BT-Drucksache 17/3082

a) zu dem Antrag der Fraktion der SPD -Drucksache 17/1155- Fairness in der Leiharbeit b) zu dem Antrag der Abgeordneten Jutta Krellmann, Sabine Zimmermann, Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -Drucksache 17/426- Lohndumping verhindern - Leiharbeit strikt begrenzen c) zu dem Antrag der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke, Brigitte Pothmer, Kerstin Andreae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -Drucksache 17/551- Zeitarbeitsbranche regulieren - Missbrauch bekämpfen

Vom 29. September 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/3082
17. Wahlperiode 29. 09. 2010

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/1155 –

Fairness in der Leiharbeit

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Jutta Krellmann, Sabine Zimmermann,
Klaus Ernst, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 17/426 –

Lohndumping verhindern – Leiharbeit strikt begrenzen

c) zu dem Antrag der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke, Brigitte Pothmer,
Kerstin Andreae, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/551 –

Zeitarbeitsbranche regulieren – Missbrauch bekämpfen

A. Problem

Leiharbeit wird in den vergangenen Jahren nach Einschätzung der Antragsteller
zunehmend zur Lohnabsenkung und Tarifflucht sowie zum Abbau des Stamm-
personals missbraucht. Möglich werde diese Praxis u. a. deshalb, weil der
Gleichbehandlungsgrundsatz mit Hinweis auf einen Tarifvertrag unterlaufen
werden könne. Entsprechende Haus- und Flächentarifverträge der Mitglieds-

gewerkschaften des Christlichen Gewerkschaftsbundes und des Bundesverban-
des Deutscher Dienstleistungsunternehmen sowie einzelner Zeitarbeitsfirmen
böten dafür eine Basis. Ein Ergebnis sei, dass rund jeder achte Beschäftigte der
Zeit- und Leiharbeit trotz Vollzeitarbeit auf ergänzende staatliche Unterstützung
angewiesen sei.

Als Gegenmaßnahme fordern die Antragsteller u. a. Änderungen im Arbeitneh-
merüberlassungsgesetz, die Zeitarbeitskräften und Stammbelegschaften gleiche

Drucksache 17/3082 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Arbeitsbedingungen garantieren sollen. Außerdem müsse nach Auffassung der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein Mindestlohn für die
Leiharbeit eingeführt und die konzerninterne Verleihung durch eigene Leih-
arbeitsgesellschaften begrenzt werden. Die Fraktion DIE LINKE. fordert in
ihrem Antrag zusätzlich, die Verleihdauer auf drei Monate zu beschränken und
eine Flexibilitätsprämie von zehn Prozent einzuführen.

B. Lösung

Zu Buchstabe a

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/1155 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion
DIE LINKE.

Zu Buchstabe b

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/426 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der SPD.

Zu Buchstabe c

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/551 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der SPD.

C. Alternativen

Keine.

D. Kosten

Kostenberechnungen wurden nicht angestellt.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/3082

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Antrag auf Drucksache 17/1155 abzulehnen;

b) den Antrag auf Drucksache 17/426 abzulehnen;

c) den Antrag auf Drucksache 17/551 abzulehnen.

Berlin, den 29. September 2010

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Katja Kipping
Vorsitzende

Jutta Krellmann
Berichterstatterin

und Technologie haben den Antrag auf Drucksache 17/551 schaften abschlössen. Nach Gesetzeslage dürften Abwei-

in ihren Sitzungen am 29. September 2010 beraten. Der
Rechtsausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen

chungen vom Grundsatz „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“
tarifvertraglich vereinbart werden. Als Folge u. a. solcher
Praktiken sei inzwischen jeder achte Beschäftigte in der
Drucksache 17/3082 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Jutta Krellmann

I. Überweisung

1. Überweisung

Der Antrag auf Drucksache 17/1155 ist in der 35. Sitzung
des Deutschen Bundestages am 26. März 2010 an den Aus-
schuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung
und an den Rechtsausschuss, an den Ausschuss für Wirt-
schaft und Technologie sowie an den Ausschuss für die An-
gelegenheiten der Europäischen Union zur Mitberatung
überwiesen worden.

