlehen durch monatliche Aufrech-
nung getilgt werden. Mit der Änderung wird klargestellt,
dass eine Aufrechnung nicht mit darlehensweise gewährten
Leistungsansprüchen erfolgt.

Zu Doppelbuchstabe dd (§ 43)

Zu Dreifachbuchstabe aaa

Durch die redaktionelle Änderung wird verdeutlicht, dass
der Erstattungsanspruch nach § 50 SGB X durch die Auf-
hebung nach § 48 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 SGB X ent-

Erstattungsansprüche nach § 50 SGB X, die nicht einer Auf-
hebung nach § 48 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 SGB X folgen,
eine Aufrechnung von 30 Prozent nach sich ziehen.

Zu Dreifachbuchstabe bbb

Mit dieser Änderung wird das Verhältnis der Aufrechnungen
von Absatz 1 und § 42 Absatz 2 geregelt. So wird es ermög-
licht, dass zeitgleich sowohl nach Absatz 1 als auch nach
§ 42 Absatz 2 aufgerechnet wird. Hierbei ist jedoch die Be-
grenzung nach Absatz 2 Satz 2 zu beachten. Aufrechnungen
nach Absatz 1 und § 42a Absatz 2, die insgesamt 30 Prozent
des maßgeblichen Regelbedarfs überschreiten, sind unzuläs-
sig. Ferner wird geregelt, dass eine Aufrechnung nach § 42
Absatz 2 sich dann erledigt, wenn zeitgleich durch eine Auf-
rechnung nach Absatz 1 der Aufrechnungshöchstbetrag nach
Absatz 2 Satz 2 überschritten würde. Somit ist die Aufrech-
nung nach Absatz 1 gegenüber der nach § 42 Absatz 2 in die-
ser Konstellation vorrangig.

Zu Buchstabe o (Änderung Nummer 33)

Anpassung der Vorschrift im Sinne des Gender-Mainstrea-
mings.

Zu Buchstabe p (Änderung Nummer 35)

Mit der Ergänzung wird klargestellt, dass der Vorsitzende der
Trägerversammlung nur für eine Amtszeit von bis zu fünf
Jahren gewählt wird. Damit haben beide Träger die Möglich-
keit, ihre Entscheidung zur Wahl des Vorsitzenden regelmä-
ßig zu überprüfen und anzupassen. Die Wiederwahl eines
Vorsitzenden ist zulässig.

Zu Buchstabe q (Einfügung Nummer 42a)

Die Abrechnungsvorschriften betreffend die zugelassenen
kommunalen Träger werden in Kooperation zwischen Bund
und Ländern entwickelt. Deshalb sollen die Abrechnungs-
vorschriften künftig mit Zustimmung des Bundesrates erlas-
sen werden.

Zu Buchstabe r (Einfügung Nummer 44a)

Damit sichergestellt ist, dass die Einkommens- und Vermö-
genssituation aller Mitglieder eines Haushalts auch dann
vollständig erfasst wird, wenn nicht alle leistungsberechtigt
sind, wird für einen erleichterten Verwaltungsvollzug und
zur Sicherstellung einheitlicher Datenübermittlungsprozesse
nach § 51b vom Fortbestand der Bedarfsgemeinschaft aus-
gegangen. Eine erneute oder separate Vergabe von Bedarfs-
gemeinschaftsnummern für Leistungsberechtigte, die keine
Bedarfsgemeinschaft bilden, entfällt damit. Das Gleiche gilt
in Fällen, in denen eine Bedarfsgemeinschaft noch nicht vor-
liegt, aber einzelne Mitglieder des Haushalts bereits nach
§ 28 Leistungen beziehen.

Zu Buchstabe s (Einfügung Nummer 49a)

Anpassung der Vorschrift im Sinne des Gender-Mainstrea-
mings.

Zu Buchstabe t (Änderung Nummer 56)

Redaktionelle Anpassung. Der zu streichende Verweis ist
nicht erforderlich.

Zu Buchstabe u (Einfügung Nummer 56a)

Zu Buchstabe a (§ 76 Absatz 1)
standen sein muss, um die Aufrechnungshöhe von 10 Pro-
zent zu erreichen. Insoweit ist klargestellt, dass alle anderen

Nehmen die Träger die Aufgaben der Grundsicherung ab-
weichend von § 44b Absatz 1 für eine Übergangszeit weiter-

Drucksache 17/4095 – 36 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

hin getrennt wahr und begründen sie in der Folgezeit, spätes-
tens zum 1. Januar 2012, eine gemeinsame Einrichtung, er-
fasst die Zuweisung die Beamtinnen und Beamten sowie Ar-
beitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die bis zur Bildung der
gemeinsamen Einrichtung Aufgaben nach diesem Buch in
Agenturen für Arbeit und Kommunen durchgeführt haben.

Zu Buchstabe b (§ 76 Absatz 6 – neu)

Absatz 6 enthält eine Übergangsregelung für die Zuweisung
von Beschäftigten, deren Anstellungskörperschaft kein Trä-
ger ist und die bislang im Rahmen einer Dienstleistungsüber-
lassung oder Zuweisung in einer Arbeitsgemeinschaft oder,
bei getrennter Aufgabenwahrnehmung, in einer Agentur für
Arbeit oder Kommune tätig waren. Der Personenkreis dieser
Beschäftigten umfasst beispielsweise die Amtshilfekräfte
der Postnachfolgeunternehmen oder Beschäftigte von Ge-
meinden und Gemeindeverbänden, die nicht nach § 6 Ab-
satz 2 Satz 1 zur Durchführung von Aufgaben der Grundsi-
cherung herangezogen wurden. Die Vorschrift schafft Pla-
nungssicherheit für Träger und dritte Anstellungskörper-
schaften und stellt zum Erhalt der Funktionsfähigkeit sicher,
dass der gemeinsamen Einrichtung auch dieses eingearbei-
tete und qualifizierte Fachpersonal unter erleichterten Bedin-
gungen zum 1. Januar 2011 oder später weiterhin zur Verfü-
gung gestellt werden kann. Da die Zuweisung keine Zustim-
mung der Geschäftsführerin oder des Geschäftsführers einer
gemeinsamen Einrichtung voraussetzt, muss sie auf Veran-
lassung eines Trägers erfolgen, um die notwendige Einfluss-
nahme der Träger auf die Bedingungen der Zuweisung zu
gewährleisten.

Zu Buchstabe v (Änderung Nummer 57)

Zu Doppelbuchstabe aa (§ 77 Absatz 3)

Die Übergangsregelung des Absatzes 3 hat zum Ziel, den
Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausreichend
Zeit für die Umstellung der maschinellen Berechnung der
Erwerbstätigenfreibeträge einzuräumen. Sie ist an § 67
SGB II angelehnt. Damit kann die mit der Regelung des
§ 11b Absatz 4 SGB II verbundene Änderung der Höhe des
Freibetrags bei Erwerbstätigkeit in allen Fällen frühestens ab
dem 1. Juli 2011 zur Anwendung gelangen.

Im Übrigen Folgeänderung auf Grund der Streichung des
§ 11b Absatz 2.

Zu Doppelbuchstabe bb (§ 77 Absatz 4)

Redaktionelle Anpassung auf Grund der Änderung in § 20
SGB II durch Nummer 12 Buchstabe a.

Zu Doppelbuchstabe cc (§ 77 Absatz 5)

Korrektur eines redaktionellen Versehens. In der bisherigen
Regelung waren Beträge, die genau 0,50 Euro ergeben, nicht
erfasst.

Zu Doppelbuchstabe dd (§ 77 Absatz 7 – neu)

Soll die Leistung durch Gutscheine erbracht werden, können
die nach § 30 Absatz 2 notwendigen Vereinbarungen Pau-
schalen vorsehen. Diese haben sich an der Zahl der Leis-
tungsberechtigten und an der durchschnittlichen Inanspruch-

bunden ist, sind auch die Kinder kinderzuschlagsberechtig-
ter Eltern bei der Bemessung der Pauschale zu berücksichti-
gen. Bei der Vereinbarung von Pauschalen sind weiterhin die
voraussichtliche Nachfrage leistungsberechtigter Personen
und die dafür üblicherweise zu zahlenden Entgelte zu be-
rücksichtigen. Sie sollen die tatsächlichen Verhältnisse ins-
gesamt möglichst realitätsgerecht abbilden. Eine vereinbarte
Pauschalierung macht eine nachträgliche Einzelabrechnung
der in Anspruch genommenen Leistungen entbehrlich. Pau-
schalvereinbarungen sollen getroffen werden, wenn sie sich
unter Berücksichtigung von Bürokratiekosten bei voraus-
schauender Betrachtung als insgesamt wirtschaftlicher und
sparsamer darstellen. Die Regelungen dienen insoweit aus-
schließlich den Interessen der Träger der Leistungen nach
diesem Buch. Leistungsanbieter haben keinen Anspruch dar-
auf, dass mit ihnen Pauschalvereinbarungen abgeschlossen
werden.

