BT-Drucksache 17/2134

Bildung in Entwicklungs- und Schwellenländern stärken - Bildungsmaßnahmen anpassen und wirksamer gestalten

Vom 16. Juni 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/2134
17. Wahlperiode 16. 06. 2010

Antrag
der Abgeordneten Anette Hübinger, Holger Haibach, Dr. Christian Ruck, Peter
Altmaier, Hartwig Fischer (Göttingen), Florian Hahn, Jürgen Klimke, Stefan Müller
(Erlangen), Klaus Riegert, Johannes Selle, Sabine Weiss (Wesel I), Dagmar Wöhrl,
Volker Kauder, Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Harald Leibrecht, Helga Daub, Joachim Günther (Plauen),
Dr. Christiane Ratjen-Damerau, Michael Link (Heilbronn) und der Fraktion der FDP

Bildung in Entwicklungs- und Schwellenländern stärken – Bildungsmaßnahmen
anpassen und wirksamer gestalten

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Zusammenarbeit im Bereich Bildung ist im 21. Jahrhundert zu einer globa-
len Aufgabe geworden. Erwerb und Anwendung von Wissen bestimmen die
individuellen und gesellschaftlichen Entwicklungschancen und sind wesent-
liche Voraussetzungen für nachhaltiges Wirtschaftswachstum. Bedeutung und
Häufigkeit internationaler Bildungsinitiativen und Bildungskonferenzen haben
beträchtlich zugenommen und zeugen von einem gestiegenen weltweiten Inte-
resse. Deutschland ist darauf angewiesen, das Thema Bildung im internationa-
len Kontext als zentrale außen- und entwicklungspolitische Aufgabe gestaltend
wahrzunehmen.

Nachhaltige und erfolgreiche Entwicklung hängt wesentlich vom Zugang aller
Bevölkerungsgruppen zum Bildungssystem ab. Bildung ermöglicht es Men-
schen, am gesellschaftlichen, kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Le-
ben teilzunehmen und ist das Fundament für eine selbstbestimmte Zukunft. Bil-
dung ist ein Menschenrecht (verankert in Artikel 26 der Allgemeinen Erklärung
der Menschenrechte sowie in der UN-Kinderrechtskonvention, Artikel 28) und
leistet einen erheblichen Beitrag zur persönlichen Entwicklung, zur Werte- und
Demokratieerziehung sowie zur Freiheitsförderung. Gute Bildung ist aktive
Armutsbekämpfung. Gerade in Entwicklungsländern und insbesondere in Kri-
senregionen, fragilen Staaten oder bei benachteiligten Bevölkerungsgruppen
stellen Bildung und Ausbildung einen Weg dar, aus der Armutsspirale und der
Perspektivlosigkeit zu entkommen. Nur wenn Menschen eine solide Bildung

erhalten, haben sie die Chance, ihr Schicksal selber in die Hand zu nehmen.

Die Realität sieht indes anders aus: Ungeachtet erheblicher Anstrengungen der
internationalen Gemeinschaft und auch der Entwicklungspartner ist die Bil-
dungssituation in vielen Ländern weiterhin besorgniserregend. Millionen von
Menschen haben keinen oder nur sehr eingeschränkten Zugang zu formalen
und nonformalen Bildungsangeboten. Die Analphabetenrate im Erwachsenen-
alter ist in einigen Ländern weiterhin sehr hoch. Unzureichende Ausstattung

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der Schulen, schlechte Schulverwaltung, lange und unsichere Schulwege, ge-
ring qualifiziertes Lehrpersonal, fehlende oder unzureichende Standards sowie
antiquierte Lehrpläne und Unterrichtsmethoden tragen zusätzlich dazu bei, die
Attraktivität eines Schulbesuchs herabzusetzen, mit der Folge, dass gerade in
den ärmsten Ländern der Welt Kinder und Jugendliche die Schule vorzeitig und
ohne ausreichende Ausbildung abbrechen. In einem Großteil der Entwicklungs-
länder landen zwei Drittel der Schulabbrecher in der informellen Wirtschaft.
Nur über die Förderung von Angeboten zur Erwachsenenbildung und nonfor-
maler Berufsbildung erhalten sie eine Chance, ihre eigene Existenz durch eine
dauerhafte berufliche Zukunft abzusichern.

Auf dem Weltbildungsforum im April 2000 in Dakar/Senegal wurde der
Aktionsplan „Bildung für alle“ (Education for All, EFA) von 164 Staaten ver-
abschiedet. Von den sechs EFA-Zielen, die bis 2015 erreicht werden sollen,
sind zwei in die Millennium Development Goals (MDG) 2 und 3 eingeflossen.
Diese beiden MDGs betonen die Bedeutung von umfassender Grundbildung
für alle Kinder und die dringende Notwendigkeit einer Aufhebung der Benach-
teiligung von Mädchen und Frauen. Für die Organisation der Vereinten Natio-
nen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) ist Bildung eines der
Hauptaktivitätsfelder. Die UNESCO verfügt über ein weltweites Netzwerk
regionaler Büros für Bildung. Im Rahmen der Vereinten Nationen (VN) ist sie
für die Koordinierung der weltweiten Anstrengungen zur Erreichung der EFA-
Ziele zuständig. Im Jahre 2002 wurde zusätzlich die Fast Track Initiative (FTI)
als globale Partnerschaft ins Leben gerufen, um diejenigen Entwicklungsländer
bei der Umsetzung der Bildungs-MDGs und EFA-Ziele zu unterstützen, die
eine engagierte Bildungspolitik verfolgen, jedoch nicht die finanziellen Res-
sourcen zu ihrer Umsetzung haben.

