BT-Drucksache 17/2176

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Oliver Kaczmarek, Dirk Becker, Marco Bülow, weitere Abgeordnete und der Fraktion der SPD -17/1974- Hochwasserschutz europäisch und ökologisch nachhaltig umsetzen - Für ein integriertes Hochwasserschutzkonzept b) zu dem Antrag der Abgeordneten Oliver Kaczmarek, Dirk Becker, Marco Bülow, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD -17/1748- Naturnahen Wasserhaushalt durch Schutz und Renaturierung von Nass- und Feuchtgebieten fördern - Hochwassergefahren mindern, Klima schützen c) zu dem Antrag der Abgeordneten Nicole Maisch, Undine Kurth (Quedlinburg), Dorothea Steiner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -17/1760- Auenschutzprogramm vorlegen

Vom 16. Juni 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2176
17. Wahlperiode 16. 06. 2010

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
(16. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Oliver Kaczmarek, Dirk Becker, Marco Bülow,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/1974 –

Hochwasserschutz europäisch und ökologisch nachhaltig umsetzen –
Für ein integriertes Hochwasserschutzkonzept

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Oliver Kaczmarek, Dirk Becker, Marco Bülow,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/1748 –

Naturnahen Wasserhaushalt durch Schutz und Renaturierung von Nass-
und Feuchtgebieten fördern – Hochwassergefahren mindern, Klima schützen

c) zu dem Antrag der Abgeordneten Nicole Maisch, Undine Kurth (Quedlinburg),
Dorothea Steiner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/1760 –

Auenschutzprogramm vorlegen

A. Problem

Bislang sind noch nicht alle notwendigen Maßnahmen zum Hochwasserschutz
umgesetzt worden. Im Fokus steht dabei die naturnahe Wasserspeicherkapazität
für den ökologisch nachhaltigen Hochwasserschutz. So können z. B. die Fluss-
auen in Deutschland ihre natürliche Funktion als Lebensraum, Überflutungs-
fläche für Hochwasser und Wasserfilter nicht mehr in ausreichendem Maße
erfüllen.

Drucksache 17/2176 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Mit dem Antrag auf Drucksache 17/1974 soll die Bundesregierung insbesondere
aufgefordert werden,

– den Hochwasserschutz nicht singulär zu betrachten, sondern im Zusammen-
hang mit Naturschutz, Landwirtschaft und der Binnenschifffahrt,

– gemeinsam mit den Ländern den Erhalt aller noch intakten Gewässer und
Auen zu fördern und gemeinsam mit ihnen eine Regelung festzulegen, die
keinen weiteren Verbau von Fließgewässern erlaubt, wenn diese zu einer Ver-
schärfung der Hochwasserproblematik führen,

– die Erhöhung der Wasserrückhaltefähigkeit der Moore und Feuchtgebiete im
gesamten Einzugsgebiet der Flüsse durch Renaturierung und Wiedervernäs-
sung zu fördern,

– in Ergänzung zum aktuellen Wasserhaushaltsgesetz ein neues integriertes
Hochwasserkonzept, das sowohl den Naturschutz als auch die Binnenschiff-
fahrt berücksichtigt, vorzulegen und gemeinsam mit den Ländern konkrete
Masterpläne zur Umsetzung der verschiedenen Maßnahmen zu entwickeln
und festzuschreiben.

Mit dem Antrag auf Drucksache 17/1748 soll die Bundesregierung insbesondere
aufgefordert werden,

– die Ziele zum Schutz von Mooren, Flüssen und Auen auf Grundwasseröko-
systeme sowie andere Biotypen, wie sie in der Nationalen Strategie für biolo-
gische Vielfalt formuliert wurden, weiter zu verfolgen und umzusetzen,

– bei den anstehenden Verhandlungen zur zukünftigen europäischen Agrarpoli-
tik und auch auf Bundesebene den Erhalt und die Renaturierung von Feucht-
gebieten durch die Aufnahme in die zweite Säule zu fördern.

Mit dem Antrag auf Drucksache 17/1760 soll die Bundesregierung insbesondere
aufgefordert werden,

– in Abstimmung mit den Ländern schnellstmöglich ein Auenschutzprogramm
vorzulegen,

– das Auenschutzprogramm ressortübergreifend unter Federführung des Bun-
desministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit mit allen re-
levanten Akteuren zu erarbeiten und umzusetzen,

– zur Umsetzung dieses Auenschutzprogramms entsprechende Förderprogram-
me der Europäischen Union, des Bundes und der Länder zu koordinieren mit
dem Ziel, die verschiedenen Nutzungsinteressen überregional auszugleichen
und die unterschiedlichen Akteure einzubeziehen.

