BT-Drucksache 17/2174

a) zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP -17/1953- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung wehr- und zivildienstrechtlicher Vorschriften 2010 (Wehrrechtsänderungsgesetz 2010 - WehrRÄndG 2010) b) zu dem Antrag der Abgeordneten Paul Schäfer (Köln), Jan van Aken, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. -17/1736- Abschaffung der Wehrpflicht c) zu dem Antrag der Abgeordneten Agnes Malczak, Omid Nouripour, Kai Gehring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -17/1431- Wehrpflicht beenden

Vom 16. Juni 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2174
17. Wahlperiode 16. 06. 2010

Beschlussempfehlung und Bericht
des Verteidigungsausschusses (12. Ausschuss)

a) zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
– Drucksache 17/1953 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung wehr- und zivildienstrechtlicher
Vorschriften 2010 (Wehrrechtsänderungsgesetz 2010 – WehrRÄndG 2010)

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Paul Schäfer (Köln), Jan van Aken,
Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 17/1736 –

Abschaffung der Wehrpflicht

c) zu dem Antrag der Abgeordneten Agnes Malczak, Omid Nouripour, Kai
Gehring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/1431 –

Wehrpflicht beenden

A. Problem

Zu Buchstabe a

In ihrem Koalitionsvertrag vom 26. Oktober 2009 haben CDU, CSU und FDP
vereinbart, im Grundsatz an der allgemeinen Wehrpflicht festzuhalten mit dem
Ziel, die Wehrdienstzeit bis zum 1. Januar 2011 auf sechs Monate zu reduzie-
ren. Außerdem soll sich die künftige Struktur der Wehrpflicht im Zivildienst
widerspiegeln.

Zu den Buchstaben b und c

Aus Sicht der Fraktion DIE LINKE. und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
widerspricht die Wehrpflicht in ihrer heutigen Umsetzung dem Gleichheits-
grundsatz und ist sicherheitspolitisch nicht mehr begründbar.

Drucksache 17/2174 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

B. Lösung

Zu Buchstabe a

Mit ihrem Gesetzentwurf wollen die Fraktionen der CDU/CSU und FDP den
Koalitionsvertrag umsetzen und den Grundwehrdienst sowie den Zivildienst
verkürzen. Die Regelung soll erstmals für Wehr- und Zivildienstleistende gel-
ten, die ihren Dienst ab dem 1. Juli 2010 antreten werden. Darüber hinaus sieht
der Gesetzentwurf die Anpassung weiterer Vorschriften für Grundwehrdienst-
und Zivildienstleistende sowie die Einführung eines freiwilligen zusätzlichen
Zivildienstes vor.

Annahme des Gesetzentwurfs auf Drucksache 17/1953 in geänderter Fassung
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen
der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zu Buchstabe b

Die Fraktion DIE LINKE. will die Wehrpflicht abschaffen und fordert gleich-
zeitig Maßnahmen zur Schaffung sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze
im Bereich der Pflege und gesundheitlichen Versorgung.

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/1736 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE
LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Zu Buchstabe c

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN will die Wehrpflicht aussetzen und
die Bundeswehr zu einer Freiwilligenarmee umbauen. Außerdem fordert sie
ebenfalls Maßnahmen zur Schaffung sozialversicherungspflichtiger Arbeits-
plätze und die Stärkung der Freiwilligendienste.

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/1431 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE
LINKE.

C. Alternativen

Im Verteidigungsausschuss wurde über eine modifizierte Umsetzung z. B. mit
einer Stärkung des Elements der Freiwilligkeit sowie die Aussetzung oder Ab-
schaffung der Wehrpflicht beraten, auch vor dem Hintergrund der geplanten
Umstrukturierungsmaßnahmen innerhalb der Bundeswehr.

D. Kosten

Die finanziellen Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte und die Bürokra-
tiekosten wurden – auf der Grundlage der Angaben hierzu im Gesetzentwurf
auf Drucksache 17/1953 – erörtert.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/2174

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/1953 mit folgender Maßgabe, im Üb-
rigen unverändert anzunehmen:

In Artikel 7 Nummer 11 wird § 41a Absatz 4 Satz 2 wie folgt gefasst:

„Die §§ 52 bis 57 sowie 59 Absatz 1 Nummer 2 sind auf Dienstleistende nach
Absatz 1 nicht anzuwenden.“,

b) den Antrag auf Drucksache 17/1736 abzulehnen,

c) den Antrag auf Drucksache 17/1431 abzulehnen.

