BT-Drucksache 17/2257

Lösungszuflüsse im Endlager für radioaktive Abfälle Morsleben

Vom 21. Juni 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2257
17. Wahlperiode 21. 06. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dorothee Menzner, Eva Bulling-Schröter, Ralph Lenkert,
Sabine Stüber und der Fraktion DIE LINKE.

Lösungszuflüsse im Endlager für radioaktive Abfälle Morsleben

Die Doppelschachtanlage Bartensleben-Marie in Morsleben (Landkreis Börde,
Land Sachsen-Anhalt) wurde Anfang des letzten Jahrhunderts zur Kali- und spä-
ter zur Steinsalzgewinnung errichtet. Seit 1971 wurde das Salzbergwerk als
Endlager für radioaktive Abfälle genutzt. Bis 1998 sind 36 753 m3 radioaktiven
Abfalls dort eingelagert worden, davon 22 321 m3 zwischen Januar 1994 und
September 1998.

Seit Jahrzehnten gibt es in den Schächten Bartensleben und Marie Lösungs-
zuflüsse. In der „Technologischen Untersuchung zur Einlagerung niedrig- bis
mittelaktiver Abfälle in der Steinsalzgrube Bartensleben“ des VEB Gaskombi-
nat Schwarze Pumpe/Deutsches Brennstoffinstitut Freiberg/Forschungsbereich
Kernenergie/Abteilung Endlagerung vom Dezember 1970 wird auf Seite 10 ein
Zufluss im Schacht Bartensleben von 5 Liter pro Minute genannt, das entspricht
7,2 m3 pro Tag.

In der Schrift von Albert Günter Herrmann „Endlager für radioaktiven Abfälle
Morsleben (ERAM). Laugenzuflüsse in den Grubenfeldern Marie und Bartens-
leben: Stoffbestand, Herkunft, Entstehung.“ (Schriften des Bundesamtes für
Strahlenschutz 5/92) wird auf Seite 32 ein Gutachten von Gellermann et al.
(1991) zitiert, demnach in den Schacht Bartensleben 6 bis 6,5 Liter pro Minute
an Lösung zulaufen. Das entspricht 8,64 bis 9,36 m3 pro Tag, davon allein
3,6 Liter pro Minute zwischen 200 Metern und 235 Metern Tiefe aus Roten und
Blauen Keuperletten. Weiter laufen (nach o. g. Schrift) in den Schacht Marie
17 Liter Lösung pro Minute zu. Das entspricht 24 m3 pro Tag, davon allein
12 Liter pro Stunde zwischen 130 Metern und 175 Metern Tiefe aus graue, feste
Letten mit Gips.

„Auch wenn nicht im Schacht Marie eingelagert wird, so ist er mit dem
Bergwerk, in dem eingelagert wurde, auf verschiedenen Ebenen verbunden“,
bestätigte Wolfram König, Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz, am
1. September 2008 gegenüber Mitgliedern des Niedersächsischen Landtages bei
einer Befahrung.
Wir fragen die Bundesregierung:

1. Seit wann gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung in den Schächten Bar-
tensleben und Marie Lösungszuflüsse?

2. Wie war nach Kenntnis der Bundesregierung der Verlauf der Zuflussmenge
(bitte Auflistung nach Jahren)?

Drucksache 17/2257 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
3. Seit wann gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung in welchen anderen
Teilen der Bergwerke Bartensleben und Marie Lösungszuflüsse?

4. Wie war nach Kenntnis der Bundesregierung der Verlauf der in Frage 3 Be-
zug genommenen Lösungszuflüsse (bitte Auflistung nach Jahren)?

5. Weshalb wurden und werden die Zuflüsse in den Schächten Bartensleben
und Marie nicht abgedichtet?

6. Welche Gefahren gehen nach Einschätzung der Bundesregierung von den
Zuflüssen in den Schacht und in andere Teile des Grubengebäudes aus?

7. Sind die Risse im Schacht Bartensleben und Marie, durch die die Lösungen
eindringen, nach Kenntnis der Bundesregierung oder etwaigen diesbezüg-
lich von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Gutachten eine Folge
der Abbauwirkung oder die Folge eines ungünstigen, gestörten Gebirges?

8. Wie hoch schätzt die Bundesregierung, oder etwaige diesbezüglich von der
Bundesregierung in Auftrag gegebene Gutachten, die Gefahr ein, dass die
Risse in den Schächten Bartensleben und Marie z. B. durch Gebirgsspan-
nungen größer werden?

9. Wie wird diesbezüglich eine Ab- oder Zunahme von Lösungszuflüssen ein-
geschätzt?

10. Ab welcher Menge werden bei einer Zunahme der Zuflüsse in den Schacht
und in andere Teile des Grubengebäudes welche Gefahren angenommen?

11. Wie beurteilt die Bundesregierung die Gefahr eines Zusammenbruchs des
Schachts oder Teilen des Schachts durch die derzeitigen Lösungszuflüsse
oder einer Zunahme derselben?

12. Wo und wie werden nach Kenntnis der Bundesregierung die Zuflüsse in den
Schächten und anderen Teilen der Grubengebäude aufgefangen?

13. Werden nach Kenntnis der Bundesregierung die Zuflüsse in den Schacht
oder andere Teile des Grubengebäudes überall vollständig aufgefangen?

14. Ist die Laugenflüssigkeit radioaktiv kontaminiert, und wenn ja, wie stark?

15. Werden Zuflüsse in (Schacht-)Laugensümpfen aufgefangen, werden diese
abgepumpt, und wie werden sie innerhalb oder außerhalb des Grubengebäu-
des verwendet oder wohin abgegeben?

16. Werden Laugensümpfe vollständig abgepumpt?

17. Sollte Frage 16 verneint werden, wie viel Lauge befindet sich seit wann in
den Bergwerken?

Berlin, den 21. Juni 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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