BT-Drucksache 17/3173

Mindestlohn für die Weiterbildungsbranche

Vom 5. Oktober 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/3173
17. Wahlperiode 05. 10. 2010

Antrag
der Abgeordneten Anette Kramme, Katja Mast, Ulla Burchardt, Gabriele
Lösekrug-Möller, Josip Juratovic, Gabriele Hiller-Ohm, Dr. Hans-Peter Bartels,
Klaus Barthel, Willi Brase, Petra Ernstberger, Michael Gerdes, Iris Gleicke,
Klaus Hagemann, Hubertus Heil (Peine), Petra Hinz (Essen), Christel Humme,
Oliver Kaczmarek, Daniela Kolbe (Leipzig), Angelika Krüger-Leißner, Ute Kumpf,
Thomas Oppermann, Florian Pronold, René Röspel, Dr. Ernst Dieter Rossmann,
Anton Schaaf, Marianne Schieder (Schwandorf), Silvia Schmidt (Eisleben),
Ottmar Schreiner, Swen Schulz (Spandau), Andrea Wicklein, Dagmar Ziegler,
Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Mindestlohn für die Weiterbildungsbranche

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Qualität der beruflichen Weiterbildung, die nach dem Zweiten und Dritten
Buch Sozialgesetzbuch (SGB II und SGB III) gefördert wird, leidet unter massi-
vem Lohndumping. Dies könnte die Bundesregierung verhindern, indem sie den
Mindestlohntarifvertrag der Branche für allgemein verbindlich erklärt. Die recht-
lichen Grundlagen hierfür wurden in der großen Koalition unter dem SPD-ge-
führten Arbeitsministerium geschaffen. Die Tarifvertragsparteien ver.di, GEW
(Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft) und die Zweckgemeinschaft von
Mitgliedsunternehmen des Bundesverbandes der Träger beruflicher Bildung
(Bildungsverband) e. V. (BBB) haben einen entsprechenden Tarifvertrag verab-
schiedet. Die schwarz-gelbe Bundesregierung verweigert aktuell die Unterschrift
zur Allgemeingültigkeit und duldet damit Lohndumping auf dem Rücken der Be-
schäftigten.

Der zwischen ver.di, GEW und der Zweckgemeinschaft von Mitgliedsunterneh-
men des BBB abgeschlossene Mindestlohntarifvertrag soll für Unternehmen
gelten, die überwiegend Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen nach SGB II und
SGB III durchführen. Diese Branche hat sich seit dem Inkrafttreten des Arbeits-
förderungsgesetzes (AFG) im Jahr 1969 kontinuierlich herausgebildet. Zur Qua-
lifizierung von Arbeitslosen oder von Arbeitslosigkeit bedrohten Menschen
haben sich Unternehmen, nämlich Weiterbildungsträger mit einem eigenen

Know-how und einer speziellen Infrastruktur entwickelt, die gezielt und über-
wiegend in dieser Branche tätig sind. Dementsprechend haben die Tarifvertrags-
parteien gerade diese Branchenabgrenzung im Geltungsbereich des Branchen-
tarifvertrages definiert. Der Tarifausschuss hatte bezüglich der Aus- und Weiter-
bildungsbranche eine geteilte Meinung. Das Votum 3:3 eröffnet aber der Bundes-
regierung die Möglichkeit, auch in dieser Branche eine Mindestlohnverordnung
zu erlassen.

Drucksache 17/3173 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, noch in diesem
Jahr

● dem Antrag der tarifschließenden Parteien von Mai 2009 zu entsprechen
und eine Rechtsverordnung gemäß § 7 Absatz 5 Satz 3 des Arbeitnehmer-
Entsendegesetzes (AEntG) über das Mindestentgelt für die nach SGB II
und SGB III geförderte Weiterbildung noch in diesem Jahr zu erlassen.

Begründung

Mit der vom BBB und den Gewerkschaften ver.di und GEW vor Monaten be-
antragten Allgemeinverbindlichkeitserklärung würde der Bundesagentur für Ar-
beit das dringend nötige Instrument in die Hand gegeben, um Dumpinganbieter
vom Vergabeverfahren auszuschließen. Mit einer Rechtsverordnung gemäß dem
AEntG werden insbesondere „Hungerlöhne“ beseitigt und es wird zunächst eine
„Mindestlohnbasis“ geschaffen. Nur so kann ein hohes Qualitätsniveau gerade
bei der arbeitsmarktpolitisch motivierten Aus-, Fort- und Weiterbildung sicher-
gestellt werden. Berufliche Bildung und die dort herrschenden Arbeitsbedin-
gungen sind zentrale Achse einer Politik, die Bildung und lebenslanges Lernen
fördern will. Mehr Qualität in der Weiterbildung braucht Mindeststandards für
die Beschäftigten.

Zudem hatte, nachdem die Branche in das AEntG aufgenommen war, die Bun-
desagentur für Arbeit in Erwartung einer baldigen Allgemeinverbindlichkeits-
erklärung in ihren Ausschreibungsbedingungen bereits von den Bewerbern eine
Erklärung gefordert, dass die im relevanten Tarifvertrag vereinbarten Mindest-
arbeitsbedingungen eingehalten werden. Perspektivisch wird erwartet, dass die
Bundesregierung einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn verabschiedet,
um dem Lohndumping nicht nur in dieser Branche Einhalt zu gebieten.

Berlin, den 5. Oktober 2010

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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