BT-Drucksache 17/3898

Offene Fragen zur Ankündigung der Einführung einer Finanzierung von Programmkostenpauschalen im Rahmen von BMBF-geförderten Projekten

Vom 23. November 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/3898
17. Wahlperiode 23. 11. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten René Röspel, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. Hans-Peter Bartels,
Klaus Barthel, Willi Brase, Ulla Burchardt, Petra Ernstberger, Michael Gerdes,
Iris Gleicke, Klaus Hagemann, Oliver Kaczmarek, Daniela Kolbe (Leipzig),
Ute Kumpf, Thomas Oppermann, Florian Pronold, Marianne Schieder
(Schwandorf), Swen Schulz (Spandau), Andrea Wicklein, Dagmar Ziegler,
Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Offene Fragen zur Ankündigung der Einführung einer Finanzierung von
Programmkostenpauschalen im Rahmen von BMBF-geförderten Projekten

Am 5. Oktober 2010 kündigte die Bundesministerin für Bildung und Forschung,
Dr. Annette Schavan, an, in der Debatte über die dringend notwendige Erhöhung
des BAföG und die Verabschiedung des BAföG-Änderungsgesetzes den Bun-
desländern dahingehend entgegenkommen zu wollen, dass man im Rahmen der
Projektförderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF)
für Forschungsprojekte an Hochschulen eine Overhead-Finanzierung (auch als
Programmkostenpauschale/Projektkostenpauschale bezeichnet) mit einem Ge-
samtvolumen von 180 Mio. Euro über zwei Jahre einführen wolle.

Die Fraktion der SPD begrüßt ausdrücklich, dass Bundesforschungsministerin
Dr. Annette Schavan bereit war, zusätzliche Mittel des Bundes zu nutzen, um
die BAföG-Erhöhung endlich gegen die Widerstände der unionregierten Län-
der durchzusetzen. Gleichzeitig ergeben sich aus der nun geplanten Lösung
zahlreiche Fragen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Von welchen finanziellen Belastungen für den Bund geht die Bundesregie-
rung hinsichtlich der langfristigen Kostenentwicklung für die angekündigten
Programmkostenpauschalen über die für 2011 (ca. 60 Mio. Euro für 10 Pro-
zent Overhead) und 2012 (ca. 120 Mio. Euro für 20 Prozent Overhead) zu-
gesagten Mittel hinaus bis 2020 aus?

2. In welchem Umfang soll die Projektförderung des Bundes im Haushalt 2011
aufgestockt werden, um dieses Förderinstrument – bei erfreulicher Gewäh-
rung einer zehnprozentigen Programmpauschale für Hochschulen – nomi-
nell auf dem gleichen Niveau wie im Entwurf für den Bundeshaushalt 2011

fortführen zu können?

3. Aus welchem Haushaltstitel sollen die 60 Mio. Euro für 2011 finanziert wer-
den (bitte um Übersichtsdarstellung nach Haushaltstiteln und Höhe der Pro-
grammpauschalen)?

Drucksache 17/3898 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

4. Ist es aus Sicht des BMBF mittelfristig wünschenswert, dass die prozentual
anteilige Finanzierung von Infrastrukturen für Forschungsprojekte im Rah-
men der Programmkostenpauschalen auf mehr als 20 Prozent ansteigt?

5. Inwieweit ist im Sinne einer Gesamtkonzeption vorgesehen, die Pro-
grammpauschalen im Bereich des BMBF auch auf weitere Einzelpläne
auszuweiten?

6. Wäre es aus Sicht der Bundesregierung denkbar, eine weitere Erhöhung
des BAföG (bzw. genauer: des Länderanteils im Rahmen einer weiteren
Erhöhung) durch eine Ausweitung der Finanzierung der Programmkosten-
pauschalen im Rahmen von BMBF-geförderten Projekten querzufinanzie-
ren, und wenn nein, aus welchen Gründen nicht?

7. Hält die Bundesregierung eine solche Querfinanzierung des Länderanteils
durch den Bund grundsätzlich für sinnvoll, und mit welcher Begründung?

8. Inwieweit ist nach Artikel 91b des Grundgesetzes und nach der Föderalis-
musreform II von den Hochschulen ein Mindesteigenanteil (in der Regel
durch die Bereitstellung der Infrastruktur und ggf. etatisiertes Personal) bei
der Projektförderung zu erbringen?

9. Ist geplant, im Haushalt 2012 einen eigenen Titel für die Kosten in Höhe
von 120 Mio. Euro für die Programmkostenpauschalen einzurichten?

10. Für welche Projekte bzw. Programme des BMBF ist die Einführung der
Programmkostenpauschale geplant?

11. Welche projektbezogenen Ausgaben (wie z. B. Personalkosten, Investitio-
nen oder beantragte Mittel) können und sollen durch die geplanten Pro-
grammpauschalen für Universitäten im Einzelnen in der Projektförderung
auf der Grundlage der Bundeshaushaltsordnung abgedeckt bzw. anerkannt
werden und die Basis für die Berechnung der jeweiligen Programmpau-
schalen bilden?

12. Gilt die geplante Programmkostenpauschale auch für Projekte des BMBF
an Fachhochschulen oder nur an Universitäten, und wenn Fachhochschulen
nicht in Genuss dieser Förderung kommen, warum diese nicht?