Der Antrag auf Drucksache 17/426 ist in der 19. Sitzung des
Deutschen Bundestages am 28. Januar 2010 an den Aus-
schuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung
und an den Rechtsausschuss sowie an den Ausschuss für
Wirtschaft und Technologie zur Mitberatung überwiesen
worden.

Der Antrag auf Drucksache 17/551 ist in der 19. Sitzung des
Deutschen Bundestages am 28. Januar 2010 an den Aus-
schuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung
und an den Rechtsausschuss sowie an den Ausschuss für
Wirtschaft und Technologie zur Mitberatung überwiesen
worden.

2. Voten der mitberatenden Ausschüsse

Der Rechtsausschuss, der Ausschuss für Wirtschaft und
Technologie sowie der Ausschuss für die Angelegenheiten
der Europäischen Union haben den Antrag auf Drucksache
17/1155 in ihren Sitzungen am 29. September 2010 beraten
und übereinstimmend mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE. dem Deutschen Bundestag die Ableh-
nung des Antrags auf Drucksache 17/1155 empfohlen.

Der Rechtsausschuss sowie der Ausschuss für Wirtschaft
und Technologie haben den Antrag auf Drucksache 17/426
in ihren Sitzungen am 29. September 2010 beraten. Der
Rechtsausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktio-
nen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem
Deutschen Bundestag die Ablehnung des Antrags auf
Drucksache 17/426 empfohlen. Der Ausschuss für Wirt-
schaft und Technologie hat mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der
Fraktion DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Deutschen Bundestag
die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/426 empfoh-
len.

Der Rechtsausschuss sowie der Ausschuss für Wirtschaft

die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/551 empfoh-
len. Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Deutschen Bundestag
die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/551 empfoh-
len.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

Zu Buchstabe a

Prekäre Beschäftigung hat in den letzten Jahren nach Fest-
stellung der Antragsteller massiv zugenommen. Leiharbeit
mache dabei einen großen Teil dieser Beschäftigung aus. Sie
werde in vielen Branchen zu Tarifflucht und Lohnsenkung
missbraucht. Ursprünglich sei Leiharbeit zur Abdeckung
kurzfristiger Auftragsspitzen gedacht gewesen. Mit der
Reform 2003 habe man sie auch stärker zur Reintegration
Arbeitsloser in den allgemeinen Arbeitsmarkt nutzen wol-
len. Inzwischen gingen Unternehmen aber zunehmend dazu
über, ihre Stammbelegschaften durch Leiharbeitnehmerin-
nen und Leiharbeitnehmer zu ersetzen. Der gesetzlich veran-
kerte Grundsatz „Gleiche Arbeit – gleicher Lohn“ könne zu-
dem mit Verweis auf irgendeinen Tarifvertrag unterlaufen
werden. Der Lohngleichheitsgrundsatz stehe heute nur noch
auf dem Papier, nachdem christliche Gewerkschaften früh-
zeitig einen Tarifvertrag auf niedrigem Niveau abgeschlos-
sen hätten.

Die SPD-Fraktion will mit ihrem Antrag u. a. erreichen, dass
das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) geändert und
der Grundsatz der gleichen Bezahlung nach einer kurzen Ein-
arbeitungszeit des Arbeitnehmers ohne Ausnahme durchge-
setzt wird. Durch Aufnahme der Leiharbeitsbranche in den
Geltungsbereich des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes solle
zudem eine Lohnuntergrenze eingeführt werden. Außerdem
müsse die konzerninterne Verleihung durch eigene Leih-
arbeitsgesellschaften begrenzt werden.

