BT-Drucksache 17/3245

Perspektiven und Konsequenzen aus dem ersten Bericht der Bundesregierung zur Wirkung des Ausbildungsbonus

Vom 6. Oktober 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/3245
17. Wahlperiode 06. 10. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Katja Mast, Anette Kramme, Petra Ernstberger, Iris Gleicke,
Hubertus Heil (Peine), Gabriele Hiller-Ohm, Angelika Krüger-Leißner, Ute Kumpf,
Gabriele Lösekrug-Möller, Thomas Oppermann, Silvia Schmidt (Eisleben),
Josip Juratovic, Anton Schaaf, Ottmar Schreiner, Dr. Frank-Walter Steinmeier und
der Fraktion der SPD

Perspektiven und Konsequenzen aus dem ersten Bericht der Bundesregierung
zur Wirkung des Ausbildungsbonus

Mit dem Fünften Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und
anderer Gesetze – Verbesserung der Ausbildungschancen förderungsbedürftiger
junger Menschen (Bundestagsdrucksache 16/8718) – wurde 2008 mit dem Aus-
bildungsbonus ein arbeitsmarktpolitisches Instrument geschaffen, um jungen
Menschen Perspektiven am Arbeitsmarkt zu eröffnen. Zielgruppe sind Berufs-
einsteigerinnen und Berufseinsteiger früherer Schulentlassjahre (Altbewerbe-
rinnen und Altbewerber), die es aufgrund persönlicher Umstände schwer haben,
einen betrieblichen Ausbildungsplatz zu finden.

Mit dem Ausbildungsbonus wurde im Arbeitsförderungsrecht ein finanzieller
Anreiz verankert, um zusätzliche betriebliche Ausbildungsplätze für förde-
rungsbedürftige Ausbildungssuchende zu schaffen. Im Kern geht es also darum,
Jugendlichen einen Ausbildungsplatz im Betrieb zu ermöglichen, die sonst
kaum eine Chance darauf gehabt hätten. Dabei sollen die Betriebe bei der Schaf-
fung eines zusätzlichen Ausbildungsplatzes durch Sozialpädagogen und einen
Zuschuss unterstützt werden. Der Ausbildungsbonus wird als unbürokratische
Förderung durch einen pauschalen finanziellen Zuschuss für die Betriebe ge-
währt. Die Höhe orientiert sich dabei an der Ausbildungsvergütung. Zusätzlich
soll den ausbildenden Betrieben sozialpädagogische Begleitung durch ausbil-
dungsbegleitende Hilfen angeboten werden.

Die jetzige Veröffentlichung des Berichts zum Ausbildungsbonus fällt mit der
Debatte über die Perspektiven von jungen Menschen am Arbeitsmarkt zusam-
men. Einerseits gibt es Meldungen, wonach sich die Situation am Lehrstellen-
markt demographiebedingt zu entspannen scheint, andererseits gibt es bei-
spielsweise im sog. Bildungsbericht 2010 Anhaltspunkte dafür, dass Jugend-
liche mit einem Hauptschulabschluss oder einem Migrationshintergrund im
Übergangssystem zwischen Schule und Beruf hängen bleiben und ihnen somit

der Weg ins Berufsleben nicht offensteht. Umso wichtiger ist es, spezifische
arbeitsmarktpolitische Instrumente wie den Ausbildungsbonus weiterzudenken,
um durch gut ausgebildete junge Menschen den zukünftigen Fachkräftebedarf
zu sichern.

Der Ausbildungsbonus nach § 421r des Dritten Buches Sozialgesetzbuch
(SGB III) ist bis zum 31. Dezember 2010 befristet. Eine Verlängerung ist von
Seiten der Bundesregierung nicht geplant. Mit dem Beschäftigungschancen-

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gesetz hat die Bundesregierung allerdings beschlossen, die Regelung für so-
genannte Insolvenzauszubildende bis 2013 zu verlängern. Diese Zusatzregelung
zum Ausbildungsbonus stammt aus dem Jahr 2009.

Es stellt sich also die Frage, welche Perspektiven für jugendliche Altbewerbe-
rinnen und Altbewerber vorhanden sind, wenn die Bundesregierung ihre spezi-
fischen Fördermöglichkeiten auslaufen lässt, ohne für Alternativen zu sorgen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie viele Altbewerberinnen und Altbewerber (aufgeschlüsselt nach Bun-
desländern, Altersgruppen, Geschlecht) sind derzeit statistisch erfasst?

2. Wie viele Menschen mit Behinderung befinden sich unter den Altbewerbe-
rinnen und Altbewerbern?

3. Wie viele Altbewerberinnen und Altbewerber haben einen Migrationshin-
tergrund?

4. Wie hat sich die Zahl der Altbewerberinnen und Altbewerber (aufgeschlüs-
selt nach Bundesländern, Altersgruppen, Geschlecht) in den letzten fünf
Jahren entwickelt?

5. Inwiefern ergeben sich aus dem so genannten doppelten Abiturjahrgang
Auswirkungen auf den Ausbildungsmarkt, und welche Konsequenzen las-
sen sich nach Auffassung der Bundesregierung daraus für die Altbewerbe-
rinnen und Altbewerber ziehen?

6. Welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung aus der Analyse des Zeit-
verlaufs der letzten fünf Jahre für die Einstiegschancen von Altbewerberin-
nen und Altbewerbern in das Berufsleben?

7. Welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung aus diesen Zahlen für die
zielgruppenspezifische Arbeitsmarktpolitik für junge Berufseinsteigerin-
nen und Berufseinsteiger?

8. Wie bewertet die Bundesregierung die grundlegende Aussage des Berichts,
wonach der frühe Berichtszeitpunkt keine tiefgreifenden Wirkungsanaly-
sen des Ausbildungsbonus ermöglicht?

9. Wie bewertet die Bundesregierung den Bekanntheitsgrad des arbeitsmarkt-
politischen Instruments und die Bewerbung des Instruments durch die Ar-
beitsverwaltung vor Ort?

10. Wie bewertet die Bundesregierung die Zahl der im genannten Zeitraum be-
willigten Anträge auf Ausbildungsbonus (18 800)?

11. Wie erklärt sich die Bundesregierung, dass der Ausbildungsbonus bei be-
hinderten und schwerbehinderten Menschen – obwohl er sich bei dieser
Zielgruppe um 30 Prozent erhöht – laut Aussage des vorliegenden Berichts
keine Anwendung findet?

12. Welche Schritte werden unternommen, um Altbewerberinnen und Altbe-
werbern mit einer Behinderung den Weg zur Teilhabe am gesellschaft-
lichen Leben durch Arbeit zu ermöglichen?

13. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, ob im Rahmen des
Ausbildungsbonus auch eine sozialpädagogische Begleitung der Altbewer-
berinnen und Altbewerber erfolgt, und wie sehen diese begleitenden Hilfen
konkret aus?

14. Wie bewertet die Bundesregierung die Anzahl der Anträge auf Ausbil-
dungsbonus in den einzelnen Bundesländern?

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15. Ist der Ausbildungsbonus nach Auffassung der Bundesregierung ein ge-
eignetes Instrument für kleine und mittlere Betriebe – beispielsweise in
Baden-Württemberg –, um durch Ausbildung von Altbewerberinnen und
Altbewerbern dem Fachkräftemangel zu begegnen?

16. Welches Konkurrenzverhältnis zu länderspezifischen Arbeitsmarktpro-
grammen für Altbewerberinnen und Altbewerber und dem Ausbildungs-
bonus besteht nach Auffassung der Bundesregierung, und welche Schlüsse
sind daraus zu ziehen?

17. Gibt es Überlegungen, eine Vereinheitlichung der Programme anzustreben,
um passgenaue und nicht konkurrierende Fördermaßnahmen für Altbewer-
berinnen und Altbewerber anzubieten?

18. Wie beurteilt die Bundesregierung das Kriterium der Zusätzlichkeit bezo-
gen auf den Ausbildungsbonus, und inwiefern wird die vereinzelt im Be-
richt formulierte Kritik an diesem Kriterium bewertet?

19. Wird die Aussage in dem Bericht geteilt, dass der Status der Altbewerberin/
des Altbewerbers den Förderungsbedarf unzureichend abbildet?

Falls ja, welche Konsequenzen sind daraus zu ziehen?

Falls nicht, warum nicht?

20. Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage in dem Bericht, wonach
sich der Ausbildungsbonus nur schwer in die Vermittlungslogik des Arbeit-
geberservice der Bundesagentur für Arbeit integrieren lässt, und welche
Schritte sind ggf. vorgesehen, um Abhilfe zu schaffen?

21. Welche konkreten Bemühungen unternimmt die Bundesregierung, um den
Bekanntheitsgrad und die Akzeptanz des Ausbildungsbonus auf Seiten der
Kammern, Betriebe, Grundsicherungsstellen und bei den Ausbildungs-
suchenden zu erhöhen?

22. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über Mitnahmeeffekte
dieses arbeitsmarktpolitischen Instrumentes vor, und welche Schritte wer-
den ggf. unternommen, um dieselben zu beenden?

23. Ist durch ggf. vorhandene Mitnahmeeffekte ein finanzieller Schaden ent-
standen?

Wenn ja, wie hoch ist dieser zu beziffern?

24. Wie viele Haushaltsmittel wurden bislang für den Ausbildungsbonus aus-
gegeben?

25. Wie begründet die Bundesregierung ihre unterschiedliche Haltung zum
Ausbildungsbonus für Altbewerberinnen und Altbewerber und zum Aus-
bildungsbonus bei Insolvenz?

26. Welche Gründe waren ausschlaggebend, dass der Ausbildungsbonus bei
Insolvenz vor Bekanntwerden des Berichts zum Ausbildungsbonus für Alt-
bewerberinnen und Altbewerber verlängert wurde?

27. Inwiefern hat sich durch den Bericht die Haltung der Bundesregierung zum
Ausbildungsbonus dahingehend verändert, dass das Instrument über den
31. Dezember 2010 hinaus verlängert wird?

Falls das Instrument verlängert wird, wann plant die Bundesregierung eine
gesetzliche Initiative zur Entfristung des Arbeitsmarktinstrumentes?

Falls nicht, warum lässt die Bundesregierung dieses Instrument auslaufen?

Berlin, den 6. Oktober 2010
Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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