BT-Drucksache 17/400

Klage von Vattenfall gegen Deutschland

Vom 6. Januar 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/400
17. Wahlperiode 06. 01. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Oliver Krischer, Hans-Josef Fell, Cornelia Behm, Bettina
Herlitzius, Winfried Hermann, Ulrike Höfken, Dr. Anton Hofreiter, Sylvia
Kotting-Uhl, Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff,
Dorothea Steiner, Markus Tressel, Daniela Wagner, Dr. Valerie Wilms und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Klage von Vattenfall gegen Deutschland

Im April 2009 hat der schwedische Staatskonzern Vattenfall AB die Bundes-
republik Deutschland vor dem Washingtoner Schiedsgericht für Investitions-
streitigkeiten (ICSID) verklagt. Ursache des Streits sind die umweltrechtlichen
Auflagen, die von der Hamburger Senatsverwaltung bei der Genehmigung des
Kohlekraftwerks in Hamburg-Moorburg auferlegt wurden.

Laut in der Presse zitierten Auszügen aus der Klageschrift bewerte Vattenfall
AB das Verhalten des Hamburger Senats als „unvereinbar mit internationalen
Abkommen“ und verlange von der Bundesrepublik Deutschland eine Kompen-
sationszahlung in Höhe von 1,4 Mrd. Euro plus Zinsen sowie die Übernahme
der Verfahrenskosten.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Was ist das Ziel der Energie-Charta, auf die sich der Vattenfall-Konzern bei
seiner Klage stützt, und welche Verpflichtungen ist die Bundesregierung mit
der Unterzeichnung der Charta eingegangen?

2. Was genau ist Gegenstand der Vattenfall-Klage?

Welche Punkte werden in der Klageschrift konkret benannt?

3. Wie oft wurde Deutschland bislang vor einem Schiedsgericht für Investi-
tionsstreitigkeiten verklagt, was war der jeweilige Grund, wie lautete das
jeweilige Urteil?

4. Wie oft, und aus welchem Grund wurden bislang EU-Staaten von anderen
EU-Staaten oder von in deren Besitz befindlichen Unternehmen auf Grund-
lage der Energie-Charta verklagt?

5. Welche Länder außerhalb der EU sind neben Deutschland aktuell von
Klagen auf Grundlage der Energie-Charta betroffen, und aus welchen Grün-

den?

6. Wäre die Vattenfall-Klage auch auf der Grundlage des nationalen oder des
EU-Rechts denkbar?

Wenn ja, auf welcher Grundlage?

Wenn nein, warum nicht?

Drucksache 17/400 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
7. Trifft es zu, dass im Sommer 2008 ein Treffen mit Vertretern der Vattenfall
AB im Bundeskanzleramt stattgefunden hat, mit dem Ziel, die vom Ham-
burger Senat ausgesprochenen Auflagen „wegzuverhandeln“ (SPIEGEL
ONLINE, 11. Juli 2009)?

8. Welche Linie hat die Bundesregierung in diesem Gespräch vertreten, und
was war das Ergebnis?

9. Wie bewertet die Bundesregierung die vom Hamburger Senat gemachten
Umweltauflagen für das geplante Kraftwerk in Hamburg-Moorburg vor
dem Hintergrund der Klage vor dem ICSID?

10. Wie bewertet die Bundesregierung die von Greenpeace eingereichte Be-
schwerde nach den OECD-Leitsätzen (OECD: Organisation für wirtschaft-
liche Zusammenarbeit und Entwicklung) für multinationale Unternehmen?

11. Teilt sie die Ansicht, dass das Betreiben des ICSID-Verfahrens durch Vat-
tenfall AB gegen die OECD-Leitsätze verstößt?

12. Welche Bedeutung hat für die Bundesregierung die Tatsache, dass die
Vattenfall AB sich zu 100 Prozent im Besitz des Staates Schweden be-
findet, also einem EU-Mitgliedstaat, der zudem bis Ende Dezember 2009
die EU-Ratspräsidentschaft stellte?

13. Was hat die Bundesregierung unternommen, um den Streitfall zu lösen?

Haben darüber insbesondere Gespräche mit der schwedischen Regierung
stattgefunden?

Wenn ja, wann, und mit welchen Ergebnissen?

14. Teilt die Bundesregierung die von Umweltverbänden geäußerte Sorge,
dass ein Urteil oder allein schon die Androhung von Forderungen in Mil-
liardenhöhe die Umsetzung umweltrechtlicher Auflagen in Genehmi-
gungsverfahren künftig erschweren würde?

15. Was unternimmt die Bundesregierung, um dies zu verhindern?

16. Sieht die Bundesregierung die Gefahr des Unterlaufens von nationalen
Klimaschutzstandards, falls die Klage von Vattenfall AB ganz oder teil-
weise erfolgreich sein sollte?

17. Mit welchen Schadenersatzzahlungen bzw. Strafzahlungen müssten die
Bundesrepublik Deutschland bzw. das Land Hamburg im Falle einer
Niederlage vor dem ICSID rechnen?

18. Beabsichtigt die Bundesregierung das Land Hamburg in Regress zu neh-
men, falls die Klage von Vattenfall AB ganz oder teilweise erfolgreich sein
und die Bundesrepublik Deutschland zu einer Zahlung verurteilt werden
sollte?

19. Wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage?

Welche Rolle spielt dabei, dass das Land Hamburg die umweltrechtlichen
Auflagen in Umsetzung von Europa- und Bundesrecht erteilen müsste?

Berlin, den 6. Januar 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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