BT-Drucksache 17/4070

zu dem Antrag der Abgeordneten Karin Binder, Ralph Lenkert, Dr. Barbara Höll, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -17/3432- Ungefährliche und klimaschonende Kältemittel in Kfz-Klimaanlagen verwenden

Vom 2. Dezember 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4070
17. Wahlperiode 02. 12. 2010

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (16. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Karin Binder, Ralph Lenkert, Dr. Barbara Höll,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 17/3432 –

Ungefährliche und klimaschonende Kältemittel in Kfz-Klimaanlagen
verwenden

A. Problem

Mit dem Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert werden,

1. sicherzustellen, dass Kältemittel in Kfz-Klimaanlagen bei Neuwagen ab dem
1. August 2011

– keine Stoffe enthalten, die in ihrer ursprünglichen Zusammensetzung oder
infolge von Reaktionen die menschliche Gesundheit gefährden, d. h.
brennbar, toxisch oder ätzend sind,

– chemisch reaktionsträge sind,

– einen GWP-Wert (GWP: Global Warming Potential) unter 150 aufweisen
und

– keine nachteiligen Auswirkungen auf die Umweltmedien Wasser, Boden
und Luft haben und

2. sich dafür einzusetzen, dass die Richtlinie 2006/40/EG des Europäischen Par-
laments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Emissionen aus Klimaanlagen
in Kraftfahrzeugen und zur Änderung der Richtlinie 70/156/EWG des Rates
so geändert wird, dass Kältemittel mit einem GWP-Wert größer als 150 bis
zum 31. Juli 2011 in Neuwagen weiter verwendet werden dürfen.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD.
C. Alternativen

Keine.

D. Kosten

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Drucksache 17/4070 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/3432 abzulehnen.

Berlin, den 10. November 2010

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Eva Bulling-Schröter
Vorsitzende

Christian Hirte
Berichterstatter

Frank Schwabe
Berichterstatter

Dr. Lutz Knopek
Berichterstatter

Ralph Lenkert
Berichterstatter

Dorothea Steiner
Berichterstatterin

Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der sichtserklärungen der Europäischen Union bei neuen Fahr-

Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD empfohlen, den
Antrag auf Drucksache 17/3432 abzulehnen.

Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

zeugtypen, nicht bei neuen Fahrzeugen, dies etwa im Jahr
2017 vorzuschreiben. Insofern seien die Fristen zu kurz.

Die Fraktion der FDP merkte an, wenn es sich die Politik
zur Aufgabe mache, auf Grund von übergeordneten Erwä-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/4070

Bericht der Abgeordneten Christian Hirte, Frank Schwabe, Dr. Lutz Knopek, Ralph
Lenkert und Dorothea Steiner

I. Überweisung

Der Antrag auf Drucksache 17/3432 wurde in der 68. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 28. Oktober 2010 zur
federführenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt, Na-
turschutz und Reaktorsicherheit und zur Mitberatung an den
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie, den Ausschuss
für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, den
Ausschuss für Gesundheit sowie den Ausschuss für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Mit dem Antrag soll die Bundesregierung aufgefordert wer-
den,

1. sicherzustellen, dass Kältemittel in Kfz-Klimaanlagen
bei Neuwagen ab dem 1. August 2011

– keine Stoffe enthalten, die in ihrer ursprünglichen Zu-
sammensetzung oder infolge von Reaktionen die
menschliche Gesundheit gefährden, d. h. brennbar,
toxisch oder ätzend sind,

– chemisch reaktionsträge sind,

– einen GWP-Wert unter 150 aufweisen und

– keine nachteiligen Auswirkungen auf die Umwelt-
medien Wasser, Boden und Luft haben und

2. sich dafür einzusetzen, dass die Richtlinie 2006/40/EG
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai
2006 über Emissionen aus Klimaanlagen in Kraftfahr-
zeugen und zur Änderung der Richtlinie 70/156/EWG
des Rates so geändert wird, dass Kältemittel mit einem
GWP-Wert größer als 150 bis zum 31. Juli 2011 in Neu-
wagen weiter verwendet werden dürfen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen
die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD
empfohlen, den Antrag auf Drucksache 17/3432 abzulehnen.