Die beiden großen Herausforderungen für die Erreichung dieser Ziele bestehen
darin, zum einen den freien Zugang zu Bildung für alle zu ermöglichen sowie
zum anderen Bildung in guter Qualität zu gewährleisten. Der jährlich vorge-
legte Weltbildungsbericht der UNESCO, der EFA Global Monitoring Report
(GMR), misst Fortschritte und Herausforderungen weltweit. Auch Projekte wie
„Schulen für Afrika“ unter der Schirmherrschaft von UNICEF (Kinderhilfs-
werk der Vereinten Nationen) zeigen, dass Entwicklung möglich ist. Die inter-
national lancierte Initiative „1GOAL – Bildung für alle“, in Deutschland von
der deutschen Globalen Bildungskampagne getragen, zeigt den weiterhin ho-
hen Bedarf an Bildung in Entwicklungsländern. Über den Zugang hinaus muss
eine angemessene Qualität von Bildung sichergestellt werden.

Das Ziel „Bildung für alle“, dem sich auch die Bundesregierung verschrieben
hat, kann zudem nur dann nachhaltig erreicht werden, wenn Bildungssysteme
in ihrer Gesamtheit funktionieren. Deshalb sollten alle Bereiche der staatlichen
und auch nichtstaatlichen Bildung, bestehend aus frühkindlicher Bildung, Pri-
mar- und Sekundarbildung, beruflicher Bildung, Hochschulbildung und Er-
wachsenenbildung sinnvoll koordiniert werden, aufeinander aufbauen und
untereinander durchlässig sein. Entsprechend ist eine gleichmäßige Entwick-
lung der verschiedenen Bildungsbereiche dringend notwendig, um im Sinne
von lebenslangem Lernen einen lückenlosen Übergang zu weiterführender Bil-
dung zu gewährleisten bzw. den erfolgreichen Einstieg in den Arbeitsmarkt auf
allen Ebenen zu ermöglichen. Junge Menschen – Männer und Frauen gleicher-
maßen – müssen die Chance haben, nach der allgemeinen Schulbildung entwe-
der einen qualifizierten Beruf zu erlernen oder eine höhere Schulbildung bis hin
zur Universität zu erlangen.

Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung zählen zu den Problemen in Entwick-
lungsländern, deren Überwindung maßgeblich vom Zugang zu qualitativ hoch-

wertiger Bildung abhängt. Außerdem bedarf es einer breiten Masse an gebilde-
ten und verantwortungsbewussten Bürgern, um Länder aus ihrer Armut zu

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/2134

befreien und den Aufbau bzw. die Stabilisierung von Justiz, Demokratie,
Rechtsstaatlichkeit und Marktwirtschaft sozial zu gestalten. Die weltweit zu-
nehmend bedeutender werdenden Prinzipien der „Bildung für nachhaltige Ent-
wicklung“ vermitteln Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen ein Verständnis
dafür, wie sich das eigene Handeln auf künftige Generationen oder das Leben
in anderen Weltregionen auswirkt. Diese sollten zunehmend in den Unterricht
auf allen Schulstufen und in die Lehrerbildung integriert werden.

Um eine höhere Chancengleichheit zu erzielen, müssen auch nonformale Bil-
dungsprojekte, verstanden als Ergänzung oder Alternative zu formaler Bildung
und Ausbildung, mehr Aufmerksamkeit erhalten. Auch die bisher erfolgreich
praktizierte Schulspeisung besitzt Nachahmungscharakter, weil sie Anreiz zum
Schulbesuch gerade für die ärmsten Bevölkerungsschichten bietet. Zielgruppen
von nonformalen Bildungsangeboten oder Schulspeisungsprogrammen sind
Kinder und Jugendliche, die nicht zur Schule gehen bzw. die Schule abbrechen
und zu den am meisten benachteiligten Gruppen in einer Gesellschaft gehören.
Dazu zählen u. a. Mädchen, in städtischer bzw. ländlicher Armut lebende Kin-
der, in Krisen- und Konfliktregionen lebende Kinder, Kinder mit Behinderung,
ethnische Minderheiten, von Krankheit betroffene Kinder (HIV/AIDS) und
arbeitende Kinder.

Kinderarbeit ist und bleibt eine große Einschulungshürde, die dazu führt, dass
insbesondere sehr arme Familien ihren Kindern bereits den Zugang zur Grund-
bildung verwehren, da die Kosten für die Familien hoch sind (Schulgebühren,
Wegfall des Einkommens/der Produktionskraft der Kinder). Auch ist der erwar-
tete Bildungserfolg für diese Schüler geringer, da sie in der Regel dazu ge-
zwungen sind, früher ins Arbeitsleben einzusteigen und somit keine Möglich-
keit zur weiterführenden Bildung erhalten. Auch vor diesem Hintergrund ist es
wesentlich, das Bildungssystem ganzheitlich zu betrachten, die Übergänge
zwischen formaler und nonformaler Bildung sowie zwischen den Bildungs-
bereichen zu stärken und so die Schulabbrecherquoten zu verringern. Ein be-
sonderes Augenmerk sollte auch auf den Zugang zu Bildung in Nachkriegs-
regionen, in Flüchtlingslagern und in so genannten fragilen Staaten gelegt
werden.

