BT-Drucksache 17/2306

zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Monika Lazar, Katja Dörner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -17/1762- Bericht der Bundesregierung über die Lage behinderter Menschen und die Entwicklung ihrer Teilhabe umfassender und detaillierter vorlegen

Vom 29. Juni 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2306
17. Wahlperiode 29. 06. 2010

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Monika Lazar, Katja Dörner,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/1762 –

Bericht der Bundesregierung über die Lage behinderter Menschen und die
Entwicklung ihrer Teilhabe umfassender und detaillierter vorlegen

A. Problem

Der Bericht der Bundesregierung über die Lage behinderter Menschen und die
Entwicklung ihrer Teilhabe dient gemäß § 66 des Neunten Buches Sozialgesetz-
buch (SGB IX) der Information der gesetzgebenden Körperschaften. Aus Arti-
kel 31 der UN-Behindertenrechtskonvention ergibt sich zudem die völkerrecht-
liche Verpflichtung, geeignete Informationen zu sammeln und aufbereitete
Statistiken barrierefrei zu verbreiten. Durch den späten Zeitpunkt der Zuleitung
des vorliegenden Berichts an den Deutschen Bundestag in der 16. Wahlperiode
ist nach Darstellung der Antragsteller eine Beratung der Berichtsinhalte sowie
der Vorhaben der Bundesregierung in derselben Wahlperiode aber nicht mehr
möglich gewesen.

B. Lösung

Die Antragsteller fordern u. a., ausführlicher statistische Angaben und For-
schungsdaten über die Situation behinderter Menschen zu sammeln. Künftig
sollten daher auch alle von der Bundesregierung erstellten, in Auftrag gegebe-
nen oder geförderten Berichte Angaben zur Lage von Menschen mit Behinde-
rung und zur Entwicklung ihrer Teilhabe enthalten.

§ 66 SGB IX müsse die gesetzliche Pflicht zur Erstellung eines Berichts dahin-
gehend konkretisieren, dass der sog. Behindertenbericht der Bundesregierung in
jeder Wahlperiode dem Parlament so rechtzeitig zugeleitet werde, dass eine par-
lamentarische Beratung noch innerhalb derselben Wahlperiode möglich ist.

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD
C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Kostenüberlegungen wurden nicht angestellt.

Drucksache 17/2306 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/1762 abzulehnen.

Berlin, den 16. Juni 2010

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales

Katja Kipping
Vorsitzende

Gabriele Molitor
Berichterstatterin

Drucksache 17/1762 in seiner 22. Sitzung am 16. Juni 2010 werden können.
abschließend beraten und dem Deutschen Bundestag mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/

3. In dem Bericht sind auf die reale Problemlagen und Be-
dürfnisse von Menschen mit Behinderungen und chro-
nischen Erkrankungen geschlechtervergleichend einzu-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/2306

Bericht der Abgeordneten Gabriele Molitor

I. Überweisung

Der Antrag auf Drucksache 17/1762 ist in der 43. Sitzung
des Deutschen Bundestages am 20. Mai 2010 an den Aus-
schuss für Arbeit und Soziales zur federführenden Beratung
und an den Sportausschuss, den Rechtsausschuss, den Aus-
schuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, den Aus-
schuss für Gesundheit, den Ausschuss für Menschenrechte
und humanitäre Hilfe und den Ausschuss für Tourismus zur
Mitberatung überwiesen worden.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Antragsteller verweisen darauf, dass Berichte über die
Lage behinderter Menschen und die Entwicklung ihrer Teil-
habe nach § 66 SGB IX wichtig für die Umsetzung der UN-
Behindertenrechtskonvention seien. Außerdem dienten sie
zur Bewertung innerstaatlicher Normen und Maßnahmen in
der Behindertenpolitik. Um den Erfordernissen gemäß § 66
SGB IX künftig besser nachkommen zu können, müsse die
Sammlung geeigneter Informationen, einschließlich statisti-
scher Angaben und Forschungsdaten, die die Situation von
Menschen mit Behinderung beschreibbar und bewertbar
machten, ausgeweitet werden. Um ein umfassenderes Bild
von der Lage behinderter Menschen und der Entwicklung
ihrer Teilhabe zu ermöglichen sowie die Erstellung der Be-
richte nach § 66 SGB IX zu erleichtern, sollten darüber hinaus
alle von der Bundesregierung erstellten, in Auftrag gegebe-
nen oder geförderten Berichte Angaben zur Lage von Men-
schen mit Behinderung und zur Entwicklung ihrer Teilhabe
enthalten. Außerdem dürfe die Berichterstattung durch die
Bundesregierung nicht durch die Berichte der Vertragsstaa-
ten gemäß Artikel 35 der UN-Behindertenrechtskonvention
ersetzt werden. Beide hätten einen unterschiedlichen Fokus.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Sportausschuss, der Rechtsausschuss, der Ausschuss
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der Ausschuss
für Gesundheit, der Ausschuss für Menschenrechte und
humanitäre Hilfe und der Ausschuss für Tourismus haben
die Vorlage in ihren Sitzungen am 16. Juni 2010 beraten und
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP ge-
gen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD
dem Deutschen Bundestag die Ablehnung des Antrags auf
Drucksache 17/1762 empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnis im
federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den Antrag auf