Werden Pauschalen vereinbart, die gleichermaßen die Agen-
tur für Arbeit und das Bundesamt für den Zivildienst binden,
so ist gegenüber dem Leistungsanbieter in der Vereinbarung
der Umfang des gegen den jeweiligen Träger gerichteten
Zahlungsanspruchs in dem Verhältnis 6:1 festzulegen
(Satz 2); dies entspricht dem ungefähren Verhältnis leis-
tungsberechtigter Kinder und Jugendlicher im Bezug von
Leistungen nach dem SGB II zu Kindern und Jugendlichen,
die Anspruch auf Kinderzuschlag haben. Voraussetzung da-
für ist jedoch, dass alle Agenturen für Arbeit im Zuständig-
keitsbereich der Familienkasse Leistungen für Bildung und
Teilhaben nach § 28 Absatz 6 durch Gutscheine erbringen.

Da den vereinbarten Pauschalen Annahmen zugrunde lie-
gen, die sich je nach der Inanspruchnahme der Angebote, der
Zahl der Leistungsanbieter und Leistungsberechtigten stark
verändern können, sind Pauschalen regelmäßig zu überprü-
fen und gegebenenfalls anzupassen. Daher sind Pauschalver-
einbarungen längstens für ein Jahr abzuschließen (Satz 3).
Da die Vorschrift von der nachträglichen Abrechnung der
Pauschalen ausgeht, ist sicherzustellen, dass Leistungsanbie-
ter auch während des laufenden Jahres über die notwendigen
Mittel zur Bereitstellung der Angebote für Bildung und Teil-
habe verfügen; daher können die Leistungen die Abrechnung
von Vorschüssen auf die zu zahlende Pauschale vorsehen.

Schließen Agenturen für Arbeit oder von ihnen beauftragte
Träger Pauschalvereinbarungen ab, so haben sie sicherzu-
stellen, dass die Summe der vereinbarten Pauschalen nicht
den Wert der nach § 28 Absatz 6 auf alle Leistungsberechtig-
ten oder beim Kinderzuschlag zu berücksichtigenden Perso-
nen entfallenden Bedarfe übersteigt.

Eine Kollisionsregelung, wie noch in § 30a Absatz 4 des bis-
herigen Gesetzentwurfs vorgesehen, ist im Verhältnis zu den
neu geregelten Direktzahlungen nicht erforderlich: Für die
Abrechnung von Pauschalen kommt es lediglich darauf an,
ob der Leistungsanbieter für die vereinbarte Anzahl von
Leistungsberechtigten Angebote bereithält oder diese in An-
spruch genommen werden. Ob die Leistungsberechtigten
ihren gewöhnlichen Aufenthalt im örtlichen Zuständigkeits-
bereich der Agentur für Arbeit haben, die mit dem Anbieter
nahme zu orientieren. Da nach § 30 Absatz 2 Satz 4 auch das
Bundesamt für den Zivildienst an vereinbarte Pauschalen ge-

eine Vereinbarung abgeschlossen hat, ist für die Abrechnung
der Pauschale unerheblich.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 37 – Drucksache 17/4095

Zu Doppelbuchstabe ee (§ 77 Absatz 8 bis 11)

Folgeänderung.

Zu Doppelbuchstabe ff (§ 77 Absatz 8)

Um Erkenntnisse über die Implementierung eines elektroni-
schen Abrechnungssystems in Modellregionen zu gewinnen,
begleitet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die
Implementierung eines solchen elektronischen Abrech-
nungssystems wissenschaftlich. Die hierbei gewonnen Er-
kenntnisse könnten für die Weiterentwicklung des Systems
genutzt werden. Diese Forschung sollte im Rahmen der
Ressortforschung des Bundesministeriums für Arbeit und
Soziales durchgeführt werden.

Zu Nummer 3 (Artikel 3)

Zu Buchstabe a (Änderung Nummer 8)

Zu Doppelbuchstabe aa (§ 27a)

Durch den vorliegenden Änderungsantrag werden in § 27a
Absatz 2 SGB XII die Vorgaben für die Einteilung der Regel-
bedarfe in Regelbedarfsstufen ergänzt. Danach ist bei er-
wachsenen Personen in einem Haushalt nicht allein deren
Anzahl zu berücksichtigen, sondern auch die Führung eines
Haushalts und damit die Stellung eines Erwachsenen inner-
halb des Haushalts, in dem er lebt. Die Änderung steht im
Zusammenhang mit der Konkretisierung der Abgrenzung
der Regelbedarfsstufen 1 bis 3 in der Anlage zu § 28
SGB XII.

Zu Doppelbuchstabe bb (§ 28)

Zu Dreifachbuchstabe aaa

Redaktionelle Korrektur.

Zu Dreifachbuchstabe bbb

Redaktionelle Änderung. Absatz 4, der die Ermittlung der
Regelbedarfsstufen enthält, wird um den fehlenden Verweis
auf die Anlage, in der die Regelbedarfsstufen enthalten sind,
ergänzt.

Zu Doppelbuchstabe cc (§ 28a)

Zu Dreifachbuchstabe aaa

Durch die Neufassung von Satz 2 wird klargestellt, dass sich
die für die Fortschreibung zum 1. Januar eines Jahres anzu-
wendende Veränderungsrate des Mischindexes aus der Ver-
änderung des Zeitraums vom 1. Juli des Vorvorjahres bis
zum 30. Juni des Vorjahres gegenüber dem davorliegenden
Zwölfmonatszeitraum ergibt. Für die erstmals zum 1. Januar
2012 vorzunehmende Fortschreibung der Regelbedarfe be-
deutet dies, dass sich die Veränderungsrate des Mischinde-
xes auf der Veränderung im Zeitraum vom 1. Juli 2010 bis
zum 30. Juni 2011 gegenüber dem Zeitraum vom 1. Juli 2009
bis zum 30. Juni 2010 errechnet.

Ebenso um eine klarstellende Änderung handelt es sich bei
der Neufassung von Satz 3. Zudem wird der Begriff Netto-
löhne durch den bereits in Satz 1 verwendeten Begriff der
Nettolöhne und -gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer er-
setzt.

Zu Dreifachbuchstabe bbb

Es handelt sich um eine klarstellende und den Wortlaut von

werden bereits durch Absatz 2 Satz 2 geregelt. Der Verweis
auf diese Regelung ersetzt die Wiederholung der Abgren-
zungen für die zugrunde zu legenden Zeiträume.

Zu Doppelbuchstabe dd (Einfügung Nummer 11a)

Zu den Buchstaben a und b (§ 32 Absatz 1 und 2)

Es handelt sich um Folgeänderungen zur Neustrukturierung
des Dritten Kapitels. Die Leistungsberechtigung und damit
auch die Bestimmung des Umfangs der Hilfebedürftigkeit
für Leistungsberechtigte nach dem Dritten Kapitel ist künf-
tig nicht mehr in § 19 Absatz 1 SGB XII enthalten, sondern
in § 27 Absatz 1 und 2 SGB XII.

Zu Buchstabe c (§ 32 Absatz 4)

In § 32 Absatz 4 SGB XII ist die Übernahme des Zusatzbei-
trags bei gesetzlich krankenversicherten Leistungsberechtig-
ten nach § 242 SGB V geregelt. Die bei der Neufassung von
§ 32 SGB XII durch das Gesetz zum Schutz der Gefahren
des Passivrauchens (vom 24. Mai 2007, BGBl. I S. 1595) aus
rechtstechnischen Gründen vorgenommene Bezeichnung
der anzuwenden Fassung des § 242 SGB V ist durch Zeitab-
lauf überholt. Durch die Änderung wird klargestellt, dass
§ 242 SGB V in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden
ist.

Zu Doppelbuchstabe ee (Änderung Nummer 12)

Zu Dreifachbuchstabe aaa (§ 34)

Das Bundesverfassungsgericht hat den Bundesgesetzgeber
in seinem Urteil vom 9. Februar 2010 (Az. 1 BvL 1/09, 3/09
und 4/09) u. a. dazu verpflichtet, hilfebedürftige Schülerin-
nen und Schüler mit den für den Schulbesuch notwendigen
Mitteln auszustatten, soweit insbesondere die Länder im
Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen dafür keine
gleichwertigen Leistungsansprüche bereithalten. Die Schü-
lerbeförderungskosten werden in einigen Bundesländern re-
gelhaft nur bis zum Abschluss der Sekundarstufe 1 vollstän-
dig vom Träger der Schülerbeförderung übernommen. Die
Leistung nach § 34 Absatz 3a betrifft dementsprechend im
Wesentlichen Schüler der Sekundarstufe II.

Die Praxis belegt, dass in Flächenkreisen und in größeren
Städten die nächstgelegene Schule von Schülerinnen und
Schülern häufig nicht in zumutbarer Weise fußläufig oder
mit dem Fahrrad erreicht werden kann. Meist muss für die
Schülerbeförderung auf öffentliche Verkehrsmittel zurück-
gegriffen werden, wobei die hierdurch entstehenden Kosten
im Regelbedarf nicht vollständig abgebildet werden. Für den
Bereich Verkehr werden nach § 6 des Regelbedarfs-Ermitt-
lungsgesetzes 14 Euro (vom Beginn des 7. bis zur Vollen-
dung des 14. Lebensjahres) bzw. 12,62 Euro (vom Beginn
des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres) berücksich-
tigt. Die Kosten für eine Schülermonatskarte liegen oftmals
höher.

