BT-Drucksache 17/2704

Trilaterale Entwicklungszusammenarbeit Deutschlands mit Israel im Bereich Wasser, Bewässerung, Abwasser

Vom 4. August 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2704
17. Wahlperiode 04. 08. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Niema Movassat, Jan van Aken, Christine Buchholz,
Sevim Dag˘delen, Dr. Diether Dehm, Wolfgang Gehrcke, Annette Groth, Heike
Hänsel, Inge Höger, Andrej Hunko, Harald Koch und der Fraktion DIE LINKE.

Trilaterale Entwicklungszusammenarbeit Deutschlands mit Israel
im Bereich Wasser, Bewässerung, Abwasser

Anfang 2010 vermeldete der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammen-
arbeit und Entwicklung, Dirk Niebel, in Zukunft verstärkt trilaterale Koopera-
tionsvorhaben der Entwicklungszusammenarbeit mit Israel durchführen zu wol-
len, insbesondere in Afrika und Zentralasien und mit besonderem Fokus auf den
Wassersektor. Konkrete Kooperationsperspektiven würden derzeit in Abstim-
mung mit einzelnen Partnerländern geprüft. Bisher existiere ein trilaterales
Kooperationsvorhaben im Bereich der Bewässerungswirtschaft in Äthiopien.
Des Weiteren gab es bereits Aussagen der Bundesregierung dazu, dass man auch
Dreieckskooperationen mit Israel und der Palästinensischen Autonomiebehörde
anstrebe, insbesondere im Wassersektor.

Im Rahmen deutscher Entwicklungszusammenarbeit muss das Thema Men-
schenrechte von überragender Bedeutung sein – weltweit. Nur dies gewähr-
leistet die Glaubwürdigkeit des eigenen Handelns.

Die technische Expertise Israels im Wassersektor unbenommen, spricht die
Wasserpolitik Israels wegen der systematischen Verletzung des Menschenrechts
auf Wasser eindeutig gegen eine Kooperation in diesem Sektor. Auf die Proble-
matiken der Wasserpolitik Israels im Nahen Osten, unter der nicht nur die Men-
schen im besetzten palästinensischen Gebiet, sondern auch in Syrien, Jordanien
und Libanon leiden, hat nicht zuletzt Amnesty International in seinem Report
„Thirsting for Justice – Palestinian Access to Water restricted“ aus dem Jahr
2009 hingewiesen.

Israel verbraucht 80 Prozent des Grundwassers des Bergaquifer, der die wich-
tigste Wasserressource für die palästinensische Bevölkerung darstellt. Dieser
wird fast vollständig durch über der Westbank abgeregnetes Wasser erneuert.
Auch der palästinensische Anteil des Jordan River wurde von Israel in Besitz ge-
nommen. Wasser aus Aquiferen, die in Israel verlaufen, teilt Israel jedoch nicht
mit der palästinensischen Bevölkerung. Israel verbietet den Transfer von Wasser
aus der Westbank in den Gazastreifen. Doch der einzige Aquifer Gazas, der

Küstenaquifer, ist bei Weitem nicht ausreichend für die Versorgung der Bewoh-
ner und wird dadurch stark übernutzt. Zudem wird das Wasser durch Abwasser
und eindringendes Meerwasser verunreinigt und zusätzlich versalzen.

Hinzu kommt, dass Israel allein im Zeitraum von Juli 2002 bis März 2003
102 Brunnen im Gazastreifen zerstörte. Während des israelischen Angriffes auf
Gaza „Cast Lead“ (27. Dezember 2008 bis 18. Januar 2009) zerstörte Israel
erneut zahlreiche Brunnen, Wasserreservoirs, Pumpen sowie Wasser- und

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Abwasserleitungen. Diese Infrastruktur wurde von Israel nicht repariert; auch
die Einfuhr der nötigen Baumaterialen verhindert Israel.

90 bis 95 Prozent des Wassers, das dem Gazastreifen zur Verfügung steht, ist
aufgrund der angeführten Umstände nicht als Trinkwasser geeignet. Doch die
Bevölkerung ist gezwungen, dieses kontaminierte Wasser zu trinken und
dadurch ausgelöste Gesundheitsschäden zu ertragen.