Berlin, den 16. Juni 2010

Der Verteidigungsausschuss

Dr. h. c. Susanne Kastner
Vorsitzende

Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen)
Berichterstatter

Dr. Hans-Peter Bartels
Berichterstatter

Elke Hoff
Berichterstatterin

Paul Schäfer (Köln)
Berichterstatter

Agnes Malczak
Berichterstatterin

Drucksache 17/2174 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen), Dr. Hans-Peter
Bartels, Elke Hoff, Paul Schäfer (Köln) und Agnes Malczak

A. Allgemeiner Teil

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf auf Druck-
sache 17/1953 in seiner 47. Sitzung am 11. Juni 2010 beraten
und zur federführenden Beratung an den Verteidigungsaus-
schuss sowie zur Mitberatung an den Innenausschuss, den
Rechtsausschuss, den Haushaltsausschuss, den Ausschuss
für Arbeit und Soziales, den Ausschuss für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend sowie den Ausschuss für Gesundheit
überwiesen. Der Gesetzentwurf wurde außerdem gemäß § 96
GO-BT an den Haushaltsausschuss überwiesen.

Den Antrag auf Drucksache 17/1736 hat der Deutsche Bun-
destag in seiner 43. Sitzung am 20. Mai 2010 beraten und zur
federführenden Beratung an den Verteidigungsausschuss so-
wie zur Mitberatung an den Auswärtigen Ausschuss, den
Ausschuss für Arbeit und Soziales und den Ausschuss für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend überwiesen.

Den Antrag auf Drucksache 17/1431 hat der Deutsche Bun-
destag in seiner 40. Sitzung am 6. Mai 2010 beraten und eben-
falls zur federführenden Beratung an den Verteidigungsaus-
schuss sowie zur Mitberatung an den Ausschuss für Familie,
Senioren, Frauen und Jugend überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

Zu Buchstabe a

Mit dem Gesetzentwurf wollen die Fraktionen der CDU/CSU
und FDP den Grundwehrdienst von neun auf sechs Monate
verkürzen. Damit soll u. a. der Verschiebung der Schwer-
punkte in Bezug auf Auftrag und Aufgabenspektrum der Bun-
deswehr Rechnung getragen werden. Wehrpflichtige sollen
künftig schwerpunktmäßig die Fähigkeiten erlernen, ihren
Beitrag zur Sicherheitsvorsorge zu leisten. Mit der Verkür-
zung des Grundwehrdienstes und damit des Zivildienstes
müssen weitere Folgeänderungen festgelegt werden wie z. B.
die Abschaffung des abschnittsweisen Grundwehrdienstes
und damit auch des abschnittsweisen Zivildienstes sowie die
Verkürzung des Zivil- oder Katastrophenschutzes und ande-
rer Ersatzdienste. Darüber hinaus sollen ein freiwilliger zu-
sätzlicher Zivildienst eingeführt und die Jugendfreiwilligen-
dienste zukünftig bei einer Verstärkung der Mittel einheitlich
nach den Richtlinien über die Gewährung von Zuschüssen
und Leistungen des Kinder- und Jugendhilfeplanes des Bun-
des gefördert werden. Diese Vereinheitlichung soll u. a. glei-
che Fördervoraussetzungen für junge Frauen und Männer er-
möglichen, unabhängig vom Status als anerkannter Kriegs-
dienstverweigerer.

Zu Buchstabe b

In ihrem Antrag stellt die Fraktion DIE LINKE. fest, dass eine
Verkürzung der Dienstzeit auf sechs Monate nichts an der
Wehrungerechtigkeit ändere, das Festhalten an der Wehr-
pflicht eine deutliche Verkleinerung des Personalumfangs der
Streitkräfte blockiere und erhebliche Ressourcen binde, die

z. B. für die Schaffung sozialversicherungspflichtiger Ar-
beitsplätze fehlten. Deshalb fordert sie die Abschaffung.

Zu Buchstabe c

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verweist in ihrem
Antrag ebenfalls auf die Wehrungerechtigkeit und fordert die
Aussetzung der Wehrpflicht, den Umbau der Bundeswehr zu
einer Freiwilligenarmee, die Konversion des Zivildienstes
und den Ausbau der Freiwilligendienste. Die gesellschaft-
liche Integration der Bundeswehr soll durch die konsequente
Weiterentwicklung der Prinzipien der Inneren Führung ge-
währleistet werden.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat in seiner 16. Sitzung am
16. Juni 2010 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE
LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN die Ablehnung des Antrags auf Drucksache
17/1736 empfohlen.

