BT-Drucksache 17/2388

Stärkung der Mehrwegquote bei Getränkeverpackung

Vom 2. Juli 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2388
17. Wahlperiode 02. 07. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dorothea Steiner, Sylvia Kotting-Uhl, Hans-Josef Fell,
Bärbel Höhn, Oliver Krischer, Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch,
Dr. Hermann Ott und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Stärkung der Mehrwegquote bei Getränkeverpackung

Mehrwegverpackungen und -flaschen sind ökologisch vorteilhafte Verpackun-
gen. Mehrwegsysteme sind außerdem Systeme des regionalen Wirtschaftens.
Damit ist eine Stärkung von Mehrwegsystemen nicht nur ökologisch, sondern
auch ökonomisch sinnvoll. Mehrwegverpackungen sind Einwegverpackungen
in puncto Klimaschutz und Ressourcenschonung haushoch überlegen, nicht nur
bei der Herstellung, sondern auch beim Transport.

Zur Stützung der Mehrwegquote im Getränkebereich wurde das Pflichtpfandsys-
tem eingeführt. Während es direkt nach dessen Einführung zu der beabsichtigten
Erhöhung der Mehrwegquote kam, hat diese im Jahr 2008 mit 44,1 Prozent ihren
bisherigen Tiefstand erreicht (Quelle: Gesellschaft für Verpackungsmarktfor-
schung, GVM). Wobei die Mehrwegquoten sich je nach Getränkeart stark unter-
scheiden. Während die Mehrwegquote bei Bier konstant zwischen 86 bis 89 Pro-
zent liegt, ist sie bei Mineralwasser von 73 Prozent im Jahr 2003 auf 47 Prozent
im Jahr 2008 gesunken. Mit der gerade angelaufenen Wiedereinführung der Dose
durch einige Discounter erhöht sich der Druck auf die Mehrwegverpackungen,
gerade im Bereich Bier, noch mehr. Zudem besteht noch immer das Problem,
dass Verbraucher nicht immer wissen, dass neben den umweltfreundlichen Mehr-
wegverpackungen auch Einwegverpackungen teilweise pfandpflichtig sind. So
wird häufig angenommen, eine Pfandflasche wäre auch immer eine ökologisch
vorteilhafte Mehrwegverpackung.

Das Umweltbundesamt hat eine Studie zur Evaluierung der Pfandpflicht erstel-
len lassen, die im April 2010 veröffentlicht wurde. In der Studie werden ver-
schiedene Instrumente zur Stärkung der Mehrwegquote untersucht. Auch Ver-
bände fordern in den letzten Monaten verstärkt die Bundesregierung auf,
Maßnahmen zur Stützung der Mehrwegquote zu ergreifen. Der NABU – Natur-
schutzbund Deutschland e. V. hat dazu ebenfalls eine Studie erstellen lassen, in
der das Instrument einer Lenkungsabgabe auf Getränkeverpackungen genauer
untersucht wird.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Bundesregierung:
1. Wie beurteilt die Bundesregierung die gegenwärtige Entwicklung bei den
Mehrwegquoten bis zum Jahr 2008?

2. Liegen der Bundesregierung schon Informationen oder vorläufige Schätzun-
gen zur Entwicklung der Mehrwegquote im Jahr 2009 vor?

Drucksache 17/2388 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

3. Was sind aus Sicht der Bundesregierung die Hauptursachen für die abneh-
menden Mehrweganteile bei Getränkeverpackungen im Allgemeinen und
für die Teilbereiche Mineralwasser und Getränke ohne Kohlensäure im
Besonderen?

4. Wie bewertet die Bundesregierung die wirtschaftlichen Auswirkungen ab-
nehmender Mehrweganteile im Getränkesektor im Allgemeinen und die
Folgen für kleine und mittelständischen Unternehmen im Besonderen?

5. Sieht die Bundesregierung durch das verstärkte Angebot von Getränken in
Dosen die Gefahr der weiteren Verringerung der Mehrwegquote im Be-
reich der Getränkeverpackungen im Allgemeinen und im Bierbereich im
Besonderen?

6. Wie bewertet die Bundesregierung die Auswirkungen des verstärkten An-
gebotes von Dosen, gerade im Bereich Bier, auf regionale, mittelständische
Brauereien?

7. Wie schätzt die Bundesregierung die Ökobilanz der gegenwärtig auf dem
Markt befindlichen Getränkedosen im Vergleich zu den verschiedenen
Mehrwegverpackungen ein?

8. Ist der Bundesregierung die Studie der ifeu – Institut für Energie- und Um-
weltforschung Heidelberg GmbH (IFEU) zur ökobilanziellen Untersu-
chung verschiedener Verpackungssysteme für Bier bekannt?

Wenn ja, wie beurteilt die Bundesregierung die Ergebnisinterpretation, dass
„bei Verwendung von individuellen Glas-Mehrwegflaschen sowie einer
überregionalen Vermarktung die Getränkedosen dem Glasmehrweg ver-
gleichbare ökologische Wirkungsprofile erreichen“ (vgl. Ergebnisübersicht
der IFEU-Studie vom 17. Mai 2010, S. 5)?

9. Wie bewertet die Bundesregierung die Aussagen des Verbandes Beverage
Can Makers Europe (BCME), dass die Dose je nach Verbrauchssituation
im Vergleich zu Mehrweg die klimaschonendere Verpackung sei (vgl.
BCME: Umweltargumente für die Getränkedose)?