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz hat mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimment-
haltung der Fraktion der SPD empfohlen, den Antrag auf
Drucksache 17/3432 abzulehnen.

Der Ausschuss für Gesundheit hat mit den Stimmen der

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der SPD empfohlen, den Antrag auf Drucksache
17/3432 abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit hat den Antrag auf Drucksache 17/3432 in seiner 26. Sit-
zung am 10. November 2010 abschließend beraten.

Die Fraktion der CDU/CSU erklärte, dass unter techni-
schen Gesichtspunkten der Antrag durchaus seine berechtig-
ten Ansätze habe. Allerdings gebe es jenseits der reinen
Technik auch andere notwendige, praktische Erwägungen,
nämlich diejenigen der wirtschaftlichen und politischen
Umsetzbarkeit. Zu der politischen Umsetzbarkeit habe das
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit hinreichend Stellung genommen. Wirtschaftlich
müsse man darauf hinweisen, dass sich alle anderen Auto-
mobilländer de facto für das Mittel R 1234yf entschieden
hätten und nicht für die CO2-Technologien. Deutschland
würde, wenn es überhaupt technisch und politisch möglich
wäre, einen Alleingang wagen, was wirtschaftlich für die
deutsche Automobilindustrie nicht sinnvoll sei, weil paralle-
le technologische Systeme in den Werkstätten vorgehalten
werden müssten. Dies werde die Absatzmöglichkeiten für
die deutsche Automobilindustrie gefährden. Zur Frage der
Sicherheit gebe es umfangreiche Untersuchungen. Anders
als dargestellt, gebe es auch eine Unbedenklichkeitsbeschei-
nigung des TÜV, wonach die Nutzung von 1234yf dem
Grunde nach genauso sicher sei, wie die bisher genutzten
Kältemittel. Ein Schadeneintritt sei absolut unwahrschein-
lich. Es bleibe festzuhalten, dass der Antrag der Fraktion
DIE LINKE. abzulehnen sei. Die Klimaverträglichkeit des
Kältemittels R 1234yf entspreche in etwa dem von CO2. Der
Einsatz sei so sicher, wie das bisherige Mittel R 134a. Es
handele sich bei dem neuen Kältemittel um ein weltweit ak-
zeptiertes Kältemittel. Eine nationale Insellösung aber wür-
de zu Problemen für einheimische Produkte führen.

Die Fraktion der SPD begrüßte, dass anlässlich des Antra-
ges eine Debatte geführt werde. Es sei in der Tat nicht ein-
sichtig, warum es das Kältemittel R 1234yf in Deutschland
geben solle, wenn auch Kohlendioxid als Kältemittel einge-
setzt werden könne. Die Risiken seien deutlich geringer. Ein
Wettbewerbsnachteil für deutsche Autos sei nicht erkennbar.
In den Automobilen würden auch derzeit verschiedene Tech-
nologien eingesetzt. Insofern sei dies auch im vorliegenden
Fall möglich. Die Fraktion werde sich aber wegen der zu
kurzen Übergangsfristen der Stimme enthalten. Es gebe Ab-
hat mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und

gungen im Interesse des Klimaschutzes verbindliche Vor-
schriften zu machen, sei das in Ordnung. Wenn aber ein Rah-

scheinlichkeit eines Schadenereignisses höher sei als in der
Diskussion dargestellt. Aus dem Datenblatt des Herstellers
stamme die Empfehlung, im Brandfall einen Chemieschutz-
anzug zu tragen und mit einem umgebungsluftunabhängigen
Atemschutzgerät zu löschen. In Verbindung mit Wasser ent-
stehe ein Gas, eine Umwandlung in Flusssäure, die die Lun-
ge verätze. In der Lunge sei schon Wasser vorhanden, d. h.
die Flusssäure entstehe direkt in der Lunge. Dieses Risiko sei
hoch und vermeidbar, weil es Alternativen gebe, dieses
Risiko von vornherein auszuschließen. Die Hersteller von
Klimaanlagen hätten auf Grund der EU-Verordnung 2007
Klimaanlagen für Pkw entwickelt und systematisch fertig-
gestellt. Sie seien erprobt worden und dann habe die Autoin-
dustrie überraschend erklärt, diese Klimaanlagen nicht ein-
setzen zu wollen. Eine kurze Übergangsfrist sei möglich,
weil die Technik vorhanden sei, sie müsse nur in Serie ge-

