BT-Drucksache 17/318

Der Kolonialkonflikt um die Westsahara und anhaltende Menschenrechtsverletzungen

Vom 18. Dezember 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 17/318
17. Wahlperiode 18. 12. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sevim Dag˘delen, Inge Höger, Jan van Aken, Christine
Buchholz, Annette Groth, Heike Hänsel, Andrej Hunko, Harald Koch, Niema
Movassat, Alexander Ulrich, Sahra Wagenknecht und der Fraktion DIE LINKE.

Der Kolonialkonflikt um die Westsahara und anhaltende
Menschenrechtsverletzungen

Am 13. November 2009 wurde der saharauischen Menschenrechtsaktivistin
Aminatou Haidar am Flughafen von El Aaiún, Hauptstadt der Westsahara, die
Einreise in die besetzten Gebiete der Westsahara verweigert. Sie hatte es abge-
lehnt, eine Erklärung zu unterzeichnen, dass sie marokkanische Staatsbürgerin
sei. Aminatou Haidar kehrte aus den USA zurück, wo sie einen Menschen-
rechtspreis in Empfang genommen hatte. Ihr wurde der Reisepass abgenommen
und sie musste gegen ihren Willen ein Flugzeug zu den Kanarischen Inseln be-
steigen. Dort wurde ihr von den spanischen Behörden zugesichert, dass sie den
nächsten Flug zurück in ihre Heimat nehmen könne, wo ihre beiden Kinder auf
sie warteten. Daraufhin erklärte sie sich bereit, das Flugzeug zu verlassen.

Nachdem sie spanischen Boden betreten hatte, wurde ihr jedoch von den spani-
schen Behörden der Rückflug in die besetzten Gebiete der Westsahara verwei-
gert, da sie keinen Pass besäße. Dies ist umso erstaunlicher, als ihr ohne Pass
die Einreise ermöglicht wurde.

Seit dem 14. November 2009 befindet sich Aminatou Haidar auf dem Flugha-
fen von Lanzarote im Hungerstreik, um auf ihre Situation und die Menschen-
rechtsverletzungen in den besetzen Gebieten ihres Heimatlandes aufmerksam
zu machen. Laut Augenzeugenberichten ist ihr Gesundheitszustand inzwischen
bedenklich.

Dies ist ein neuer eklatanter Fall einer Menschenrechtsverletzung, der nach der
Verhaftung von sieben saharauischen Menschenrechtsaktivisten am 8. Oktober
2009 deutlich macht, dass die marokkanische Regierung keinerlei Anstalten
mehr macht, ihre Haltung zur Menschenrechtsfrage in den besetzten Gebieten
der Westsahara zu verschleiern. Die marokkanischen Behörden begehen aber
seit Beginn des Einmarsches und der Besetzung der Westsahara im Oktober
1975, unmittelbar nachdem der Internationale Gerichtshof die marokkanischen
Ansprüche zurückgewiesen hatte, schwere Menschenrechtsverletzungen. Mit
dem Einmarsch begann auch die Flucht der Saharauis ins algerische Exil. Die
Versorgungslage dort ist aber prekär. Zwar zog Spanien am 28. Februar 1976
aus dem Gebiet ab, übertrug aber entgegen den Forderungen der Vereinten Na-
tionen, die Dekolonisation einzuleiten, die Hoheit an Marokko. Seit 1979 hält
das Königreich Marokko große Teile der Demokratischen Arabischen Republik
Sahara besetzt, die im Februar 1976 von der Frente Polisario ausgerufen wurde.
Zwischenzeitlich hatten über 80 Staaten die Demokratische Arabische Repu-
blik Sahara anerkannt, die im Gegensatz zu Marokko auch Gründungsmitglied

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der Afrikanischen Union (AU) ist. Marokko hat die von ihm effektiv besetzten
Gebiete durch einen verminten Wall (eine 5 Meter hohe Mauer mit einer Länge
von mehr als 2 600 Kilometern) vom östlichen Drittel, das die Polisario ebenso
wie die Flüchtlingslager in Algerien kontrolliert, abgegrenzt. Marokko bean-
sprucht auch weiterhin das gesamte Gebiet.

Seit 1991 blockiert Marokko die Bemühungen der UNO für ein freies und fai-
res Referendum über die Zukunft der Westsahara und widerspricht damit u. a.
der Resolution 1754 (2007) des UN-Sicherheitsrates, die ein Referendum über
den Status der Westsahara vorsieht und zu dessen Durchführung seit 1991 die
UN-Mission MINURSO vor Ort ist.

