BT-Drucksache 17/3894

Berücksichtigung der Bahnstrecke Berlin-Rostock bei der Revision der transeuropäischen Verkehrsnetze

Vom 23. November 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/3894
17. Wahlperiode 23. 11. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hans-Joachim Hacker, Martin Burkert, Sören Bartol,
Uwe Beckmeyer, Petra Ernstberger, Iris Gleicke, Ulrike Gottschalck, Michael Groß,
Gustav Herzog, Johannes Kahrs, Ute Kumpf, Kirsten Lühmann, Thomas
Oppermann, Florian Pronold, Mechthild Rawert, Dr. Frank-Walter Steinmeier
und der Fraktion der SPD

Berücksichtigung der Bahnstrecke Berlin–Rostock bei der Revision
der transeuropäischen Verkehrsnetze

Ziel der Europäischen Union ist die Verbesserung der Wirtschafts- und Ver-
kehrsinfrastruktur mittels Ausbau von Verkehrsstrecken auf Schiene und Straße.
Dafür wurden die transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN-V) geplant, in dem
jedoch die vorrangigen Vorhaben („prioritäre Projekte“) nicht miteinander ver-
knüpft sind, sondern unvermittelt enden. So endet das vorrangige Vorhaben
TEN-22 mit der Schienenverbindung aus Athen in Dresden und das vorrangige
Vorhaben TEN-1 aus Palermo in Berlin. Bei der Überarbeitung des transeuro-
päischen Verkehrsnetzes und der Definition des künftigen „Kernnetzes“ müssen
diese offenkundigen Defizite beseitigt werden.

Dabei sollte das vorrangige Vorhaben TEN-1 über Berlin hinaus nach Rostock
und Kopenhagen weitergeführt und in das TEN-Kernnetz aufgenommen wer-
den. Gemäß der von der EU-Kommission vorgeschlagenen Planungsmethodik
wäre die Verbindung multimodal, d. h. Schiene/Straße, und sie würde die wich-
tigsten Terminals umfassen.

Das würde für ganz Ostdeutschland einen Schub mit sich bringen, von dem die
Wirtschaftsentwicklung profitieren würde. Der Hafen Rostock befindet sich im
Wettbewerb mit anderen Ostseehäfen und hat sich hierbei in den letzten Jahren gut
behauptet. Er wurde seit 1990 umfassend modernisiert. Derzeit wird die Bahn-
strecke Berlin–Rostock mit dem europäischen Sicherungs- und Signalsystem
ERTMS ausgerüstet, in Übereinstimmung mit dem europäischen Plan für die
Umsetzung von ERTMS (vgl. www.ec.europa.eu/transport/rail/interoperability/
ertms).

Die transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN-V) wurden letztmalig durch die Ent-
scheidung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004
grundsätzlich revidiert. Sie bestehen aus dem TEN-V-Gesamtnetz und den
vorrangigen Vorhaben („prioritären Projekten“) und sind in den „TEN-V-Leit-

linien“ festgelegt.

Im Februar 2009 erschien das Grünbuch TEN-V, das eine grundlegende Neu-
ausrichtung der TEN-V-Politik ankündigte. Das künftige transeuropäische Ver-
kehrsnetz soll mehr sein als die Summe der einzelnen Netzwerke der Mitglied-
staaten, es soll zu den klimapolitischen Zielen der EU beitragen, alle
Verkehrsträger umfassen, die „Komodalität“ erleichtern, eine bessere Verkehrs-

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anbindung an die Nachbarn und andere Teile der Welt sicherstellen und aus-
reichend finanziert sein.

Aufbauend auf den Stellungnahmen zum Grünbuch fand bis zum 15. September
2010 eine öffentliche Konsultation statt. Ihre Ergebnisse bilden die Grundlage
eines Legislativvorschlags der Kommission, der gegen Jahresende vorgelegt
und über den in der ersten Jahreshälfte 2011 durch das EU-Parlament und den
Europäischen Rat entschieden werden soll. In der Konsultation wurden unter
anderem Fragen der Planungsmethodik für das Kernnetz sowie der Beitrag der
TEN-V-Planung zu den Zielen der Strategie „Europa 2020“ erörtert.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Ist die vorgeschlagene Planungsmethodik für das Kernnetz (d. h. Auswei-
sung von EU-Hauptstädten und größeren Ballungsräumen als „zentrale
Knoten“, Verbindung dieser Knoten auf kürzestem Weg) nach Auffassung
der Bundesregierung grundsätzlich sachgerecht und damit als Grundlage für
weitere Diskussionen geeignet?

2. Welche Größenordnung von Städten bzw. funktionalen Stadtregionen hält die
Bundesregierung bei der Auswahl der zentralen Knotenpunkte für ein zu-
künftiges Kernnetz im Rahmen der Planungsmethodik für angemessen, nach-
dem die EU-Kommission mehrfach angedeutet hat, dass die o. g. zentralen
Knoten eine gewisse Mindestgröße aufweisen sollten?

3. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung so genannten intermediären
Knotenpunkten im Zusammenhang mit der Verbindung zentraler Knoten bei,
und welche Voraussetzungen müssen intermediäre Knotenpunkte ihrer Auf-
fassung nach erfüllen?

4. Wie ist die Position der Bundesregierung zu der im Rahmen der Planungsme-
thodik diskutierten Ausweisung von sog. Hafenregionen?

5. Welche Rolle spielen nach Einschätzung der Bundesregierung die Bahn-
strecke Berlin–Rostock sowie die anschließenden (Eisenbahn-)Fährlinien
nach Gedser (Dänemark) und Trelleborg (Schweden) im Hinblick auf die
Verbindung der Metropolregionen entlang der Achse Berlin–München–Mai-
land–Palermo (TEN-1) sowie Berlin–Dresden–Prag (TEN-22) einerseits und
Öresund (Kopenhagen–Malmö) andererseits?

6. Welche Aktivitäten hat die Bundesregierung gegenüber der EU und ihren
Organen bisher entfaltet, um die Aufnahme der Bahnstrecke Berlin–Rostock
in das zukünftige Kernnetz sicherzustellen?

7. Welche weiteren Aktivitäten plant die Bundesregierung gegenüber der EU
und ihren Organen, um die Aufnahme der Bahnstrecke Berlin–Rostock, der
parallelen Autobahn 19 und der wichtigsten Terminals in das zukünftige
Kernnetz sicherzustellen?

8. Welchen Standpunkt vertritt die Bundesregierung in der Frage der Berück-
sichtigung von bereits mit EU-Mitteln geförderten Vorhaben bei der Festle-
gung des Kernnetzes, wie z. B. „Motorways of the Sea“?

9. Welchen Standpunkt vertritt die Bundesregierung in der Frage der Berück-
sichtigung sog. ergänzender Infrastrukturmaßnahmen bei der Festlegung des
Kernnetzes?

Berlin, den 23. November 2010

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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