BT-Drucksache 17/2995

Energiekonzept der Bundesregierung - Gebäudesektor

Vom 17. September 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2995
17. Wahlperiode 17. 09. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Daniela Wagner, Bettina Herlitzius, Ingrid Nestle,
Stephan Kühn, Winfried Hermann, Dr. Anton Hofreiter, Dr. Valerie Wilms
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Energiekonzept der Bundesregierung – Gebäudesektor

Die Bundesregierung hat am 6./7. September 2010 ihr „Energiekonzept – Neun
Punkte für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversor-
gung“ basierend auf der Studie „Energieszenarien für ein Energiekonzept der
Bundesregierung“ vorgestellt. Zu Recht konstatiert das Energiekonzept der
Bundesregierung die zentrale Schlüsselstellung des Gebäudebestandes zur
Modernisierung der Energieversorgung und zum Erreichen der Klimaschutz-
ziele. Betreffend der Ausrichtung des Energiekonzepts und angesichts der Haus-
haltslage sowie Haushaltsplanung ergeben sich hinsichtlich des Konzepts der
Bundesregierung einige Unklarheiten.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie setzt sich das auf Seite 5 des Energiekonzepts konstatierte Investitions-
volumen von 20 Mrd. Euro jährlich zusammen (bitte aufschlüsseln nach
Bund, Bundesländern, Kommunen, private Investoren, Förder- und Markt-
anreizprogramme)?

2. Welche Summe entfällt auf den zentralen Schwerpunkt der Sanierung des
Gebäudebestandes, wie soll diese finanziert werden, und aus welchen Förder-
und Marktanreizprogrammen setzt sich diese zusammen?

3. Wird die Bundesregierung eine transparente Kennzeichnung des Energiever-
brauchs, wie auf Seite 12 des Energiekonzepts angekündigt, auch für den Ge-
bäudebestand per Gebäudeenergieausweise verbindlich machen und somit
die Rolle von Mietern im Gebäudebestand deutlich stärken, und erkennt sie
an, dass einheitliche, den Mietern uneingeschränkt zugängliche Ausweise
wichtige Faktoren für die Transparenz sind?

4. Wie ist die Aussage „der Schlüssel zu mehr Energieeffizienz ist der Gebäude-
bereich“ auf Seite 13 des Energiekonzepts mit den Kürzungen im Haushalts-
ansatz 2011 und der weiterhin unklaren Finanzierung des CO2-Gebäudesanie-
rungsprogramms über 2011 hinaus in Einklang zu bringen?
5. Wie will die Bundesregierung angesichts der Haushaltslage und der Reduzie-
rung sowie der unklaren Finanzierung des CO2-Gebäudesanierungspro-
gramms über 2011 hinaus die Sanierungsquote auf 2 Prozent steigern?

6. Was versteht die Bundesregierung unter einem auf Seite 14 des Energiekon-
zepts angekündigten aussagekräftigen Energieausweis für Gebäude?

Drucksache 17/2995 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

7. Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse liegen der Annahme auf Seite 27
des Energiekonzepts zu Grunde, dass eine Sanierungsquote von 2 Prozent
ausreichend ist, um bis 2050 einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand
zu erreichen?

8. Wie begründet die Bundesregierung es, erst nach 2020, also mehrere Legis-
laturperioden nach der jetzigen Bundesregierung, deutlich verschärfte Ein-
sparziele im Gebäudebereich anzustreben, indem, gerechnet ab 1990, bis
2020 lediglich 20 Prozent des Wärmebedarfs in Gebäuden eingespart wer-
den, bis 2050 dann aber 85 Prozent?

9. Wann und in welcher Höhe wird die Bundesregierung die im Energiekonzept
angesprochene deutlich bessere Ausstattung des bewährten CO2-Gebäude-
sanierungsprogramms realisieren?

10. Wie und wann wird die Bundesregierung die ebenso angesprochene verbes-
serte Förderung zur energetischen Sanierung – welche neu eingeführt wer-
den soll – umsetzen?

11. Wie schätzt die Bundesregierung den Austausch von Ölheizkesseln als Maß-
nahme zur Reduzierung des Verbrauchs an fossilen Energieträgern mit Blick
auf die auf Seite 26 des Energiekonzepts getroffene Aussage ein, die die
energetische Sanierung des Gebäudebestandes als „wichtigste Maßnahme“
bezeichnet, „um den Verbrauch an fossilen Energieträgern nachhaltig zu
mindern“?