In den von Marokko besetzten Gebieten findet ein intensiver Abbau von Roh-
stoffen – insbesondere Phosphat – statt. Marokko ist weltweit größter Expor-
teur von Phosphat, das teilweise in der Westsahara abgebaut wird, und Phos-
phorsäure. Weitere vermutete Rohstoffvorkommen – u. a. von Uran – sind noch
nicht erschlossen. Vor den Küsten der Westsahara werden Erdölreserven ver-
mutet, europäische Fischfangflotten sind dort bereits an der Ausbeutung der
Fischgründe beteiligt, was weiter zur Verarmung der Bevölkerung beiträgt.

Abgesehen von den vermuteten und vorhandenen Rohstoffvorkommen sind die
Regionen Sahara und Westafrika in den letzten Jahren auch wegen Piraterie,
vermeintlicher Aktivitäten der al Qaida, wegen illegalen Handels mit Waffen,
Drogen und Zigaretten sowie insbesondere als Herkunfts- und Transitregionen
für Migrantinnen und Migranten sowie Flüchtlinge in den sicherheitspoliti-
schen Fokus der USA und auch der EU gerückt. Während hinsichtlich einer
politischen Lösung des Westsaharakonfliktes von der internationalen Gemein-
schaft wenig Engagement ausgeht, drohen die zunehmende Frustration in den
Flüchtlingslagern und die Ausbildung und Ausrüstung marokkanischer und
westafrikanischer Sicherheitskräfte die Situation zu eskalieren.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie bewertet die Bundesregierung die nach wie vor bestehende völker-
rechtswidrige Annexion der Westsahara durch Marokko bzw. den gegenwär-
tigen völkerrechtlichen Status der Westsahara?

2. Wie bewertet die Bundesregierung den aktuellen Stand hinsichtlich der vom
UNO-Sicherheitsrat geforderten Durchführung eines Referendums, in dem
die saharauische Bevölkerung auf der Basis des Rechts auf Selbstbestim-
mung über ihre Unabhängigkeit von oder Integration in Marokko entschei-
det?

Worin sieht die Bundesregierung die Hauptursachen des Scheiterns der
MINURSO?

3. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass der Autonomievorschlag der
marokkanischen Regierung die Durchführung des vom UNO-Sicherheitsrat
geforderten Referendums blockiert, da er eine Entscheidung über Unabhän-
gigkeit oder Integration der Westsahara vorwegnimmt und damit eine Vor-
bedingung schafft, die eindeutig den Vorgaben des UNO-Sicherheitsrates
widerspricht?

4. Hat die Bundesregierung vor, die Demokratische Arabische Republik
Sahara als souveränen Staat anzuerkennen?

Wenn ja, wann?

Wenn nein, warum nicht?

5. Wie viele und welche Mitgliedstaaten der Afrikanischen Union erkennen die
Demokratische Arabische Republik Sahara, die Mitglied der AU ist, an?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/318

6. Wie viele und welche Staaten erkennen über die AU hinaus die Demokra-
tische Arabische Republik Sahara an?

7. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung darüber, in welchen EU-Mit-
gliedstaaten in den nationalen bzw. regionalen Parlamenten interfraktio-
nelle Zusammenschlüsse (Parlamentariergruppen, Freundeskreise o. Ä.)
mit einem besonderen Interesse an den Beziehungen zur Westsahara beste-
hen, analog bzw. ähnlich der Westsaharagruppe im britischen Parlament
(bitte nach Möglichkeit auflisten)?

8. Auf welche Quellen stützt sich die Aussage des Auswärtigen Amts in des-
sen Sachstandsbericht vom Dezember 2009 zum Thema Westsahara, nach
der der marokkanische Pass der saharauischen Menschenrechtsaktivistin
Aminatou Haidar „anscheinend auf eigenen Wunsch bei den marokkani-
schen Behörden“ verblieb, obwohl in der Presse fast ausschließlich die
Version verbreitet wird, dass Aminatou Haidar der Pass abgenommen
wurde (z. B. DER TAGESSPIEGEL vom 3. Dezember 2009)?

9. Ist der Bundesregierung bekannt, dass der Vorsitzende der AU-Kommis-
sion, Jean Ping, die Ausweisung der saharauischen Menschenrechtsaktivis-
tin Aminatou Haidar verurteilt und wie der Generalsekretär der Vereinten
Nationen, Ban Ki-moon, angesichts wachsender Spannungen zwischen den
Konfliktparteien in der Westsahara seine Besorgnis ausgedrückt hat (vgl.
http://allafrica.com/stories/200912060001.html)?

10. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über konkrete Aktivitäten sei-
tens der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft hinsichtlich der Lösung des
Konflikts mit den marokkanischen Behörden bezogen auf die Ausweisung
der saharauischen Menschenrechtsaktivistin Aminatou Haidar?

11. Welche konkreten Initiativen hat die Bundesregierung ergriffen, um ihren
Einfluss auf die marokkanische Regierung in der Frage der Lösung des
Konflikts bezogen auf die Ausweisung der saharauischen Menschenrechts-
aktivistin Aminatou Haidar geltend zu machen?

12. Inwieweit sieht die Bundesregierung in der Ausweisung von Aminatou
Haidar eine verschärfte Repression durch die marokkanischen Behörden,
die König Mohammed VI. von Marokko insofern vorgezeichnet hat, indem
er propagiert „Entweder man ist Marokkaner oder man ist Verräter“ und die
„Feinde des Vaterlandes“ verdienten die Staatsbürgerschaft nicht (Die
Presse, 14. Dezember 2009)?

13. Inwieweit wird sich die Bundesregierung in Anbetracht der wachsenden
Beziehungen zwischen der EU und Marokko dafür einsetzen, den fortge-
schrittenen Status (advanced status) der Beziehungen zwischen der EU und
Marokko so lange auszusetzen, bis Marokko die politische Verfolgung der
Saharauis einstellt und all jene Personen freilässt, die wegen des Versuchs,
ihre bürgerlichen und politischen Grundrechte wahrzunehmen, willkürlich
verhaftet wurden sowie bis zu dem Zeitpunkt, bis Marokko die Umsetzung
der vom UNO-Sicherheitsrat geforderten Durchführung eines Referen-
dums gewährleistet?

14. Welche konkreten Initiativen hat die Bundesregierung ergriffen, um „ihren
Einfluß auf beide Konfliktparteien, insbesondere auf das Königreich
Marokko, geltend zu machen, um die eingetretenen Verzögerungen im
Friedensprozeß überwinden zu können“, wie der Deutsche Bundestag dies
in dem am 16. Juni 1999 angenommenen Antrag gefordert hat und in dem
sich der Deutsche Bundestag zum UN-Friedensplan und zum darin gefor-
derten Referendum bekannt hat (Bundestagsdrucksache 14/1151)?

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15. Kontrolliert die Bundesregierung den Export von weniger letalen Waffen
wie Schildern, Schlagstöcken, CS- und Pfeffersprays, Wasserwerfern,
Gummigeschossen und Elektroschockgeräten nach Marokko, mit denen
die marokkanischen Streitkräfte – v. a. Polizei- und Gendarmeriekräfte –
ausgerüstet werden, da diese für zahlreich dokumentierte Menschenrechts-
verletzungen in den marokkanisch besetzten Gebieten verantwortlich ge-
macht werden?

Wenn ja, welche der genannten Güter wurden in welchem Umfang in den
letzten zehn Jahren nach Marokko exportiert?

Wenn nein, warum nicht?

16. Setzt sich die Bundesregierung innerhalb der UNO für ein Waffenembargo
und weitere Sanktionen gegen Marokko ein, bis der Westsaharakonflikt
beigelegt wurde, oder erwägt sie solche Maßnahmen?

Wenn nein, warum nicht?

17. Von welchen Programmen der EU und ihrer Mitgliedstaaten zur besseren
Steuerung und Kontrolle der Migration aus Afrika, in deren Rahmen ma-
rokkanische Sicherheitskräfte unterstützt, ausgerüstet oder ausgebildet
werden, hat die Bundesregierung Kenntnis?

Wie wird sichergestellt, dass dieser Transfer von Marokko nicht auch bei
der Aufrechterhaltung der völkerrechtswidrigen Besatzung der Westsahara
genutzt wird?

18. Waren deutsche Vertreter an der technischen Mission zu illegaler Migration
der EU-Kommission im Oktober 2005 in Marokko und an der euro-afrika-
nischen Ministerialkonferenz zu den Themen „Migration“ und „Entwick-
lung“ im Juli 2006, in deren Folge die EU der marokkanischen Regierung
Gelder zur Verbesserung der Kapazitäten im Grenzschutz zur Verfügung
stellte, beteiligt?

Haben die deutschen Vertreter hierbei die Menschenrechtslage in der West-
sahara thematisiert?

Wie bewertet die Bundesregierung die Kooperation Deutschlands, der EU
und ihrer Mitgliedstaaten mit marokkanischen Behörden beim „Kampf ge-
gen die illegale Migration“ vor dem Hintergrund des Westsaharakonflikts?