Insgesamt wird eine höhere Wirksamkeit bildungspolitischer Zusammenarbeit
im Rahmen der Paris-Erklärung und der Verpflichtung zum Accra-Aktionsplan
durch gemeinsame Anstrengungen von Geber- und Partnerländern angestrebt.
Deutschland kann dabei weiterhin einen wichtigen Beitrag leisten.

Primarbildung

In den letzten Jahren wurde gemäß den MDGs 2 und 3 verstärkt das Ziel einer
verbesserten Grundbildung in den Entwicklungsländern verfolgt. Auch wenn
einige Entwicklungsländer dem MDG 2, das die Verwirklichung der Grundbil-
dung für alle zum Ziel hat, nähergekommen sind, gibt es nur begrenzte Fort-
schritte. Aufgrund vielfältiger Gründe wie veränderte globale Rahmenbedin-
gungen, schnelles Bevölkerungswachstum oder unzureichender Finanzierung,
sind die Ergebnisse nicht ausreichend, um die bis 2015 gesteckten Ziele im Be-
reich der Grundbildung zu erreichen. Noch immer besuchen 72 Millionen Kin-
der keine Schule, fast die Hälfte dieser Kinder lebt in Subsahara-Afrika sowie
ein Viertel in Süd- und Westasien. Der Anteil der Mädchen, die keine Schule
besuchen können, ist zwar gesunken, doch sind weiterhin 55 Prozent der 72
Millionen Kinder, die nicht zur Schule gehen, Mädchen. Außerdem leben der-
zeit 35 Prozent der Kinder, die keine Schule besuchen (also mehr als jedes
dritte Kind) in von Konflikten betroffenen Ländern.

Die Bereitstellung von Grundbildung muss primär Aufgabe des Staates sein

und sollte gebührenfrei zur Verfügung stehen. Entwicklungspolitische Maßnah-

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men sollten darauf abzielen, das Bildungssystem diesbezüglich zu stärken und
damit zu gewährleisten, dass der notwendige Anteil des nationalen Staatshaus-
haltes in die Grundbildung fließt. Nichtsdestotrotz können gerade in fragilen
Staaten und Krisenkontexten private Träger einen wesentlichen Beitrag leisten,
um ein Minimum an stabilisierenden Bildungsangeboten bereitzustellen.

Es hat sich gezeigt, dass in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern Regie-
rungen nicht imstande sind, ihre Hoheitsaufgaben im Bildungsbereich zu erfül-
len. Da es aber ein prioritäres Anliegen vieler Eltern ist, ihren Kindern gesell-
schaftlichen Aufstieg durch Bildung zu ermöglichen, haben viele Gemeinden
deshalb in Eigeninitiative und mit Unterstützung privater Träger nichtstaatliche
Schulen aufgebaut. Private Bildungsinitiativen, die in Regionen, in denen es
keine staatlichen Schulen gibt, ein Bildungsangebot aufbauen, sind eine Alter-
native, um den Bildungszugang weiter zu verbessern und Lücken der staatli-
chen Schulsysteme zu schließen. Eine aktive Rolle bei der Vermittlung von
Grundbildung haben in vielen Ländern die Kirchen und andere Träger über-
nommen. Deren Engagement ermöglicht vielen Kindern den Zugang zum Bil-
dungssystem.

Sekundarbildung

Aufgrund der stark gestiegenen Anzahl an Grundschulabsolventen muss in
Zukunft ein stärkerer Fokus auf die Sekundarbildung gelegt werden. Hier geht
es darum, dass allgemeinbildende, berufsvorbereitende und alltagsrelevante
Inhalte und Kompetenzen vermittelt werden sollen. Es muss einerseits Wert auf
die Allgemeinbildung, andererseits auf die Vermittlung von lebensnahen Fähig-
keiten gelegt werden, um die bestmögliche Qualifizierung für ein selbst-
bestimmtes und zukünftig erfolgreiches Berufsleben zu bieten. Auch wenn in
vielen Entwicklungs- und Schwellenländern die untere Sekundarstufe Teil der
verpflichtenden Grundbildung ist, sind die Qualifikationen der Absolventen oft
nicht ausreichend für weiterführende Bildung/Ausbildung oder den Einstieg in
den Arbeitsmarkt. Darüber hinaus gibt es insgesamt noch zu wenig Sekundar-
bildungsangebote in Entwicklungs- und Schwellenländern.

Während die westlichen Industriestaaten eine universelle Sekundarbildung fast
umgesetzt haben, sind 2007 nur 34 Prozent der Jugendlichen in Subsahara-
Afrika in der Sekundarstufe (65 Prozent in den arabischen Staaten und bis zu
90 Prozent in Lateinamerika). 71 Millionen Jugendliche im Alter zwischen
10 und 16 Jahren besuchten 2007 überhaupt keine Sekundarschule, dies ist fast
jeder fünfte Jugendliche dieser Altersgruppe weltweit. Auch ist der gleich-
berechtigte Zugang von Mädchen und Jungen zu weiterführender Bildung von
großer Bedeutung. Denn immer noch ist der Geschlechterunterschied in der
Sekundarbildung in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern ausgeprägter
als im Grundbildungsbereich.