Zu Buchstabe b

Die Firma SCHLECKER hat nach der Schilderung der
Antragsteller beispielhaft demonstriert, wie Leiharbeit
gezielt als Instrument des Lohndumpings eingesetzt wird.
Eine eigens dafür gegründete Leiharbeitsfirma habe von
SCHLECKER entlassene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
an die Firma entliehen – allerdings für den halben Lohn. Dies
sei kein Einzelfall. Die Betroffenen verdienten bis zu 50 Pro-
zent weniger als Festangestellte und würden darüber hinaus
in Krisen als Erste entlassen. Möglich werde die Praxis des
Lohndumpings durch fehlende Regelungen im Arbeitneh-
merüberlassungsgesetz und Gefälligkeitstarifverträge für die
Arbeitgeber, die sie insbesondere mit christlichen Gewerk-
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion der SPD dem Deutschen Bundestag

Leiharbeit auf staatliche Unterstützungsleistungen angewie-
sen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/3082

Die Fraktion DIE LINKE. fordert als Gegenmaßnahme, den
Gleichbehandlungsgrundsatz ohne Einschränkungen umzu-
setzen. Zudem müsse man die Überlassungshöchstdauer auf
drei Monate begrenzen und so die Leiharbeit auf ihre ur-
sprüngliche Funktion zur Abfederung von Auftragsspitzen
zurückführen. Es schade dem Arbeitsmarkt, wenn Stammbe-
legschaften durch Leiharbeit ersetzt würden. Bei der Be-
kämpfung dieser Praxis könne Deutschland von Frankreich
lernen, wo der Gleichbehandlungsgrundsatz uneingeschränkt
gelte. Zudem hätten Leiharbeitskräfte dort Anspruch auf eine
Flexibilitätsprämie in Höhe von zehn Prozent der Brutto-
lohnsumme. Dies werde auch für Deutschland gefordert.
Außerdem fordert die Fraktion DIE LINKE. ein zwingendes
Mitbestimmungsrecht über den Einsatz von Leiharbeitneh-
merinnen und Leiharbeitnehmern im Rahmen des Betriebs-
verfassungsgesetzes.

Zu Buchstabe c

Mit dem Ersten Gesetz für moderne Dienstleistungen am
Arbeitsmarkt sind nach den Ausführungen der Antragsteller
Befristungsverbot, Synchronisationsverbot und Überlas-
sungshöchstdauer durch das Prinzip der Gleichbehandlung
von Zeitarbeitskräften und Stammbelegschaft abgelöst wor-
den. Der Gesetzgeber habe mit der Reform erreichen wollen,
ein Abweichen vom Gleichbehandlungsgrundsatz nur in
Ausnahmefällen zu ermöglichen. Stattdessen sei der Tarif-
vorbehalt im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz aber genutzt
worden, um schlechtere Arbeitsbedingungen für Zeitarbeits-
kräfte durchzusetzen. Die Haus- und Flächentarifverträge,
die die Mitgliedsgewerkschaften des Christlichen Gewerk-
schaftsbundes mit dem Bundesverband Deutscher Dienst-
leistungsunternehmen (BVD) und einzelnen Zeitarbeitsfir-
men abgeschlossen haben, hätten zu einem unverantwort-
lichen Lohndumping in der Zeitarbeit geführt. Als Folge
seien das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ und die
Tarifabschlüsse des Deutschen Gewerkschaftsbundes in die-
sem Bereich unter massiven Druck geraten.

Zeitarbeit müsse wieder auf ihre ursprüngliche Funktion zur
Abfederung von Auftragsspitzen zurückgeführt werden. Da-
für sollten die Anreize für Lohndumping und Abbau der
Stammbelegschaften abgeschafft werden. Unter anderem
müsse daher im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz der Tarif-
vorbehalt gestrichen werden. Der Gleichbehandlungsgrund-
satz von Zeitarbeitskräften und Stammbeschäftigten müsse
ab dem ersten Tag der Arbeitnehmerüberlassung gelten – mit
dem gleichen Entgelt einschließlich des Weihnachts- und
Urlaubsgelds sowie der Urlaubsansprüche. Darüber hinaus
solle eine Flexibilitätsprämie in Höhe von zehn Prozent des
Bruttolohns nach französischem Vorbild dem größeren
Arbeitsmarktrisiko der Leiharbeit Rechnung tragen.