Mit diesem neuen Bedarf innerhalb der Bedarfe für Bildung
und Teilhabe nach § 34 SGB XII werden nur die notwendi-
gen Aufwendungen für die Beförderung zur nächstgelege-
nen Schule des gewählten Bildungsgangs (z.B. Grundschule,
Hauptschule, Realschule, Gymnasium, Gesamtschule, Ge-
meinschaftsschule) berücksichtigt. Auf diesen Betrag ist die
Leistung auch dann beschränkt, wenn die Schülerin oder der
Schüler tatsächlich eine weiter entfernte Schule besucht.
Absatz 3 vereinfachende Änderung. Die für die Ermittlung
der Veränderungsraten relevanten Zwölfmonatszeiträume

Aufwendungen für die Schülerbeförderung sind Ausgaben
für Verkehrsdienstleistungen oder Verkehrsmittel, die unmit-

Drucksache 17/4095 – 38 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

telbar mit dem Besuch der Schule zusammenhängen. Als er-
forderliche Schülerbeförderungskosten sind grundsätzlich
diejenigen Aufwendungen anzusehen, die auch vom Träger
der Schülerbeförderung übernommen werden würden, hätte
die leistungsberechtigte Person gegen diesen noch einen
Leistungsanspruch. Die Aufwendungen für die Schülerbe-
förderung müssen dabei tatsächlich anfallen und in Zweifels-
fällen nachgewiesen werden (siehe § 34a Absatz 2 Satz 2
zweiter Teilsatz).

Soweit in den Schulgesetzen der Länder eine vollständige
oder teilweise Kostenübernahme insbesondere durch die
Träger der Schülerbeförderung vorgesehen ist, ist diese
ebenso anzurechnen, wie eine Kostenübernahme durch
Dritte. Dritte in diesem Sinne können sowohl Wohlfahrtsver-
bände als auch sonstige Personen aus dem privaten Umfeld
des Schülers oder der Schülerin sein.

Der Leistungsanspruch ist im Übrigen davon abhängig, dass
es der Schülerin oder dem Schüler nicht zugemutet werden
kann, die Aufwendungen für die Schülerbeförderung aus
dem Regelbedarf zu bestreiten. Dabei sind die in Abteilung 7
der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe enthaltenen
Verbrauchsausgaben der Referenzgruppe für Verkehr zu be-
rücksichtigen, wie sie sich aus § 6 des Regelbedarfs-Ermitt-
lungsgesetzes ergeben. Diese Beträge können im Regelfall
auf die zu übernehmenden Kosten für eine Schülermonats-
fahrkarte angerechnet werden, wenn diese Karte auch für
den privaten Mobilitätsbedarf nutzbar ist.

Zu Dreifachbuchstabe bbb (§ 34a)

Ebenso wie in Artikel 2 Nummer 31 (§§ 29 bis 30a SGB II)
sowie Nummer 32 Buchstabe aa) (§ 37 SGB II) werden die
im bisherigen Gesetzentwurf in § 34a vorgesehenen Erbrin-
gungswege der Leistungen für Bildung und Teilhabe nach
§ 34 durch den vorliegenden Änderungsantrag abgeändert.
Die Angleichung der entsprechenden Vorschriften im SGB II
und SGB XII ist auch deshalb erforderlich, weil die Kommu-
nen nach dem SGB II mit der Erbringung der Leistungen für
Bildung und Teilhabe beauftragt werden können. Da die
Kommunen zugleich Träger der Sozialhilfe sind, können sie
die betreffenden Leistungen damit nach gleichen rechtlichen
Voraussetzungen erbringen.

Abweichungen zu den genannten Vorschriften im SGB II er-
geben sich daraus, dass die Kommunen als Träger der Sozial-
hilfe das SGB XII als eigene Aufgabe ausführen, weshalb der
Bundesgesetzgeber keine Vorschriften für das Verwaltungs-
verfahren zu treffen hat.

Die im Gesetzentwurf bisher vorgesehene Ausgabe persona-
lisierter Gutscheine und die Abgabe von Kostenübernah-
meerklärungen setzen Vereinbarungen zwischen dem zu-
ständigen Träger der Sozialhilfe und den Leistungsanbietern
voraus. Durch den vorliegenden Änderungsantrag wird dem
Erbringungsweg über Gutscheine ein Erbringungsweg über
Direktzahlungen an Leistungsanbieter gegenübergestellt, der
ohne Vereinbarungen mit Leistungsanbietern auskommt.
Wird eine Leistung für Bildung und Teilhabe im Wege der
Direktzahlung erbracht, und beantragt eine leistungsberech-
tigte Person die Übernahme der Kosten hierfür beim zustän-
digen Träger der Sozialhilfe, überweist dieser – die Leis-
tungsberechtigung vorausgesetzt – das Honorar an den Leis-

Zu Absatz 1

Absatz 1 wird aus dem Gesetzentwurf übernommen. Das
Antragserfordernis in Satz 1 wird jedoch auch auf die Schul-
ausflüge nach § 34 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1, die Schulbe-
förderungskosten nach § 34 Absatz 3a und die Leistungen
zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Ge-
meinschaft nach § 34 Absatz 6 ausgeweitet. Damit gilt das
Antragserfordernis für alle Bildungs- und Teilhabeleistun-
gen außer für die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf
nach § 34 Absatz 3, unabhängig davon, ob die Leistungen in
Form eines Gutscheins oder durch Direktzahlung an Anbie-
ter erbracht werden. Die Ausdehnung des Antragserforder-
nisses auf alle Leistungen für Bildung und Teilhabe ist erfor-
derlich, um in Fällen der Leistungserbringung durch Direkt-
zahlung nach Absatz 4 das konkret ausgewählte Leistungs-
angebot sowie das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen
überprüfen zu können.

Zu Absatz 2

Satz 1 bestimmt nunmehr, dass Leistungen für Schul- und
Kitaausflüge, für Lernförderung und das Budget für Teilhabe
am sozialen und kulturellen Leben durch personalisierte
Gutscheine oder Direktzahlungen an Leistungsanbieter zu
erbringen sind. Über den Er-bringungsweg entscheidet der
Träger der Leistung nach pflichtgemäßem Ermessen, ohne
dass damit subjektive Rechte der leistungsberechtigten Per-
sonen auf einen bestimmten Erbringungsweg begründet wer-
den. Geldleistungen an leistungsberechtigte Personen dürfen
für diese Bedarfe nicht erbracht werden.

Für den persönlichen Schulbedarf nach § 34 Absatz 3 und
die neu eingefügten Schülerbeförderungskosten nach § 34
Absatz 3a sieht Satz 2 die Form der Geldleistung und in Ver-
dachtsfällen die Pflicht zum Nachweis zweckentsprechender
Verwendung vor. Die kommunalen Träger entscheiden nach
Satz 3 hinsichtlich der mehrtägigen Klassenfahrten eigen-
verantwortlich über die Form der Leistungserbringung.

Perspektivisch gesehen wird sich auch für die Träger der So-
zialhilfe die Möglichkeit der Anwendung des Verfahrens zur
Erbringung und Abrechnung von Leistungen für Bildung
und Teilhabe über ein elektronisches System auf der Grund-
lage der Verordnung nach Artikel 2 § 29 Absatz 3 in der Fas-
sung des vorliegenden Änderungsantrages eröffnen.

Zu Absatz 3

Absatz 3 regelt die Besonderheiten, die bei einer Erbringung
der Leistungen mittels Gutschein gelten. Voraussetzung ist,
dass der Träger entscheidet, die Leistungen für eintägige
Schulausflüge und Klassenfahrten, Lernförderung, Mittags-
verpflegung sowie soziale und kulturelle Teilhabe durch
Gutschein zu erbringen. Veränderungen gegenüber der Fas-
sung im bisherigen Gesetzentwurf ergeben sich hinsichtlich
der Ausweitung der Möglichkeiten, Gutscheine im Voraus
auszugeben, wodurch sich der individuelle Entscheidungs-
spielraum bei der Inanspruchnahme der Angebote erhöht.
Ebenfalls wird die Einlösung von Gutscheinen bei Ausflü-
gen und Klassenfahrten im Voraus ermöglicht.

Unverändert bleibt, dass der Leistungserfolg bei den Leis-
tungen nach § 34 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und Satz 2, 4
tungsanbieter, ohne dass zwischen diesem und dem Träger
der Sozialhilfe eine vertragliche Beziehung besteht.

bis 6 bereits mit der Ausgabe des Gutscheins als eingetreten
gilt. Dies folgt aus der neuen Leistungsform des Gutscheins

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 39 – Drucksache 17/4095

und trägt dem Umstand Rechnung, dass die Träger der
Grundsicherung für die Bereitstellung eines hinreichenden
Leistungsangebots kein eigenständiger Sicherstellungsauf-
trag trifft.