19. Waren oder sind marokkanische Militärs – beispielsweise im Rahmen des
Lehrgangs internationaler Generalstabs- und Admiralstabsdienst (LGAI) –
an Ausbildungsprogrammen der Bundeswehr beteiligt?

Wenn ja, welche Angehörige der marokkanischen Streitkräfte waren an
welchen Ausbildungsprogrammen beteiligt, und wie bewertet die Bundes-
regierung dies vor dem Hintergrund des Westsaharakonfliktes?

20. Wurden am Center of Excellence for Stability Police Units (CoESPU), das
im Rahmen des Aktionsplans „Expanding Global Capability in Peace Sup-
port Operations“ – mit Zustimmung der Bundesregierung (2004) als Mit-
glied der G8 auf dem Gipfel von Sea Island – in Italien aufgebaut und mit
der Ausbildung von Gendarmeriekräften in Drittstaaten beauftragt wurde,
auch marokkanische Sicherheitskräfte ausgebildet?

Welche Rolle spielen Menschenrechte nach Kenntnis der Bundesregierung
bei der Ausbildung am CoESPU?

Ist der Bundesregierung bekannt, ob es im Rahmen des CoESPU zu Besu-
chen und zum Austausch der Carabinieri bei/mit marokkanischen Gendar-
meriekräften kam?

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Befürwortet die Bundesregierung eine Beteiligung der Gendarmerie Royale
Marocaine an der European Gendarmerie Force (EUROGENDFOR)?

Wie bewertet sie die Tatsache, dass marokkanische Gendarmeriekräfte an
Übungen der EUROGENDFOR beteiligt wurden?

21. Wie bewertet es die Bundesregierung vor dem Hintergrund des Westsaha-
rakonfliktes, dass Marokko 2008 im Europäischen Nachbarschaftspro-
gramm ein sog. advanced status zugesprochen, 224 Mio. Euro zur Verfü-
gung und weitere 682 Mio. Euro im Zeitraum 2007 bis 2010 in Aussicht
gestellt wurden?

Wird sich die Bundesregierung dafür stark machen, dass künftige Zuwen-
dungen aus dem Europäischen Nachbarschaftsprogramm von einer Lösung
des Westsaharakonfliktes abhängig gemacht werden?

22. Teilt die Bundesregierung die Auffassung des UNO-Untergeneralsekretärs
und Rechtsberaters im Büro für Rechtsfragen von März 1994 bis März
2004, Hans Corell, die er 2002 äußerte, wonach eine zukünftige Erfor-
schung und Ausbeutung entgegen dem Willen und den Interessen der
Bevölkerung der Westsahara, die internationale Rechtsprinzipien verletzen
würde, wie sie im Umgang mit mineralischen Rohstoffen für nicht selbst
regierte Territorien festgelegt sind (vgl. Letter dated 29 January 2002 from
the Under-Secretary-General for Legal Affairs, the Legal Counsel,
addressed to the President of the Security Council, S/2002/161)?

Wenn ja, wie hat die Bundesregierung bisher dafür gesorgt und wie wird
sie in Zukunft dafür sorgen, dass vor vertraglichen Abkommen, die auch
die Westsahara betreffen, der Wille und die Interessen der Bevölkerung
dieses nicht selbst regierten Territoriums maßgebend sind?

23. Teilt die Bundesregierung auch die Ansicht, dass die Ausplünderung der
natürlichen Ressourcen der Westsahara im krassen Widerspruch zu gel-
tendem internationalen Recht steht, wie dies in besonderer Weise durch
die Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen (z. B.
62/120 und 63/111) sowie auch jeweils in Artikel 1 sowohl der Internatio-
nalen Übereinkunft über bürgerliche und politische Rechte als auch der In-
ternationalen Übereinkunft über wirtschaftliche Entwicklung, soziale und
kulturelle Rechte festgeschrieben ist, die beide vom Königreich Marokko
ratifiziert wurden?

24. Wird die Bundesregierung im Europäischen Rat auf eine Neuauflage des
EU-Marokko-Fischereiabkommens drängen, in dem von einer Fremdnut-
zung der saharauischen Küsten abgesehen wird?

Wenn ja, wann?

Wenn nein, warum nicht?

25. Wie beurteilt die Bundesregierung die Unterstützung beim Ausbau der
Nutzung von Windenergie in Marokko durch die Deutsche Gesellschaft für
Technische Zusammenarbeit (GTZ) und die Kreditanstalt für Wiederauf-
bau Bankengruppe (KfW) vor dem Hintergrund, dass gegenwärtig eine der
größten Windkraftanlagen in der besetzten Stadt El Aaiún entsteht?

Sind nach Kenntnis der Bundesregierung deutsche Unternehmen hieran be-
teiligt?

