BT-Drucksache 17/3651

Biomethan im Verkehrssektor fördern

Vom 10. November 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/3651
17. Wahlperiode 10. 11. 2010

Antrag
der Abgeordneten Dirk Becker, Ulrich Kelber, Gerd Bollmann, Marco Bülow,
Petra Ernstberger, Iris Gleicke, Oliver Kaczmarek, Dr. Bärbel Kofler, Ute Kumpf,
Dr. Matthias Miersch, Thomas Oppermann, Frank Schwabe, Ute Vogt,
Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Biomethan im Verkehrssektor fördern

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Biomasse ist mit einem Anteil von 70 Prozent der größte und gleichzeitig viel-
seitigste Energieträger unter den erneuerbaren Energien: Sie wird sowohl im
Verkehrs- als auch im Strom- und Wärmebereich eingesetzt. Bei der Biomasse-
produktion treten jedoch in einigen Regionen Deutschlands Nutzungskonkur-
renzen zwischen den verschiedenen energetischen Verwendungswegen und der
Nahrungsmittelproduktion auf. Dem Anbau von Nahrungsmitteln muss nach
wie vor Vorrang vor der energetischen Verwendung eingeräumt werden. Bei
der Energieerzeugung aus Biomasse muss sichergestellt sein, dass die Substrate
aus nachhaltigem Anbau stammen. Ein großes Potenzial liegt darüber hinaus in
den Abfall-, Rest- und Koppelprodukten. Sie sollten vermehrt und in Kaska-
dennutzung eingesetzt werden, um eine hoch effiziente Verarbeitung der wert-
vollen Stoffe zu gewährleisten.

Darüber hinaus sind die Förderinstrumente in den drei Energiesektoren Wärme,
Strom und Kraftstoffe zu harmonisieren. Wichtigste politische Entscheidungs-
kriterien hinsichtlich der Verwendung in den einzelnen Energiesektoren sind
die effiziente Nutzung des begrenzten Flächenpotenzials, die energetisch effi-
zienteste Nutzung und der CO2-Reduktionsbeitrag der einzelnen Biomassepro-
dukte.

Nach den im Integrierten Energie- und Klimaprogramm (IEKP) der Bundes-
regierung festgelegten Zielen zur Reduktion des Treibhausgasausstoßes wurde
in der Novelle der Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV) eine Einspeisemenge
von Biomethan in das Erdgasnetz von jährlich 6 Milliarden Kubikmeter bis 2020
und 10 Milliarden Kubikmeter jährlich bis 2030 angestrebt. Bislang liegen die
tatsächlichen Einspeisemengen weit hinter den formulierten Zielen zurück. Ein
wesentlicher Grund hierfür ist die mangelnde Nachfrage nach Biomethan. Es
gilt also Maßnahmen zu ergreifen, um die Absatzmärkte für Biomethan zu be-

leben.

Nach der gekoppelten Verwendung bei der Strom- und Wärmeerzeugung ist die
Nutzung von Biomethan als Kraftstoff besonders effizient und bietet erhebliche
CO2-Reduktionspotenziale. Im Individual- und Güterverkehr schneidet Bio-
methan im Vergleich zu flüssigen, biogenen Kraftstoffen hinsichtlich des Ener-
gieertrags und des CO2-Reduktionspotenzials merklich besser ab. Beim Einsatz

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eines Hektars an Ackerfläche zur Produktion von flüssigen bzw. gasförmigen,
biogenen Kraftstoffen kann ein mit Biomethan betriebener Pkw im Vergleich
zu einem mit Bioethanol betriebenen Fahrzeug eine rund dreimal so lange
Strecke zurücklegen (vgl. Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V.). Ähn-
lich günstige Werte werden bei den Treibhausgasemissionen (Well-to-Wheel,
WTW) erreicht: Während ein mit flüssigen Biokraftstoffen betriebener Pkw
zwischen 111 (Bioethanol) und 95 (Biodiesel) Gramm CO2 äq/km ausstößt,
können die Emissionen eines mit Biomethan betriebenen Fahrzeuges auf bis zu
5 Gramm CO2 äq/km gesenkt werden (Biomethan aus Mist, vgl. dena, Erdgas
und Biomethan im künftigen Kraftstoffmix). Der vermehrte Einsatz von Bio-
methan im Verkehrssektor kann also einen wesentlichen Beitrag zum Klima-
schutz leisten.