Zu Absatz 4

Absatz 4 enthält die wegen der Einführung von Direktzah-
lungen an Leistungsanbieter erforderlichen Sonderregelun-
gen. Ebenso wie bei der Erbringung mittels Gutscheinen gilt
auch hier, dass der Leistungsanspruch mit der Zahlung an
den Leistungsanbieter als erfüllt gilt. Der zuständige Träger
der Sozialhilfe kann von der leistungsberechtigten Person im
begründeten Einzelfall den Nachweis der Inanspruchnahme
des Leistungsangebots verlangen. Die Nachweispflicht ist
nur für den Erbringungsweg der Direktzahlung vorgesehen,
weil es bei diesem Erbringungsweg an Vereinbarungen zwi-
schen Leistungsträgern und Leistungsanbietern fehlt, mit
deren Hilfe die tatsächliche Inanspruchnahme des Leistungs-
angebots sichergestellt werden könnte. Ferner wird für
Direktzahlungen, mit denen der Leistungsanspruch auf Über-
nahme der Mehraufwendungen für das Schul- und Kita-
mittagessen (§ 34 Absatz 5) erfüllt werden, eine Pauschalie-
rung ermöglicht.

Zu Doppelbuchstabe ff (Änderung Nummer 13)

Die Ergänzung in § 35a Satz 1 SGB XII macht die Geltung
einer nach den §§ 22a bis 22c SGB II erlassenen Satzung für
den zuständigen Träger der Sozialhilfe davon abhängig, dass
die Satzung besondere Regelungen nach § 22b Absatz 3
SGB II enthält. Danach sind besondere Bedarfe für Unter-
kunft und Heizung wegen einer Behinderung (Satz 2 Num-
mer 1) und wegen der Ausübung des Umgangsrechts (Satz 2
Nummer 2) vorgesehen. Da im SGB XII, insbesondere nach
dem Vierten Kapitel, zusätzlich zu dem im SGB II leistungs-
berechtigten Personenkreis auch ältere Personen leistungs-
berechtigt sind, ist eine Ergänzung über die bereits in § 22b
Absatz 3 SGB II berücksichtigten Personengruppen erfor-
derlich. Deshalb sind zusätzlich auch die besondere Bedarfe
für Unterkunft und Heizung von älteren Personen in der Sat-
zung zu berücksichtigen, wenn diese auch für den Träger der
Sozialhilfe gelten soll.

Zu Doppelbuchstabe gg (Änderung Nummer 42)

Durch die Änderungen wird die Abgrenzung der Regelbe-
darfsstufen 1 bis 3 in der Anlage zu § 28 SGB XII inhaltlich
konkretisiert und präzisiert sowie sprachlich überarbeitet.
Bei der Abgrenzung der für Erwachsene geltenden Regelbe-
darfsstufen wird durchgehend darauf abgestellt, ob ein eige-
ner oder gemeinsamer oder kein Haushalt geführt wird. Bei
der sich ergebenden Abgrenzung der Regelbedarfsstufen 1
bis 3 handelt es sich um typisierende Fallgestaltungen, die
nur Erwachsene im Haushalt in die Betrachtung einbezieht,
nicht aber – abgesehen von Alleinerziehenden – das Vorhan-
densein von Kindern.

Zur Regelbedarfsstufe 1

Die Regelbedarfsstufe 1 gilt für erwachsene Leistungsbe-
rechtigte, die als Alleinstehende einen Einpersonenhaushalt
führen oder als Alleinerziehende ohne eine weitere erwach-
sene Person einen eigenen Haushalt mit ihrem Kind bezie-
hungsweise mit ihren Kindern führen. Leben weitere er-

für die weitere erwachsene Person oder gegebenenfalls die
weiteren erwachsenen Personen Regelbedarfsstufe 3 gilt.
Folglich wird an der im geltenden Recht als Haushaltsvor-
stand bezeichneten Funktion und der damit verbundenen
Stellung im Haushalt außerhalb von Partnerkonstellationen
(Regelbedarfsstufe 2) festgehalten. Damit übernimmt die
Regelbedarfsstufe 1 die Funktion des Eckregelsatzes im gel-
tenden Recht. Der Eckregelsatz entspricht 100 Prozent des
Regelsatzes für Leistungsberechtigte als Haushaltsvorstand
oder Alleinstehende oder alleinerziehende Leistungsberech-
tigte (§ 3 Absatz 1 der Regelsatzverordnung).

Zur Regelbedarfsstufe 2

Der für jeweils zwei Partner geltenden Regelbedarfsstufe 2
entspricht im geltenden Recht der sogenannte Partner-Regel-
satz für Ehegatten und Lebenspartner in Höhe von jeweils
90 Prozent des Eckregelsatzes (§ 3 Absatz 3 der Regelsatz-
verordnung).

Umfasst sind damit Ehepaare und Lebenspartnerschaften,
bei denen generell davon auszugehen ist, dass zusammen-
lebende Partner auch in wirtschaftlicher Hinsicht eine Ge-
meinschaft bilden und ihren gemeinsamen Haushalt gemein-
sam führen. Letzteres bedeutet, dass die für die Lebensfüh-
rung anfallenden Ausgaben gemeinsam getragen werden.
Diese gemeinsamen Ausgaben belaufen sich nicht auf
200 Prozent der Ausgaben eines Einpersonenhaushalts, son-
dern werden aufgrund der gemeinsamen Nutzung von
Geräten – wie zum Beispiel Fernseher, Computer oder Kühl-
schrank und Herd – auf 180 Prozent angesetzt (siehe Er-
läuterung zu Regelbedarfsstufe 3). Diese Aufteilung ist vom
Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 9. Februar
2010 ausdrücklich bestätigt worden.

Die Regelbedarfsstufe 2 als Nachfolgeregelung des Partner-
Regelsatzes wird mit dem vorliegenden Änderungsantrag
auf in eheähnlicher und lebenspartnerschaftsähnlicher Le-
bensgemeinschaft lebende Erwachsene übertragen. Nach
dem Wortlaut von § 3 Absatz 3 Regelsatzverordnung gilt die
Anwendung des „Partner-Regelsatzes“ nur unmittelbar für
Ehegatten und Lebenspartner. Diese Übertragung ist vor
dem Hintergrund zu sehen, dass § 20 SGB XII eine Besser-
stellung von eheähnlichen und lebenspartnerschaftsähn-
lichen Lebensgemeinschaften gegenüber Ehepaaren und Le-
benspartnerschaften ausschließt. Demnach können beide
Partner eheähnlicher und lebenspartnerschaftsähnlicher Le-
bensgemeinschaften nicht jeweils Regelbedarfsstufe 1 erhal-
ten.

In der Praxis der Sozialhilfeträger kommt es bislang sowohl

• zur Anwendung des Eckregelsatzes (100 Prozent) für
eine Person (Haushaltsvorstand) einer eheähnlichen und
lebenspartnerschaftsähnlichen Lebensgemeinschaft und
80 Prozent des Eckregelsatzes für die zweite Person
(Haushaltsangehöriger) als auch

• zur Anwendung des „Partner-Regelsatzes“ (je 90 Pro-
zent für beide Partner).

Die Aufteilung der Regelsätze für diese Paare in Eckregel-
satz und 80 Prozent des Eckregelsatzes entspricht der bis
zum Jahresende 2006 auch für Ehepaare und Lebenspartner-
schaften gebräuchlichen Einteilung. Dabei wird unterstellt,
wachsene Personen im Haushalt der leistungsberechtigten
Person, gilt für erstere Regelbedarfsstufe 1 nur dann, wenn

dass der Haushaltsvorstand die in einem Haushalt für die
Haushaltsführung erforderlichen Kosten allein trägt. Beide

Drucksache 17/4095 – 40 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

bei eheähnlicher und lebenspartnerschaftsähnlicher Lebens-
gemeinschaft möglichen Aufteilungen der Regelsätze auf
beide Partner ergeben zusammen 180 Prozent des Eckregel-
satzes. Deshalb führt die ausdrückliche Erweiterung der Re-
gelbedarfsstufe 2 auf eheähnliche und lebenspartnerschafts-
ähnliche Lebensgemeinschaften zu einer Vereinheitlichung
der Rechtsanwendung, ohne dass damit in der Summe beider
Leistungen für die betroffenen Paare eine Veränderung ver-
bunden ist.

Zur Regelbedarfsstufe 3

Die Abgrenzung der Regelbedarfsstufe 3 wird dahingehend
konkretisiert, dass sie für Erwachsene gilt, die keinen eige-
nen Haushalt führen, weil sie im Haushalt anderer Personen
leben und

• weder Ehegatte oder Lebenspartner anderer im Haushalt
lebender erwachsener Personen sind,

• noch mit diesen in einer eheähnlichen oder lebenspart-
nerschaftsähnlichen Gemeinschaft leben.

Demnach kann für diese Leistungsberechtigten weder Re-
gelbedarfsstufe 1 noch Regelbedarfsstufe 2 gelten.