Für den Sekundarbildungsbereich ist es zunächst wichtig, Strategien, Modelle
und Konzepte zu erstellen, um die Zugangschancen für die untere Sekundar-
stufe erheblich auszuweiten. Außerdem müssen Qualität und Relevanz der Un-
terrichtsinhalte für die Lebens- und Alltagswelt sichergestellt sowie Lehrpläne
stärker als bisher auf Ausbildungs- und Beschäftigungsfähigkeit ausgerichtet
werden. Im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes ist es zudem wichtig, Kon-
zepte und Strategien für eine flexiblere und differenziertere Anschlussfähigkeit
der Sekundarbildung an die anderen Bildungsbereiche zu entwickeln.

Berufliche Bildung

Eine wichtige Grundlage für wirtschaftliche Entwicklung bildet die berufliche

Aus- und Weiterbildung. Sie entfaltet jedoch erst dann Wirkung, wenn Angebot
und Nachfrage auf den Arbeitsmärkten zusammen kommen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/2134

Für Wirtschaftswachstum und breitenwirksame Beschäftigung braucht es aus-
reichend gut ausgebildete Fachkräfte in allen wirtschaftlichen, vor allem aber
auch industriellen Zweigen. Aber auch Fachkräfte für gesellschaftliche und
soziale Dienstleistungen müssen ausgebildet werden, wie z. B. im Bereich der
Gesundheitsversorgung, der öffentlichen Dienste und im Dienstleistungssektor.
Außerdem müssen die Berufsbildungssysteme eng mit dem Arbeitsmarkt der
jeweiligen Länder verbunden sein, um flexibel auf die sich ändernden Anforde-
rungen der regionalen Arbeitsmärkte reagieren zu können. Ferner bedarf es
einer Modernisierung des Aus- und Weiterbildungssystems auf der Grundlage
der aktuellen Diskussion z. B. zur Anerkennung und Transparenz erworbener
Qualifikationen, der Früherkennung von Qualifizierungsbedarfen sowie der
Qualitätssicherung und der Entwicklung von Bildungsstandards.

Durch die Ausbildung von qualifizierten Arbeitskräften wird die Wettbewerbs-
fähigkeit von Betrieben sowohl auf nationalen als auch auf internationalen
Märkten erhöht. Die damit verbundene höhere Attraktivität als Wirtschafts- und
Investitionsstandort ist entscheidend für nachhaltige wirtschaftliche Entwick-
lung.

Insgesamt muss derzeit konstatiert werden, dass die Berufsausbildungssysteme
in einigen Entwicklungs- und Schwellenländern noch große strukturelle Defi-
zite aufweisen, deren Behebung gerade wegen des hohen Bedarfs an qualifi-
zierten Lehrern noch Jahrzehnte in Anspruch nehmen wird. In vielen Entwick-
lungs- und Schwellenländern ist die berufliche Bildung unterfinanziert und
bedarf wichtiger Mechanismen wie der Berufsorientierung, Berufsberatung,
Ausbildung und Arbeitsvermittlung. Arbeitsmarktorientierung, Zusammenar-
beit zwischen Staat und Wirtschaft, gesellschaftliche Akzeptanz von Standards,
Qualifizierung von Berufsbildungspersonal, Lernen im Arbeitsprozess sowie
institutionalisierte Forschung und Beratung sind deshalb wichtige Aspekte,
denen gerade in diesem Bereich eine äußerst hohe Bedeutung zukommt.

Der deutsche Ansatz der dualen Berufsausbildung, bei der die Ausbildungs-
inhalte parallel in Betrieb und Berufsschule vermittelt werden, genießt inter-
national hohes Ansehen. Gerade Modelle analog zum dualen Ausbildungssys-
tem könnten ein Türöffner sein, denn der unmittelbare Arbeitsbezug, die
Einbindung des Ausbildungsbetriebs, als auch die Brückenfunktion in die
Arbeitswelt bieten ein hohes Maß an Attraktivität. Oftmals wird durch eine
duale Ausbildung ein direkter Einstieg in Beschäftigung ermöglicht, so dass
Jugendarbeitslosigkeit verhindert werden kann.

Durch die Beratung „auf Augenhöhe“, unter Einbeziehung der Expertise von
Berufsbildungseinrichtungen wie dem Bundesinstitut für Berufsbildung
(BiBB), der deutschen Industrie- und Handelskammern, der Handwerkskam-
mern sowie weiterer deutscher Bildungsdienstleister, kann das Erfolgsmodell
der Dualen Berufsausbildung an die Bedürfnisse des lokalen Arbeitsmarkts an-
gepasst werden. Damit kann es sich zu einem wertvollen Instrument bei der Be-
hebung des lokalen Fachkräftemangels entwickeln. In Schwellen- und Ent-
wicklungsländern kann man auf jahrzehntelange erfolgreiche Zusammenarbeit
zurückblicken. Insbesondere in Schwellenländern sollen sich die Formen der
Kooperation an die aktuellen Bedarfe anpassen. Wichtig ist in diesem Zusam-
menhang, dass an die bereits vorhandenen Netzwerke und Strukturen ange-
knüpft wird. Hierbei können verstärkt deutsche Unternehmen einbezogen wer-
den. Auch der Aufbau von Berufsakademien in PPP-Projekten (PPP = Public
Private Partnership) mit ortsansässigen Unternehmen ist eine gute Möglichkeit,
Fachkräfte auszubilden. Die in vielen Partnerländern dauerhaft ansässigen Goe-
the-Institute können eine wichtige Hilfestellung bei der Beratung von Interes-
senten und Absolventen sowie bei der Netzwerkbildung leisten.