III. Öffentliche Anhörung von Sachverständigen

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Beratung der
Vorlagen auf den Drucksachen 17/1155, 17/426 und 17/551
in seiner 16. Sitzung am 5. Mai 2010 aufgenommen und die
Durchführung einer öffentlichen Anhörung beschlossen.
Diese fand in der 25. Sitzung am 28. Juni 2010 statt.

Die Teilnehmer der Anhörung haben schriftliche Stellung-

Folgende Verbände, Institutionen und Einzelsachverständige
haben an der Anhörung teilgenommen:

● Deutscher Gewerkschaftsbund,

● Christlicher Gewerkschaftsbund Deutschlands,

● Bundesagentur für Arbeit,

● Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände,

● Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienst-
leister,

● Bundesverband Deutscher Dienstleistungsunternehmen,

● Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen,

● Dr. Claudia Weinkopf,

● Norbert Lenhard,

● Markus Breitscheidel,

● Prof. Dr. Klaus Dörre.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisiert, dass
die Durchführung der Arbeitnehmerüberlassung in der in
Deutschland praktizierten Form gegen die EU-Richtlinie
über Leiharbeit vom 19. November 2008 verstoße. Leihar-
beit trage zu einer Destabilisierung der Arbeitsverhältnisse
der Stammbeschäftigten bei und höhle die Rechte der Leih-
arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen aus. Sie binde in
hohem Maße Kapazitäten der Arbeitsvermittlung und belas-
te die sozialen Sicherungssysteme. Der arbeitsmarktpoli-
tische Nutzen hingegen sei gering. Das Lohndumping ge-
genüber den Stammbeschäftigten bei gleicher Arbeit sei
ungerecht und nicht zu rechtfertigen. Die Missstände würden
nur beseitigt, wenn das im deutschen Recht und in der
EU-Richtlinie geltende Prinzip von „equal pay“ und „equal
treatment“ (Gleichbehandlungsgrundsatz) ohne Ausnahme
durchgesetzt werde. Das habe auch den Effekt, dass Leih-
arbeit nur bei Auftragsspitzen genutzt werde. Darüber hinaus
müsse das deutsche Recht korrekt an die übrigen Bestim-
mungen der EU-Richtlinie angepasst werden. Alle drei An-
träge zielten in die richtige Richtung. Der Deutsche Bundes-
tag solle die Anträge der drei Fraktionen aufgreifen und
einen entsprechenden Gesetzentwurf auf den Weg bringen.

Der Christliche Gewerkschaftsbund Deutschlands (CGB)
sieht sich durch den Elften Bericht der Bundesregierung über
Erfahrungen bei der Anwendung des Arbeitnehmerüberlas-
sungsgesetzes in seiner Auffassung bestätigt, dass Beschäf-
tigte bei Zeitarbeitsunternehmen die gleichen Schutzrechte
hätten wie Arbeitnehmer in anderen Bereichen. Die große
Mehrheit der Firmen biete vernünftige und faire Arbeits-
bedingungen. Die Durchsetzung sämtlicher tariflicher Nor-
men in den Zeitarbeitsunternehmen habe im Berichtszeit-
raum stetig zugenommen. Aus Sicht der Organisation muss
sich die Zeitarbeit als normales Beschäftigungsverhältnis
etablieren. Sofern der Zeitarbeitnehmer nicht über große
Dauer an ein und demselben Arbeitsplatz überlassen werde,
solle das Beschäftigungsverhältnis auch nicht mit zu vielen
gesetzlichen Regulierungsmechanismen belastet werden.
Von der in den Anträgen der Oppositionsfraktionen SPD,
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geforderten
gesetzlichen Gleichstellung des Zeitarbeitnehmers mit dem
vergleichbaren Stammmitarbeiter hält der CGB wenig. Dies
nahmen abgegeben, die in der Ausschussdrucksache
17(11)207 zusammengefasst sind.

würde u. a. den Sozialpartnern die Möglichkeit beschneiden,
Zusatzvereinbarungen zu treffen. Angesichts der bevorste-