Der Unterschied zwischen Regelbedarfsstufe 3 und Regelbe-
darfsstufe 2 liegt darin, dass Regelbedarfsstufe 2 nur für
Paare gilt, bei denen von der gemeinsamen Tragung der an-
fallenden Ausgaben auszugehen ist. Konsequenz ist die Auf-
teilung der Regelbedarfe auf beide Partner zu gleichen Tei-
len. Mit Regelbedarfsstufe 3 sind hingegen Personenkonstel-
lationen umfasst, in denen es keine gemeinsame Tragung
von Ausgaben zu gleichen Teilen gibt. Deshalb wird der bis-
herige Regelsatzanteil von 80 Prozent für einen Haushaltsan-
gehörigen mit der Regelbedarfsstufe 3 beibehalten.

Im Unterschied zum geltenden Recht gilt die sich daraus er-
gebende Regelbedarfsstufe 3 in Höhe von 80 Prozent der Re-
gelbedarfsstufe 1 (ergibt 291 Euro) nur für Erwachsene,
während der bisherige Regelsatzanteil von 80 Prozent nach
§ 3 Absatz 2 Regelsatzverordnung für Personen ab Vollen-
dung des 14. Lebensjahres gilt. Für Jugendliche zwischen 14
bis unter 18 Jahren ergibt sich zukünftig jedoch die Regel-
bedarfsstufe 4 (nach der Bestandsschutzregelung in § 8 Ab-
satz 2 Nummer 4 RBEG in der Fassung des Gesetzentwurfs:
287 Euro). Da die Regelbedarfe für Kinder und Jugendliche
aus den Kindern und Jugendlichen zuzurechnenden Ver-
brauchsausgaben von Familienhaushalten ermittelt werden,
ist die Übertragung der Regelbedarfsstufe 4 auf erwachsene
Haushaltsangehörige aus systematischen Gründen nicht
möglich. Deshalb wird mit der Regelbedarfsstufe 3 eine ei-
gene Regelbedarfsstufe eingeführt.

Dahinter steht folgende Konzeption:

Eine alleinstehende oder alleinerziehende erwachsene Per-
son muss neben Ernährung und Kleidung auch alle für ihren
Haushalt anfallenden Kosten allein finanzieren. Dem wird
mit der Regelbedarfsstufe 1 Rechnung getragen, die dem
Eckregelsatz im geltenden Recht entspricht. Die Regelbe-
darfsstufe 1 beläuft sich nach dem Gesetzentwurf auf
364 Euro monatlich und ergibt sich aus den regelbedarfs-
relevanten Verbrauchsausgaben der Einpersonenhaushalte.

Ein Teil der für die Gewährleistung eines menschenwürdi-
gen Existenzminimums erforderlichen Verbrauchsausgaben

halt in gleicher Höhe an. Dies gilt insbesondere für Ernäh-
rung und Kleidung. Dabei werden mangels statistischer
Grundlagen mögliche Einspareffekte des gemeinsamen Ein-
kaufs in Mehrpersonenhaushalten bei den genannten Bedar-
fen nicht berücksichtigt. Daneben gibt es aber Verbrauchs-
ausgaben, die mit der Führung eines Haushalts verbunden
sind und nur unterproportional von der Zahl der Personen,
die in dem Haushalt leben, abhängig sind (haushaltsgebun-
dene Verbrauchsausgaben).

Dies gilt nicht nur für Strom- oder Wasserkosten, sondern
auch für die Ausstattung der Wohnung. So erfordert es das
menschenwürdige Existenzminimum nicht, dass bei Mehr-
personenhaushalten für jede Person eigene elektrische Groß-
geräte wie Fernseher, Computer, Kühlschrank oder Herd
vorgesehen sind. Gleiches gilt für die Kommunikationsaus-
stattung mit einer Flatrate für jede erwachsene Person.

Der zusätzliche Bedarf eines Haushalts, der durch eine hin-
zukommende zweite erwachsene Person per Saldo entsteht,
muss also niedriger sein als der Bedarf einer alleinstehenden
Person. Damit muss für eine zusätzliche erwachsene Person
im Haushalt, die in keiner Paarbeziehung zu einer anderen
Person in diesem Haushalt steht, vor dem Hintergrund der
Regelung für Paare und der Regelbedarfsermittlung für Ein-
personenhaushalte gelten, dass diese sozialhilferechtlich
nicht als alleinstehende Person betrachtet werden kann.
Stattdessen muss der Bedarf dieser erwachsenen Person im
Haushaltszusammenhang gesehen werden, weshalb anfal-
lende relative Einsparungen zu berücksichtigen sind. Da der
zusätzliche Bedarf eines Partners im Haushalt geringer ist als
der Bedarf einer alleinstehenden Person, ist davon auszuge-
hen, dass dies auch für den Bedarf einer weiteren erwachse-
nen Person in einem Haushalt gilt. Voraussetzung ist, dass
die weitere erwachsene Person sich die vorhandene Ausstat-
tung und Einrichtung der Wohnung mit den anderen Perso-
nen im Haushalt weitestgehend teilt und sich an den für An-
schaffung, Wartung und so weiter anfallenden Kosten nicht
oder nur teilweise, in der Gesamtschau aber nur mit einem
sehr geringen Anteil beteiligt. Im Ergebnis tragen weit über-
wiegend die übrige oder die übrigen erwachsenen Personen
im Haushalt die Kosten der Haushaltsführung.

Diese Fallkonstellation liegt unter anderem dann vor, wenn
eine erwachsene Person die Haushaltsführung nicht mitbe-
stimmt. Dies trifft beispielsweise auf einen Untermieter zu,
dessen Beteiligung an Nutzungskosten der Haushaltsausstat-
tung üblicherweise in pauschaler Form über die zu zahlende
Miete erfolgt. In diesem Fall ist eine solche indirekte Kos-
tenbeteiligung, sofern die angemessene Höhe der Miete
nicht überschritten wird, im Rahmen der Unterkunftskosten
zu übernehmen.

Eine weitere Fallkonstellation sind haushaltsführende Eltern
oder haushaltsführender Elternteil, wenn ein erwachsenes
Kind im elterlichen Haushalt lebt, oder ein haushaltsführen-
der Erwachsener – eventuell mit seinem Partner – einen
Elternteil in den Haushalt aufnimmt. In diesen beiden Fällen
ist bei einer Leistungsberechtigung nach dem SGB XII
regelmäßig davon auszugehen, dass das Kind oder der
Elternteil einen Anspruch auf Leistungen der Grundsiche-
rung im Alter und bei Erwerbsminderung (Viertes Kapitel
SGB XII) hat. Der Leistungsanspruch besteht bei den ge-
fällt in Haushalten mit mehreren erwachsenen Personen für
jeden Erwachsenen unabhängig von deren Anzahl im Haus-

nannten Personen, die im Haushalt anderer Personen leben,
deshalb nur, weil die in der Hilfe zum Lebensunterhalt

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 41 – Drucksache 17/4095

(Drittes Kapitel SGB XII) geltende Unterhaltsvermutung
nicht anwendbar ist. Diese besagt, dass eine Person dann kei-
nen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt hat, wenn sie
mit Personen in einer Wohnung zusammenlebt und aufgrund
der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der übrigen Perso-
nen unterstellt werden kann, dass diese den Lebensunterhalt
der bei ihnen lebenden Person gewährleisten. Folglich führt
erst die Nichtanwendbarkeit der Unterhaltsvermutung zu
einem Leistungsanspruch nach dem SGB XII. Damit war
seitens des Gesetzgebers beabsichtigt, insbesondere von Ge-
burt und früher Kindheit dauerhaft voll erwerbsgeminderten
Personen einen elternunabhängigen Anspruch auf ein Min-
desteinkommen zu ermöglichen. Die Einsatzgemeinschaft
zwischen Eltern und erwachsenem Kind wurde in diesen
Fällen also weitestgehend aufgehoben. Allerdings war mit
der Einführung der Grundsicherung im Alter und bei Er-
werbsminderung nicht die Absicht verbunden, diesen im
Haushaltszusammenhang lebenden Personen einen Anspruch
einzuräumen, wie er Alleinstehenden in Höhe des Eckregel-
satzes oder Paaren in Höhe des später eingeführten Partner-
regelsatzes zusteht, sondern einen Anspruch in Höhe des
Regelsatzanteils eines erwachsenen Haushaltsangehörigen
(80 Prozent des Eckregelsatzes).

Die Zuordnung weiterer erwachsener Personen im Haushalt
zur Regelbedarfsstufe 3 beruht auf einer dem Gesetzgeber
aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität möglichen Ty-
pisierung von Sachverhalten. Im Sozialhilferecht gilt aller-
dings ergänzend der Grundsatz, dass sich die Leistungen
nach den Besonderheiten des Einzelfalles zu richten haben
(§ 9 Abs. 1 SGB XII). Dies bedeutet konkret, dass der zu-
ständige Sozialhilfeträger die Besonderheiten des Einzelfal-
les bei der Leistungsbemessung zu berücksichtigen hat. Um
den tatsächlichen Verhältnissen in einem Haushalt Rechnung
zu tragen ist im Zuge der Ermessensausübung auch eine ab-
weichende Regelsatzfestsetzung nach § 27a Absatz 4 Satz 1
SGB XII in der Fassung des Gesetzentwurfs möglich.