B. Lösung

Zu Buchstabe a

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/1974 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zu Buchstabe b

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/1748 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktion der
SPD bei Stimmenthaltung der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/2176

Zu Buchstabe c

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/1760 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Drucksache 17/2176 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Antrag auf Drucksache 17/1974 abzulehnen,

b) den Antrag auf Drucksache 17/1748 abzulehnen,

c) den Antrag auf Drucksache 17/1760 abzulehnen.

Berlin, den 16. Juni 2010

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Eva Bulling-Schröter
Vorsitzende

Ingbert Liebing
Berichterstatter

Oliver Kaczmarek
Berichterstatter

Horst Meierhofer
Berichterstatter

Sabine Stüber
Berichterstatterin

Dorothea Steiner
Berichterstatterin

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/2176

Bericht der Abgeordneten Ingbert Liebing, Oliver Kaczmarek, Horst Meierhofer,
Sabine Stüber und Dorothea Steiner

I. Überweisung

Zu Buchstabe a

Der Antrag auf Drucksache 17/1974 wurde in der 46. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 10. Juni 2010 zur
federführenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit und zur Mitberatung an
den Ausschuss für Wirtschaft und Technologie, den Aus-
schuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher-
schutz sowie den Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtent-
wicklung überwiesen.

Zu Buchstabe b

Der Antrag auf Drucksache 17/1748 wurde in der 43. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 20. Mai 2010 zur feder-
führenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit und zur Mitberatung an den
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher-
schutz sowie den Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtent-
wicklung überwiesen.

Zu Buchstabe c

Der Antrag auf Drucksache 17/1760 wurde in der 43. Sit-
zung des Deutschen Bundestages am 20. Mai 2010 zur feder-
führenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit und zur Mitberatung an den
Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher-
schutz sowie den Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtent-
wicklung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

Bislang sind noch nicht alle notwendigen Maßnahmen zum
Hochwasserschutz umgesetzt worden. Im Fokus steht dabei
die naturnahe Wasserspeicherkapazität für den ökologisch
nachhaltigen Hochwasserschutz. So können z. B. die Fluss-
auen in Deutschland ihre natürliche Funktion als Lebens-
raum, Überflutungsfläche für Hochwasser und Wasserfilter
nicht mehr in ausreichendem Maße erfüllen.

Mit dem Antrag auf Drucksache 17/1974 soll die Bundes-
regierung insbesondere aufgefordert werden,

– den Hochwasserschutz nicht singulär zu betrachten, son-
dern im Zusammenhang mit Naturschutz, Landwirtschaft
und der Binnenschifffahrt,

– gemeinsam mit den Ländern den Erhalt aller noch intak-
ten Gewässer und Auen zu fördern und gemeinsam mit
ihnen eine Regelung festzulegen, die keinen weiteren
Verbau von Fließgewässern erlaubt, wenn diese zu einer
Verschärfung der Hochwasserproblematik führen,

– die Erhöhung der Wasserrückhaltefähigkeit der Moore
und Feuchtgebiete im gesamten Einzugsgebiet der Flüsse
durch Renaturierung und Wiedervernässung zu fördern,

– in Ergänzung zum aktuellen Wasserhaushaltsgesetz ein
neues integriertes Hochwasserkonzept, das sowohl den
Naturschutz als auch die Binnenschifffahrt berücksich-
tigt, vorzulegen und gemeinsam mit den Ländern konkre-

te Masterpläne zur Umsetzung der verschiedenen Maß-
nahmen zu entwickeln und festzuschreiben.

Mit dem Antrag auf Drucksache 17/1748 soll die Bundes-
regierung insbesondere aufgefordert werden,

– die Ziele zum Schutz von Mooren, Flüssen und Auen auf
Grundwasserökosysteme sowie andere Biotypen, wie sie
in der Nationalen Strategie für biologische Vielfalt for-
muliert wurden, weiter zu verfolgen und umzusetzen,

– bei den anstehenden Verhandlungen zur zukünftigen
europäischen Agrarpolitik und auch auf Bundesebene
den Erhalt und die Renaturierung von Feuchtgebieten
durch die Aufnahme in die zweite Säule zu fördern.