Der Innenausschuss hat in seiner 14. Sitzung am 16. Juni
2010 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme des Gesetz-
entwurfs empfohlen.

Der Rechtsausschuss hat in seiner 16. Sitzung am 16. Juni
2010 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme des Gesetz-
entwurfs empfohlen.

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat in seiner 22. Sit-
zung am 16. Juni 2010 mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD,
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme
des Gesetzentwurfs empfohlen. Weiterhin empfiehlt er mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP
gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei Stimm-
enthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den
Antrag auf Drucksache 17/1736 abzulehnen.

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat in seiner 14. Sitzung am 16. Juni 2010 mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen
der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN die Annahme des Gesetzentwurfs empfohlen.
Weiterhin empfiehlt er mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion
DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN, den Antrag auf Drucksache 17/1736 ab-
zulehnen. Mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU,
SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE
LINKE. empfiehlt er, den Antrag auf Drucksache 17/1431 ab-
zulehnen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/2174

Der Ausschuss für Gesundheit hat in seiner 14. Sitzung am
16. Juni 2010 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme des
Gesetzentwurfs empfohlen.

Der Haushaltsausschuss hat in seiner 25. Sitzung am 16. Juni
2010 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme des Gesetz-
entwurfs in der geänderten Fassung empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Verteidigungsausschuss hat in seiner 36. Sitzung am
9. Juni 2010 beschlossen, vorbehaltlich der Überweisung des
Gesetzentwurfs auf Drucksache 17/1953 eine öffentliche An-
hörung hierzu sowie zu den Anträgen auf den Drucksachen
17/1736 und 17/1431 durchzuführen.

Die öffentliche Anhörung fand in der 39. Sitzung am 14. Juni
2010 statt. Den Mitgliedern des Ausschusses für Familie, Se-
nioren, Frauen und Jugend wurde dabei die Möglichkeit ein-
geräumt, nach den Eingangsstatements der Anzuhörenden
innerhalb des für die jeweilige Fraktion zur Verfügung ste-
henden Zeitkontingents Fragen zu stellen. Damit sollte den
zivildienstrechtlichen Aspekten des Gesetzentwurfs in be-
sonderer Weise Rechnung getragen werden. Als sachverstän-
dige Verbände waren eingeladen: Arbeitsstelle Frieden &
Abrüstung e. V., Bund der Deutschen Katholischen Jugend
(BDKJ) e. V., Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen
mit geistiger Behinderung e. V., Deutscher Bundeswehr-Ver-
band e. V., Evangelische Arbeitsgemeinschaft zur Betreuung
der Kriegsdienstverweigerer (EAK), Verband der Reservis-
ten der Deutschen Bundeswehr e. V., Zentralstelle für Recht
und Schutz der Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgrün-
den e. V. Außerdem waren als Einzelsachverständige Prof.
Dr. Carsten Becker, Dr. Karl Demmer, Prof. Dr. Jörn Ipsen,
Dirk Neumann, Generalmajor a. D. Peter Nagel, Thomas
Niermann, René Rudolf und Prof. Dr. Berthold Meyer einge-
laden. Auf das Wortprotokoll und die als Ausschussdruck-
sachen verteilten Stellungnahmen der Sachverständigen wird
Bezug genommen.

In der 40. Sitzung am 16. Juni 2010 hat der Verteidigungs-
ausschuss seine Beratungen abgeschlossen. Als Ergebnis
empfiehlt er mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Gesetzent-
wurf in der geänderten Fassung anzunehmen. Weiterhin emp-
fiehlt er mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD
und FDP gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. bei
Stimmenthaltungder Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,
den Antrag auf Drucksache 17/1736 abzulehnen. Mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen
die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. empfiehlt der
Ausschuss, den Antrag auf Drucksache 17/1431 abzulehnen.

Der Ausschuss hat eine Änderung zu dem Gesetzentwurf be-
schlossen, die die Disziplinarmaßnahmen im einzuführen-
den freiwilligen zusätzlichen Zivildienst betrifft. Der Ände-
rungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP lag auch
den mitberatenden Ausschüssen vor und wurde im Verteidi-

gungsausschuss sowie im Ausschuss für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend einstimmig angenommen, im Ausschuss
für Arbeit und Soziales sowie im Ausschuss für Gesundheit
mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, FDP, DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stim-
men der Fraktion der SPD.