12. Was ist mit einem langfristigen Sanierungsplan gemeint, erwägt die Bundes-
regierung eine Sanierungspflicht, und wenn ja, wie soll diese ausgestaltet
sein?

13. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass eine Verdopplung der ener-
getischen Sanierungsrate von 1 Prozent auf 2 Prozent notwendig ist, um bis
2050 einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen?

14. Wie wird sich der Nullemissionsstandard, den die Bundesregierung bis 2050
im gesamten Gebäudebestand erreicht haben will, bemessen?

15. Welche Kennwerte für den Primärenergieverbrauch sollen in welchen
Stufen bis 2050 eingeführt werden, und wie werden diese Kennwerte be-
rechnet?

16. Was ist unter einem nahezu klimaneutralen Gebäudebestand nach Auf-
fassung der Bundesregierung zu verstehen?

17. Worin genau unterscheidet sich ein Gebäudebestand auf Nullemissions-
niveau von einem nahezu klimaneutralen Gebäudebestand, und was ist unter
den beiden Standards genau zu verstehen?

18. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Studie zu den „Energie-
szenarien für ein Energiekonzept der Bundesregierung“ auf Seite 62 des
Energiekonzepts, dass effizientere Heizanlagen und der Ersatz von Be-
standsgebäuden nachrangig der energetischen Sanierung von Gebäuden zu
behandeln ist?

19. Setzt sich die Bundesregierung für eine Fortführung des Marktanreizpro-
gramms zur Förderung des Einsatzes erneuerbarer Energien mit zusätzlichen
Mitteln von 200 Mio. Euro pro Jahr ein?

20. Wie schätzt die Bundesregierung ein „haushaltsunabhängiges Instrument“
zur Förderung des Einsatzes erneuerbarer Energien im Wärmebereich ein,
und was genau ist darunter zu verstehen?

21. Wie schätzt die Bundesregierung eine verschärfte Ordnungspolitik und

Sanktionen für Haushalte mit zu alten Heizungen ein, und wie sollen diese
ausgestaltet werden?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/2995

22. Plant die Bundesregierung eine „Modernisierungsoffensive für Gebäude“,
und was sind deren Kerninhalte?

23. Plant die Bundesregierung die Wiedereinführung einer Sonderabschreibung
für die Sanierung des Gebäudebestandes nach dem Muster des alten § 82a
der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung, und wenn ja, soll diese
Sonderabschreibung nur auf energetische Sanierungsmaßnahmen oder auf
alle Sanierungsmaßnahmen bezogen werden?

24. Sind weitere Steuermodelle zur Unterstützung der energetischen Sanierung
geplant, und wenn ja, welche?

25. Plant die Bundesregierung ein kommunales Förderprogramm „Energetische
Städtebausanierung“ bei der KfW Bankengruppe, und wenn ja, welche Mit-
tel werden dafür im Haushalt 2011 bereitgestellt?

26. Wie soll das Programm „Energetische Städtebausanierung“ inhaltlich und
finanziell ausgestaltet werden?

27. Aus welchen anderen Förderlinien und Haushaltspositionen kommen vor
dem Hintergrund der Schuldenbremse die Mittel für das neue Programm?

28. Inwiefern plant die Bundesregierung, wie auf Seite 29 des Energiekonzepts
formuliert, das Mietrecht für energetische Sanierungen investitionsfreund-
licher zu gestalten und zu novellieren?

29. Welche Fehlanreize sieht die Bundesregierung, wie auf Seite 29 des Energie-
konzepts formuliert, in Bezug auf energetische Gebäudesanierungen in der
derzeitigen Vergleichsmietenregelung nach § 558 des Bürgerlichen Gesetz-
buchs (BGB)?

30. Mit welchen zusätzlichen Belastungen für die Mieterinnen und Mieter rech-
net die Bundesregierung durch die Umlagemöglichkeit der Kosten von ener-
getischen Sanierungen?

31. Welche Konzepte bestehen seitens der Bundesregierung, mit denen mög-
liche zusätzliche Belastungen gerade für einkommensschwache Mieterin-
nen und Mieter abgefedert werden könnten?