Drucksache 17/2134 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Hochschulbildung und Wissenschaft

In vielen Entwicklungsländern besteht ein Bedarf an gut ausgebildeten, verant-
wortungsbewussten Führungseliten und Entscheidungsträgern, die die rechts-
staatlichen Prozesse in ihren Ländern steuern und für Werte wie Freiheit,
Demokratie und Menschenrechte eintreten. Doch auch die Innovationsfähigkeit
eines Landes, welche die wirtschaftliche Entwicklung ankurbelt, geht in der
Regel von gut ausgebildeten Akademikern aus. Ohne eigene Kapazitäten in
Bildung, Wissenschaft und Forschung werden Entwicklungs- und Schwellen-
länder ihre Abhängigkeiten nur schwer überwinden können.

Die Förderung von Hochschulbildung und Wissenschaft gehört zum Kernbe-
reich einer langfristigen, erfolgreichen Bildungspolitik und ist unverzichtbar
für die nachhaltige Entwicklung eines Landes. In Entwicklungs- und Schwel-
lenländern studiert jedoch nur ein geringer Anteil der Bevölkerung. Hinzu
kommt, dass die aktuellen Universitätsabsolventen häufig nicht dem Bedarf des
lokalen Arbeitsmarkts entsprechen. 2005 waren lediglich 5 Prozent der entspre-
chenden Altersgruppe in Subsahara-Afrika und 11 Prozent in Süd- und West-
asien an Hochschulen eingeschrieben. In Industrieländern lag der Anteil 2007
bei 67 Prozent. Um die Quote der Studierenden zu erhöhen, bedarf es weiterhin
erheblicher Anstrengungen.

Schon heute leistet Deutschland mit weltweiten Bildungs- und Wissenschafts-
kooperationen einen wichtigen Beitrag für den globalen Wissensaustausch. Die
Auswärtige Kultur-, Bildungs- und Wissenschaftspolitik ist eine tragende Säule
in der internationalen Zusammenarbeit in Bildung und Wissenschaft. Vielen jun-
gen Menschen wird durch vielfältige Förderprogramme und Einzelmaßnahmen
der Zugang zu einer qualifizierten Bildung gewährt. Der Deutsche Akademische
Austauschdienst e. V. (DAAD), aber auch die Nichtregierungsorganisationen,
Kirchen oder die Durchführungsorganisationen der Entwicklungszusammen-
arbeit (darunter die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit
GmbH – GTZ, die KfW Bankengruppe, die Internationale Weiterbildung und
Entwicklung gGmbH – Inwent, die Deutscher Entwicklungsdienst gGmbH –
DED) leisten hierzu ihren Beitrag.

Ein Instrument unter anderen ist die Hochschul- und Wissenschaftskooperation.
Sie müssen länderangepasst den akademischen Austausch, gemeinsame For-
schungskooperationen, den Auf- und Ausbau von akademischen Bildungsein-
richtungen und die Weiterentwicklung der Alumni-Netzwerke umfassen. Für
die weitreichende Behebung struktureller Defizite im Hochschul- und Wissen-
schaftsbereich braucht es weitere Instrumente wie zum Beispiel Universitäts-
managementschulungen, Curriculaentwicklung und Dozententrainings in den
Entwicklungs- und Schwellenländern. Besonders wichtig ist hier auch die
Etablierung von Kontakten zwischen Universitäten und dem Privatsektor. Alle
Instrumente der Entwicklungspolitik im Hochschulbereich müssen effektiv und
sinnvoll aufeinander abgestimmt werden.

Bei der Implementierung von entwicklungspolitischen Maßnahmen im Hoch-
schulbildungsbereich, aber auch bei der Vergabe von Studienstipendien für
deutsche Hochschulen, besteht die Gefahr, einem „Brain Drain“ Vorschub zu
leisten: Die Bildungselite wandert aus dem Entwicklungsland ab. Hier müssen
Kapazitäten vor Ort etabliert werden, um langfristig für nachhaltige Wirtschafts-
entwicklung und die Beförderung von Guter Regierungsführung zu sorgen. Das
bedeutet, dass bei der Hochschulförderung auch stets die sich anschließenden
lokalen Arbeitsmöglichkeiten der Akademiker im Auge behalten werden
müssen. Die entwicklungspolitischen Aktivitäten im Hochschulbereich müssen
viel stärker am Bedarf in den jeweiligen Ländern ausgerichtet werden. Die
internationale Gebergemeinschaft muss sich mit ihren Partnern um eine Er-

arbeitung landesspezifischer, zielgerichteter und praxisorientierter Curricula
bemühen, so dass diese den jeweiligen Herausforderungen der Länder gerecht
werden.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/2134

Lehrerausbildung

Eine fundierte, an Werten orientierte Aus- und Fortbildung von Lehrern ist
Grundlage für effektive und wirksame Entwicklungszusammenarbeit im
Bildungsbereich. Gut ausgebildete Lehrer, die auch didaktisch, fachlich und
pädagogisch geschult sind, haben signifikanten Einfluss auf die Ausbildungs-
erfolge der Lernenden. Herausforderungen für den Lehrerberuf stellen sich ins-
besondere in Ländern mit einem hohen Anteil an indigener Bevölkerung und in
Stämmen lebenden Personen. In der Vergangenheit sprachen Lehrer hier oft
lediglich die Amtssprache, wohingegen die Grundschulkinder nur die indigene
Sprache oder einen lokalen Dialekt beherrschten. Die deutsche Entwicklungs-
zusammenarbeit hat darauf reagiert und Unterrichtsmaterialien übersetzt sowie
Indigene zu Lehrern ausgebildet. Die Verbesserung der Lehrerausbildung ist
somit ein wichtiger Baustein, um speziell die Qualität der Bildung in Entwick-
lungsländern zu verbessern.