renabwehr ein umgebungsluftunabhängiges Atemgerät ein-
zusetzen und Chemieschutzanzüge zu tragen seien, sei eine
Verharmlosung durch die unbelegte Annahme einer seltenen
Wahrscheinlichkeit unverantwortlich. Im Gegensatz zur
Fraktion der SPD vertrat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN die Auffassung, gänzlich auf die Übergangsfris-
ten zu verzichten, denn die technischen Gegebenheiten lägen
vor. Auf dem Gebiet der Vorsorge und Gefahrenabwehr sei
weit mehr als nur das Nötigste erforderlich.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit beschloss mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimment-
haltung der Fraktion der SPD, dem Deutschen Bundestag zu
empfehlen, den Antrag auf Drucksache 17/3432 abzulehnen.

Berlin, den 10. November 2010

Christian Hirte
Berichterstatter

Frank Schwabe
Berichterstatter

Dr. Lutz Knopek
Berichterstatter

Ralph Lenkert
Berichterstatter

Dorothea Steiner
Berichterstatterin
Drucksache 17/4070 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

men vorgegeben werde und die Industrie sich für eine
Lösung innerhalb des Rahmens entscheide, dann sei das
auch in Ordnung. Ob es mittel- und langfristig eine sinnvolle
Entscheidung sei, werde nicht zuletzt der Kunde entschei-
den. Wenn fürchterliche Szenarien gemalt würden, was bei
Unfällen durch Verbrennungsprozesse mit R 1234yf passie-
ren könne, dann muss man sich die Substanz Tetrafluorpro-
pen, einen Kohlenwasserstoff, der vierfach fluoriert sei, näher
anschauen. R 134a sei ein Tetrafluorethan, ein Kohlenwas-
serstoff, der vierfach fluoriert sei. Propen, auch als Propylen
bekannt, sei ein farbloses brennbares Gas. Ethan sei ein farb-
und geruchloses Gas, das vor allem zu Heiz- und Verbren-
nungszwecken genutzt werde. Auszugehen sei davon, dass
das Brennbarkeitspotential von Tetrafluorethan und Tetra-
fluorpropen in etwa gleich sei. Mit Tetrafluorethan existier-
ten jahrzehntelange Erfahrungen in Millionen von Autos.
Die in diesem Zusammenhang von der Deutschen Umwelt-
hilfe gemalten Szenarien seien aber nicht eingetreten. Es
gebe keinen Grund anzunehmen, dass das bei Tetrafluor-
propen grundsätzlich anders sei.

Die Fraktion DIE LINKE. verwies darauf, dass die Wahr-

hen. Die Übergangsfrist sei auch deshalb machbar, weil sie
sich auf neue Fahrzeugtypen beziehe. Im Extremfall müsse
die Autoindustrie allenfalls die Serienreife einiger Fahrzeug-
typen etwas nach hinten verschieben. Es sei verantwortungs-
los, ein Risiko einzugehen, unabhängig davon, wie hoch
man es bewertet, wenn Alternativlösungen bestünden.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kritisierte die
Bereitschaft der deutschen Autoindustrie, das Innovations-
potential auszubauen und umzusetzen. Alles bewege sich
mit einer gewissen Prozessträgheit bei Planung, Forschung
und Entwicklung. Die Elektromobilität sei verschlafen wor-
den. Gleiches gelte offenbar auch für Sicherheitsaspekte. Es
habe einen guten Grund, dass die EU eine Neuregelung pla-
ne und die Grenzwerte deutlich strenger setzen wolle. Die
Argumentation der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
relativiere die Notwendigkeit für die Grenzwerte in der
EU- Richtlinie und gehe pauschal davon aus, alles sei in
Ordnung, wie das die deutsche Autoindustrie mache. Ge-
sundheitsgefahren würden damit ignoriert. Wenn selbst
Honeywell im eigenen Datenblatt angebe, dass zur Gefah-

t mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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