13. Ist es richtig, dass der Bund über die geplante Programmkostenpauschale
faktisch einen Teil der Infrastruktur an Hochschulen in den Ländern finan-
ziert, und plant die Bundesregierung weitere (finanzielle) Angebote an die
Länder mit dem Ziel, den Anteil des Bundes an der Finanzierung von Bil-
dungs- und Forschungsinfrastrukturen zu erhöhen?

14. Welche Gründe sprechen aus Sicht der Bundesregierung dafür, dass diese
Form der Infrastrukturfinanzierung nicht unter das grundgesetzliche Ko-
operationsverbot fällt?

15. Ist es richtig, dass das BMBF in Förderanträgen für Hochschulen von die-
sen im Rahmen der Projektförderung abfordert, dass sie einen mindestens
zehnprozentigen Anteil für Infrastrukturkosten und die Grundausstattung
beisteuern, und wie verhält sich diese Forderung zur nun geplanten Pro-
grammkostenpauschale, die darauf hinauslaufen würde, dass einerseits ein
Infrastrukturanteil der Hochschule abgefordert wird, dieser jedoch gleich-
zeitig zu 10 bzw. 20 Prozent durch den Bund mitfinanziert werden soll?

16. Ist es richtig, dass eine pauschale Gewährung einer Programmkosten-
pauschale aufgrund der unterschiedlichen Stärke der Universitäten im Be-
reich der Projektförderung des Bundes automatisch dazu führen wird, dass
die geplanten 180 Mio. Euro (in 2010 und 2011) nicht entsprechend der
Mehrkosten im Bereich BAföG auf die Länder verteilt werden können, und

falls nein, wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass die Kompen-
sation für die BAföG-Erhöhung in entsprechender Höhe (und also der

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/3898

Mehrkosten im Bereich BAföG für die jeweiligen Bundesländer) auf die
Bundesländer im Rahmen der Programmkostenpauschale verteilt werden?

17. Welche Hochschulen erhalten Projektfördermittel des Bundes in welcher
Höhe (bitte um Darstellung nach Hochschule sowie nach Bundesland)?

18. Verfügt die Bundesregierung über eine Übersicht, in welchen Bereichen
bisher die Länder Infrastruktur- und Grundausstattungsangebote für ein-
zelne Forschungsprojekte finanzieren, und wie soll – sofern diese Über-
sichten auf Seiten des Bundes nicht bekannt sind – sichergestellt werden,
dass die Finanzierung der Programmkostenpauschalen durch den Bund
konkret den Forschungsprojekten und nicht der allgemeinen Infrastruktur
an Hochschulen zugute kommen wird?

19. Inwieweit ist vorgesehen, auch gemeinnützige Forschungseinrichtungen
und Ressortforschungseinrichtungen Programmpauschalen zu gewähren?

20. Inwieweit sollen bei Verbundvorhaben von Hochschulen mit außeruniver-
sitären Forschungsinstituten und/oder Unternehmen anteilig die Pro-
grammpauschalen an die Universitäten gewährt werden?

21. Wie soll eine Benachteiligung von Nicht-Hochschul-Projekten z. B. in der
unternehmensgetriebenen Forschung von kleinen und mittleren Unterneh-
men durch die Projektpauschalen vermieden werden?

22. Welche Folgen haben die Programmpauschalen für Einzelprogramme wie
z. B. den Spitzencluster–Wettbewerb, bei denen die Förderquote – z. B. in
Summe 50 Prozent der Gesamtausgaben – gedeckelt ist?

Welche Folgen haben die geplanten Programmpauschalen für Hochschulen
in diesem Bereich für die Gesamtfinanzierungsstruktur und die nicht hoch-
schulischen Partner?

23. Geht die Bundesregierung davon aus, dass die Länder die vollen 160 Mio.
Euro für zwei Jahre zugunsten des Ausbaus des BAföG umschichten wer-
den?

24. Welche Maßnahmen plant der Bund, wenn Länder unter Verweis auf die
gefundene Regelung mit dem Bund stärker ihre Mittel für die Hochschulen
kürzen, als es nach dem Kompensationsangebot über die Programmkosten-
pauschalen entsprechend angemessen wäre?

25. Besteht nach Auffassung der Bundesregierung die Gefahr, dass besonders
forschungsstarke Universitäten durch die Neuregelung zusätzliche Finanz-
mittel erwarten können, während Hochschulen, die keine oder nur wenige
Projektfördermittel des Bundes erhalten, durch die Neuregelung weniger
Geld zur Verfügung haben werden, und wie gedenkt die Bundesregierung
dies zu verhindern, bzw. wenn nein, warum nicht?

26. Hat das BMBF im Vorfeld der Sitzung des Vermittlungsausschusses zum
BAföG-Gesetz den Plan zur Einführung einer Programmkostenpauschale
für BMBF-geförderte Projekte durchgerechnet, und welche Auswirkungen
haben sich nach diesen Berechnungen für die einzelnen Bundesländer erge-
ben?

27. Inwieweit schließen bestehende EU-Notifizierungen für einige BMBF-Pro-
jektförderbereiche eine Programmpauschale explizit aus?

Welche sind dies ggf., und welche Folgen hat dies ggf. für diese Förder-
bereiche und etwaige Programmpauschalen?

Berlin, den 23. November 2010
Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.