Nach Angaben der UNESCO haben 26 Länder das für die Grundschulbildung
allgemein akzeptierte Ziel des Schüler-Lehrer-Verhältnisses von 40:1 im Jahr
2007 nicht erreicht; davon liegen 22 Länder in Subsahara-Afrika mit Verhält-
nissen von 80:1 zwischen Schülern und ausgebildeten Lehrern. Die schon jetzt
stark unterbesetzten schulischen Einrichtungen werden zusätzlich dadurch ge-
schwächt, dass viele ihrer Lehrkräfte an HIV/AIDS erkrankt sind.

Überdies bestehen keine Anreize für gut ausgebildete Akademiker, den Lehr-
beruf zu ergreifen. Die Gehälter sind vielfach zu niedrig und der Lehrberuf
genießt kein hohes gesellschaftliches Ansehen. Um die Probleme in Bildung
und Ausbildung langfristig zu überwinden, bedarf es einer umfassenden Stär-
kung und Aufwertung des Lehrerberufs in Entwicklungs- und Schwellenlän-
dern. Dazu gehört eine fundierte an Werten orientierte pädagogische Aus- und
Fortbildung sowie angemessene Vergütung der Lehrkräfte genauso wie eine
adäquate Infrastruktur. Die Bundesregierung unterstützt in diesem Bereich eine
Task Force im Rahmen von „Education for All“, die zu Lehrerbedarf, -qualifi-
zierung und -stellenbesetzung arbeitet.

Erwachsenenbildung und Alphabetisierung

Erwachsenenbildung sowie die Alphabetisierung von Jugendlichen und Er-
wachsenen spielt in der Entwicklungszusammenarbeit bisher noch eine unter-
geordnete Rolle und muss entsprechend stärker gefördert werden. Laut Weltbil-
dungsbericht der UNESCO sind 759 Millionen Erwachsene Analphabeten.
Dies entspricht 16 Prozent der erwachsenen Weltbevölkerung. Etwa zwei
Drittel aller erwachsenen Analphabeten sind Frauen. Über die Hälfte aller An-
alphabeten lebt in nur vier Ländern – Bangladesch, China, Indien und Pakistan.

Eine Grundbildung alleine reicht in den meisten Fällen nicht aus, um den Men-
schen eine Berufstätigkeit und damit ein eigenverantwortliches Leben zu er-
möglichen. Daher gilt es, auch Konzepte zum „Life-Long-Learning“ (lebens-
langes Lernen) in Entwicklungs- und Schwellenländern zur Anwendung zu
bringen. Eine immer größere Bedeutung kommt dem Bereich der Informations-
und Kommunikationstechnologie zu. Das Instrument des E-Learning sowie des
„Blended Learning“ (Kombination von elektronischem Lernen und Bildung
vor Ort) muss verstärkt gefördert und eingesetzt werden, damit auch in abgele-
genen Gebieten ein Zugang zu den Wissensnetzwerken und zu Ausbildung er-
möglicht wird. Die UNESCO als einzige Sonderorganisation im VN-System
mit einem expliziten Mandat im Bildungs- und im Informations- und Kommu-
nikationsbereich könnte hier eine verstärkte Rolle übernehmen.

Drucksache 17/2134 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Struktur der Zusammenarbeit mit Entwicklungs- und Schwellenländern

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(BMZ) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) tragen
im Rahmen verschiedener Initiativen (iMOVE, EDVANCE) dazu bei, das um-
fangreiche Angebot deutscher Aus- und Weiterbilder international bekannt zu
machen. „Training made in Germany“ ist ein Markenzeichen, mit dem die Bun-
desregierung auf dem weltweiten Bildungsmarkt, insbesondere auch in den
Entwicklungsländern, erfolgreich sein will.

Im Rahmen der Strategie der Bundesregierung zur Internationalisierung von
Wissenschaft und Forschung zielen die Ressorts in der akademischen Bildung
darauf ab, die Zusammenarbeit von wissenschaftlichen Einrichtungen aus Ent-
wicklungsländern mit denen aus Deutschland zu fördern sowie die Akademien
in den Partnerländern zu unterstützen und so Kapazitäten vor Ort aufzubauen.

Im Sinne einer aufeinander aufbauenden Struktur ist es notwendig, die Bil-
dungsangebote und Instrumente des Auswärtigen Amts (AA), des Bundes-
ministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), des Bundesministeriums für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und der Länder auf-
einander abzustimmen und miteinander zu verzahnen. Insgesamt gilt: Rollen-
und Arbeitsteilung bei der Förderung von Bildung und Ausbildung in Entwick-
lungsländern müssen klar sein. Das AA ist für die Auswärtige Kultur- und Bil-
dungspolitik zuständig. Das BMBF ist primär verantwortlich für die Förderung
von Wissenschaft und Forschung. Das BMZ verfügt über die Zuständigkeit für
die Entwicklungszusammenarbeit mit Entwicklungs- und Schwellenländern. Im
Rahmen der angestrebten verbesserten Kooperationen zwischen AA, BMZ und
BMBF und um ineffiziente Parallelstrukturen abzubauen, müssen eindeutige
Aufgabenzuteilungen im Bildungsbereich zwischen den Bundesministerien ab-
gestimmt werden.

