BT-Drucksache 17/2875

Förderung von sogenanntem unkonventionellem Erdgas in Deutschland transparent gestalten

Vom 7. September 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2875
17. Wahlperiode 07. 09. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Oliver Krischer, Hans-Josef Fell, Dorothea Steiner, Cornelia
Behm, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Ingrid Nestle, Friedrich Ostendorff,
Dr. Hermann Ott, Markus Tressel, Daniela Wagner, Dr. Valerie Wilms
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Förderung von sogenanntem unkonventionellem Erdgas in Deutschland
transparent gestalten

Als unkonventionelles Erdgas bezeichnet man Gas, welches durch neuartige
Bohrmethoden aus tiefen Gesteinsschichten wie Tonsteinen (Shale Gas), Sand-
steinen, Kalksteinen, Kohleflözen, Aquiferen und Gashydraten gewonnen wer-
den kann. Verfeinerte Bohrmethoden machen die Förderung dieses Erdgases
möglich und erschwinglich. Die Internationale Energieagentur schätzt die welt-
weiten Reserven auf 921 Billionen Kubikmeter, was dem Fünffachen der welt-
weit in den konventionellen Reservoirs lagernden Mengen entspricht.

In den USA macht die Förderung von unkonventionellem Erdgas schon heute
mehr als 40 Prozent der Gesamtförderung an Erdgas aus. Von dort stammen je-
doch auch Berichte über erhebliche Umweltbelastungen, die mit der Förderung
von unkonventionellem Erdgas, insbesondere dem sogenannten Shale Gas, in
Zusammenhang stehen. So wird in den Medien von Verunreinigungen des
Grundwassers sowie von Giftstoffen wie Arsen und radioaktiven Stoffen, die
bei der Förderung an die Oberfläche gelangen, berichtet. Auch in Europa wer-
den große Vorkommen an unkonventionellem Erdgas vermutet.

Die Bundesregierung hat in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Aktueller Stand der Förderung von unkonven-
tionellem Erdgas in Deutschland“ (Bundestagsdrucksache 17/1867) angegeben,
für die Vergabe der Lizenzen für Probebohrungen seien die Bergbehörden der
Bundesländer zuständig. Weiter habe sich bisher nur der Konzern ExxonMobil
Central Europe Holding GmbH zur Suche nach Shale Gas in Deutschland be-
kannt. Laut Medienberichten sind jedoch bereits deutlich mehr Firmen in
Deutschland aktiv und haben auch schon Probebohrungen durchgeführt. Dabei
sei auch schon mit der Methode des sogenannten Fracing vorgegangen worden,
welche durch einen hohen Einsatz giftiger Chemikalien und einen hohen Wasser-
verbrauch gekennzeichnet ist.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Bundesregierung:

1. Welche Firmen suchen nach Kenntnis der Bundesregierung gegenwärtig in
Deutschland nach unkonventionellem Erdgas (bitte auflisten)?

2. An welchen Orten in Deutschland wurde die Durchführung von Probeboh-
rungen nach unkonventionellem Erdgas bei den Bergbehörden der Bundes-
länder beantragt, und wo wurden welche Bohrungen genehmigt bzw. ab-
gelehnt?

Drucksache 17/2875 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

3. An welchen Orten in Deutschland haben bereits Probebohrungen nach un-
konventionellem Erdgas stattgefunden?

4. An welchen Orten in Deutschland haben bereits Probebohrungen nach un-
konventionellem Erdgas stattgefunden, bei denen auch die Fracing-
Methode eingesetzt wurde?

5. Wurden oder werden bei der Tightgasförderung in Niedersachsen oder in an-
deren Bundesländern chemische Substanzen mit oder ohne Fracing-Methode
eingesetzt?

6. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über mögliche Umwelt-
schäden vor, die bei der Förderung von unkonventionellem Erdgas entste-
hen können?

7. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die bei der Förde-
rung von unkonventionellem Erdgas entstehenden Belastungen des Grund-
wassers vor?

8. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die bei der Förde-
rung von unkonventionellem Erdgas entstehenden Luftemissionen vor?

9. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über den Flächenver-
brauch bei der Förderung von unkonventionellem Erdgas vor?

10. Wie bewertet die Bundesregierung die Gefahr durch bei der Förderung von
unkonventionellem Erdgas an die Oberfläche gelangenden Schadstoffen,
wie zum Beispiel Arsen oder radioaktiven Stoffen, und welche fachge-
rechte Entsorgung nach dem geltenden Regelwerk ist hierfür vorgesehen?

11. Welche Mengen an Wasser wurden bei der Förderung von unkonventionel-
lem Erdgas in Deutschland benötigt, und wo kommt dieses Wasser her?

12. Wie wird das bei der Förderung von unkonventionellem Erdgas entste-
hende Abwasser gereinigt bzw. entsorgt?

13. Haben die zuständigen Bergämter von den explorierenden Unternehmen
im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für Probebohrungen und/oder
Fracing detaillierte Informationen über die dabei eingesetzten Chemikalien
verlangt, und wenn nein, warum nicht?

14. Besteht eine Offenlegungspflicht für die explorierenden Unternehmen über
die genauen Bestandteile der bei der Förderung von Unkonventionellem
Erdgas verwendeten Chemikalien gegenüber den zuständigen Bergämtern
der Bundesländer oder anderen Genehmigungsbehörden, und wenn nein,
warum nicht?

15. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass in Deutschland nach
Medienberichten bereits Fracing stattgefunden hat, obwohl bisher noch
keine Forschungen zu den Umweltauswirkungen stattgefunden haben?

16. Welche Informationen liegen der Bundesregierung und den Bergämtern der
Länder über die bei der Fracing-Methode eingesetzten Chemikalien vor?

17. Verfügen die Bundesregierung und die Bergämter der Länder über eine
Auflistung der Chemikalien und Mengen, die beim Fracing in Deutschland
eingesetzt wurden, und wenn ja, welche sind das?

18. Welche Maßnahmen haben die Bergämter der Bundesländer, in denen
Fracing bisher stattgefunden hat, ergriffen, um Verunreinigungen des
Grundwassers durch die dabei eingesetzten Chemikalien zu verhindern?

19. Führen die Bergämter der Bundesländer ein Monitoring der Auswirkungen
des Fracing auf das Grundwasser durch, und wenn ja, wer übernimmt die

Kosten des Monitorings?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/2875

20. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die Dichtheit und
Sicherheit der Zementringe vor, welche auf Höhe des Grundwassers im
Bohrloch verlegt werden?

21. Beabsichtigt die Bundesregierung, Forschungsaufträge zu den Umweltaus-
wirkungen der Förderung von unkonventionellem Erdgas zu vergeben bzw.
selbst Forschungen durchzuführen, und wenn nein, warum nicht?

22. Wie bewertet die Bundesregierung Berichte aus den USA, nach denen es
durch die Förderung von unkonventionellem Erdgas zu massiven Verunrei-
nigungen des Grundwassers und des Trinkwassers gekommen ist?

23. Bis wann liegt eine Abschätzung des Ressourcenpotentials von Shale Gas
durch die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe vor?

Berlin, den 7. September 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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