Darüber hinaus hat der Ausschuss für Arbeit und Soziales in
dieser Sitzung einen Entschließungsantrag der Fraktion DIE
LINKE. auf Ausschussdrucksache 17(11)67 beraten und mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP
gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt. Der Entschlie-
ßungsantrag wird nachfolgend dokumentiert:

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Bundestag stellt fest:

1. Der Bericht der Bundesregierung über die Lage behin-
derter Menschen und die Entwicklung ihrer Teilhabe ist
eine wichtige Grundlage für die öffentliche Diskussion
und die Entwicklung der Behindertenpolitik in der Bun-
desrepublik Deutschland.

2. Der Bericht wurde von der Bundesregierung erst am
15.07.2009 beschlossen und am 17.07.2009 dem Bundes-
tag zugeleitet. Damit war ein Beratung des Berichtes im
Bundestag in der zu Ende gehenden 16. Wahlperiode
nicht mehr möglich.

3. Interessenvertretungen von Menschen mit Behinderun-
gen haben in Stellungnahmen deutlich gemacht, dass sie
die Bewertung des Berichtes durch die Bundesregierung,
dass der Bericht eine „Bilanz über vier Jahre erfolgreiche
Behindertenpolitik“ sei, für problematisch halten. So
werden „unter Schwerpunkte und wichtigste Ergebnisse
des Berichts ausschließlich positive Aussagen gemacht,
die nicht nur beschönigen, sondern zumindest teilweise
geeignet sind, über die tatsächliche Situation irrezufüh-
ren“. (siehe Stellungnahme des Sozialverbandes VdK
Deutschland e. V.)

II. Der Bundestag fordert die Bundesregierung auf:

1. Einen Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung des Über-
einkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von
Menschen mit Behinderungen zu entwickeln. Dabei ist
die Einbeziehung der Länder und der Interessenvertre-
tungen behinderter Menschen sicher zu stellen. In einem
solchen Aktionsplan sollen kurz-, mittel- und langfristige
Ziele und Verantwortlichkeiten für die Umsetzung des
Übereinkommens und konkrete Maßnahmen zur Verbes-
serung der Teilhabe, Selbstbestimmung und Gleichstel-
lung behinderter Menschen formuliert werden. Der Na-
tionale Aktionsplan ist dem Bundestag spätestens bis zum
30.11.2010 vorzulegen.

2. Der Bericht über die Situation von Menschen mit Behin-
derungen und chronischen Erkrankungen und die Ent-
wicklung ihrer Teilhabe für die 17. Wahlperiode ist dem
Bundestag spätestens bis zum 31.10.2012 vorzulegen,
damit der Bericht im Parlament beraten und Schlussfol-
gerungen für die künftige Behindertenpolitik beschlossen
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD
die Ablehnung empfohlen.