II. Der Deutsche Bundestag begrüßt,

– dass die Bundesregierung Bildung und Ausbildung als einen Schlüsselsektor
deutscher auswärtiger Beziehungen und der Zusammenarbeit mit Entwick-
lungs- und Schwellenländern definiert;

– dass die Bundesregierung in der Armutsbekämpfung die Bekämpfung der
Bildungsarmut prioritär behandelt.

III. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. in Zusammenarbeit der Ressorts ein umfassendes Bildungskonzept für Ent-
wicklungs- und Schwellenländer zu erarbeiten;

2. die mit deutschen öffentlichen Mitteln zugunsten von Entwicklungs- und
Schwellenländern finanzierten Fördermaßnahmen im Bildungs- und Wis-
senschaftsbereich „aus einem Guss“ zu gestalten, unabhängig davon, wel-
ches Ressort die jeweilige Einzelmaßnahme finanziert;

3. bestehende Strukturen und internationale Organisationen für die Umsetzung
der bildungspolitischen Interessen zu nutzen und zu einer effizienteren Ge-
staltung der multilateralen Organisationsstrukturen und Instrumente beizu-
tragen;

4. das Thema Bildung und Ausbildung gemäß des Koalitionsvertrages zwi-
schen CDU, CDU und FDP in der Entwicklungszusammenarbeit mit den
Partnerländern und in der Kooperation mit anderen internationalen Gebern
prioritär zu behandeln;

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 9 – Drucksache 17/2134

5. auf eine Harmonisierung der internationalen Aktivitäten der Gebergemein-
schaft im Bildungsbereich im Sinne der Paris-Erklärung und des Accra-
Aktionsplans hinzuwirken;

6. auf den anstehenden entwicklungspolitischen Konferenzen sowie in Regie-
rungsverhandlungen das Thema Bildung und Ausbildung vorrangig zu be-
handeln;

7. sich in der Kooperation mit anderen internationalen Gebern für die weitere
Unterstützung der „Education For All“-Initiative einzusetzen;

8. bestehende Notwendigkeiten im Bildungsbereich zu identifizieren und in-
ternational abgestimmt entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um die
Ziele von „Bildung für alle“ zu erreichen;

9. sich aktiv an der Reform der Fast Track Initiative zu beteiligen;

10. multilateral (VN, G8, OECD) und supranational (EU) die deutschen Initia-
tiven in der Bildungszusammenarbeit prominent zu verankern;

11. internationale Bildungspolitiken dementsprechend aktiv mitzugestalten
und ihre internationale Koordinierung aktiv zu unterstützen;

12. speziell dabei die Bildung von Mädchen und Frauen zu fördern und damit
die Partnerländer dabei zu unterstützen, Geschlechterdisparitäten in allen
Bildungsbereichen weiter zu reduzieren;

13. gemeinsam mit den jeweiligen Ländern und den entsprechenden privaten
und zivilgesellschaftlichen Akteuren auf die lokalen Bedürfnisse abge-
stimmte Bildungsangebote zu entwickeln, um Zukunftsperspektiven für die
Bevölkerung zu eröffnen und dabei eine aktive Teilhabe von Entwick-
lungsländern in einer globalisierten Welt zu erhöhen;

14. dafür zu werben, dass lokale Betriebe und Organisationen bei dem Auf-
und Ausbau des Berufsbildungssystems einbezogen werden;

15. die Qualität von Bildung und Ausbildung u. a. durch eine verstärkte Förde-
rung der Lehreraus- und Weiterbildung, verbesserte Infrastruktur und ver-
bessertes Management, partizipative Unterrichtsmethoden und mehrspra-
chigen Unterricht zu verbessern;

16. die internationalen Prozesse der VN-Dekade „Bildung für nachhaltige Ent-
wicklung“ weiter aktiv zu fördern und in der Lehrerbildung den Schwer-
punkt „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ zu verankern;

17. „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ im Rahmen eines Dialogs auf Au-
genhöhe mit den Schwellenländern aufzugreifen und damit in diesen Län-
dern bestehende Prozesse zu stärken;

18. die Entwicklung von Finanzierungsinstrumenten zur Deckung der Kosten
der schulischen Bildung und von Lernmaterialien zu unterstützen und da-
bei innovative Finanzierungsoptionen unter Einbeziehung privater Initiati-
ven in den Planungen verstärkt zu berücksichtigen;

19. im Rahmen von Schuldenerlassen freiwerdende Gelder dem Bildungsbe-
reich zuzuordnen;

20. in den betroffenen Partnerländern verstärkt Aufklärungsarbeit und Kampa-
gnen gegen Kinderarbeit durchzuführen und die Einhaltung der ILO-Kern-
arbeitsnormen (ILO = Internationale Arbeitsorganisation) in der entwick-
lungspolitischen Bildungsarbeit zu thematisieren;

21. insbesondere benachteiligten Kindern, d. h. Kindern mit Behinderung, ar-
beitenden Kindern, ethnischen Minderheiten, in städtischen und ländlichen

Armutsgebieten lebenden Kindern, Kindern aus Konflikt- und Krisenregio-
nen und von Krankheit betroffenen Kindern mittels nonformalen und in-

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klusiven Bildungsangeboten eine Perspektive zu bieten, um ihre Möglich-
keiten auf ein selbstbestimmtes Leben und gleichwertige gesellschaftliche
Teilhabe zu erhöhen;