Jegliche Arbeiten im Wassersektor bedürfen laut dem israelischen Militärde-
kret 158 aus dem Jahr 1967 einer Genehmigung durch das israelische Militär.
Für die palästinensische Bevölkerung in der Westbank wurde seit Beginn der
israelischen Besatzung 1967 trotz des starken Bevölkerungswachstums und des
stark gestiegenen Wasserbedarfes kein einziger neuer Brunnen im Bergaquifer
gebohrt, da Israel dort neue Bohrungen für die palästinensische Bevölkerung
verbietet. Da die israelische Regierung auch den Bau von Kläranlagen in der
Westbank weitestgehend verbietet, gibt es bis heute nur eine einzige funktionie-
rende Kläranlage in der Westbank. Dadurch sind Abwasserentsorgung und -wie-
deraufbereitung nahezu unmöglich.

Hinzu kommt, dass die israelische Armee in der Vergangenheit zahlreiche Zister-
nen zerstörte, mit denen die palästinensische Bevölkerung Regenwasser auffing,
um ihre Wasserversorgung zu verbessern. Im Jahr 2008 betraf das auch acht von
der EU geförderte Zisternen. Durch den Bau der vom Internationalen Gerichts-
hof als illegal bezeichneten Mauer in der Westbank zerstörte Israel zahlreiche
Brunnen und Zisternen auf palästinensischem Land oder annektierte sie illegal.

Die Wasserversorgung der Palästinenserinnen und Palästinenser wird seit 1967
von Israel kontrolliert: In der Westbank stehen ihnen im Durchschnitt 60 Liter
pro Kopf und Tag zur Verfügung; in einem Drittel aller Dörfer in der Westbank
sind es nur 20 Liter. Circa 200 000 Palästinenserinnen und Palästinenser in der
Westbank verfügen über kein fließendes Wasser. Die Empfehlung der Weltge-
sundheitsorganisation WHO liegt als Mindestbedarf bei 100 Litern und wird so-
mit weit unterschritten. Eine Versorgung mit unter 30 Litern ist laut WHO ein
Notstandswert zum Überleben, beispielsweise zur Versorgung nach Naturkatas-
trophen. Israelis und den Bewohnern der völkerrechtswidrigen israelischen
Siedlungen in der Westbank einschließlich Ostjerusalems steht unverhältnismä-
ßig viel mehr Wasser zur Verfügung: pro Kopf ca. 240 bis 280 Liter (vgl.
Deutschland: ca. 122 Liter). Außerdem müssen Palästinenserinnen und Paläs-
tinenser ca. dreimal so viel pro Kubikmeter Wasser zahlen wie Israelis.

Die Wasserversorgung israelischer Siedlungen findet also auf Kosten der paläs-
tinensischen Bevölkerung statt. Des Weiteren sind viele der Bewässerungssys-
teme für die israelische Landwirtschaft in den besetzten Gebieten alles andere als
nachhaltig. In den Golanhöhen und dem Jordantal etwa werden Grünflächen mit-
tags, wenn ca. 90 Prozent des Wassers verdunsten, mit Sprinkleranlagen bewäs-
sert. Die blühenden Landschaften in israelischen Siedlungen und Orten in der
Wüste im Vergleich zu kargen palästinensischen Dörfern sind mithin weniger den
guten Bewässerungssystemen der israelischen Wasserexperten, als vielmehr der
ungerechten Wasserverteilung zuzurechnen. Denn die Westbank ist an sich kein
wasserarmes Gebiet: Ramallah und Jerusalem etwa haben mehr Niederschlag als
Berlin. Bei einer Versorgung des besetzten palästinensischen Gebiets mit Wasser
geht es also nicht darum, Wasserarmut durch Expertise zu überwinden, sondern
vielmehr darum, für eine gerechte Verteilung der Wasserressourcen zu sorgen.

