BT-Drucksache 17/2202

Rechte von und Umgang mit den gestrandeten Passagieren nach dem Ausbruch des Vulkans Eyjafjalla auf Island

Vom 16. Juni 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2202
17. Wahlperiode 16. 06. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulrike Gottschalck, Uwe Beckmeyer, Martin Burkert, Sören
Bartol, Petra Crone, Elvira Drobinski-Weiß, Petra Ernstberger, Iris Gleicke, Michael
Groß, Hans-Joachim Hacker, Gustav Herzog, Johannes Kahrs, Ute Kumpf, Kirsten
Lühmann, Thomas Oppermann, Holger Ortel, Heinz Paula, Dr. Wilhelm Priesmeier,
Florian Pronold, Kerstin Tack, Waltraud Wolff (Wolmirstedt), Dr. Frank-Walter
Steinmeier und der Fraktion der SPD

Rechte von und Umgang mit den gestrandeten Passagieren nach dem Ausbruch
des Vulkans Eyjafjalla auf Island

Die Lage an den internationalen Flughäfen hat sich nach dem Chaos beim
Ausbruch des Vulkans Eyjafjalla auf Island meist wieder normalisiert und stabi-
lisiert. Hunderttausende von Urlaubern und Geschäftsleuten waren jedoch von
Flugausfällen betroffen und informieren in teilweise alarmierenden Berichten
über mangelndes Krisenmanagement und mangelhafte Umsetzung von Passa-
gierrechten.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Hat die Bundesregierung Maßnahmen ergriffen, um die Flugpassagiere über
ihre Rechte auf Erstattung des Ticketpreises oder eine alternative Reisemög-
lichkeit an ihren Zielort nach Flugausfällen infolge des Ausbruchs des Vul-
kans Eyjafjalla aufzuklären, und wenn ja, welche?

2. Hat die Bundesregierung Maßnahmen ergriffen, um die Flugpassagiere über
ihre Rechte auf Mahlzeiten und Übernachtungsmöglichkeiten nach Flugaus-
fällen infolge des Ausbruchs des Vulkans Eyjafjalla aufzuklären, und wenn
ja, welche?

3. Konnten deutsche Flugpassagiere nach Kenntnis der Bundesregierung flä-
chendeckend ihre Flüge nach Flugausfällen infolge des Ausbruchs des Vul-
kans Eyjafjalla kostenlos umbuchen?

4. Welche Art von Anzeigen und Beschwerden sind beim Luftfahrt-Bundesamt
als offizieller Durchsetzungs- und Beschwerdestelle für die Rechte der Flug-
gäste bei Annullierung, Verspätung und Nichtbeförderung nach der Verord-
nung (EG) Nr. 261/2004 in den Jahren 2009 und 2010 eingegangen, und
wenn ja, wie viele?
5. Welche Art von Anzeigen und Beschwerden sind beim Luftfahrt-Bundesamt
wegen Verstößen gegen die Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 in den Jahren
2009 und 2010 eingegangen, wonach neben dem Endpreis eines Flugtickets
auch Steuern, Flughafengebühren und sonstige Gebühren, Zuschläge und
Entgelte gesondert auszuweisen sind, und wenn ja, wie viele?

Drucksache 17/2202 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

6. Hat das Luftfahrt-Bundesamt ordnungsrechtliche Maßnahmen wegen Ver-
stößen gegen die oben genannten Verordnungen ergriffen, und wenn ja,
welche?

7. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, wie viele Fluggäste
die ihnen zustehenden Rechte aus den genannten Verordnungen in 2009 und
2010 gerichtlich geltend gemacht haben?

8. Hält die Bundesregierung die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Perso-
nenverkehr e. V. für eine geeignete Institution, um zwischen Fluggästen und
Flugunternehmen zu vermitteln und zu einer Klärung von Ansprüchen nach
den genannten Verordnungen beizutragen?

9. Welche Flugunternehmen beteiligen sich bisher an der genannten Schlich-
tungsstelle, und welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung da-
raus?

10. Welche konkreten Schritte plant die Bundesregierung wann, um folgende
Passage aus dem Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP umzu-
setzen: „Die Einrichtung einer unabhängigen, übergreifenden Schlichtungs-
stelle für die Verkehrsträger Bus, Bahn, Flug und Schiff wird gesetzlich ge-
regelt“?

11. Wie beurteilt die Bundesregierung die Rechtsauffassung, dass einer ge-
setzlichen Pflicht zur Teilnahme an einem Schlichtungsverfahren (verfas-
sungs-)rechtliche Bedenken entgegenstehen?

12. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung daraus, dass Indivi-
dual-Reisende gegenüber Pauschal-Reisenden nach Flugausfällen infolge
von Umweltkatastrophen wie dem Ausbruch des Vulkans Eyjafjalla be-
nachteiligt werden?

13. Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, wo die Not von gestrandeten deut-
schen Flugpassagiere nach Flugausfällen infolge des Ausbruchs des Vul-
kans Eyjafjalla beim Umbuchen mit überhöhten Ticketpreisen durch die
Fluggesellschaften ausgenutzt wurde, und wenn ja, wie viele sind es?

14. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, dass Fluggesellschaften die
Steuern und Gebühren oder sonstige Abschläge auf den ursprünglich vor
dem Ausbruch des Vulkans Eyjafjalla gezahlten Preis von Tickets, die spä-
ter nicht umgebucht und damit ungenutzt blieben, nicht an den Verbraucher
zurückgezahlt haben, und wenn ja, um wie viele Fälle handelt es sich?

15. Gelten nach Kenntnis der Bundesregierung für Passagiere von nichteuro-
päischen Fluggesellschaften die gleichen europäischen Vorschriften zur
Entschädigung von Fluggästen bei Flugausfällen infolge von Natur-
katastrophen wie bei Passagieren von europäischen Fluggesellschaften, und
wenn nicht, sieht die Bundesregierung an dieser Stelle einen Regelungs-
bedarf?

16. Liegen der Bundesregierung vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion
um staatliche Kompensationen für den ökonomischen Schaden von Flugge-
sellschaften und Flughäfen Schätzungen vor, welche finanziellen Nachteile
die von den Flugausfällen infolge des Ausbruchs des Vulkans Eyjafjalla be-
troffenen Passagiere aus Deutschland persönlich tragen mussten, und plant
die Bundesregierung eine finanzielle Kompensation für die Flugpassagiere?

17. Wie bewertet die Bundesregierung die Informationspolitik der Fluggesell-
schaften in Deutschland und Europa während des Zeitraums im April 2010,
in dem es zu Flugausfällen infolge des Ausbruchs des Vulkans Eyjafjalla
gekommen ist?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/2202

18. Sieht die Bundesregierung rechtliche Möglichkeiten, eine einheitliche,
standardisierte Informationspolitik der Fluggesellschaften bei Flugausfäl-
len infolge von Naturkatastrophen sicherzustellen?

19. Plant die Bundesregierung zukünftig den Fluggesellschaften verbindlich
vorzuschreiben, bei Flugausfällen infolge von Naturkatastrophen in Notfäl-
len zusätzliche Telefonhotlines für Passagiere und ihre Angehörigen zu
schalten?

20. Wurden nach Kenntnis der Bundesregierung während des Ausbruchs des
Vulkans Eyjafjalla Flüge zwischen den Fluggesellschaften koordiniert, um
zum Beispiel zunächst prioritär die Reisenden aus Übersee nach Europa
zurückzuholen, damit diese beispielsweise mit Zug, Bus oder Mietwagen an
ihren Zielort in Deutschland zurückreisen konnten?

21. Wie wurde nach Kenntnis der Bundesregierung durch staatliche Stellen den
internationalen Umsteige-Passagieren im Transitbereich ohne Einreise-
oder Aufenthaltsbewilligung in Deutschland geholfen, und wurden Kurz-
zeitvisa erteilt?

22. Wird die Bundesregierung die Einrichtung eines Hilfsfonds prüfen, in den
alle Fluggesellschaften einzahlen müssen, um in Fällen höherer Gewalt
bzw. bei Naturkatastrophen und ihren negativen Auswirkungen auf den
Luftverkehr Reisende angemessen und schnell zu entschädigen?

23. Wer war innerhalb des Krisenmanagements der Bundesregierung während
des Ausbruchs des Vulkans Eyjafjalla im In- wie auch im Ausland für die
Belange der gestrandeten deutschen wie auch ausländischen Passagiere so-
wie die Überwachung, dass ihre Rechte gewahrt werden, zuständig?

24. Plant die Bundesregierung aufgrund der Erfahrungen während des Aus-
bruchs des Vulkans Eyjafjalla einen Runden Tisch mit den zuständigen
Bundesministerien wie auch Verbänden und Interessengruppen der Ver-
braucherinnen und Verbraucher einzurichten, um mit ihnen die geltenden
Regelungen zur Wahrung der Passagierrechte bei Naturkatastrophen und
deren Auswirkungen auf den Luftverkehr in Anbetracht der gemachten Er-
fahrungen zu analysieren?

25. Wird die Bundesregierung auf Grund der Erfahrungen während des Aus-
bruchs des Vulkans Eyjafjalla vorsorglich einen Notfallplan zur Einrichtung
eines Krisenstabs, der sehr schnell arbeitsfähig wäre, für den Fall von
Naturkatastrophen und ihren negativen Auswirkungen auf den Luftverkehr
erarbeiten und implementieren?

26. Wie bewertet die Bundesregierung die Kritik, dass sich die Intention des
Gesetzgebers bei der rechtlichen Regelungen zum Schutz der Passagier-
rechte im Luftverkehr, nicht auf Situationen, die sich aufgrund höherer Ge-
walt oder behördlich angeordneten Flugverboten ergeben, bezogen hat, und
plant die Bundesregierung eine entsprechende Änderung der rechtlichen
Regelungen?

27. Plant die Bundesregierung eine finanzielle Kompensation für die Flugge-
sellschaften, indem sie sich auf europäischer Ebene für eine Verschiebung
des Europäischen Emissionshandelssystems (ETS) einsetzt oder eine Sen-
kung der Gebühren für die Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS) erreicht?

Berlin, den 16. Juni 2010

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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