BT-Drucksache 17/32

Ehrung ehemaliger Wehrmachtssoldaten am Ehrenmal der Bundeswehr

Vom 12. November 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 17/32
17. Wahlperiode 12. 11. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Petra Pau, Wolfgang Gehrcke, Heike Hänsel,
Andrej Hunko, Dr. Lukrezia Jochimsen, Frank Tempel und der Fraktion DIE LINKE.

Ehrung ehemaliger Wehrmachtssoldaten am Ehrenmal der Bundeswehr

Am neu erbauten Ehrenmal der Bundeswehr in Berlin werden Bundeswehr-
soldaten, die infolge der Ausübung ihres Dienstes verstorben sind, geehrt und
namentlich genannt.

Die Fragesteller haben sich bereits in der 16. Legislaturperiode (zum Teil mehr-
fach) danach erkundigt, wie viele der namentlich Genannten vor ihrem Dienst
in der Bundeswehr in der Wehrmacht bzw. der Waffen-SS gedient hatten.
Schließlich ist bekannt, dass Zehntausende von Bundeswehrsoldaten aus den
Streitkräften des Naziregimes stammten.

Die bisherigen Antworten der Bundesregierung (insbesondere auf Bundestags-
drucksache 16/14127) lassen erkennen, dass diese die Bedeutung der Frage
nicht erkannt hat. Sie sieht keine Notwendigkeit für eine Erfassung ehemaliger
Wehrmachts- bzw. SS-Gedienter, weil diese vor ihrer Übernahme in die Bun-
deswehr bereits überprüft worden seien. Allerdings erfolgte die Überprüfung
durch den Personalgutachterausschuss in den Jahren 1955 bis 1957, also lange,
bevor die Geschichtswissenschaft damit begonnen hatte, die von Wehrmacht
und Waffen-SS verübten Kriegsverbrechen aufzuarbeiten. Man weiß heute,
dass in der Bundeswehr mehrere Wehrmachtsangehörige gedient haben, die an
Kriegsverbrechen bzw. deren Planung beteiligt waren.

So sind gleich mehrere Angehörige faschistischer Generalstäbe von der Bun-
deswehr übernommen worden, darunter der an der Planung des Überfalls auf
die Sowjetunion beteiligte Adolf Heusinger (Chef der Operationsabteilung im
Oberkommando des Heeres). Ebenfalls übernommen wurde der Kommandant
des Gebirgsjäger-Regiments 98, Reinhold Klebe, unter dessen Kommando am
16. August 1943 ein Massaker an den Einwohnern des griechischen Dorfes
Kommeno verübt worden war. Auch etliche Angehörige der Legion Condor,
die zum Teil unmittelbar an der Bombardierung der Stadt Guernica beteiligt
waren, wie Heinz Trettner, Oberleutnant Hannes Trautloft, Major Adolf Gal-
land und Oberst Erwin Jaenecke, haben später in der Bundeswehr gedient.
Diese Aufzählung ist nur exemplarisch und längst nicht vollständig.

Dass diese Soldaten die Überprüfung durch den Personalgutachterausschuss

überstanden haben, ist kein Zeichen für eine weiße Weste, sondern dafür, dass der
Ausschuss nicht den Willen oder die Kapazitäten hatte, Kriegsverbrecher zu
identifizieren und aus der Bundeswehr herauszuhalten. Den Fragestellern ist
nicht bekannt, ob diese Soldaten infolge ihrer Dienstausübung für die Bundes-
wehr verstorben sind und somit am Ehrenmal genannt werden. Dies gilt es, auch
im Hinblick auf weitere „Wehrmachtgediente“, herauszufinden. Denn nach Lage

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der Dinge kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass Kriegsverbrecher aus
Wehrmacht oder Waffen-SS im Ehrenmal der Bundeswehr geehrt werden.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche verstorbenen Angehörigen der Bundeswehr werden derzeit am Eh-
renmal namentlich genannt (bitte vollständige namentliche Auflistung mit
biographischen Daten, vor allem Geburts- und Todesdatum und letzten
Dienstgrad in der Bundeswehr angeben)?

2. Wie viele jener Bundeswehrangehöriger, die namentlich am Ehrenmal ge-
nannt werden, haben zuvor in der Wehrmacht bzw. der Waffen-SS gedient
(bitte einzelne Namen angeben und den letzten Dienstgrad in der Wehr-
macht/SS nennen)?

3. Vorausgesetzt, die Bundesregierung beruft sich bezüglich der vorangegan-
genen Frage darauf, es gebe keine einschlägige Statistik, ist sie dann bereit,
eine solche zu rekonstruieren (wie vom Bundesverfassungsgericht in ande-
rem Zusammenhang gefordert, siehe 2 BvE 5/06 vom 1. Juli 2009)?

Wenn nein, warum nicht, und wenn ja, bis wann wird die Rekonstruktion
voraussichtlich abgeschlossen sein?

4. Warum ist bei der Erstellung der Namensliste für das Ehrenmal darauf ver-
zichtet worden, das Militärgeschichtliche Forschungsamt oder andere histo-
risch versierte Institutionen zu konsultieren, um auf Grundlage des heutigen
Forschungsstandes eine Überprüfung der „Wehrmachtgedienten“ vorzuneh-
men und dadurch zu verhindern, dass möglicherweise Kriegsverbrecher am
Ehrenmal geehrt werden?

5. Wie beurteilt die Bundesregierung die Gefahr, dass Rechtsextremisten mög-
licherweise zur gezielten Verherrlichung einzelner dieser „Wehrmacht-
gedienten“ am Ehrenmal aufrufen, welche Anstrengungen unternimmt sie,
um diese Gefahr einzuschätzen und ihr zu begegnen?

a) Ist der Bundesregierung bekannt, ob am Ehrenmal bereits ausdrücklich
Wehrmachtsangehörigen gedacht wurde (bitte gegebenenfalls ausführen)?

b) Wird das im Ehrenmal niedergelegte Material wie Kränze (Widmungen,
Schleifentexte) und Ähnliches gesichtet und auf etwaige rechtsextreme
Inhalte überprüft, und wenn ja, durch wen, und welche Erkenntnisse sind
bislang durch diese Überprüfung entstanden?

c) Werden öffentliche sowie nichtöffentliche Äußerungen der rechtsextre-
men Szene daraufhin untersucht, wie diese zum Ehrenmal steht, und
wenn ja, welche Erkenntnisse gibt es bislang hierzu?

Berlin, den 12. November 2009

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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