BT-Drucksache 17/3854

Kein Atommüllexport nach Russland

Vom 23. November 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/3854
17. Wahlperiode 23. 11. 2010

Antrag
der Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Hans-Josef Fell,
Bärbel Höhn, Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch, Dr. Hermann Ott,
Dorothea Steiner, Cornelia Behm, Bettina Herlitzius, Winfried Hermann,
Ulrike Höfken, Dr. Anton Hofreiter, Ingrid Nestle, Friedrich Ostendorff,
Markus Tressel, Daniela Wagner, Dr. Valerie Wilms, Kai Gehring und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Kein Atommüllexport nach Russland

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Der geplante Transport von 951 abgebrannten Rossendorf-Brennelemente von
Ahaus in die russische Atomanlage Majak ist sicherheitstechnisch und nicht-
verbreitungspolitisch inakzeptabel. Mit Abschluss des betreffenden deutsch-
russischen Staatsvertrages wären die Standards der deutschen Sicherheitsphilo-
sophie nicht mehr gewährleistet.

Die von der Bundesregierung bislang vorgebrachten Argumente für eine Ent-
sorgung des Rossendorfer Atommülls in Russland, insbesondere auf Bundes-
tagsdrucksache 17/3345, sind nicht tragfähig.

Der den Transport beantragende Verein für Kernverfahrenstechnik und Analy-
tik Rossendorf hat öffentlich bereits eingeräumt, die eigentliche Motivation für
die Entsorgung in Russland sei die Kostenersparnis gegenüber der bisher ge-
planten Zwischen- und Endlagerung in Deutschland.

Der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Dr. Norbert
Röttgen, hat selbst darauf hingewiesen, dass der Majak-Komplex und seine Um-
gebung sanierungsbedürftig sind und erheblicher Anstrengungen zur Sicher-
heitsverbesserung bedürfen (vgl. Schreiben vom 8. Oktober 2010 an die Abge-
ordnete Sylvia Kotting-Uhl). Die Verbringung von Atommüll in eine sanie-
rungsbedürftige Anlage in einer hochgradig verseuchten Gegend ist schon aus
prinzipiellen Sicherheitsaspekten für die in der Region lebenden Menschen
nicht akzeptabel.

Zudem wäre Majak nur das erste in einer Reihe von Problemen. In Russland
gibt es weder ein Endlager für hochradioaktive Abfälle noch ist geklärt, ob und
wann es ein solches geben wird. Außerdem soll der Rossendorfer Atommüll

nicht direkt endgelagert, sondern wiederaufgearbeitet werden. Somit würde der
Transport im Ergebnis zu mehr Atommüll führen, dessen tatsächlicher Verbleib
völlig offen ist.

Bei realistischer Betrachtung ist festzustellen: Ist der Atommüll erst in Russ-
land, verliert die Bundesregierung faktisch die Möglichkeit, die damit verbun-
denen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich durch-
setzen zu können. Im Gegensatz zu einem Verbleib des Atommülls an Ort und

Drucksache 17/3854 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Stelle stellt der Export also nicht nur eine Gefahr für Mensch und Umwelt in
Russland dar, sondern er führt auch zu einer möglichen Gefährdung der inneren
und äußeren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Dies kann nicht Ziel
einer verantwortungsbewussten deutschen Politik sein.

Die Bundesregierung bringt auf Bundestagsdrucksache 17/3345 das Argument
vor, eine hiesige Endlagerung der Rossendorf-Brennelemente sei kein gang-
barer Weg, weil in naher Zukunft in Deutschland kein Endlager für hochradio-
aktive Abfälle zur Verfügung stünde. Die Logik dieses Arguments mutet vor
dem Hintergrund der gerade beschlossenen Laufzeitverlängerungen für alle
deutschen Atomkraftwerke absurd an. Darüber hinaus steht sie im Widerspruch
zu der von der Regierung im Zuge der Laufzeitendebatte getroffenen Fest-
legung, sie gehe wie die Vorgängerregierungen weiterhin davon aus, dass etwa
ab dem Jahr 2035 ein Endlager für hochradioaktive Abfälle zur Verfügung ste-
hen soll. Es ist nicht ersichtlich, warum bei unverändertem Zeithorizont ein seit
zwei Legislaturperioden aus gutem Grund beschrittener Weg plötzlich nicht
mehr gangbar sein sollte.

Für den Rossendorfer Atommüll muss wie für den restlichen deutschen Atom-
müll oberstes Primat die Sicherheit sein. Erreichbar ist dies nur mit deutschen
Sicherheitsstandards.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

● den für den Atommüllexport nötigen Staatsvertrag mit Russland nicht zu
unterzeichnen;

● die Ausfuhr der abgebrannten Forschungsreaktor-Brennelemente nicht zu
genehmigen.

Berlin, den 22. November 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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