BT-Drucksache 17/2917

Die Rolle des Luftfahrt-Bundesamtes bei der Rechtsdurchsetzung von Reisenden

Vom 13. September 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2917
17. Wahlperiode 13. 09. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Markus Tressel, Nicole Maisch, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell,
Winfried Hermann, Bärbel Höhn, Dr. Anton Hofreiter, Undine Kurth (Quedlinburg),
Ingrid Nestle, Friedrich Ostendorff, Dorothea Steiner, Daniela Wagner, Dr. Valerie
Wilms und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Rolle des Luftfahrt-Bundesamtes bei der Rechtsdurchsetzung von Reisenden

Das Luftfahrt-Bundesamt (LBA) ist durch Gesetz vom 30. November 1954
(BGBl. I S. 354) als Bundesoberbehörde für Aufgaben der Zivilluftfahrt er-
richtet worden. Es untersteht dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung (BMVBS).

Die Aufgaben, die das LBA zu erfüllen hat, sind äußerst vielfältig. Auf der einen
Seite gehören viele technische Aufgaben, auf der anderen Seite zählen auch öko-
nomische Bewertungen dazu. Außerdem soll das LBA die Durchsetzung von
Verbraucherrechten im Hinblick auf den Flugverkehr überwachen und gewähr-
leisten.

Das LBA verweist auf seiner Website darauf, dass Flugreisende in der Europä-
ischen Union seit dem 17. Februar 2005 weiterreichende Rechte gegenüber den
Fluggesellschaften geltend machen können. Die Verordnung (EG) Nr. 261/2004
befasst sich mit vier Kategorien von inakzeptabler Beförderungsleistung: Nicht-
beförderung, Annullierung, Verspätung und Höher- beziehungsweise Herabstu-
fung. Je nach Schwere der Situation werden Ausgleichs- und Unterstützungs-
leistungen erforderlich. Grundsätzlich sind die Luftfahrtunternehmen verpflich-
tet, Flugreisende über ihre Fluggastrechte zu informieren (Informationspflicht).
Die Regelungen der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 beziehen sich sowohl auf
Linien- als auch auf Nichtlinienflüge einschließlich der Flüge im Rahmen einer
Pauschalreise. Ein verpasster Anschlussflug und ein daraus entstandener Scha-
den fallen nicht unter die Verordnung (EG) Nr. 261/2004.

Die nach Artikel 16 der sog. Fluggastrechteverordnung (EG) Nr. 261/2004 zur
„Durchsetzung dieser Verordnung in Bezug auf Flüge von in seinem Hoheitsge-
biet gelegenen Flughäfen und Flüge von einem Drittland zu diesen Flughäfen“
zuständige Beschwerde- und Durchsetzungsstelle in Deutschland ist das Luft-
fahrt-Bundesamt. Auch die Durchsetzung der Rechte von Fluggästen mit einge-
schränkter Mobilität soll das LBA ebenso wie die Transparenz bei der Angabe
von Flugpreisen gewährleisten. In Artikel 16 der Fluggastrechteverordnung
heißt es darüber hinaus: „Gegebenenfalls ergreift diese Stelle die notwendigen

Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Fluggastrechte gewahrt werden.“

Bis Ende 2008 hat das Luftfahrt-Bundesamt 84 Ordnungswidrigkeitsverfahren
eingeleitet. Seit Jahresmitte 2009 ist ein sprunghafter Anstieg auf 1 400 Fälle zu
verzeichnen, bei denen Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet worden sind
(vgl. Bundestagstagsdrucksache 17/2626, Antwort der Bundesregierung zu
Frage 17). Das Statistische Bundesamt hat jüngst verkündet, dass im Jahr 2009
4,1 Millionen Starts von deutschen Flughäfen (ca. 1 000) stattgefunden haben.

Drucksache 17/2917 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Sowohl dem Statistischen Bundesamt als auch der Bundesregierung liegen je-
doch keine Daten vor, wie viele Flüge verspätet gestartet oder gelandet bezie-
hungsweise annulliert worden sind (siehe Antwort der Bundesregierung auf
Bundestagsdrucksache 17/2626). Das verwundert. Denn die Fluggesellschaften
sind nach § 12 des Verkehrsstatistikgesetzes (VerkStatG) auskunftspflichtig. Sie
müssen demnach sogar detaillierte Angaben über die ein-, aus- oder umsteigen-
den Fluggäste melden. Zudem sind alle Flughäfen in der Lage durch ihr EDV-
System bis zu drei Monate nachzuverfolgen, welcher Flug unter welcher Flug-
nummer (und damit auch welcher Airline) stattgefunden, verspätet stattgefun-
den hat oder annulliert worden ist.