26. Hat die Bundesregierung die Bemühungen der Chemischen Fabrik Buden-
heim KG, die an der größten Fabrik zur Aufbereitung von Phosphat in Jorf
Lasfar über das gemeinsame Joint Venture Emaphos (Euro-Maroc Phos-
phore) zusammen mit der marokkanischen Monopolgesellschaft Office
Chérifien des Phosphates (OCP) und dem belgischen Unternehmen Prayon-

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Rupel beteiligt ist, um eine Kooperation mit der marokkanischen Monopol-
gesellschaft beim Abbau der Phosphatvorkommen in Westsahara unter-
stützt?

Wenn ja, in welcher Form?

27. Hat die Bundesregierung die Chemische Fabrik Budenheim KG darauf hin-
gewiesen, dass eine Beteiligung an der Ausbeutung von Rohstoffen aus der
Westsahra völkerrechtswidrig oder völkerrechtlich zumindest umstritten
ist?

Wenn nein, warum nicht?

28. Ist die Bundesregierung den Hinweisen nachgegangen, wonach Schiffe
deutscher Reedereien am Abtransport von Phosphor/Phosphorsäure aus
den besetzten Gebieten beteiligt sind oder waren?

Wenn nein, warum nicht?

29. Würde aus Sicht der Bundesregierung eine Beteiligung von ihr unterstütz-
ter deutscher Unternehmen an Aktivitäten in der Westsahara den Status des
Gebietes präjudizieren und den Eindruck vermitteln, es gäbe durch diese
die Zusammenarbeit eine Änderung in der Haltung der EU zum West-
saharakonflikt?

Wenn nein, warum nicht?

30. Wird die Bundesregierung im Rahmen des so genannten Stockholmer Pro-
gramms und der darin avisierten „Bemühungen im Hinblick auf eine ver-
stärkte Zusammenarbeit, u. a. den raschen Abschluss von Rückübernahme-
abkommen“ insbesondere auch mit Marokko darauf einwirken, dass der
Wille und die Interessen der Bevölkerung der Westsahara als nicht selbst
regiertes Territoriums maßgebend sind?

31. Geht die Bundesregierung davon aus, dass lediglich Einzelfälle Anlass zur
Sorge hinsichtlich der Menschenrechtslage in der Westsahra bereiten (vgl.
Bundestagsdrucksache 16/13557, Antwort zu Frage 1), oder handelt es sich
um systematische Menschenrechtsverletzungen?

32. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, dass Marokko trotz Unter-
zeichnung der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 sich weigert, den
Ausweis, den der Hohe Kommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge
(UNHCR) ausstellt, für gültig zu erklären und denen, die in seinem Besitz
sind, die Rechte, die damit verbunden sind, zu geben, besonders den Auf-
enthalt, die Arbeit, den Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen und die
Bewegungsfreiheit betreffend?

33. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, dass sich die marokkanischen
Behörden vielfach weigern, den vom UNHCR anerkannten Flüchtlingen
Aufenthaltsgenehmigungen auszustellen, wodurch diesen der Zugang zum
Arbeitsmarkt, zum Bildungssystem, zur Gesundheitsversorgung und zu an-
deren öffentlichen Einrichtungen versperrt ist?

34. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, dass darüber hinaus immer
wieder auch anerkannte Flüchtlinge und Asylbewerber/Asylbewerberinnen
festgenommen und an die algerische Grenze nach Oujda sowie in die West-
sahara verfrachtet werden, weil die marokkanischen Sicherheitskräfte die
vom UNHCR ausgestellten Papiere nicht anerkennen?

35. Inwieweit fordert die Bundesregierung Konsequenzen für die Zusammen-
arbeit der EU mit Marokko, bezogen auf Maßnahmen zur Verhinderung der
so genannten illegalen Migration und zur Sicherung der EU-Außengren-
zen, da es systematisch sowohl Verletzungen von Menschenrechten in der

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/318

Westsahara als auch seitens der marokkanischen Behörden gegenüber
Flüchtlingen sowie Migrantinnen und Migranten gibt?

36. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, dass insgesamt 250 der ca. 600
(im Juni 2008 noch 830) in Marokko vom UNHCR anerkannten Flücht-
linge einen Antrag auf ein Resettlement beim UNHCR eingereicht und
Briefe an verschiedene Botschaften geschrieben haben, und sind entspre-
chende Anträge bzw. Schreiben seitens des UNHCR oder von Betroffenen
auch an die deutsche Botschaft gegangen?

Wenn ja, wie viele, und mit welchem Ergebnis?

Berlin, den 17. Dezember 2009

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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