32. Stimmt die Bundesregierung damit überein, dass für die umfassenden
Kosten der notwendigen energetischen Gebäudesanierungen der Staat, die
Eigentümer und die Mieter aufkommen sollten?

33. Mit welchen gesetzlichen Regelungen und in welchem Zeitfenster möchte
die Bundesregierung das Energie-Contracting erleichtern und, analog dazu,
einheitliche Regelungen schaffen?

34. Was versteht die Bundesregierung unter der auf Seite 28 des Energiekon-
zepts angeführte Weiterentwicklung der Energieeinsparverordnung (EnEV)
sowie des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes (EEWärmeG), und wie
soll diese Weiterentwicklung ausgestaltet werden?

35. Welche Kennwerte für den Primärenergieverbrauch sowie Endenergiever-
brauch sollen in welchen Stufen bis 2050 eingeführt werden, und wie werden
diese Kennwerte berechnet?

36. Wie steht das Zielszenario der Bundesregierung für den Primärenergiever-
brauch mit dem Endenergieverbrauch in Zusammenhang?

37. Plant die Bundesregierung ein kommunales Förderprogramm „Energetische
Städtebausanierung“ im Rahmen der Programme der KfW Bankengruppe,
und wie soll das inhaltlich und finanziell ausgestaltet werden?

38. Plant die Bundesregierung die Energiesteuern im Wärmemarkt stärker nach
den CO2-Emissionen der fossilen Energieträger auszurichten, und wenn ja,

was würde dies z. B. für die Besteuerung von (fossilem) Heizöl und Erdgas
bedeuten?

Drucksache 17/2995 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
39. Plant die Bundesregierung bei eigenen künftigen Neubauten und bei beste-
henden Liegenschaften eine Vorbildfunktion bei der Reduzierung des Ener-
gieverbrauchs einzunehmen, und wenn ja, welchen Gebäudestandard sollen
Neubauten und Sanierungen im Bestand dann konkret mindestens ab 2011
erfüllen, und welche weiteren Stufen sind geplant?

40. Wird die Bundesregierung sektorspezifische CO2-Minderungsziele für den
Gebäudebereich bis 2020 und darüber hinaus benennen, und wenn ja, welche,
und wenn nein, warum nicht?

41. Wann wird das im Bericht des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung (BMVBS) zur Nachbereitung der Klimakonferenz in
Kopenhagen und den zu ziehenden Konsequenzen (Ausschussdrucksache
17(15)19), vom BMVBS angekündigte „sektorspezifische Energie- und
Klimakonzept für die Bereiche Verkehr und Gebäude“ aufgestellt, oder sind
der Verkehrs- und der Gebäudeteil des Energiekonzepts, das unter der Feder-
führung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi)
und des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit (BMU) erarbeitet wird, als dieses angekündigte Konzept zu verstehen?

42. Inwieweit teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass eine eigene öffent-
liche Positionierung des zuständigen Bundesministeriums für Verkehr, Bau
und Stadtentwicklung in einem sektorspezifischen Energie- und Klima-
konzept deutlich vor der Verabschiedung eines allgemeinen Energiekon-
zepts sinnvoll gewesen wäre, um die Bedeutung des Verkehrs- und Gebäude-
bereichs für den Energiebereich zu unterstreichen und in den anstehenden
Ressortabstimmungen mit den federführenden Bundesministerien mit mehr
eigenem Gewicht auftreten zu können?

43. In welchem Maße wurde die im August 2009 durch das Umweltbundesamt
erstellte Studie „Gesamtwirtschaftliche Wirkungen von Energieeffizienz-
maßnahmen in den Bereichen Gebäude, Unternehmen und Verkehr“ im En-
ergiekonzept der Bundesregierung berücksichtigt?

44. In welchem Maße wurde die in 2008 durch das Umweltbundesamt erstellte
Studie „Umweltschädliche Subventionen in Deutschland“, in der konstatiert
wurde, dass eine Reduktion umweltschädlicher Subventionen ein Finanz-
volumen von bis zu 42 Mrd. Euro jährlich ergeben würde, im Energiekon-
zept der Bundesregierung berücksichtigt?

Berlin, den 17. September 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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