Drucksache 17/3082 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

henden uneingeschränkten Arbeitnehmerfreizügigkeit für
zehn osteuropäische Staaten fordert die Organisation, eine
Lohnuntergrenze für die Zeitarbeit über das Arbeitnehme-
rentsendegesetz zu schaffen.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) empfiehlt, Vor- und
Nachteile einer konsequenteren Umsetzung des Gleichstel-
lungsgrundsatzes unter Berücksichtigung ausländischer Er-
fahrungen abzuwägen. Einer wahrscheinlichen Verteuerung
der Zeitarbeit auch für entleihende Unternehmen stünden
Vorteile wie eine höhere Arbeitsmotivation und Identifika-
tion der Zeitarbeitnehmer mit dem Einsatzbetrieb sowie
mehr Akzeptanz der Zeitarbeit gegenüber. Auch könnten die
Leistungen der Grundsicherung an Zeitarbeitskräfte redu-
ziert werden. Zum Thema Mindestlohn verweist die BA
darauf, dass bisher eine beachtliche Anzahl der Zeitarbeit-
nehmer noch nicht von einem für allgemeinverbindlich
erklärten Tarifvertrag erfasst würden. Wenn ab Mai 2011
volle Arbeitnehmerfreizügigkeit mit weiteren acht EU-Mit-
gliedern gelte, könnte sich dies zum Problem entwickeln.
Die Einführung eines Mindestlohns z. B. in der Zeitarbeits-
branche könnte stabilisierend wirken. Des Weiteren entspre-
che die Forderung nach einem finanziellen Ausgleich für den
höheren Flexibilitätsanspruch dem in Frankreich geltenden
Recht.

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberver-
bände (BDA) spricht sich gegen gesetzliche Änderungen des
deutschen Rechts im Bezug auf die Leiharbeit aus. Dem miss-
bräuchlichen Einsatz von Zeitarbeit wie bei SCHLECKER
sei inzwischen durch tarifvertragliche Regelungen begegnet
worden, die ein ähnliches Vorgehen in Zukunft verhinderten.
Vor dem Hintergrund der bevorstehenden vollen Arbeitneh-
merfreizügigkeit für die EU-Mitgliedsländer in Mittel- und
Osteuropa unterstützt die BDA aber die Bestrebungen der
Zeitarbeitsbranche nach einem allgemeinverbindlichen Min-
destlohn und nach Aufnahme in das Arbeitnehmer-Ent-
sendegesetz.

Der Arbeitgeberverband Mittelständischer Personal-
dienstleister (AMP) lehnt die vorgeschlagenen Varianten
der Einführung des Equal-pay-Grundsatzes in der Zeitarbeit
ab. Einem Teil der Arbeitskräfte würden dadurch erhebliche
Einkommensverluste drohen. In anderen Bereichen würden
massiv Arbeitsplätze wegfallen. Das größte Problem für die
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen liege aber in der Planungs-
unsicherheit wegen der wechselnden Einsätze in Bereichen
mit unterschiedlichster Entlohnung. Gänzlich unpraktikabel
würde der Gleichbehandlungsgrundsatz in Bezug auf Ur-
laubstage, Fortbildung und den zu erwartenden bürokrati-
schen Aufwand. Weiter wird kritisiert, dass eine Begrenzung
der Arbeitnehmerüberlassung auf drei Monate und die Ein-
führung fester Grenzen für den Anteil der Zeitarbeitskräfte
in den Kundenbetrieben die wirtschaftlich vorteilhafte Flexi-
bilität von Zeitarbeit zunichte mache, obwohl statistische
Auswertungen belegten, dass keinerlei Notwendigkeit für
derartige Maßnahmen bestehe.

Der Bundesverband Deutscher Dienstleistungsunterneh-
men (BVD) lehnt weitere gesetzliche Regelungen der Zeit-
arbeit ab. Weder ein Einzelfall wie SCHLECKER noch die
Anwendungspraxis des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes
rechtfertigten das. Die flächendeckenden Tarife für die Zeit-

dige Nutzung der Zeitarbeit. Belastbare Annahmen einer
anderen Entwicklung seien auch im Hinblick auf den euro-
päischen Arbeitsmarkt gegenwärtig nicht vorhanden.