Zu dem Gesetzentwurf auf Drucksache 17/1953 lagen dem
Ausschuss auch zwei Petitionen vor, zu denen der Petitions-
ausschuss eine Stellungnahme nach § 109 GO-BT angefor-
dert hatte und von denen eine auch die Anträge auf den Druck-
sachen 17/1736 und 17/1431 betrifft. Ein Petent kritisiert die
geplante Verkürzung des Wehrdienstes und des Zivildienstes
auf sechs Monate und fordert, dies insbesondere im Hinblick
auf den Zivildienst nicht in Kraft zu setzen. Ein weiterer Pe-
tent regt eine Regelung im Zivildienstgesetz (ZDG) an, nach
der die Zivildienstzeit entsprechend der Wehrdienstzeit frei-
willig verlängert werden kann. Den Anliegen der Petenten
wird mit der vorgesehenen Einführung eines freiwilligen
zusätzlichen Zivildienstes in Anlehnung an den freiwilligen
zusätzlichen Wehrdienst weitgehend entsprochen.

Im Verlauf der Ausschussberatung stellte die Fraktion der
CDU/CSU klar, der vorgelegte Gesetzentwurf sei richtig,
weil das Prinzip der Wehrpflicht in einer verkürzten Form er-
halten bleibe und die Bundeswehr den Dienst mit Blick auf
den Nachwuchs attraktiv gestalten könne. Die Ausbildung,
die im Rahmen des Grundwehrdienstes erfolge, werde auch
bei einer Verkürzung seiner Dauer den verschiedenen mög-
lichen künftigen Bedrohungsszenarien gerecht. Mit der vor-
gesehenen höheren Einberufungsquote werde es wieder mehr
Wehrgerechtigkeit geben. Die zum 1. Juli 2010 einberufenen
Wehrpflichtigen müssten Planungssicherheit haben. Entspre-
chende Perspektiven benötigten auch die Zivildienstleisten-
den, die künftig ebenfalls freiwillig verlängern könnten. Hier
werde eine Ungerechtigkeit gegenüber den Zivildienstleis-
tenden abgebaut. Dabei habe man mit dem Änderungsantrag
eine Anregung aus der Anhörung aufgegriffen: Ohne die
Pflicht zum gemeinsamen Wohnen seien Ausgangsbeschrän-
kungen keine sinnvolle Disziplinarmaßnahme. Mit dem dort
ebenfalls thematisierten Unterhaltssicherungsgesetz werde
man sich gesondert beschäftigen. Welche Auswirkungen
massive Eingriffe in den Einzelplan 14 für das Personal und
die Aufgabenwahrnehmung der Streitkräfte zur Folge hätten,
müsse ansonsten – einschließlich der Frage einer Wehreform
und Möglichkeiten der flexiblen Einberufung sowie Stand-
ortfragen – mit mehr Zeit ergebnisoffen geprüft werden. Die
Gründe für die Allgemeine Wehrpflicht würden schließlich
durch eine schwierige Haushaltslage nicht gegenstandslos,
und ohne eine verlässliche Sicherheitsvorsorge seien auch
viele im Inneren und Sozialen notwendige Dinge gefährdet.
Geprüft werden müsse auch die sich aus den Artikeln 87a und
87b des Grundgesetzes (GG) ergebende Aufteilung und der
Personalanteil in den Streitkräften bzw. im zivilen Bereich.
Diese Prüfung brauche ebenso Zeit wie der dringend gebo-
tene konzeptionelle und strukturelle Neuanfang. Ausgehend
von der Sparnotwendigkeit im Haushalt stelle sich dabei auch
die Frage einer möglichen Reduzierung der Einsätze, bei
deren Beantwortung die Bündnissolidarität und die Ziel-
setzung der gesamtstaatlichen Außenpolitik berücksichtigt
werden müsse. Auch in haushaltspolitischen Notzeiten dürf-
ten jedoch die Soldaten in den Einsätzen bei der Lösung nicht
leiden.