Seit 1967 hält Israel die Westbank inklusive Ostjerusalem, den Gazastreifen und
die Golanhöhen besetzt und weigert sich, diese Besatzung aufzugeben. Als Be-
satzungsmacht ist Israel nach der IV. Genfer Konvention und der Haager Kriegs-
konvention für das Wohlergehen und die Versorgung der in dem besetzten Ge-
biet wohnenden Bevölkerung zuständig. Das betrifft auch die Versorgung mit

sicherem Wasser und die Erhaltung der Infrastruktur, u. a. Kläranlagen. Dass seit

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1993 die Palästinensische Autonomiebehörde existiert und Siedlungen im Gaza-
streifen aufgelöst wurden, ändert nichts an dieser völkerrechtlichen Verantwor-
tung, auch wenn die israelische Regierung bisweilen Gegenteiliges behauptet:
Denn die Kontrolle über das Bevölkerungsregister des besetzten palästinen-
sischen Gebietes, die Grenzen, den Luftraum, Import und Export, die Wasserres-
sourcen etc. übt noch immer die israelische Regierung aus, nicht die PA. Zudem
wird ein großer Teil der Landflächen von Westbank und Gaza durch das israeli-
sche Militär und sogenannte geschlossene militärische Pufferzonen sowie in der
Westbank zudem durch israelische Siedlungen genutzt und darf von Palästinen-
serinnen und Palästinensern nicht betreten werden. Auch über das Seegebiet vor
der Küste Gazas beansprucht Israel die Kontrolle, wie zahlreiche Angriffe auf
palästinensische Fischer vor der Küste Gazas und auf die Free Gaza Flottille ver-
deutlichen.

Aufgrund der israelischen Wasserpolitik laufen trilaterale Kooperationsvorha-
ben im Bereich Wasser Gefahr, auf mangelnde Akzeptanz zu stoßen. Denn um
Wasserprojekte in Partnerländern erfolgreich durchführen zu können, bedarf es
neben technischer Expertise eines gewissen Maßes an Neutralität, Sensibilität
und Glaubwürdigkeit hinsichtlich der politischen Aspekte, die mit der Wasser-
frage untrennbar verbunden sind, wie z. B. Verteilungsgerechtigkeit, Wassernut-
zungskonkurrenzen, grenzüberschreitendes Wassermanagement sowie politische
und institutionelle Defizite in der Wasserpolitik des Landes.

Hinsichtlich der angedachten trilateralen Kooperation mit Israel im besetzten
palästinensischen Gebiet ist festzuhalten, dass diese Kooperation aufgrund der
Wasserpolitik Israels gegenüber der palästinensischen Bevölkerung sowie auf-
grund der völkerrechtlichen Lage nicht tragbar ist.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. In welchen Staaten findet bereits trilaterale Zusammenarbeit mit Israel statt?

a) Um welche Projekte handelt es sich dabei?

b) Welches Auftragsvolumen haben diese Projekte?

2. Wie werden die bei den Projekten anfallenden Kosten zwischen Deutschland,
Israel und dem dritten Partnerland aufgeteilt?

Welche Beträge davon werden von Deutschland in die ODA-Quote (ODA:
Official Development Assistance) eingerechnet?

3. Mit welchen Staaten ist eine trilaterale Zusammenarbeit mit Israel und
Deutschland geplant?

a) Um welche Projekte handelt es sich dabei?

b) Welches Auftragsvolumen haben diese Projekte?

c) Wann sollen die geplanten Projekte beginnen?

4. Mit welchen Staaten werden bereits konkret Kooperationsperspektiven ge-
prüft bzw. gibt es bereits Verhandlungen?

a) Um welche Projekte handelt es sich dabei?

b) Welches Auftragsvolumen haben diese Projekte?

c) Wann sollen die geplanten Projekte beginnen?

5. Aufgrund welcher Kriterien wurde Israel als Partner der trilateralen Entwick-
lungszusammenarbeit ausgewählt?

a) Standen oder stehen noch andere Länder zur Auswahl, als Experte im

Rahmen einer trilateralen Zusammenarbeit im Wassersektor hinzugezo-
gen zu werden?