Zu den Regelbedarfsstufen 4 bis 6

Es werden Anpassungen an die veränderten Formulierungen
in den Regelbedarfsstufen 1 bis 3 vorgenommen; inhaltliche
oder materielle Veränderungen ergeben sich hieraus nicht.

Zu Nummer 4 (Artikel 4)

Durch die Änderung wird klargestellt, dass auch für Anträge
auf einstweilige Anordnung die Landessozialgerichte zu-
ständig sind.

Zu Nummer 5 (Artikel 5)

Zu Buchstabe a (Änderung Nummer 1)

Zu Doppelbuchstabe aa

Die Änderung des Satzes 3 betrifft die Bedarfsbemessung im
Rahmen der Prüfung der Vermeidung von Hilfebedürftig-
keit. Sie bestimmt, dass die Anerkennung des Bedarfs für die
Mehraufwendungen für eine Teilnahme an einer gemein-
schaftlichen Mittagsverpflegung voraussetzt, dass das Mit-
tagessen in schulischer Verantwortung angeboten und ge-
meinschaftlich ausgegeben und eingenommen wird. Die Be-
messung des monatlichen Bedarfs orientiert sich an der An-
zahl der Wochentage, an denen Schülerinnen und Schüler an

an allen fünf Wochentagen, wird monatlich ein Betrag in
Höhe von 26 Euro angesetzt. Erfolgt die Teilnahme des Kin-
des an der Mittagsverpflegung nicht regelmäßig an allen fünf
Wochentagen, so ist für jeden einzelnen Wochentag, an dem
das Kind regelmäßig an der Mittagsverpflegung teilnimmt,
ein Fünftel des Betrags von 26 Euro zu Grunde zu legen.
Dem monatlichen Betrag von 26 Euro liegen aktuelle Schät-
zungen zu den durchschnittlichen Kosten bei Inanspruch-
nahme einer in schulischer Verantwortung angebotenen ge-
meinschaftlichen Mittagsverpflegung zugrunde.

Die neu angefügten Sätze 4 und 5 betreffen die Bemessung
des Bedarfs zur Beförderung von Schülerinnen und Schülern
nach § 28 Absatz 3a SGB II im Rahmen der Prüfung der Ver-
meidung von Hilfebedürftigkeit. Satz 4 regelt, dass für den
Bedarf für die Beförderung von Schülerinnen und Schülern
ein Betrag in Höhe von 25 Euro zu berücksichtigen ist.
Durch den monatlich einheitlichen Betrag wird eine einfache
Berechnung des Anspruchs auf den Kinderzuschlag ermög-
licht und vermieden, dass der Träger der Leistung zur Be-
darfsbemessung jeweils individuell die Tarife der Verkehrs-
gesellschaft für die Fahrten zur nächstgelegenen Schule zu
ermitteln hat. Der Bedarf nach § 28 Absatz 3a bleibt nach
dem neu eingefügten Satz 5 bei der Prüfung der Vermeidung
von Hilfebedürftigkeit außer Betracht, wenn die Aufwen-
dungen für die Beförderung von Schülerinnen und Schülern
vollständig oder teilweise durch Dritte übernommen werden.
Das ist beispielsweise der Fall, wenn in den Schulgesetzen
der Länder eine vollständige oder teilweise Kostenüber-
nahme insbesondere durch die Träger der Schülerbeförde-
rung vorgesehen ist. Dritte im Sinne des Satzes 5 können
auch Wohlfahrtsverbände oder sonstige Personen aus dem
privaten Umfeld des Betroffenen sein.

Da es sich bei den in den Sätzen 3 und 4 genannten Beträgen
um Pauschalen handelt, bleiben Ferienzeiten, Unterrichts-
ausfall, vorübergehende Erkrankungen sowie Klassenfahr-
ten unberücksichtigt.

Wie bei allen anderen Bedarfen, wird für die Berücksichti-
gung des Bedarfs für die Mehraufwendungen einer gemein-
schaftlichen Mittagsverpflegung sowie für den Bedarf für
die Beförderung von Schülerinnen und Schülern zur nächst-
gelegenen Schule unterstellt, dass im Rahmen des SGB II ein
bedarfsauslösender Antrag gestellt würde. Der Bedarf wird
nur berücksichtigt, wenn die entsprechenden Voraussetzun-
gen vorliegen.

Zu Doppelbuchstabe bb

Mit dem neuen Absatz 2 Satz 1 wird in Nummer 2 Buch-
stabe c entsprechend zum neu eingeführten § 28 Absatz 3a
SGB II eine weitere Leistung des Kinderzuschlags zur Be-
förderung von Schülerinnen und Schülern zur nächstgelege-
nen Schule eingeführt.

Mit der festgelegten Pauschale werden die Aufwendungen
für Fahrten zur Schule des gewählten Bildungsgangs (z. B.
Grundschule, Hauptschule, Realschule, Gymnasium, Ge-
samtschule, Gemeinschaftsschule) anerkannt. Die Pauschale
beträgt monatlich 25 Euro. In der Pauschale sind die in § 6
Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz für Verkehrsdienstleistun-
gen berücksichtigten Beträge pauschal in Abzug gebracht.
einer Schule mit angebotener Gemeinschaftsverpflegung
diese regelmäßig in Anspruch nehmen. Bei einer Teilnahme

Der Anspruch auf die Leistung nach Absatz 2 Satz 1 Num-
mer 2 Buchstabe c setzt voraus, dass tatsächlich Aufwendun-

Drucksache 17/4095 – 42 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

gen entstehen und keine vollständige oder teilweise Kosten-
übernahme durch Dritte erfolgt.

Für den Begriff der Schülerinnen und Schüler ist die Legal-
definition des § 28 Absatz 1 Satz 2 SGB II zu beachten.

Die übrigen Änderungen zu Buchstabe b des bisherigen Ge-
setzentwurfs entfallen. Entsprechende Regelungen werden
im neu eingefügten Absatz 2b getroffen.

Im Übrigen handelt es sich um redaktionelle Änderungen.

Zu Doppelbuchstabe cc

Mit den Änderungen werden die Absätze 2a bis 2d einge-
fügt.

Zu Absatz 2a

Absatz 2a Satz 1 sieht vor, dass Leistungen für eintägige
Schulausflüge durch personalisierte Gutscheine zu erbringen
sind. Nach Satz 2 wird der Gutschein für jedes zu berück-
sichtigende Kind von der Familienkasse erstellt und von die-
ser für den gesamten Bewilligungszeitraum im Voraus aus-
gegeben. Satz 3 regelt den Fall des Verlusts des Gutscheins.
Weil die Gutscheine in personalisierter Form zu erbringen
sind und nur vom Leistungsberechtigten selbst eingelöst
werden dürfen, ist die Familienkasse im Falle des Verlusts
des Gutscheins zur Neuausstellung verpflichtet. Der Gut-
schein enthält die Zusicherung über die Übernahme der tat-
sächlichen Kosten für Schul- bzw. Kitaausflüge. Mit der
Ausgabe des Gutscheins ist die Leistung erbracht. Hiervon
zu unterscheiden ist die Abrechnung durch die Schule bzw.
durch die Kindertageseinrichtung. Nach Satz 4 erfolgt die
Abrechnung beim Bundesamt für den Zivildienst. Satz 5
bestimmt, dass die Schule oder Kindertageseinrichtung die
tatsächlichen Kosten eines Ausflugs auf Grundlage des
Gutscheins bereits vor dessen Stattfinden abrechnen kann.
Die Abrechnungsmöglichkeit endet spätestens sechs Monate
nach Gültigkeit des Gutscheins. Die Frist von einem halben
Jahr beinhaltet für den Leistungsträger und die Schule bzw.
Kindertageseinrichtung einen verbindlichen Rahmen für die
Abwicklung der Leistungsbeziehungen. Die Gültigkeit des
Gutscheins und der Zeitraum der Abrechnungsmöglichkeit
muss auf dem Gutschein vermerkt sein. Bei Überschreiten
der Frist verliert die Schule bzw. Kindertageseinrichtung ih-
ren Abrechnungsanspruch gegenüber dem Bundesamt.