Drucksache 17/2174 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Die Fraktion der SPD erinnerte daran, dass die Bundes-
regierung wenige Wochen zuvor noch erklärt habe, die ge-
planten Einsparungen im Verteidigungshaushalt seien allein
durch Priorisierung im Rüstungsbereich zu erbringen. Den
Hinweis auf das „Spardiktat“ und die „Schuldenbremse“
könne man den Soldaten gegenüber nicht vertreten, solange
die Bundesregierung nicht zuerst die Lage Deutschlands in
der Welt definiere bzw. mit den Bündnispartnern über eine
intelligentere Arbeitsteilung diskutiere, insbesondere im
Bereich der teuren Hochtechnologie. Weder für die Bun-
deswehr, noch für die jungen Menschen gebe es Planungs-
sicherheit, wenn gleichzeitig bereits öffentlich angekündigt
werde, dass es sich nur um eine Übergangsregelung handele
und das Bundesministerium der Verteidigung bereits einen
weiter gehenden Prüfauftrag habe. Die Fraktion der FDP
müsse auch begründen, warum man nun eine sechsmonatige
Wehrpflicht benötige, wenn sie weiterhin deren Aussetzung
anstrebe. Es sei kaum vermittelbar, warum die Zahl der Ein-
berufenen jetzt für einen kürzeren, weniger sinnvollen Dienst
erhöht werden solle. Dies mache die Bundeswehr nicht
attraktiver und bereite ihr erheblichen Umsetzungsaufwand.
Angesichts des heute geringeren Bedarfs der Streitkräfte sei
die Chance hingegen groß, diesen durch Freiwillige zu
decken. Wenn man die Freiwilligkeit in allen gesellschaft-
lichen Bereichen stärke und nach der Erfassung und Muste-
rung unter den tauglich Gemusterten abfrage, wer Grund-
wehrdienst leisten wolle, könne damit auch das Argument der
Wehrungerechtigkeit entkräftet werden. Dies funktioniere
z. B. im Norden Europas recht gut und erhalte die Kernidee
der Wehrpflicht, dass es eine gemeinsame, kollektive Verant-
wortung der Gesellschaft zur Wahrung der Sicherheit gebe.
Wenn die Sicherheitslage dies erfordere, bestehe dann wei-
terhin die Möglichkeit, die Pflicht auch gegen den Willen der
Betroffenen zu exekutieren. Für dieses Modell habe man in
der Anhörung viel Sympathie gesehen.

Die Fraktion der FDP erklärte, sie stehe – auch und gerade –
vor dem Hintergrund der aktuellen und ergebnisoffenen Dis-
kussion im Hinblick auf die zukünftige Struktur der Bun-
deswehr und damit auch der zukünftige Wehrform zu dem
vorliegenden Gesetzentwurf, da er den zum Wehrdienst an-
stehenden jungen Männern Rechts- und Planungssicherheit
gebe. Unabhängig davon werde die Bundeswehr im Hinblick
auf die aktuellen und zukünftigen Sicherheitsherausforderun-
gen professionell und flexibel sein müssen. Sollte im Zuge der
Streitkräftereform der Umfang der Streitkräfte signifikant
reduziert werden, stelle sich automatisch die Frage nach der
Zukunft der Wehrpflicht. Die FDP strebe hierbei unverändert
eine Aussetzung der Wehrpflicht an, aber keine Abschaffung.
Richtige Schritte seien auch die in den Gesetzentwurf aufge-
nommenen Regelungen zur Freiwilligkeit bei der Verlänge-
rung des Zivildienstes und die Stärkung der Freiwilligen-
dienste. Schließlich sehe man in den Freiwilligendiensten
Potenzial, um den Zivildienst zukünftig abzulösen. Bei der
Urlaubsgewährung sei der Koalition ein Kompromiss ge-
lungen, allerdings hätte man sich hier noch eine großzügigere
Lösung gewünscht. Die Umsetzung der Koalitionsvereinba-
rung mit dem Gesetzentwurf sei jedenfalls ein erster Schritt
und ermögliche die strukturelle Neuausrichtung der Bundes-
wehr wie auch weitere strukturelle Diskussionen und gebe
gleichzeitig den jungen Männern die dringend gebotene
Rechts- und Planungssicherheit.