Mit dem Antrag auf Drucksache 17/1760 soll die Bundes-
regierung insbesondere aufgefordert werden,

– in Abstimmung mit den Ländern schnellstmöglich ein
Auenschutzprogramm vorzulegen,

– das Auenschutzprogramm ressortübergreifend unter Fe-
derführung des Bundesministeriums für Umwelt, Natur-
schutz und Reaktorsicherheit mit allen relevanten Akteu-
ren zu erarbeiten und umzusetzen,

– zur Umsetzung dieses Auenschutzprogramms entspre-
chende Förderprogramme der Europäischen Union, des
Bundes und der Länder zu koordinieren, mit dem Ziel,
die verschiedenen Nutzungsinteressen überregional aus-
zugleichen und die unterschiedlichen Akteure einzube-
ziehen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Zu Buchstabe a

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat in sei-
ner Sitzung am 16. Juni 2010 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
empfohlen, den Antrag auf Drucksache 17/1974 abzulehnen.

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz hat in seiner Sitzung am 16. Juni 2010 mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen
die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag auf
Drucksache 17/1974 abzulehnen.

Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
hat in seiner Sitzung am 16. Juni 2010 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN empfohlen, den Antrag auf Drucksache 17/1974
abzulehnen.

Zu Buchstabe b

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz hat in seiner Sitzung am 16. Juni 2010 mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen

Drucksache 17/2176 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

die Stimmen der Fraktion der SPD bei Stimmenthaltung der
Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
empfohlen, den Antrag auf Drucksache 17/1748 abzulehnen.

Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
hat in seiner Sitzung am 16. Juni 2010 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktion der SPD bei Stimmenthaltung der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den
Antrag auf Drucksache 17/1748 abzulehnen.

Zu Buchstabe c

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz hat in seiner Sitzung am 16. Juni 2010 mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen
die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der
SPD empfohlen, den Antrag auf Drucksache 17/1760 abzu-
lehnen.

Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
hat in seiner Sitzung am 16. Juni 2010 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD empfohlen, den
Antrag auf Drucksache 17/1760 abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit hat den Antrag auf Drucksache 17/1974 in seiner
16. Sitzung am 16. Juni 2010 abschließend beraten.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit hat den Antrag auf Drucksache 17/1748 in seiner
16. Sitzung am 16. Juni 2010 abschließend beraten.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit hat den Antrag auf Drucksache 17/1760 in seiner 16. Sit-
zung am 16. Juni 2010 abschließend beraten.

Die Fraktion der CDU/CSU nahm Bezug auf den Antrag
auf Drucksache 17/1974 der SPD-Fraktion, der auf die aktu-
ellen Hochwasserereignisse an Oder und Weichsel eingehe
und hob hervor, es sei erfreulich, dass die Hochwasserereig-
nisse weniger dramatisch verlaufen seien, als noch vor eini-
gen Jahren. Vor diesem Hintergrund sei nicht ganz verständ-
lich, weshalb die Fraktion der SPD in ihrem Antrag erwähne,
dass die Schäden immer schwerwiegender würden. Dass
dies nicht der Fall sei, habe den Grund, dass in den vergan-
genen Jahren im Bereich des Hochwasserschutzes viel be-
wegt worden sei. Unterschiedliche Bundesregierungen hät-
ten sich dieses Themas in der Vergangenheit intensiv
gewidmet. Die derzeitige Bundesregierung fördere Projekte
zur Deichrückverlegung. Es gehe um Verbesserung des Was-
serrückhalts in der Landschaft und auch um die Wiederge-
winnung von Überschwemmungsgebieten. Es gehe um die
Umsetzung der EU-Hochwasserrisikomanagementrichtlinie
mit einem integrierten Ansatz der Hochwasserrisikovorsor-
ge. Bund und Länder arbeiteten engagiert in der Arbeitsgrup-
pe Wasser zusammen und hätten gerade erst im März 2010
aktualisierte Handlungsempfehlungen für Hochwasser-
risikomanagementpläne und Hochwasserrisikokarten verab-
schiedet. Mit dem Antrag der SPD-Fraktion würden ergän-
zende Vorschläge unterbreitet. Dabei würden aber Probleme

