BT-Drucksache 17/2427

Mittel des Nationalen Stipendienprogramms für eine Erhöhung des BAföG nutzen

Vom 7. Juli 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2427
17. Wahlperiode 07. 07. 2010

Antrag
der Abgeordneten Nicole Gohlke, Dr. Petra Sitte, Agnes Alpers, Dr. Rosemarie Hein,
Michael Leutert, Yvonne Ploetz und der Fraktion DIE LINKE.

Mittel des nationalen Stipendienprogramms für eine Erhöhung des BAföG nutzen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Das Gesetz zur Schaffung eines nationalen Stipendienprogramms ist infrage ge-
stellt. Dies ist zu begrüßen, denn das Programm trägt nicht dazu bei, die soziale
Schieflage an den Hochschulen zu beenden. Schon heute weisen die Stipendien-
programme der meisten Begabtenförderungswerke eine soziale Schieflage auf.
Es werden überwiegend Studierende aus reichen Elternhäusern gefördert. Eine
Auswertung der gegenwärtigen Stipendienprogramme zeigt, dass etwa drei
Viertel der Begünstigten aus einer „hohen“ oder „gehobenen“ sozialen Schicht
stammen; nur 10 Prozent kommen aus der sozialen Herkunftsgruppe „niedrig“
(vgl. Hochschul-Informations-System GmbH HIS 2009).

Im Gegensatz zu Stipendien oder Krediten haben alle nach dem Gesetz bedürf-
tigen Studierenden das Recht, BAföG zu erhalten. Sie können gegen Bescheide
klagen und ihr Recht einfordern. Das BAföG ist, wenn auch mit Einschränkun-
gen, eine verlässliche und sozial gerechte Form der Ausbildungsfinanzierung.
Die vage Aussicht auf ein Stipendium bzw. das Recht an einem Auswahlverfah-
ren teilzunehmen, ist nicht geeignet, Studieninteressierten, die mit finanziellen
Schwierigkeiten zu kämpfen haben, Planungssicherheit zu bieten und sie zur
Aufnahme eines Studiums zu motivieren.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

die durch ein Scheitern des Stipendienprogramms frei werdenden Haushaltsmit-
tel des Bundes für eine Erhöhung der Bedarfssätze und Freibeträge des Bundes-
ausbildungsförderungsgesetzes zu nutzen. Insbesondere sollen die elterlichen
Einkommensfreibeträge sowie die Freibeträge für Geschwister spürbar erhöht
werden.

Berlin, den 7. Juli 2010
Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Drucksache 17/2427 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Begründung

Am 25. Juni 2010 wurde eine Beschlussempfehlung des Finanz- sowie des Kul-
turausschusses des Bundesrates bekannt, wonach das geplante nationale Stipen-
dienprogramm der Bundesregierung durch den Bundesrat am 9. Juli 2010 abge-
lehnt werden soll. Bis 2013 belaufen sich die vom Bund eingeplanten
Haushaltsmittel für das nationale Stipendienprogramm auf rund 80 Mio. Euro
jährlich (in 2011 32,5 Mio. Euro, in 2012 55,5 Mio. Euro). Hiermit könnten
schrittweise die Freibeträge des BAföG um bis zu 5 Prozent angehoben werden.
In der Endausbaustufe sollen sogar 150 Mio. Euro an Bundesmitteln aufgewandt
werden. Mit diesen Haushaltsmitteln könnten die Leistungsparameter des BAföG
also deutlich angehoben werden. Außerdem entfallen durch ein Scheitern des
Programms etliche Mio. Euro an zusätzlichen Verwaltungskosten für die Hoch-
schulen, die Bundesländer und den Bund.

Das nationale Stipendienprogramm ist abzulehnen. Es fördert soziale Ungleich-
heit, hängt Hochschulen in strukturschwachen Regionen weiter ab, erschwert ei-
nen Hochschulwechsel und verstärkt die Dominanz „wirtschaftsnaher“ Fächer.
Die Kritik am Programm ist groß: Fast alle Sachverständigen einer Anhörung des
Bildungsausschusses halten das Programm für falsch oder zumindest schlecht
konzipiert. Zudem lehnt eine Mehrheit der Länder das Programm ab. Sie können
es sich schlicht nicht leisten, werden strukturell benachteiligt oder präferieren
bestehende Ausbildungsförderungssysteme. Statt des nationalen Stipendienpro-
gramms sollte deshalb das BAföG – als Ausbildungsförderung mit Rechtsan-
sprüchen und Verlässlichkeit – ausgebaut und strukturell erneuert werden.

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