Die Fraktion DIE LINKE. kritisierte, die Frage der Wehr-
pflicht sei aus der Strukturkommission herausgelöst worden
und Bundesregierung bzw. Koalitionsfraktionen der CDU/
CSU und FDP hätten übereilt einen Gesetzentwurf vorgelegt,
dessen Regelungen in wenigen Monaten erneut zur Disposi-
tion gestellt werden sollten. Es sei besser, den Gesetzentwurf
zurückzuziehen, bis die Position der Koalition klar sei und
man erkannt habe, dass die Wehrpflicht nicht mehr zeitgemäß
sei. Dann könnten auch die damit für die Bundeswehr und die
Nachwuchsgewinnung verbundenden Fragen, einschließlich
möglicher Mehrkosten an anderer Stelle, ausreichend disku-
tiert werden. Die vorgesehene Verkürzung der Pflichtdienste
sei zwar positiv, aber gleichzeitig würden mehr junge Männer
eingezogen. Im Übrigen sei es nicht hinnehmbar, dass die
freiwillig länger dienenden Zivildienstleistenden weit unter-
halb tariflich vereinbarter Löhne bzw. ausgehandelter Min-
destlöhne arbeiten sollten und der Gesetzentwurf im Übrigen
dazu führen werde, dass Zivildienstplätze nur vergeben
würden, wenn sich die Zivildienstleistenden von Anfang an
länger verpflichteten. Bei dem Antrag der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werde man sich der Stimme
enthalten, dieser nur die Aussetzung, nicht die Abschaffung
fordere und die Freiwilligendienste mit den Pflichtdiensten
verbinde.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hob hervor, bei
der Einführung der Wehrpflicht hätten andere sicherheits-
politische Rahmenbedingungen zugrunde gelegen, als man
sie heute vorfinde. Damals habe man z. B. auch noch keine
Armee im Einsatz gehabt. Heute müsse die Wehrpflichtoption
des Grundgesetzes ausgesetzt und der Umbau der Bundes-
wehr zu einer Freiwilligenarmee zügig vorangetrieben wer-
den. Die Koalition betreibe hingegen keine vernünftige Si-
cherheitspolitik, wenn nur auf die finanziellen Kapazitäten
verwiesen werde. Die Soldatinnen und Soldaten würden au-
ßerdem verunsichert, wenn sie immer wieder unterschiedli-
che Ankündigungen hörten. Im Übrigen müssten gleichzeitig
die Freiwilligendienste massiv ausgebaut werden, um den
Ausstieg aus dem Zivildienst verantwortlich zu gestalten, und
das bürgerschaftliche Engagement insgesamt gestärkt wer-
den. Der nach der Anhörung vorgelegte Änderungsantrag
stelle zwar eine Verbesserung dar. Diese sei aber zu gering-
fügig, um dem Gesetzentwurf zustimmen zu können. Bei dem
Antrag der Fraktion DIE LINKE. werde man sich der Stimme
enthalten, weil man den Duktus als problematisch empfinde
und man darin ein Konzept für die Bundeswehr vermisse.

B. Besonderer Teil

Soweit der Verteidigungsausschuss die unveränderte An-
nahme des Gesetzentwurfs empfiehlt, wird auf die Begrün-
dung auf Drucksache 17/1953 verwiesen. Zu den vom Aus-
schuss vorgenommenen Änderungen ist darüber hinaus
Folgendes zu bemerken:

Nach dem Entwurf des Gesetzes zur Änderung wehr- und
zivildienstrechtlicher Vorschriften 2010 wird im freiwilligen
zusätzlichen Zivildienst ein dienstliches Fehlverhalten dis-
ziplinarisch geahndet. Danach kann gemäß § 59 Absatz 1
Nummer 2 ZDG eine Ausgangsbeschränkung als Diszipli-
narmaßnahme verhängt werden, wenn ein freiwillig zusätz-
lichen Zivildienst Leistender in einer dienstlichen Unterkunft

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/2174

wohnt. Bei dieser Maßnahme handelt es sich um eine Be-
schränkung der Freiheit in der Freizeit, die im freiwilligen zu-
sätzlichen Zivildienst keine angemessene Disziplinarmaß-
nahme darstellt. Darüber hinaus könnte sie auch nur bei einem
kleinen Teil der Zivildienstleistenden Anwendung finden, da
die meisten Zivildienstleistenden während des Dienstes nicht
in einer dienstlichen Unterkunft wohnen.

Berlin, den 16. Juni 2010

Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen)
Berichterstatter

Dr. Hans-Peter Bartels
Berichterstatter

Elke Hoff
Berichterstatterin

Paul Schäfer (Köln)
Berichterstatter

Agnes Malczak
Berichterstatterin

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