gehen und bestehende Defizite aufzuzeigen. Grundlage
und Maßstab dafür sind die UN-Behindertenrechts-

werden müsse. Dann könne er noch in derselben Legislatur-
periode im Hinblick auf politische Konsequenzen diskutiert
werden. Weiteren Druck im Sinne einer Vorlage bis Ende
November dieses Jahres halte auch die Fraktion der SPD
nicht für sinnvoll. Das stehe der Einbeziehung der Betroffe-
nen und ihrer Verbände im Weg. Daher werde man den Ent-
schließungsantrag ablehnen. Dem Anliegen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Datenlage zur Lebenssi-
tuation behinderter Menschen zu verbessern, stimme man
dagegen zu. Hier benötige man mehr Informationen. Auch
müsse der Bericht stärker mit anderen Bereichen verknüpft

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN forderte Präzi-
sierungen der gesetzlich verankerten Berichtspflicht der
Bundesregierung zur Behindertenpolitik. Die Berichte könn-
ten allerdings nur dann praktische Wirkung entfalten, wenn
sie rechtzeitig vor Ende der Legislaturperiode vorlägen.
Außerdem sei die Datenlage zur Lebenssituation behinderter
Menschen unzureichend. Spezifizierungen fehlten bisher
u. a. zur Situation von Mädchen und Frauen etwa zum Ar-
beitsmarktzugang und zum Thema Gewalt. Dies sei in der
Anhörung überzeugend dargelegt worden. Daher bitte man
um Zustimmung.

Berlin, den 16. Juni 2010

Gabriele Molitor
Berichterstatterin
Drucksache 17/2306 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

konvention sowie der Nationale Aktionsplan des Bundes
zur Umsetzung dieser Konvention. Mit dem Bericht sind
Vorschläge für politische Handlungskonzepte des Bundes
und praxisnahe Handlungsempfehlungen für Länder,
Kommunen und Gesellschaft zu unterbreiten.

4. Der Bericht ist zu nutzen, um eine breit angelegte Diskus-
sion in der Gesellschaft zu fördern und so das Bewusst-
sein der Menschen für diese Thematik zu schärfen.

Die Fraktion der CDU/CSU verwies auf Fortschritte in der
Behindertenpolitik. Am nächsten nationalen Behindertenbe-
richt der Bundesregierung werde bereits gearbeitet – wie
auch an dem Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behinder-
tenrechtskonvention. Die Betroffenen würden dabei einbe-
zogen. Jetzt mit dem Termin 30. November 2010 zur Vorlage
des nationalen Berichts zusätzlich Druck auszuüben, wirke
sich kontraproduktiv aus. In den vergangenen Monaten habe
das Parlament das Thema darüber hinaus ausführlich disku-
tiert und dabei gezeigt, dass es das Thema ernst nehme. Man
sei bereits auf einem guten Weg und werde daher sowohl den
Antrag als auch den Entschließungsantrag ablehnen.

Die Fraktion der SPD bekräftigte die Forderung, dass der
neue nationale Behindertenbericht rechtzeitig vorgelegt

werden. Insgesamt vermisse die Fraktion der SPD in diesem
Antrag jedoch zu vieles und werde daher bald einen weiter-
gehenden eigenen Antrag vorlegen. Jetzt enthalte man sich
der Stimme.

Die Fraktion der FDP kündigte an, dass sich die Bundes-
regierung mit ihrer Behindertenpolitik nicht auf das Be-
richtswesen konzentrieren wolle. Die Arbeit am Aktionsplan
zeige bereits einen offensiven Umgang mit dem Thema. Man
habe sich einen effizienteren und schnelleren Weg als bisher
vorgenommen. Das Parlament habe über das Thema ausgie-
big diskutiert und werde fortlaufend informiert. Das alles
zeige, dass beide Anträge überflüssig seien. Die Fraktion der
FDP lehne sie ab.

Die Fraktion DIE LINKE. forderte, die Problematik behin-
derter Menschen zu einem Schwerpunkt der Politik zu ma-
chen. Dazu biete der nationale Bericht wie auch die Arbeit
am Aktionsplan Gelegenheit. Beispielsweise suchten derzeit
175.000 Menschen mit Behinderung eine Arbeit. Alle För-
derprogramme hätten ihnen dabei bisher nicht geholfen.
Daher müsse man neue Anstrengungen unternehmen. Den
Forderungen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
stimme man zu.

t mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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