in der Kompetenzordnung zwischen Bund und Ländern
übersehen. Der ehemalige Bundesumweltminister Sigmar
Gabriel, der noch bis vor kurzem die Verantwortung getra-
gen habe, habe vor drei Jahren festgestellt, der Hochwasser-
schutz in der Europäischen Union sei auf einem guten Wege.
Jetzt wolle die Fraktion der SPD den Eindruck erwecken, als
ob hier große Defizite bestünden, die mit ihrer Initiative
abgebaut werden müssten. Der Antrag der SPD auf Druck-
sache 17/1748 enthalte auch positive Aspekte. Eine gemein-
same Initiative zur Renaturierung vor Nass- und Feuchtge-
bieten sei denkbar. Der vorliegende Antrag enthalte aber
einige Kritikpunkte. Die Problematik der Uferrandstreifen
sei im Zusammenhang mit dem UGB und den Nachfolgege-
setzen intensiv behandelt und beraten worden. Es sei eine ge-
meinsame Linie mit den Ländern gefunden worden. Daher
ergebe es keinen Sinn, dieses Fass nochmals aufzumachen.
Es bestehe kein Handlungsbedarf. Der Antrag der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 17/1760 greife
in die Kompetenzen der Bundesländer ein. Im Bereich der
Binnenentwässerung könne auch über Deichrückverlegung
gesprochen werden. An der seewärtigen Küste, wo es um
Landeschutzdeiche geht, da wäre dies die verkehrte Forde-
rung. Diese Differenzierung müsse man im Blick behalten.
Zunehmende Probleme bestünden in der Binnenentwässe-
rung. Bei steigendem Meeresspiegel verschärfen sich diese,
weil Binnenentwässerung teilweise nur bei Niedrigwasser
stattfinden könne. Wenn aber Niedrigwasser künftig so hoch
sei, wie heute das Hochwasser, würden die Zeiträume der
Binnenentwässerung ins Meer immer kürzer. Steigenden
Meeresspiegeln könne man nicht durch Rückverlegung der
seewärtigen Deiche begegnen. Man gewinne nur einen mini-
malen Bruchteil an Raum für zusätzliches Wasser.

Die Fraktion der SPD hob hervor, ihr erster Antrag zu den
naturnahen Wasserhaushalten habe einen Bezug zum Tag der
Biodiversität, der am 22. Mai 2010 stattgefunden habe. Auf-
grund dieses Anlasses gelte es, auch die Bedeutung der na-
turnahen Wasserhaushalte zu würdigen. Der Aspekt der Bio-
diversität sei beim Thema Wasser wesentlicher. Der zweite
Antrag beziehe sich auf die aktuellen Hochwasserereignisse.
Die Auswirkungen seien geringer gewesen, als bei den gro-
ßen Flutereignissen vor einigen Jahren. Es handele sich um
ein europäisches Problem. Das Beispiel Polen zeige, was die
Begradigung von Flüssen anrichte. Dort seien die Auswir-
kungen der Hochwasserereignisse nicht geringer gewesen.
Der Hochwasserschutz stehe im Zusammenhang mit dem
Naturschutz. Die Funktion, die die naturnahen Wasserhaus-
halte und die natürlichen Wasserspeicher übernähmen, soll-
ten nicht eingeengt, sondern ökologisch nachhaltig und intel-
ligent genutzt werden. Gerade im Hochwasserschutz lasse
sich das deutlich machen. In Regionen, in denen Flüsse na-
hezu ausschließlich industriell genutzt worden seien, lägen
oftmals Begradigungen vor. Mit aufwendigen Renaturie-
rungsprozessen würden häufig Möglichkeiten eines natürli-
chen Hochwasserschutzes zurückerobert und damit auch ein
Teil der Artenvielfalt. Wasser habe eine besondere Bedeu-
tung beim Schutz der Biodiversität. Zu den Auswirkungen
des Klimawandels gehören, dass Niederschlagsereignisse
sich anders vollzögen, als noch vor vielen Jahren. Messrei-
hen zeigten, dass es vermehrt zu Hochwasserereignissen
komme. Regionale Unterschiede nähmen zu. Die Interessen
der Landwirtschaft, der Binnenschifffahrt, aber auch der
Wasserwirtschaft und zum Teil von Industrie und Gewerbe

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/2176

auf diesem Gebiet seien legitim und in Beratungen einzube-
ziehen. Ziel sei es, Wasser in der Fläche zu halten und in
europäischen Dimensionen zu denken. Der Antrag der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 17/1760
schließe zum Thema Auen und Moore an. Allerdings sei
klarstellungsbedürftig, was damit gemeint sei, wann eine
Bundeswasserstraße nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben
sei. Beim Auenschutz dürfe kein Gegensatz von Binnen-
schifffahrt und Naturschutz aufgebaut werden.