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b) Wenn ja, welche Länder waren bzw. sind dies, und wird mit ihnen trila-
terale Kooperation durchgeführt werden?

6. Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass Israel wiederholt gegen inter-
nationales Recht verstoßen hat, beispielsweise durch die Nichtbeachtung
von UN-Sicherheitsratsresolutionen und des Urteils des Internationalen Ge-
richtshofs zur Mauer, sowie gegen die Genfer Konventionen?

Wenn ja, wie begründet die Bundesregierung, dass das ansonsten ange-
wandte Kriterium, dass Kooperationspartner in der Entwicklungszusam-
menarbeit das Völkerrecht achten, im Falle Israels keine Rolle spielt?

7. Sieht die Bundesregierung einen Widerspruch darin, dass Israel einerseits
durch Übernutzung der Grundwasserreserven zur Versalzung des Grund-
wassers und zu Wasserknappheit in von Israel besetzten Gebieten beiträgt
und andererseits in anderen Regionen der Welt als Experte im Zuge einer
trilateralen Zusammenarbeit in Wasserprojekten tätig werden soll?

8. Inwiefern sieht die Bundesregierung in der Auswahl Israels als Partner der
trilateralen Zusammenarbeit im Wassersektor eine Aufwertung der Wasser-
politik Israels im Nahen Osten?

9. Welche Projekte im Wassersektor sind im Rahmen einer trilateralen Zusam-
menarbeit mit Israel im besetzten palästinensischen Gebiet geplant?

a) Welches Auftragsvolumen haben diese Projekte?

b) Wann sollen die geplanten Projekte beginnen?

c) Wer sind die palästinensischen Partner?

d) Soll diese trilaterale Zusammenarbeit sowohl im Gazastreifen als auch in
der Westbank stattfinden?

10. In welchen Bereichen außer dem Wassersektor ist trilaterale Zusammen-
arbeit mit Israel im besetzten palästinensischen Gebiet geplant?

a) Um welche Projekte handelt es sich dabei?

b) Welches Auftragsvolumen haben diese Projekte?

c) Wann sollen die geplanten Projekte beginnen?

d) Wer sind die palästinensischen Partner?

11. Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass Israel als Besatzungsmacht
nach der Haager Kriegskonvention und der 4. Genfer Konvention für die In-
frastruktur und das Wohlergehen der in Gaza und der Westbank lebenden
Menschen verantwortlich ist (Antwort bitte mit Begründung)?

Inwieweit sieht die Bundesregierung einen Widerspruch zwischen der völ-
kerrechtlichen Verpflichtung Israels, als Besatzungsmacht die ausreichende
Versorgung der unter Besatzung lebenden palästinensischen Bevölkerung
mit Wasser und der dazu notwendigen Infrastruktur sicherzustellen, und
darin, dass Israel als hinzugezogener Experte zusammen mit Deutschland
trilaterale Entwicklungsvorhaben im palästinensischen Gebiet durchführt
(Antwort bitte mit Begründung)?

12. Wird die Finanzierung der trilateralen Kooperationsprojekte im besetzten
palästinensischen Gebiet von Israel übernommen?

Wenn nein, warum nicht (Antwort bitte mit Begründung, die auch die völ-
kerrechtlichen Verpflichtungen Israels gegenüber dem besetzten palästinen-
sischen Gebiet miteinbezieht)?

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13. Auf welche Weise wird die Bundesregierung sicherstellen, dass Israel durch
die Zusammenarbeit mit der Bundesregierung nicht von seiner völkerrecht-
lichen Verpflichtung entlastet oder entbunden wird, für die in dem von
Israel besetzten palästinensischen Gebiet lebende Bevölkerung zu sorgen?

14. Wie wird die Bundesregierung sicherstellen, dass nicht zuvor von Israel
zerstörte oder nicht instand gehaltene Infrastruktureinrichtungen (z. B. das
Klärwerk in Gaza), für deren Wiederaufbau und Instandhaltung Israel ver-
antwortlich ist, zum Gegenstand der Kooperation werden?

