BT-Drucksache 17/3598

Maßnahmen gegen krebserregende und erbgutschädigende Stoffe in Kinderspielzeugen

Vom 1. November 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/3598
17. Wahlperiode 01. 11. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Nicole Maisch, Bärbel Höhn, Cornelia Behm, Ulrike Höfken,
Undine Kurth (Quedlinburg), Friedrich Ostendorff, Markus Tressel und der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Maßnahmen gegen krebserregende und erbgutschädigende Stoffe
in Kinderspielzeugen

Seit mehreren Jahren erhalten Spielwaren bei Sicherheitsüberprüfungen von
Produkten besonders viele Beanstandungen. Aufgrund zahlreicher Spielzeug-
skandale wurde die EU-Spielzeugrichtlinie Ende 2008 überarbeitet. Statt der
erhofften Verbesserungen bei Grenzwerten von Schadstoffbelastungen, ist die
Richtlinie nach wie vor unzureichend, besonders hinsichtlich der polyzykli-
schen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAKs) in Kinderspielzeugen. Die
gesetzlichen Grenzwerte für Weichmacher sind nicht mehr auf dem neuesten
Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hatte am 14. Oktober 2009 in
seiner Stellungnahme kritisiert, dass die in Spielzeugen gemessenen Werte von
Weichmachern wie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), die
als unbedenklich geltenden Mengen, teilweise um das Hundertfache über-
steigen. Das BfR verwies darauf, dass zahlreiche PAKs in begründeten Ver-
dacht stehen, erbgutverändernd zu wirken, Krebs zu erzeugen und die Fort-
pflanzung zu beeinträchtigen. Die BfR-Studie belegte auch, dass es technisch
möglich ist, Spielzeug ohne krebserregende Weichmacher und Ruße herzu-
stellen.

Die auf Initiative der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN initiierte Anhörung
zur Spielzeugrichtlinie im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie des Deut-
schen Bundestages am 17. Mai 2010 kam ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die
Richtlinie Kinder nicht ausreichend vor giftigen Stoffen schützt und hinter den
aktuellen Erkenntnissen und dem technisch Machbaren zurückbleibt.

Die Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz,
Ilse Aigner, hat wiederholt erklärt, man wolle sich auf EU-Ebene für eine
Nachbesserung der Grenzwerte bestimmter Stoffe in der EU-Spielzeugrichtlinie
einsetzen. Falls die Richtlinie nicht überarbeitet würde, kündigte die Bundes-
ministerin einen nationalen Alleingang an. Die überarbeitete EU-Spielzeug-
richtlinie 2009/48/EG muss bis spätestens Juli 2011 in nationales Recht umge-

setzt werden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche nationalen Regelungen werden hinsichtlich von Schwermetallen
und Schadstoffen in Spielzeugen in anderen europäischen Mitgliedstaaten
getroffen?

Drucksache 17/3598 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

2. An welchen Stellen hält die Bundesregierung die Spielzeugrichtlinie für
überarbeitungsbedürftig, und für welche Stoffe sollten die Grenzwerte ver-
schärft werden?

3. Wann ist mit einer Novellierung der Spielzeugrichtlinie auf EU-Ebene zu
rechnen?

4. Wann genau werden – wie von der Bundesministerin für Ernährung, Land-
wirtschaft und Verbraucherschutz, Ilse Aigner, in der Presse angekündigt –
das nationale Importverbot für Spielzeuge mit krebserregenden Stoffen
sowie nationale Grenzwerte für Schadstoffe in Spielzeugen auf den Weg
gebracht?

5. Falls die kurzfristige Umsetzung der Reduktion der Grenzwerte auf euro-
päischer Ebene nicht möglich ist, welche weiteren nationalen Alternativen
zieht die Bundesregierung in Betracht, um zeitnah Sicherheit für die Bürger
zu schaffen?

6. Wie bewertet die Bundesregierung die Möglichkeit einer verpflichtenden
unabhängigen Drittprüfung für Spielzeuge, zum Beispiel in Form eines
Spielzeug-TÜVs?

7. Was hat die neu eingerichtete Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Stärkung
der Marktüberwachung bisher für Eckpunkte erarbeitet (vgl. Bundestags-
drucksache 17/99)?

8. Wann wird die Bundesregierung die von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe
erarbeiteten Eckpunkte zur Stärkung der Marktüberwachung umsetzen?

9. Welche konkreten Maßnahmen zur verbesserten Marktüberwachung und
Kontrolle von Spielzeugimporten will die Bundesregierung ergreifen?

10. Wird die Bundesregierung die risikoorientierte Kontrolle an den Außen-
grenzen ausbauen?

11. Ist geplant, die Marktüberwachungsbehörden in den Bundesländern perso-
nell und finanziell besser auszustatten?

12. Welche weiteren nationalen Maßnahmen zur Aufklärung der Verbraucher
hinsichtlich der Produktsicherheit von Spielzeugen wird die Bundes-
regierung auf den Weg bringen?