Sollte die Bundesregierung diese Auffassung teilen, wie begründet sie dies?

10. Teilt die Bundesregierung die Auffassung des Präsidenten des Umweltbun-
desamtes, Jochen Flasbarth, dass Dosen aus ökologischer Sicht noch immer
deutlich schlechter als Mehrweggetränkeverpackungen abschneiden (vgl.
Presseinformation Umweltbundesamt – UBA –, Nr. 36/2010)?

Wenn nein, warum nicht?

11. Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage der „Allianz für Mehrweg“,
dass Mehrwegflaschen die klimafreundlichsten Getränkeverpackungen seien
(vgl. Pressemitteilung Deutsche Umwelthilfe – DUH –, 5. Mai 2010)?

12. Liegen der Bundesregierung vergleichende Studien zur Klimabilanz von
Dosen und den verschiedenen Mehrweggetränkeverpackungen vor?

Wenn ja, zu welchen Ergebnissen kommen diese Studien?

13. Welche freiwilligen zusätzlichen Maßnahmen wurden nach Kenntnisstand
der Bundesregierung von den Wirtschaftsbeteiligten ergriffen, um Mehr-
wegverpackungen zu fördern?

Hält die Bundesregierung diese Maßnahmen für ausreichend, und wenn
nicht, welche weitergehenden Maßnahmen würde sie den Wirtschaftsbetei-
ligten empfehlen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/2388

14. Verfolgt die Bundesregierung weiterhin das Ziel, den Mehrweganteil an Ge-
tränkeverpackungen zu erhöhen, und hält sie an dem Ziel von mindestens
80 Prozent Anteil an Mehrweg und ökologisch vorteilhaften Einwegver-
packungen (MövE) fest?

15. Wie schätzt die Bundesregierung die bisherigen Instrumente der Verpa-
ckungsverordnung bezüglich ihrer ökologischen Effektivität und ihrer öko-
nomischen Effizienz ein?

16. Reichen die bisherigen Instrumente der Verpackungsverordnung aus Sicht
der Bundesregierung aus, um die angestrebten Mehrwegquoten im Geträn-
kebereich zukünftig zu erreichen?

Wenn ja, wie ist diese Annahme begründet vor dem Hintergrund, dass die
Quoten bisher in jedem Jahr klar verfehlt wurden?

17. Teilt die Bundesregierung die in der von der bifa Umweltinstitut GmbH im
Auftrag des UBA erstellten Studie zur Bewertung der Verpackungsverord-
nung geäußerte Ansicht, dass das Instrument der Pfandpflicht bezüglich
seiner Zielgenauigkeit durch flankierende Elemente gestärkt werden sollte?

18. Plant die Bundesregierung derzeit die Einführung einer eindeutigen und
verbraucherfreundlichen Kennzeichnung von Einweg- und Mehrwegver-
packungen, um deren eindeutige Unterscheidung zu gewährleisten?

Wenn ja, wie soll diese Kennzeichnungspflicht ausgestaltet sein, und wann
wird ein entsprechender Kabinettsentwurf vorliegen?

Wenn nein, warum nicht?

19. Plant die Bundesregierung derzeit Maßnahmen zur Förderung von Mehr-
weg im Bereich Umwelt- und Verbraucherinformation, angelehnt an die
vom UBA beschriebene Kampagne „Pro Mehrweg“?

Wenn ja, wie sind diese Maßnahmen genau ausgestaltet, wann und durch
wen werden sie durchgeführt?

Wenn nein, warum nicht?

20. Teilt die Bundesregierung die in der von der bifa Umweltinstitut GmbH im
Auftrag des UBA erstellten Studie zur Bewertung der Verpackungsverord-
nung geäußerte Ansicht, dass eine Ausweitung der Pfandpflicht auf alle
Getränkebereiche und auf alle Gebindegrößen bis 5 Liter als flankierendes
Element die Wirkungsgenauigkeit der bisher bestehenden Pfandpflicht stär-
ken könnte?

Wenn ja, plant die Bundesregierung die Einführung einer entsprechenden
Pfandpflichtausweitung?

Wenn nein, warum nicht?

21. Sieht die Bundesregierung in der von verschiedenen Nichtregierungsorga-
nisationen vorgeschlagenen Lenkungsabgabe auf Einweggetränkepackun-
gen grundsätzlich ein mögliches Instrument zur Stützung der Mehrweg-
quote?

Wenn nein, warum nicht?

22. Plant die Bundesregierung das Instrument der Lenkungsabgabe genauer zu
untersuchen und mögliche Ausgestaltungsvarianten für eine eventuelle Ein-
führung zu prüfen?

Wenn ja, welche Untersuchungen finden derzeit statt oder sind geplant, und
von wem werden diese durchgeführt?
Wenn nein, mit welcher Begründung verzichtet die Bundesregierung auf
weitere Prüfungen des Instrumentes der Lenkungsabgabe?

Drucksache 17/2388 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
23. Welche weiteren Maßnahmen plant die Bundesregierung zur Stützung der
Mehrwegquote, und wann wird die Bundesregierung konkrete Maßnah-
menvorschläge vorlegen?

Berlin, den 2. Juli 2010

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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