15. Warum denkt die Bundesregierung über trilaterale Entwicklungszusam-
menarbeit mit Israel im besetzten palästinensischen Gebiet im Bereich Was-
ser nach, anstatt zunächst Druck auf die israelische Regierung auszuüben,
die grundlegenden Rechte der palästinensischen Bevölkerung im Bereich
Wasser zu achten sowie eine gerechte Wasserverteilung durchzuführen, und
damit sofort die Wassersituation in Westbank und Gaza zu entspannen und
gravierend zu verbessern?

In welcher Form setzt sich die Bundesregierung gegenüber den israelischen
Behörden für eine gerechtere Verteilung der Wasserressourcen konkret ein?

16. Wie beurteilt die Bundesregierung die von Vertreterinnen und Vertretern
verschiedener Parteien geäußerte Befürchtung, eine trilaterale Entwick-
lungszusammenarbeit mit Israel könne bei der palästinensischen Bevölke-
rung zu einem erheblichen Vertrauensverlust gegenüber der deutschen Ent-
wicklungszusammenarbeit führen?

17. Wie bewertet die Bundesregierung die Wasserpolitik der israelischen
Regierung in Israel und dem besetzten palästinensischen Gebiet, insbe-
sondere bezüglich der Übernutzung der Grundwasserreserven, der damit
zusammenhängenden Versalzung des Grundwassers im Gazastreifen, der
ungerechten Verteilung des Wassers im Vergleich zwischen den palästinen-
sischen Bewohnern der Westbank und des Gazastreifens einerseits sowie
den Bewohnern Israels und den israelischen Siedlern in der Westbank an-
dererseits?

18. Wie bewertet die Bundesregierung die Wasserpolitik der israelischen
Regierung in Israel, insbesondere bezüglich der ungerechten Verteilung des
Wassers im Vergleich zwischen den muslimischen und christlichen Bewoh-
nern Israels (sog. palästinensische Israelis), den arabischen Beduininnen
und Beduinen und den jüdischen Bewohnerinnen und Bewohnern Israels?

19. Wie bewertet die Bundesregierung die Wasserpolitik der israelischen
Regierung im Nahen Osten, insbesondere bezüglich der Auswirkungen des
israelischen Wassermanagements auf Syrien, Jordanien und den Libanon,
und dessen Auswirkungen auf das Ökosystem der Region?

20. Wie genau soll eine trilaterale Zusammenarbeit mit Israel im besetzten
palästinensischen Gebiet durchgeführt werden, wenn Israel gleichzeitig
behauptet, sich im Krieg mit dem Gazastreifen zu befinden und den Gaza-
streifen und seine Bevölkerung als „hostile entity“ bezeichnet?

Wie bewertet die Bundesregierung die Position der israelischen Regierung,
dass der Gazastreifen nicht mehr besetzt und ein feindliches Gebiet sei, mit
dem Israel sich im Krieg befinde?

21. Wie genau soll eine trilaterale Zusammenarbeit mit Israel im besetzten
palästinensischen Gebiet durchgeführt, kontrolliert und evaluiert werden,
wenn Israel die Einreise von Vertretern der deutschen Entwicklungszusam-
menarbeit, wie jüngst von Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel, in den
Gazastreifen verhindert?

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22. Wie genau soll eine trilaterale Zusammenarbeit im Bereich Abwasser mit
Israel im besetzten palästinensischen Gebiet durchgeführt und kontrolliert
werden, wenn Israel gleichzeitig die Einfuhr essentieller Baumaterialen,
beispielsweise für den von der deutschen Regierung unterstützten Wieder-
aufbau des Zentralklärwerks in Gaza, verhindert?

23. Welche Basis sieht die Bundesregierung für eine trilaterale Zusammen-
arbeit mit Israel im besetzten palästinensischen Gebiet, wenn Israel die
Erteilung von Baugenehmigungen für Kläranlagen in der Westbank in den
meisten Fällen grundlos verweigert, so dass es heute nur eine einzige funk-
tionierende Kläranlage (sowie eventuell den Bau einer weiteren Anlage in
diesem Jahr) gibt?