Der Bundesverband Zeitarbeit Personal-Dienstleistungen
(BZA) lehnt ebenfalls jede erneute Regulierung der Zeitarbeit
in Deutschland ab, die die Erfolge der Vergangenheit igno-
riere und eine Wiederholung dieser positiven Entwicklung im
Aufschwung verhindere. Gerade angesichts der Wirtschafts-
krise und knapper Budgets für arbeitsmarktpolitische Maß-
nahmen sei es ein Gebot der beschäftigungspolitischen und
wirtschaftlichen Vernunft, die Zeitarbeitsbranche nicht neuen
Regulierungen zu unterziehen. Das Zeitarbeitsverhältnis er-
fülle die Kriterien eines regulären Arbeitsverhältnisses. Es
handele sich in der Regel um unbefristete Arbeitsverträge,
Vollzeittätigkeit, Tarifbindung sowie Sozialversicherungs-
pflicht.

Die Sachverständige Dr. Claudia Weinkopf verweist dar-
auf, dass ein zentrales Ziel der im Dezember 2002 ver-
abschiedeten Reformen der Arbeitnehmerüberlassung darin
bestand, „ein angemessenes Schutzniveau für die Zeit-
arbeitnehmerinnen und Zeitarbeitnehmer zu gewährleisten“.
Heute spreche vieles dafür, dass dieses Ziel nicht erreicht
worden sei. Im europäischen Vergleich seien Leiharbeits-
kräfte in Deutschland vor allem bei der Entlohnung schlecht
gestellt. Mehr als zwei Drittel der Leiharbeitskräfte arbei-
teten hier für Stundenlöhne unterhalb der Niedriglohn-
schwelle. Der Durchschnittslohn von Leiharbeitskräften
betrage nur 9,71 Euro brutto pro Stunde. Da Einsatzschwer-
punkt der Leiharbeit in Deutschland vor allem die gewerb-
liche Branchen mit einem vergleichsweise hohen Lohn-
niveau seien, seien die Lohnunterschiede zwischen Leiharbeit
und Stammbelegschaft besonders ausgeprägt. Unter ande-
rem durch die faktische Aushöhlung des im Gesetz veranker-
ten Equal-pay-Gebotes mittels tariflicher Regelungen sei es
erleichtert worden, durch den Einsatz von Leiharbeit tarifli-
che Standards zu unterlaufen. Die Vorschläge der Opposi-
tionsfraktionen zur Reregulierung der Leiharbeit gingen in
die richtige Richtung.

Der Sachverständige Norbert Lenhard kritisiert, dass nach
seinen Erfahrungen Leiharbeit oftmals Normalarbeitsverhält-
nisse verdränge. Der aktuelle Beschäftigungsaufbau erfolge
auf Grund der Personalbedarfe. Die Mitarbeiter erbrächten
im Regelfall nach spätestens drei Monaten vergleichbare
Wertschöpfung im Bereich der un- bzw. angelernten Tätig-
keiten. Ohne das Instrument der Arbeitnehmerüberlassung
würden die Einstellungen zu den in der Metallindustrie tarif-
lichen bzw. betrieblich üblichen Bedingungen erfolgen.
Selbst bei nur befristeter Einstellung würde dies für die neu
eingestellten Arbeitnehmer eine höhere Sicherheit und eine
bessere Entlohnung bedeuten. Leiharbeit könne aus seiner
Sicht nicht als arbeitsmarktpolitisches Instrument bezeichnet
werden. Vielmehr sei man auf Grund der alltäglichen Er-
fahrungen zu dem Schluss gekommen, dass es sich dabei um
legale Umgehungsstrategien von Tarif-, Beschäftigungs- und
Mitbestimmungsstandards handele, die von der Arbeitgeber-
seite in diesem Sinne eingesetzt würden. Änderungen am
Arbeitnehmerüberlassungsgesetz müssten daher u. a. wieder
den Grundsatz „Gleiche Arbeit – Gleiches Geld“ durch-
setzen.
arbeit sicherten auch langfristig die Arbeitnehmer der Zeit-
arbeit und die für die wirtschaftliche Entwicklung notwen-