13. Wie steht die Bundesregierung dazu, die Zuständigkeit für Spielzeug- und
Produktsicherheit im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft
und Verbraucherschutz zu bündeln?

14. Wie steht die Bundesregierung zu der Forderung, Spielzeug für Klein-
kinder generell und grundsätzlich mit Lebensmittelbedarfsgegenständen
gleichzusetzen, damit die Freisetzung von PAKs in Spielzeugen nicht nach-
weisbar sein darf?

15. Welche Ergebnisse haben die Initiativen der Bundesregierung bei der
EU-Kommission ergeben, die Grenzwerte für Cadmium- und Bleigehalte
in Spielzeug zu senken (vgl. Bundestagsdrucksache 17/853)?

16. Wird sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass das Vorsorgeprinzip
angewendet wird, wenn sich das Risiko durch eine wissenschaftliche
Bewertung nicht mit hinreichender Sicherheit bestimmen lässt, um ein
hohes Gesundheitsschutzniveau für Kinder sicherzustellen?

17. Wie viele Warnungen sind wann (bitte mit Datum) zu unsicherem Spiel-
zeug in den letzten 12 Monaten über das EU-Schnellwarnsystem RAPEX
gelaufen?
Welche Spielzeuge waren dabei genau von welcher Firma betroffen?

Warum wurde bei den einzelnen Spielzeugen gewarnt?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/3598

18. Waren die Spielzeuge, vor denen über RAPEX gewarnt wurde, auch im
deutschen Handel?

19. Wie viele Warnungen hat die Bundesregierung bzw. haben die Bundes-
länder über RAPEX in den letzten 3 Jahren verschickt?

20. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, inwiefern problematische
Spielzeuge in den letzten 12 Monaten aus dem Handel entfernt wurden
(falls ja, bitte eine genaue Auflistung)?

21. Wie viele weitere Beanstandungen bei Spielzeugen gab es im Jahre 2010,
worin bestanden diese, und wo kamen die Spielzeuge her?

22. Hat es in den letzten 12 Monaten Rückrufaktionen bei Spielzeug gegeben?

Wenn ja, für welche Spielzeuge, wann, und aus welchem Grund?

23. Wurde ein Spielzeug in den letzten 5 Jahren aus dem Handel entfernt,
weil deutsche Behörden chemische Stoffe in einer gesundheitsgefährdeten
Konzentration gefunden haben?

Falls ja, wie viele, und wann?

24. Welche Spielzeuguntersuchungen mit welchem Ergebnis wurden seitens
der zuständigen Behörden in den letzten 12 Monaten durchgeführt?

25. Testen die zuständigen Bundesländer mittlerweile häufiger Spielzeug?

26. Hat die Bundesregierung entsprechende Daten bei den Bundesländern
abgefragt?

Falls nein, warum nicht?

27. Wie steht die Bundesregierung dazu, beduftete Spielzeuge, die im Verdacht
stehen, Allergien auszulösen, auf dem deutschen Markt zu verbieten?

28. Hat sich die Bundesregierung für ein komplettes Verbot allergener Duft-
stoffe in der EU-Spielzeugrichtlinie eingesetzt?

29. Wie bewertet die Bundesregierung die Auswirkungen der im Jahr 2008
mit China geschlossenen Vereinbarung über die Zusammenarbeit beider
Staaten im Bereich der Spielzeugsicherheit?

30. Welche Einzelprojekte wurden 2010 mit China zur Erhöhung der Spiel-
zeugsicherheit durchgeführt, und welche konkreten Ergebnisse resultierten
daraus?

31. Was wurde darüber hinaus in der Zusammenarbeit mit den chinesischen
Behörden umgesetzt?

32. Wie bewertet die Bundesregierung die vom Politmagazin „Report aus
München“ am 18. Oktober 2010 ausgestrahlte Sendung hinsichtlich des
dort ausgeführten Nachweises von Bisphenol A in Kinderspielzeug, und
welche Maßnahmen sind geplant?

33. Gibt es weitere Stellungnahmen des BfR zum Thema Spielzeug/Spiel-
zeugrichtlinie aus diesem Jahr, die die Bundesregierung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Verfügung stellen kann?

34. Die Stiftung Warentest hat in ihrer Heftausgabe vom November 2010 viele
Spielzeuge negativ auf Schadstoffe getestet – wie viele dieser negativ
getesteten Spielzeuge hat oder wird die Bundesregierung in das RAPEX-
Schnellwarnsystem einspeisen?

Falls keine Meldung, warum?

Drucksache 17/3598 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
35. Wann plant die Bundesregierung die neue europäische Spielzeugrichtlinie
in deutsches Recht zu implementieren?

36. Bei welchen chemischen Substanzen wurde der Grenzwert bei der neuen
Richtlinie erhöht, und wie bewertet die Bundesregierung diese Erhöhung?

Berlin, den 29. Oktober 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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