Wie bewertet die Bundesregierung die Drohung Israels, Wasserlieferungen
für landwirtschaftliche Bewässerung an die palästinensische Bevölkerung
zu stoppen, sofern die Palästinensische Autonomiebehörde nicht mehr
Klärwerke baut, ungeachtet der Tatsache, dass Israel als Besatzungsmacht
dafür zuständig wäre, und des Weiteren sich die israelische Regierung
weigert, die notwendigen Bauteile in das besetzte palästinensische Gebiet
importieren zu lassen sowie Baugenehmigungen zu erteilen?

24. Wie genau soll sich eine trilaterale Zusammenarbeit im Bereich Bewässe-
rungswirtschaft mit Israel im besetzten palästinensischen Gebiet gestalten,
wenn Israel gleichzeitig die Wasserversorgung des besetzten palästinen-
sischen Gebietes derart begrenzt, dass eine ausreichende Bewässerung aller
landwirtschaftlichen Nutzflächen nicht mehr gewährleistet ist?

Wie gedenkt die Bundesregierung sicherzustellen, dass Israel dem besetzten
palästinensischen Gebiet in Zukunft genügend Wasser zur Verfügung stellt,
um die landwirtschaftliche Nutzung des Bodens wieder aufnehmen bzw.
fortsetzen zu können?

25. Welche Basis sieht die Bundesregierung für eine trilaterale Zusammen-
arbeit im Bereich der Wasserversorgung mit Israel im besetzten palästinen-
sischen Gebiet, wenn Israel von der EU geförderte Projekte zur Wasser-
versorgung in der Westbank zerstört, wie beispielsweise im Falle der acht
Zisternen, die die israelische Armee 2008 zerstörte?

a) Wird die Bundesregierung im Zuge der trilateralen Zusammenarbeit mit
Israel darauf bestehen, dass zuvor von Israel zerstörte Infrastrukturein-
richtungen, wie beispielsweise die Zisternen, von Israel wieder aufge-
baut werden und Israel so seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen
nachkommt?

b) Wenn ja, wie wird die Bundesregierung diese Forderung durchsetzen?

c) Wenn nein, warum nicht?

26. Welche Basis sieht die Bundesregierung für eine trilaterale Zusammen-
arbeit im Bereich der Wasserversorgung mit Israel im besetzten palästinen-
sischen Gebiet, wenn israelische Soldaten in der Westbank absichtlich auf
Wassertanks auf palästinensischen Häusern schießen und sie damit zer-
stören?

a) Hat die Bundesregierung gegenüber der israelischen Regierung die
Praxis der Zerstörung von Wassertanks durch Soldaten der israelischen
Armee in den besetzten Gebieten thematisiert oder wird sie dies tun?

b) Falls nein, warum nicht?

c) Falls ja, welche konkreten Schritte wurden von der israelischen Regie-
rung eingefordert?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/2704

27. Welche Basis sieht die Bundesregierung für eine trilaterale Zusammenar-
beit im Wassersektor, wenn Israel durch den Bau der vom Internationalen
Gerichtshof als illegal bezeichneten Mauer zahlreiche Brunnen und Zister-
nen zerstörte oder illegal annektierte?

a) Akzeptiert die Bundesregierung den Bau der Trennungsmauer durch
Israel, und falls ja, auf welcher völkerrechtlichen Grundlage?

b) Falls nein, welche Schritte hat die Bundesregierung unternommen, um
Israel auf seine völkerrechtlichen Verpflichtungen aufmerksam zu
machen und auf einen Abbau der Mauer und die Beendigung der rechts-
widrigen Enteignungspraxis hinzuwirken?

28. Sollten etwaige Kooperationen im Bereich Bewässerung Erfolg haben, wie
will die Bundesregierung sicherstellen, dass die zusätzlichen Ernteerträge
aus dem besetzten palästinensischen Gebiet exportiert werden können,
angesichts der Tatsache, dass bereits heute ein großer Teil der ohnehin spär-
lich ausfallenden, für den Export bestimmten, Ernte aus dem Gazastreifen
aufgrund der Blockade des Gazastreifens durch Israel nicht exportiert wer-
den kann und verrottet?

Berlin, den 3. August 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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