Zu Absatz 2b

Absatz 2b sieht für die Leistungen für den persönlichen
Schulbedarf, den Zuschuss zu einer gemeinschaftlichen Mit-
tagsverpflegung und den Zuschuss für die Beförderung von
Schülerinnen und Schülern zur Schule die Form der Geld-
leistung vor. Nach Satz 2 steht der Zuschuss für die Teil-
nahme an einer gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung nur
für die Wochentage zu, an denen Schülerinnen und Schüler
regelmäßig an einer in schulischer Verantwortung angebote-
nen Mittagsverpflegung teilnehmen. Bei einer Teilnahme an
allen fünf Wochentagen, wird monatlich ein Betrag in Höhe
von 26 Euro angesetzt. Durch die Pauschalierung der Leis-
tung ist gewährleistet, dass bei einer Teilnahme an fünf
Wochentagen jeden Monat der gleiche Betrag von 26 Euro
gezahlt wird und nicht für jeden Monat eine Neuberechnung
erfolgen muss. Findet eine Teilnahme nur an bestimmten
Wochentagen statt, erfolgt eine anteilige Umrechnung an-

stimmt, dass der Bedarf des zu berücksichtigenden Kindes
für eine gemeinschaftliche Mittagsverpflegung nach § 28
Absatz 5 SGB II sowie für die Beförderung zur Schule mit
der Zahlung des jeweiligen Zuschusses als gedeckt gilt.

Zu Absatz 2c

Nach Absatz 2c werden die Leistungen zur Teilhabe am so-
zialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft durch Di-
rektzahlungen des Bundesamtes an die entsprechenden Leis-
tungsanbieter erbracht. Nachdem die Familienkasse im Rah-
men der Bewilligung den Anspruch auf Teilhabe am sozialen
und kulturellen Leben nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 2
Buchstabe e festgestellt hat, kann der Leistungsberechtigte
beim Bundesamt Anträge auf Direktzahlungen an konkrete,
von ihm ausgewählte Anbieter von Teilhabeleistungen stel-
len. Mit dem Antrag auf Direktzahlung ersucht der Leis-
tungsberechtigte die Befreiung seiner vertraglichen Zah-
lungsverpflichtung gegenüber dem ausgewählten Leistungs-
anbieter durch Überweisung etwa des Mitgliedsbeitrags oder
Kursbeitrags durch das Bundesamt auf das Konto des Anbie-
ters. Das Bundesamt prüft dazu, ob das vom Leistungsbe-
rechtigten ausgewählte Angebot dem in Absatz 2 Satz 1
Nummer 2 Buchstabe e genannten Zweck entspricht, ob der
Preis angemessen ist und ob das zur Verfügung stehende
Budget des Leistungsberechtigten ausreicht und kann den
Antrag ablehnen, wenn die genannten Anforderungen nicht
sichergestellt sind. Das Bundesamt kann den Antrag auch
dann ablehnen, wenn sich ein Anbieter als ungeeignet er-
weist. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn dem Bundes-
amt Tatsachen bekannt werden, die darauf hinweisen, dass
der Leistungsanbieter nicht die erforderliche Eignung, Zu-
verlässigkeit oder Leistungsfähigkeit besitzt, jugendgefähr-
dende, strafbare oder verfassungsfeindliche Zielsetzungen
verfolgt oder Kindern und Jugendlichen Zugang zu Medien
verschafft, die jugendgefährdende, strafbare oder verfas-
sungsfeindliche Inhalte aufweisen. Geht der Träger der öf-
fentlichen Jugendhilfe von einer Gefährdung des Wohls der
Kinder und Jugendlichen aus und teilt dies dem Bundesamt
mit bzw. erhält das Bundesamt Kenntnis von einer Mittei-
lung des öffentlichen Trägers der Jugendhilfe, so ist der An-
trag auf Direktzahlung an den entsprechenden Leistungsan-
bieter abzulehnen. Tritt ein Ablehnungsgrund nachträglich
ein oder wird dem Bundesamt ein Ablehnungsgrund nach-
träglich bekannt, so soll eine bereits erfolgte Bewilligung mit
Wirkung für die Zukunft aufgehoben werden. Bewilligt das
Bundesamt den Antrag auf Direktzahlung gegenüber dem
Leistungsberechtigten, so überweist es die bewilligte Zah-
lung mit befreiender Wirkung für den Leistungsberechtigten
direkt auf das Konto des ausgewählten Anbieters.

Zu Absatz 2d

Abweichend vom Regelfall des Absatzes 2c regelt Absatz 2d,
dass die Familienkasse die Erbringung der Teilhabeleis-
tungen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe e durch
personalisierte Gutscheine vornimmt, wenn im gesamten
Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Familienkasse für Be-
rechtigte nach dem SGB II die entsprechenden Teilhabeleis-
tungen nach § 28 Absatz 6 des Zweiten Buches Sozialgesetz-
buch durch Gutschein erbracht werden. Damit wird in diesen
Fällen eine einheitliche Abwicklung der Erbringung der
Teilhabeleistungen im gesamten Zuständigkeitsbereich der
hand der Anzahl der Wochentage, an denen die Teilnahme
stattfindet. Satz 4 beinhaltet eine gesetzliche Fiktion und be-

jeweiligen Familienkasse für das System des SGB II und des
Kinderzuschlags sichergestellt. In den Fällen des Absatzes 2d

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 43 – Drucksache 17/4095

werden die Leistungen zur Teilhabe am sozialen und kul-
turellen Leben in der Gemeinschaft auf der Grundlage von
Vereinbarungen mit den Leistungsanbietern erbracht. Die
von den Grundsicherungsträgern mit den Leistungsanbietern
geschlossenen Vereinbarungen gelten unter den Vorausset-
zungen des Satzes 1 auch für die Familienkassen und das
Bundesamt. Die Grundsicherungsträger werden insoweit im
Rahmen eines gesetzlichen Auftrags tätig, so dass es keiner
zusätzlichen gesonderten Vereinbarungen zwischen der Fa-
milienkasse und den Leistungsanbietern bedarf. Nur wenn
im gesamten Zuständigkeitsbereich der Familienkasse ent-
sprechende Vereinbarungen durch die Leistungsträger des
SGB II geschlossen wurden, ist gewährleistet, dass die je-
weils zu berücksichtigenden Kinder im Kinderzuschlag ge-
gen Vorlage eines Gutscheins vor Ort auf verlässlicher
Grundlage Leistungsangebote für Bildung und Teilhabe in
Anspruch nehmen können. Nach Satz 2 erfolgt die Ausgabe
der Gutscheine für die Leistungen zur Teilhabe am sozialen
und kulturellen Leben in der Gemeinschaft im Rahmen der
Bewilligung durch die Familienkasse. Der Leistungserfolg
gilt mit der Ausgabe des Gutscheins als eingetreten. Satz 3
bestimmt die entsprechende Anwendung der Regelungen zur
Leistungserbringung durch Gutschein nach dem Zweiten
Buch Sozialgesetzbuch, die Bestimmungen zur Erstellung,
Geltungsdauer und Abrechnung der Gutscheine enthalten.
Abweichend von § 30 Absatz 4 Satz 2 des Zweiten Buches
Sozialgesetzbuch erfolgt die Abrechnung der Gutscheine für
die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Ge-
meinschaft durch das Bundesamt.

Zu Doppelbuchstabe dd

Redaktionelle Änderung, da eine Regelung an anderer Stelle
erfolgt.

Zu Doppelbuchstabe ee

Zu Dreifachbuchstabe aaa

Redaktionelle Änderung.

Zu Dreifachbuchstabe bbb

Zu Vierfachbuchstabe aaaa

Folgeänderung. Die Regelung wird in § 6a Absatz 4 BKGG
eingefügt.

Zu Vierfachbuchstabe bbbb

Die Änderung stellt sicher, dass Leistungen für eintägige
Schulausflüge oder zur Teilhabe am sozialen und kulturellen
Leben in der Gemeinschaft stets vollständig erbracht wer-
den, wenn nicht zu berücksichtigendes Einkommen des Kin-
des und des elterlichen Einkommens zu einer vollständigen
Minderung dieser Leistungen führt.

Zu Buchstabe b (Einfügung der Nummern 1a bis 1c)

Zu Nummer 1a – neu – (§ 7)

Die neu eingefügte Nummer 1a regelt, dass neben der Fami-
lienkasse das Bundesamt für den Zivildienst den Kinder-
zuschlag als Auftragsangelegenheit des Bundes durchführt,
soweit es bei der Erbringung von Leistungen nach den Ab-
sätzen 2a, 2c und 2d vorgesehen ist. Die Aufgabenübertra-
gung erfolgt nach Artikel 87 Absatz 3 Satz 1 Alternative 2
des Grundgesetzes, der neben der Errichtung einer selbstän-

Zu Nummer 1b – neu – (§ 7a)

Die neu eingefügte Nummer 1b beinhaltet eine neue Rege-
lung zur Datenübermittlung. Der neue § 7a Absatz 1 enthält
eine Verpflichtung der Träger des Kinderzuschlags zur ge-
genseitigen Übermittlung von Sozialdaten und stellt damit
eine andere Rechtsvorschrift im Sinne des § 67d SGB X dar.
Die Regelung geht über die allgemeine Befugnis zur Über-
mittlung für die Erfüllung sozialer Aufgaben nach § 69 Ab-
satz 1 Nummer 1 SGB X insofern hinaus, als sie nicht nur
eine Befugnis zur Datenübermittlung enthält, sondern auch
eine entsprechende Verpflichtung. Die Notwendigkeit der
Regelung des Absatzes 1 entsteht durch die Teilung der
Zuständigkeit für die Leistung des Kinderzuschlags auf die
Familienkasse und das Bundesamt. Um eine einheitliche und
reibungslose Aufgabenwahrnehmung sicherzustellen, müs-
sen die beteiligten Leistungsträger eng zusammenarbeiten.
Dies erfordert insbesondere auch den Austausch von Sozial-
daten. Das Kriterium der Erforderlichkeit begrenzt die Be-
fugnis zur Übermittlung, die nur gestattet ist, wenn und
soweit der jeweilige Leistungsträger ohne die Information
seine Aufgaben nicht erfüllen kann. Erforderlich ist insbe-
sondere die Übermittlung von Angaben über die Berechti-
gung auf Leistungen für eintägige Schul- und Kitaausflüge
sowie Leistungen zur Teilhabe am sozialen und kulturellen
Leben.