22. nonformale Bildungsansätze im Bereich der Erwachsenenalphabetisierung
und im Bereich der beruflichen Bildung zu fördern;

23. mit den Partnerländern Strategien zu entwickeln, um allen Bevölkerungs-
schichten grundsätzlich den Zugang zu Hochschulbildung zu ermöglichen;

24. deutsche Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen durch geeignete Maß-
nahmen für die Zusammenarbeit mit Entwicklungs- und Schwellenländern
zu gewinnen;

25. mit den Partnerländern gemeinsam den Auf- und Ausbau ihrer Bildungs-,
Ausbildungs- und Wissenschaftssysteme voranzutreiben;

26. auf die Einbeziehung der deutschen Wirtschaft, insbesondere deutscher
Bildungsdienstleister, beim Export innovativer Angebote aus dem Bereich
der beruflichen Bildung in Entwicklungs- und Schwellenländern hinzuwir-
ken;

27. die Partnerländer dabei zu unterstützen, die berufliche Qualifizierung
durch den Aufbau der betrieblichen Ausbildung im Sinne des deutschen
dualen Systems zu verbessern und über die verstärkte Einbindung der Un-
ternehmen und ihrer Selbstverwaltungsorganisationen die Fachkräfteaus-
bildung stärker an den Bedürfnissen der lokalen Unternehmen und Märkte
auszurichten;

28. Bestrebungen von privatwirtschaftlichen Institutionen im Bereich der
beruflichen Bildung weiter auszubauen und zu fördern;

29. Partnerschaften mit Wirtschafts- und Handelskammern im Bereich der
beruflichen Bildung zu stärken;

30. bei der Implementierung des dualen Systems in den Partnerländern, die
Expertise der deutschen Industrie- und Handelskammern sowie der Hand-
werkskammern mit einzubeziehen und den Aufbau von Berufsakademien
im Rahmen von PPP-Projekten zu fördern;

31. den Aufbau von Alumni-Netzwerken und ihre Verknüpfung mit dem loka-
len Arbeitsmarkt zu unterstützen;

32. bei den Bemühungen zur Stärkung von Bildung in Entwicklungs- und
Schwellenländern das Netzwerk und die Erfahrung der deutschen Aus-
landsschulen und des Goethe-Instituts zu nutzen und einzubeziehen;

33. die Bundesländer zu ermuntern, Stipendien an begabte Studierende aus
Entwicklungs- und Schwellenländern auf Basis ihrer Bedürftigkeit zu ver-
geben und damit sicherzustellen, dass vor allem finanziell benachteiligte
Studierende die Möglichkeit eines Studiums in Deutschland erhalten. Um
dem Brain Drain vorzubeugen, müssen darüber hinaus Mechanismen in die
Studienvergabe integriert werden, die die Rückkehr der Studierenden in
ihre Herkunftsländer ermöglichen;

34. Entwicklungs- und Schwellenländer dabei zu unterstützen, Abschlüsse und
Qualifikationen internationalen Standards anzupassen und binationale Ab-
schlüsse im Hochschulbereich anzustreben;

35. Projekte mit zivilgesellschaftlichen, kirchlichen und privaten Partnern im
Bildungs- und Ausbildungsbereich zu fördern, u. a. um auch in schwierig
zugänglichen Regionen Bildungs- und Ausbildungsangebote zu gewähr-
leisten;

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 11 – Drucksache 17/2134

36. in Anbetracht ihrer wichtigen Rolle als Bildungsträger und -vermittler, be-
sonders im Bereich Demokratiebildung, Good Governance und bei der
Stärkung der Zivilgesellschaft, eine verstärkte Einbindung der politischen
Stiftungen zu fördern;

37. die Kooperation mit politischen Stiftungen, Nichtregierungsorganisationen
und kirchlichen Institutionen zu erhöhen und Konzepte für die große An-
zahl von „Nicht Schülern“ in Krisengebieten und fragilen Staaten zu ent-
wickeln, mit denen keine „reguläre“ staatliche Zusammenarbeit besteht;

38. Initiativen zu lebenslangem Lernen in Entwicklungsländern zu etablieren,
um so die Möglichkeiten einer gesellschaftlichen Teilhabe aller Bevölke-
rungsgruppen zu gewährleisten;

39. technologische Fortschritte durch den Einsatz von Computern und Internet-
zugang voranzutreiben und dazu beizutragen, die Möglichkeiten des
E- Learnings auszubauen;

40. in den Partnerländern Kompetenzen und Effizienz im Verwaltungswesen
zu stärken sowie Dezentralisierungsprozesse zu unterstützen;

41. gemeinsam mit den Partnerländern landesspezifische und bedarfsorien-
tierte Strategien für eine verbesserte Lehrerausbildung und Bildungsver-
waltung zu entwickeln;

42. die Verzahnung der unterschiedlichen Bildungsbereiche und der öffentli-
chen, kirchlichen und privaten Bildungseinrichtungen zu fördern;

43. die Bildungs- und Finanzadministration in Partnerländern dabei zu unter-
stützen, Verwaltungsprozesse im Bildungsbereich eigenständig auszufüh-
ren;

44. die Möglichkeiten der Kontrolle dieser Prozesse durch die Zivilgesell-
schaften vor Ort zu unterstützen, um Korruption entgegenzuwirken.

Berlin, den 16. Juni 2010

Volker Kauder, Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) und Fraktion
Birgit Homburger und Fraktion

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