Die Fraktion der FDP unterstrich, die Belange sowohl von
Auen, als auch von frei fließenden Flüssen müssten stärker
Berücksichtigung finden. Bei zahlreichen Projekten funk-
tioniere die Zusammenarbeit von Bund und Ländern. Die
Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt enthalte auch
Auenprogramme. Sinnvoll sei, darüber nachzudenken, wie
man den Flüssen mehr Raum gebe. Dies ist auch bereits An-
liegen im Koalitionsvertrag. Das gilt nicht nur für die großen
Flüsse, sondern auch schon für die Zuflüsse. Es bedürfe einer
Betrachtung der gesamten Flusseinzugsgebiete. Die Wasser-
und Schifffahrtsverwaltungen hätten nicht nur die Aufgabe
der Instandhaltung von Wasserstraßen, sondern seien auch
sensibilisiert für Umweltbelange.

Die Fraktion DIE LINKE. vertrat die Auffassung, der An-
trag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Druck-
sache 17/1760 benenne wirksame Maßnahmen für die biolo-
gische Vielfalt sowie den Gewässer- und Hochwasserschutz.
Wichtig sei, die verschiedenen regionalen Akteure mit
einzubeziehen. Lenzen an der Elbe gelte als ein geglücktes
Beispiel für eine Deichrückverlegung. Es seien zusätzlich
425 Hektar Überflutungsflächen gewonnen worden. Man
habe vor zehn Jahren eine Initialpflanzung vorgenommen.
Mittlerweile wüchsen dort 300 Hektar Auenwald. Der An-
trag der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/1748 enthalte
keine exakten Zielvorgaben. Wichtig sei ein Umbruchverbot
von Moorböden, das gemeinsam mit den Ländern durchzu-
setzen sei. Die Agrarförderung werde ab 2013 überarbeitet.
Dabei sei darauf zu achten, dass Moore nicht landwirtschaft-
lich genutzt werden könnten. Der Antrag der Fraktion der
SPD auf Drucksache 17/1974 sei ein Schaufensterantrag, je-
doch enthalte er eine sehr gute Analyse zu den Ursachen für
die Zunahme von Hochwassern. Konkretere Vorschläge zu
Programmen und Gesetzesänderungen wären wünschens-
wert gewesen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wies darauf hin,
dass die Natur selbst das Thema Hochwasserschutz in immer
kürzeren Abständen auf die Tagesordnung setze. Hätte sich

die Wetterlage, die sich über Polen entwickelt habe, ein
wenig nach Westen verschoben, dann wären Oder bezie-
hungsweise Elbe davon betroffen gewesen. Sie wertete posi-
tiv, dass auch die Fraktion von CDU/CSU und FDP die Be-
reitschaft erkennen ließen, vorbeugenden Hochwasserschutz
wieder zum Thema zu machen. Zu den Einwänden der Frak-
tion der CDU/CSU, sie erkenne keinen Sinn darin, das
Thema bundesweit aufzugreifen, da Hochwasserschutz in
die Kompetenz der Länder fiele, verwies die Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN darauf, dass man sich nicht
aus der Verantwortung des Bundes stehlen könne. Vorsor-
gender Hochwasserschutz müsse länderübergreifend ent-
wickelt werden. Am Beispiel des Antrags der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Auenschutzprogramm
werde deutlich, dass es genügend Handlungsmöglichkeiten
gebe, die von Bundesseite in Kooperation mit den Ländern
initiiert und umgesetzt werden könnten. Sie forderte ein
Auenschutzprogramm ein, das auf der Grundlage des Auen-
zustandsberichts des Bundesamtes für Naturschutz vom
Herbst 2009 entwickelt werden solle und unterstrich den Zu-
sammenhang von Auenschutz und Hochwasserschutz. Die
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begrüßte den Antrag
der SPD-Fraktion zum Hochwasserschutz und stellte Unter-
stützung in Aussicht, bewertete den Antrag der SPD Frak-
tion zum Wasserhaushalt aber kritischer, da er teilweise eine
weit gefasste Zustandsbeschreibung und zum Teil wenig
konkrete Forderungen verbinde.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
sicherheit beschloss mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dem
Deutschen Bundestag zu empfehlen, den Antrag auf Druck-
sache 17/1974 abzulehnen.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit beschloss mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktion der SPD
bei Stimmenthaltung der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dem Deutschen Bundestag
zu empfehlen, den Antrag auf Drucksache 17/1748 abzuleh-
nen.

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit beschloss mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dem Deutschen
Bundestag zu empfehlen, den Antrag auf Drucksache 17/
1760 abzulehnen.

Berlin, den 16. Juni 2010

Ingbert Liebing
Berichterstatter

Oliver Kaczmarek
Berichterstatter

Horst Meierhofer
Berichterstatter

Sabine Stüber
Berichterstatterin

Dorothea Steiner
Berichterstatterin

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