Der Sachverständige Markus Breitscheidel kritisiert mas-
sive negative Auswirkungen des Niedriglohnsektors. Dieser

ausübten. Das geschehe aber zu deutlich schlechteren Löh-
nen und Arbeitsbedingungen. Die konzerninternen Verleih-
praktiken stellten nur die Spitze eines grundlegenden Wand-
lungsprozesses dar: Das Flexibilisierungsinstrument Leih-
arbeit habe sich im Gefolge der Deregulierung des AÜG
zunehmend zu einem Instrument der strategischen Unterneh-
mensführung gewandelt. Vor allem im exportorientierten
verarbeitenden Gewerbe, aber auch im Gesundheitssektor,
im Einzelhandel und in der Nahrungsmittelindustrie setzten
immer mehr Unternehmen Leiharbeit nicht mehr allein zum
Ausgleich kurzfristiger Nachfrageschwankungen ein, son-
dern als Flexibilisierungsinstrument zur Korrektur von
Arbeitsstandards. In den vorliegenden Initiativen sei u. a.
der Gleichbehandlungsgrundsatz im Antrag der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sehr gut konkretisiert. Auch
die dort und von der SPD-Fraktion geforderte Einführung
eines Mindestlohns für verleihfreie Zeiten sei notwendig, um
faire Konkurrenz zu schaffen. Die Aufnahme der Zeitarbeit

Zu Buchstabe b

Der Ausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion der SPD dem Deutschen Bundestag
die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/426 empfoh-
len.

Zu Buchstabe c

Der Ausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion der SPD dem Deutschen Bundestag
die Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/551 empfoh-
len.

Berlin, den 29. September 2010

Jutta Krellmann
Berichterstatterin
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/3082

wachse gerade im Bereich der Leiharbeit und werde aus
Steuergeldern subventioniert. Tariflich entlohnte Arbeits-
plätze würden so gefährdet. Kranken- und Rentenkassen
müssten in der Folge erhebliche Ausfälle verkraften. Der
Binnenmarkt sei durch Kaufkraftverlust geschwächt. Zu-
dem wird kritisiert, dass Leiharbeiter vertraglich nur an ihre
Leihfirma gebunden seien und ihnen damit beim Einsatz als
Werksarbeiter werksspezifische Vereinbarungen nicht zur
Verfügung stünden. Als eine weitere Folge der Entwicklung
seien Belegschaften in sich gespalten und arbeiteten am
gleichen Arbeitsplatz zu verschiedenen Bedingungen.
Streiks führten damit nicht mehr zu Produktionsausfällen,
wodurch ein wichtiger Faktor bei Tarifverhandlungen verlo-
ren gehe.

Der Sachverständige Prof. Dr. Klaus Dörre weist auf die
qualitativen Veränderungen bei der Nutzung von Leiharbeit
hin. In wichtigen Unternehmen werde diese Beschäftigungs-
form intensiv (Zeitarbeiteranteil von mehr als 20 Prozent der
Belegschaften) und strategisch eingesetzt. Leiharbeiter ver-
richteten dort alle Tätigkeiten, die auch Stammbeschäftigte

in das Arbeitnehmer-Entsendegesetz sei dafür eine geeignete
Maßnahme.

Weitere Einzelheiten können der Ausschussdrucksache
17(11)207 im Internet auf der Seite des Ausschusses für
Arbeit und Soziales unter www.bundestag.de entnommen
werden.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die Anträge auf
den Drucksachen 17/1155, 17/426 und 17/551 in seiner
33. Sitzung am 29. September 2010 abschließend beraten.

Zu Buchstabe a

Der Ausschuss hat mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE. dem Deutschen Bundestag die Ableh-
nung des Antrags auf Drucksache 17/1155 empfohlen.

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