Obwohl nachhaltig erzeugtes Biomethan ein sehr hohes CO2-Einsparpotenzial
aufweist, die Fahrzeugtechnik ausgereift und die Unterhaltung eines mit Bio-
methan und Erdgas betriebenen Fahrzeuges kostengünstiger ist als eines mit
einem herkömmlichem Motor, fuhren Ende 2009 nur 85 000 der insgesamt rund
50 Millionen Fahrzeuge mit Erdgas und beigemischtem Biomethan. Der Anteil
des Erdgas-Biomethanmix am Kraftstoffverbrauch liegt bei lediglich ca.
0,3 Prozent. Theoretisch könnten sämtliche Erdgasfahrzeuge bis 2020 mit
reinem Biomethan betrieben werden, bislang geht die Beimischung von Bio-
methan an Erdgastankstellen jedoch nur schleppend voran. Es ist daher nötig,
gezielte Anreize zur Nachfrageerhöhung zu setzen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung deshalb auf,

zur Förderung von Biomethan als Kraftstoff im Verkehrssektor

● die Preisauszeichnung aller Kraftstoffarten an Tankstellen von Kilogramm
auf Kilowattstunden umzustellen. Dazu bedarf es einer Novelle des Eichge-
setzes dahingehend, dass auch der Energiegehalt verbindlich geeicht mess-
bar ist. Somit kann der Endverbraucher die Erdgas- bzw. Biomethanpreise
direkt mit anderen Kraftstoffarten vergleichen;

● spätestens im Rahmen der für 2011 angekündigten Fortschreibung der
Kraftstoffstrategie der Bundesregierung sicherzustellen, dass Biomethan ab
2016 mit Erdgas (Compressed Natural Gas – CNG) als Kraftstoff steuerlich
mindestens gleichgestellt wird;

● die künftige Energiebesteuerung des höhere Schadstoffwerte als Erdgas auf-
weisenden Flüssiggases (Liquified Petroleum Gas – LPG) zu prüfen;

● eine Verpflichtung einzuführen, wonach bei der Auszeichnung des Energie-
verbrauchs von Fahrzeugen (Energielabel) auch die Gesamtbilanz des Kraft-
stoffs aufgeführt werden muss;

● eine Verdopplung des Anrechnungsfaktors im Biokraftstoffquotengesetz bis
2015 einzuführen, um der besseren Klimabilanz von Biomethan Rechnung
zu tragen;

● die ertragsteuerliche Berücksichtigung der Fahrzeugnutzung zu überdenken.
Die Besteuerung des privaten Nutzungsanteils von Dienstwagen und der
Betriebsausgabenabzug von Firmenwagen sind stärker an ökologischen Ge-
sichtspunkten auszurichten;

● die spezifischen Belange von Biomethan als Kraftstoff in der deutschen Um-
setzung der EU-Richtlinie 2009/33/EG für die Beschaffung von sauberen
Fahrzeugen zu berücksichtigen, zum Beispiel durch die Anrechnung der Ge-
samtbilanz von Biokraftstoffen in der Umsetzung der EU-Richtlinie in deut-
sches Recht;

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● Anreize für Automobilhersteller zu schaffen, um Fahrzeuge mit Biomethan
zu vermarkten, beispielsweise durch Anrechnung auf den Flottendurch-
schnitt für CO2-Emissionen;

● Maßnahmen zu ergreifen, um den Anteil von Biomethan in Erdgastankstel-
len zu erhöhen;

● eine Informationskampagne über die Klimafreundlichkeit von biomethanbe-
triebenen Fahrzeugen zu starten.

Berlin, den 9. November 2010

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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