Der neue § 7a Absatz 2 verpflichtet die Träger der Leistun-
gen des Kinderzuschlags und der Grundsicherung wechsel-
seitig zur Unterrichtung über Informationen, die für die Leis-
tungsgewährung und für deren Abrechnung erheblich sind.
Hierzu gehört unter anderem der Informationsaustausch über
Tatsachen, die darauf hinweisen, dass ein Leistungsanbieter
nicht die erforderliche Eignung, Zuverlässigkeit oder Leis-
tungsfähigkeit besitzt, jugendgefährdende, strafbare oder
verfassungsfeindliche Zielsetzungen verfolgt oder Kindern
und Jugendlichen Zugang zu Medien verschafft, die jugend-
gefährdende, strafbare oder verfassungsfeindliche Inhalte
aufweisen. Darüber hinaus umfasst die Verpflichtung die
Übermittlung von aktuellen Übersichten über nach § 30 Ab-
satz 2 Satz 4 SGB II geschlossene Vereinbarungen mit Leis-
tungsanbietern zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Le-
ben in der Gemeinschaft. Zu den abgeschlossenen Vereinba-
rungen hat der zuständige SGB-II-Träger dem Bundesamt
insbesondere folgende Angaben zu übermitteln: Träger, der
Vereinbarung geschlossen hat; Angaben zum Anbieter; Art
des Angebotes; Höhe der Vergütung/Pauschalvergütung;
Geltungsdauer der Vereinbarung; Kündigungsbedingungen
für Vereinbarung; vereinbarte Zahlungsmodalitäten. Darü-
ber hinaus sind Vertragsanpassungen, Kündigungen von
Vereinbarungen und andere wesentliche Änderungen der
Vereinbarungen den Trägern des Kinderzuschlags unverzüg-
lich mitzuteilen. Zu-dem muss der zuständige SGB-II-Trä-
ger der Familienkasse mitteilen, auf welchem Erbringungs-
weg er die Leistungen zur Teilhabe am sozialen und kulturel-
len Leben nach § 28 Absatz 6 SGB II erbringt.

Zu Nummer 1c – neu – (§ 9)

Die neu eingefügte Nummer 1c trägt der neuen Zuständig-
keit des Bundesamtes zur Entgegennahme der Anträge der
Leistungsberechtigten auf Direktzahlung an Anbieter von
Leistungen zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben
in der Gemeinschaft Rechnung, die neben die bestehende
digen Bundesoberbehörde die Übertragung neuer Aufgaben
auf eine bestehende Bundesoberbehörde ermöglicht.

Zuständigkeit der Familienkassen zur Entgegennahme von
Anträgen nach § 9 Absatz 1 Satz 1 tritt.

Drucksache 17/4095 – 44 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Zu Buchstabe c (Änderung Nummer 2)

Der neue Absatz 5 sieht vor, dass für den Fall der Aufhebung
einer Bewilligung von Leistungen, die durch Gutschein oder
Direktzahlung an Anbieter erbracht werden, auf eine Erstat-
tung dieser Leistungen verzichtet wird.

Im Übrigen handelt es sich um redaktionelle Änderungen.

Zu Buchstabe d (Einfügung Nummer 2a)

Zu Nummer 2a – neu –

Zu Buchstabe a (§ 13)

Folgeänderung.

Zu Buchstabe b (Absatz 1)

Der neue Satz regelt die Zuständigkeit des Bundesamtes für
den Zivildienst zur Entgegennahme der Anträge der Leis-
tungsberechtigten auf Direktzahlungen an Anbieter von
Leistungen zur Bildung und Teilhabe am sozialen und kultu-
rellen Leben in der Gemeinschaft nach § 6a Absatz 2 Satz 1
Nummer 2 Buchstabe e.

Zu Buchstabe c (Absatz 2)

Die Änderungen in Absatz 2 regeln das vorgesehene zwei-
stufige Verfahren bei den Leistungen zur Teilhabe am sozia-
len und kulturellen Leben in der Gemeinschaft nach § 6a Ab-
satz 2 Satz 1 Nummer 2 Buchstabe e. Die Familienkasse
trifft im Rahmen der Entscheidung über den Kinderzuschlag
eine Grundentscheidung über das Bestehen des Anspruchs
auf Leistungen zur Teilhabe am sozialen und kulturellen
Leben in der Gemeinschaft für einen bestimmten Zeitraum.
Bei dieser Entscheidung handelt es sich um einen feststellen-
den Verwaltungsakt, mit dem die Familienkasse vorab eine
verbindliche Entscheidung über das Vorliegen der Vorausset-
zungen für den Anspruch auf die Leistungen des Kinderzu-
schlags zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in
der Gemeinschaft für einen bestimmten Zeitraum trifft. Der
positive Feststellungsbescheid der Familienkasse bindet das
Bundesamt für den Zivildienst für den Zeitraum, für den der
den Teilhabeanspruch feststellende Verwaltungsakt wirksam
ist. Diese Bindung bewirkt, dass es bei der Entscheidung
über den Antrag auf Direktzahlung an Anbieter von Teilha-
beleistungen durch das nach Satz 3 zuständige Bundesamt
keiner eigenständigen Prüfung des Bundesamtes über das
Vorliegen der Voraussetzungen des § 6a Absatz 2 Satz 1
Nummer 2 Buchstabe e mehr bedarf.

Im Übrigen handelt es sich um redaktionelle Änderungen.

Zu Nummer 6 (Artikel 7)

Die Änderung dient der Verwaltungsvereinfachung. Nach
dem bisherigen Entwurf wäre in einigen Fällen eine Neube-
rechnung der Leistungsansprüche ab Beginn des Bewilli-
gungszeitraumes vorzunehmen gewesen, obwohl die Leis-
tung für die mehrtägige Klassenfahrt gesondert vor ihrem
Beginn zu beantragen ist und die zustehende Leistung in ei-
ner Summe erbracht wird. Mit der vorgesehenen Änderung
wird die Hilfebedürftigkeit auf Grund der Aufwendungen für
die mehrtägige Klassenfahrt wie nach der bisherigen Rege-
lung des § 23 Absatz 3 Satz 4 SGB II für die Zukunft geprüft.

Zu Nummer 7 (Artikel 12)

Zu Buchstabe a (Absatz 3)

Die redaktionelle Folgeänderung des § 5 Absatz 1 Num-
mer 2a SGB V ist bereits im bisherigen Entwurf enthalten.

Die vorgesehenen Änderungen in den §§ 221b, 251 und 252
SGB V sind notwendige Folgeänderungen zur Änderung in
Nummer 1 (Änderung des § 26 Absatz 3 SGB II). Das GKV-
FinG sieht in den genannten Vorschriften jeweils einen Ver-
weis auf § 26 Absatz 4 des SGB II vor (s. Beschlussempfeh-
lung des Ausschusses für Gesundheit des Deutschen Bun-
destages, Bundestagsdrucksache 17/3696).

Mit dem vorliegenden Entwurf wird die Absatzbezeichnung
in § 26 SGB II neu nummeriert. Der bisherige Absatz 4 wird
zum neuen Absatz 3. Die in den geänderten Vorschriften des
SGB V enthaltenen Verweise auf den bisherigen § 26 Ab-
satz 4 SGB II müssen dementsprechend angepasst werden.

Zu Buchstabe b (Absatz 4)

Redaktionelle Klarstellung des Änderungsbefehls. Der Ort
der Änderung wird klar bestimmt. § 58 Absatz 1 Satz 1
Nummer 6 Buchstabe d des Sechsten Buches Sozialgesetz-
buch in der Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes 2011 ent-
hält das Wort „oder“ zweimal.

Zu Buchstabe c (Anfügung Absatz 8)

Redaktionelle Anpassung an den Begriff des Leistungsbe-
rechtigten im SGB II.

Zu Nummer 8 (Artikel 13 – neu)

Die Bekanntmachung des seit Inkrafttreten zum 1. Januar
2005 mehrfach geänderten Wortlautes des Zweiten Buches
Sozialgesetzbuch dient der Rechtsklarheit.

Zu Nummer 9 (Artikel 14 – neu)

Folgeänderung zu Nummer 4.

Berlin, den 1. Dezember 2010

Gabriele Hiller-Ohm
Berichterstatterin

t mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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