Wir fragen die Bundesregierung daher erneut:

1. Wie viele Starts und Landungen welcher Fluggesellschaft wurden in den
Jahren 2009 und 2010 (bisher) auf deutschen Flughäfen abgesagt (hier ohne
Absagen aufgrund von Flugasche im relevanten Zeitraum)?

2. Wie viele Starts und Landungen hatten diese Fluggesellschaften in diesem
Zeitraum insgesamt beantragt bzw. zugewiesen bekommen (mit Hilfe dieser
Zahlen soll der prozentuale Ausfall je Fluggesellschaft ermittelt werden)?

3. Welche Zielflughäfen in Deutschland und welche Reiseziele waren beson-
ders von den Absagen betroffen?

4. Welche Gründe sind der Bundesregierung für die Absagen bekannt – nach
prozentualer Häufigkeit?

5. Welche Fluggesellschaften haben dabei aus welchen Gründen Starts und
Landungen abgesagt (bitte nach Häufigkeit sortiert)?

6. Wie bewertet das Luftfahrt-Bundesamt die gehäuften, oftmals viel zu kurz-
fristig und schlecht kommunizierten Absagen insbesondere bei easyJet – die
mittlerweile Personalengpässe bestätigten – im Hinblick auf die Fluggast-
rechteverordnung?

7. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, wie viele der Flug-
gäste die Rolle des Luftfahrt-Bundesamtes als rechtdurchsetzendes Organ
und verbraucherrelevante Institution kennen?

8. Wie groß ist das für Verbraucherbeschwerden angelegte Referat Z5 beim
LBA, und ist die Größe des Referats für den Kompetenzbereich nach Mei-
nung der Bundesregierung mit genügend Personalressourcen ausgestattet?

9. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, wie viele der deut-
schen Fluggäste die Fluggastrechteverordnung kennen?

Wenn ja, wie viele?

Wenn nein, spielt diese Erkenntnis nach Meinung der Bundesregierung auch
keine Rolle zur adäquaten Bewertung der Rechtdurchsetzung von den Flug-
gastrechten?

10. Sieht die Bundesregierung in dem zweitstufigen Beschwerdeverfahren, das
zuweilen Monate dauert, einen geeigneten Mechanismus, die Fluggastrechte
von Verbrauchern gegenüber den Airlines durchzusetzen?

11. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, wie viele der deut-
schen Fluggäste auf Grundlage der Fluggastrechteverordnung ihre Rechte
im Falle einer Missachtung durch das Unternehmen geltend machen wollen
und es tatsächlich machen?

12. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, wie viele Beschwer-
den der deutschen Fluggäste den Luftfahrtunternehmen in der ersten Stufe

in den Jahren 2008, 2009 und 2010 (Stand jetzt; Jahre bitte einzeln auflisten)
vorliegen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/2917

13. Bei wie vielen dieser Beschwerden wurde in der zweiten Stufe das LBA auf-
gesucht (bitte einzeln nach Jahr auflisten)?

14. Wie häufig hat das LBA dabei einen Rechtsanspruch auf Grundlage der
Fluggastrechteverordnung für den Fluggast erkannt, und wie häufig hat das
LBA gemäß Artikel 16 ein Sanktionsverfahren eingeleitet und vollzogen
(bitte einzeln nach Jahren auflisten)?

15. Worin liegen die Gründe für den sprunghaften Anstieg der nach Artikel 16
der Fluggastrechteverordnung eingeleiteten Ordnungswidrigkeitsverfahren
zwischen 2008 und 2009 (siehe Antwort der Bundesregierung auf Bundes-
tagsdrucksache 17/2626)?

16. Gegen welche Unternehmen richteten sich die 84 Ordnungswidrigkeitsver-
fahren im Jahr 2008, und auf Grundlage welcher missachteten Rechts-
ansprüche der Fluggastrechteverordnung wurden diese verhängt?

17. Sieht die Bundesregierung in der durchschnittlich 3000 Euro betragenden
Bußgeldhöhe eine verhältnismäßige, abschreckende Sanktion, und wie er-
klärt sie sich die Diskrepanz zu den 1 400 im Jahr 2009 eingeleiteten Ord-
nungswidrigkeitsverfahren?

18. Gibt es vom LBA außer den Ordnungswidrigkeitsverfahren weitere Sank-
tionsmaßnahmen, die in Betracht gezogen werden?

19. Ab wann sehen das LBA beziehungsweise die Bundesregierung einen
signifikanten Anstieg der Ordnungswidrigkeitsverfahren als gegeben, um
gemäß Artikel 16 „weitere, notwendige Maßnahmen sicherzustellen, dass
die Fluggastrechte gewahrt werden“?

20. Sind seit der Antwort der Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache
17/2626 Maßnahmen gegen easyJet eingeleitet worden?

Berlin, den 10. September 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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